„Erzählen, das bedeutet einen Bogen spannen, wo zunächst keiner ist, den Entwicklungen Struktur und Folgerichtigkeit gerade dort verleihen, wo die Wirklichkeit nichts davon bietet […].“
Diese Worte stammen vom 1975 in München geborenen Daniel Kehlmann, der es als deutscher Autor mit seinem 2005 erschienen Roman „Die Vermessung der Welt“ auf den zweiten Platz der weltweit meistverkauften Bücher des Jahres 2006 schaffte. Der Naturforscher Alexander von Humboldt und der Mathematiker Carl Friedrich Gauß, zwei bekannte historische Persönlichkeiten, werden zu Figuren dieser fiktiven Doppelbiografie. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts machen sich die zwei jungen Deutschen an die Vermessung der Welt – während Humboldt auf seiner abenteuerlichen Expedition ins südliche Amerika einen Berg an Messergebnissen anhäuft, widmet sich Gauß „allein am [heimischen] Schreibtisch, ein Blatt Papier vor sich“ (S. 247) der Wissenschaft und taucht dabei tief in die Gesetze der Zahlen und des Alls ein. Auf einer Tagung der „Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte“ treffen die beiden Genies aufeinander und stehen von da an in regem Austausch miteinander.
Es werden also zwei völlig verschiedene - wenn nicht konträre - Charaktere in einem Roman vereint. Doch auf welche Weise werden die Lebensgeschichten der beiden Figuren Humboldt und Gauß zusammengeführt?
Zu diesem Zweck sollen die Ebene der Textstruktur genauer betrachtet und ihre Besonderheiten herausgestellt werden: Wie ist der Roman aufgebaut? Welche Grundstruktur lässt der Text erkennen? Im Anschluss soll die Untersuchung der Textstruktur vertieft werden, indem die Anordnung und Verknüpfung der Themen und Motive analysiert wird. An dieser Stelle sind wiederkehrende Szenen bzw. Motive und im Laufe des Romans wiederholt auftauchende Figuren von Interesse, die auf irgendeine Art eine Verbindung - in Form von Ähnlichkeit oder Kontrast - zwischen Humboldt und Gauß herstellen. Abschließend soll die Frage beantwortet werden, in welchem Verhältnis Struktur und Inhalt in Kehlmanns Werk „Die Vermessung der Welt“ stehen und damit auch die Frage, ob dem Autor die Verbindung der beiden extremen Figuren innerhalb eines einzigen Romans gelungen ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Aufbau und Struktur von Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“
- Grundstruktur des Textes
- Verbindung Humboldt – Gauß
- explizite Verknüpfung der Figuren im Text
- Wiederkehrende Motive und Szenen
- Wiederkehrende Figuren
- Funktion der verwendeten Romanstruktur
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Struktur und Verbindung der beiden zentralen Figuren in Kehlmanns Roman „Die Vermessung der Welt“. Ziel ist es, die Besonderheiten des Textbaus und die Art und Weise, wie die Lebensgeschichten von Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß miteinander verknüpft werden, herauszuarbeiten. Dabei sollen die wiederkehrenden Motive, Szenen und Figuren, sowie das Verhältnis von Struktur und Inhalt im Werk beleuchtet werden.
- Analyse der Textstruktur und ihrer Besonderheiten
- Untersuchung der Verbindung der beiden Lebensgeschichten von Humboldt und Gauß
- Analyse der wiederkehrenden Motive, Szenen und Figuren
- Beurteilung des Verhältnisses von Struktur und Inhalt im Roman
- Bewertung der gelungenen Verbindung der beiden Figuren
Zusammenfassung der Kapitel
Der Roman „Die Vermessung der Welt“ ist in 16 Kapitel unterteilt, die sich mit den Lebensgeschichten von Humboldt und Gauß auseinandersetzen. Das erste und das elfte Kapitel, die chronologisch erzählt sind, bilden einen Rahmen um die dazwischenliegenden Kapitel, die als Binnenkapitel bezeichnet werden können. Diese Binnenkapitel, die sich abwechselnd mit den Vorgeschichten von Humboldt und Gauß beschäftigen, erzählen die Lebenswege der beiden Wissenschaftler von der Kindheit über die Ausbildung bis zur Anerkennung ihrer Leistungen. Die Lebensgeschichten werden episodisch geschildert, wobei die Kapiteltitel auf die jeweiligen Ereignisse oder Themen hindeuten, wie z.B. „Der Fluss“ oder „Die Zahlen“. Im Verlauf des Romans gewinnen mit fortschreitendem Alter der Protagonisten auch andere Themengebiete an Bedeutung.
Ab dem elften Kapitel werden die weiteren Lebensgeschichten von Humboldt und Gauß gemeinsam dargestellt, wodurch die Verbindung der beiden Protagonisten in Struktur und Inhalt nicht mehr aufgelöst wird. Besonders hervorzuheben sind die Kapitel 12 („Der Vater“) und 16 („Der Baum“), in denen Gauß’ Sohn Eugen die Hauptperson ist.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Struktur von Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“ und die Verbindung der beiden Figuren, Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß. Die Analyse beinhaltet die Untersuchung der Textstruktur, der wiederkehrenden Motive und Szenen, sowie die Rolle wiederkehrender Figuren. Darüber hinaus wird die Beziehung zwischen Struktur und Inhalt in Kehlmanns Werk beleuchtet, um die Frage zu beantworten, ob dem Autor die Verbindung der beiden extremen Figuren innerhalb eines einzigen Romans gelungen ist.
- Arbeit zitieren
- Corinna Gronau (Autor:in), 2011, Aufbau und Struktur von Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277911