Das „Frankfurter Passionsspiel“ aus dem Jahre 1493 (im Weiteren: FP) nimmt im Rahmen der geistlichen Spiele des ausgehenden Mittelalters in vielerlei Hinsicht eine herausragende Stellung ein. Es gilt als Prototyp der literarischen Gattung Passionsspiel und auch als Spiel, in dem sich in besonders auffallender Weise die in allen Passionsspielen mehr oder weniger latent vorhandene Judenfeindlichkeit niederschlägt. Diesen Komplex des Antisemitismus näher zu beleuchten, hat sich die vorliegende Arbeit zur Aufgabe gemacht, die dabei einen sozialgeschichtlichen Ansatz verfolgt. Konkret im Fokus der Untersuchung steht die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der zeitgenössischen Judenfeindschaft und dem Judenbild im FP. Inwieweit lässt sich die negative Darstellung der Juden im Spiel als Reaktion auf antisemitische Stereotype in der Bevölkerung verstehen oder auch umgekehrt: als politisch motivierte Verstärker und Multiplikatoren solcher antisemitischer Stimmungen?
Um sich der Frage systematisch anzunähern, wurde folgender Aufbau gewählt: Zunächst soll das Passionsspiel in den größeren Zusammenhang des geistlichen Spiels des Mittelalters eingeordnet werden, um dann in einem weiterem Schritt das Phänomen des Antisemitismus zu beleuchten. Dabei sollen der Begriff geschärft, die klassischen Topoi skizziert und schlussendlich die Stellung, Rolle und reale Erfahrungen der Juden in der mittelalterlichen Gesellschaft der deutschen Landen umrissen werden. Vor der Folie dieses Wissens werden dann exemplarisch ausgewählte Judenszenen des FP aufgearbeitet. Nach der kurzen Darstellung der wesentlichen Eigenheiten des Spieles werden zwei zentrale Szenenkomplexe des FP, das Prophetenvorspiel und die eigentlichen Passionsszenen um die Tötung von Jesus, im Detail und nah am Text analysiert. Abschließend sollen die wichtigsten Ergebnisse kurz zusammengefasst und eine Bilanz gezogen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das geistliche Spiel im ausgehenden Mittelalter: Merkmale und Entstehung
- Die Juden im Spätmittelalter: Stereotype und Diskriminierung
- Antisemitismus und Antijudaismus
- „Wucherer und Christusmörder“: Antisemitische Stereotypen
- Sozialgeschichtlicher Kontext: Pogrome und Ghettoisierung
- Antisemitismus im Frankfurter Passionsspiel von 1493
- Spezifische Merkmale des Frankfurter Passionsspiels
- dan die warheit uch losen soll: Das Prophetenvorspiel
- Vnd an ein krutz schlage: Die Mordkomplott der Juden gegen Jesus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Frankfurter Passionsspiel von 1493 und untersucht die darin dargestellte Judenfeindschaft im Kontext des mittelalterlichen Antisemitismus. Die Arbeit verfolgt einen sozialgeschichtlichen Ansatz und analysiert den Zusammenhang zwischen den zeitgenössischen Stereotypen und der Darstellung der Juden im Spiel. Dabei wird untersucht, inwieweit die negative Darstellung der Juden im Spiel als Reaktion auf antisemitische Stereotype der Bevölkerung oder als politisch motivierte Verstärker solcher antisemitischen Stimmungen verstanden werden kann.
- Die Entstehung und Entwicklung des geistlichen Spiels im Mittelalter
- Der Antisemitismus im Spätmittelalter und seine Manifestationen
- Die Rolle und Funktion der Juden in der mittelalterlichen Gesellschaft
- Die Darstellung der Juden im Frankfurter Passionsspiel
- Der Einfluss des Spiels auf die Verbreitung antisemitischer Stereotype
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den historischen Kontext des Frankfurter Passionsspiels (FP) im Rahmen der geistlichen Spiele des späten Mittelalters einordnet. Anschließend wird das Phänomen des Antisemitismus beleuchtet, wobei der Begriff geschärft, klassische Topoi skizziert und die Stellung der Juden in der mittelalterlichen Gesellschaft umrissen werden. In den darauf folgenden Kapiteln werden ausgewählte Judenszenen des FP analysiert, wobei der Fokus auf dem Prophetenvorspiel und den Passionsszenen um die Tötung Jesu liegt. Abschließend werden die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst und eine Bilanz gezogen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Antisemitismus, geistliche Spiele, Frankfurter Passionsspiel, Judenbild, Stereotype, Mittelalter, Sozialgeschichte. Die Untersuchung untersucht die Darstellung der Juden im Spiel und ihre Verbindung zu den antisemitischen Stereotypen des späten Mittelalters.
- Citar trabajo
- Christoph Marx (Autor), 2014, Antisemitismus in den geistlichen Spielen des Spätmittelalters am Beispiel des Frankfurter Passionsspiels von 1493, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277973