[...] Das fehlen jedweder Form von Demokratie in
dieser Deutschen Demokratischen Republik.
Mit genau diesem Demokratiedefizit soll sich diese Arbeit beschäftigen. Wie die
Überschrift schon aussagt, will sie einen Vergleich ziehen, zwischen der Verfassung, die
am 7. Oktober 1949 mit der Gründung der DDR in Kraft trat, und der tatsächlich in diesem
Staat existierenden Verfassungswirklichkeit. Dabei ist zu zeigen, dass eben diese Wirklichkeit
eine völlig andere war, als die bloße, formelle Untersuchung der Gründungsverfassung
vermuten ließe.
Dafür sind zunächst (Abschnitt B) einige Grundlagen zu schaffen: Einerseits ist auf die
Bedeutung des Verfassungsbegriffs einzugehen. Was versteht man eigentlich unter einer
Verfassung? Ist es ausreichend, die Verfassung eines Staates alleine, also formell, zu bewerten,
oder existiert darüber hinaus anderes Recht, das zwar nicht Bestandteil der Verfassung
selbst ist, diese aber mit gestaltet? Da es in der DDR mit dem Marxismus-Leninismus
eine Staatsideologie gab, ist es unmöglich, die Verfassung dieses Landes zu untersuchen,
ohne die verfassungstheoretischen Vorstellungen dieser Ideologie darzulegen, womit sich
der zweite Teil dieses Abschnitts befassen wird.
Der dritte Teil dieser Arbeit wird kurz auf die politische Situation im Nachkriegsdeutschland
eingehen, um schließlich zur Entstehung der Verfassung selbst zu kommen.
Einen umfassenden historischen Überblick über die Verfassungsentstehung zu geben, ist
hier selbstverständlich nicht der Raum. Dennoch wird an dieser Stelle die Meinung
vertreten, dass ohne einen, wenn auch kleinen, historischen Rahmen zu geben, dieser Text
unvollständig gewesen wäre. Der dritte Unterabschnitt wird sich den sogenannten Grundentscheidungen
der DDR-Gründungsverfassung widmen. Hier stehen formelle Fragen im
Vordergrund, z. B.: Kann man die Verfassung als demokratisch bezeichnen? Gab es einen
Grundrechtskatalog? Wie sah die Verfassungsgerichtsbarkeit aus? Wer war das verfassungsmäßige
Staatsoberhaupt?
Nach Klärung der formellen Seite der Gründungsverfassung ist die tatsächliche –
materielle – verfassungsrechtliche Situation in der DDR darzustellen. Dieser vierte Abschnitt stellt den Hauptteil der Hausarbeit dar, wobei dem Unterabschnitt über die
Grundrechte der größte Raum gegeben wurde. [...]
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Grundlegungen
- B.I. Der Verfassungsbegriff
- B.II. Marxistisch-Leninistische Verfassungstheorie
- C. Die Gründungsverfassung der DDR
- C. I. Die politische Situation in Deutschland nach 1945
- C. II. Die Entstehung der formellen Verfassung
- C. III. Grundentscheidungen der formellen Verfassung
- D. Zur Verfassungswirklichkeit in der DDR bis 1968
- D. I. Das dynamische Element – oder: wie man Verfassungsdurchbrechungen begründen kann
- D. II. Die materielle Verfassung
- D. II. 1. Die Suprematie der SED
- D. II. 2. Demokratischer Zentralismus
- D. II. 3. Die Grundrechte
- E. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Demokratiedefizit in der DDR, indem sie die formelle Verfassung von 1949 mit der tatsächlichen Verfassungswirklichkeit vergleicht. Ziel ist es, aufzuzeigen, dass die Praxis eine völlig andere Verfassung Wirklichkeit widerspiegelte als die formelle Verfassung vermuten lässt.
- Verfassungstheorie und Verfassungsbegriff
- Marxistisch-leninistische Verfassungstheorie und ihre Anwendung in der DDR
- Entstehung der DDR-Gründungsverfassung im Kontext der politischen Situation nach 1945
- Analyse der Grundentscheidungen der DDR-Gründungsverfassung
- Vergleich zwischen formeller und materieller Verfassungswirklichkeit in der DDR bis 1968
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Fokus auf das Demokratiedefizit der DDR lenkt. Anschließend werden in den Grundlegungen der Verfassungsbegriff und die marxistisch-leninistische Verfassungstheorie behandelt. Es folgt eine Darstellung der Entstehungsgeschichte der DDR-Gründungsverfassung, die die politische Situation in Deutschland nach 1945 und die wichtigsten Grundentscheidungen der Verfassung beleuchtet. Im Hauptteil der Arbeit wird die Verfassungswirklichkeit in der DDR bis 1968 untersucht, insbesondere die Suprematie der SED, der demokratische Zentralismus und die Situation der Grundrechte.
Schlüsselwörter
Die Arbeit thematisiert zentrale Begriffe wie Verfassung, Verfassungswirklichkeit, Demokratiedefizit, Marxistisch-Leninistische Verfassungstheorie, SED-Suprematie, demokratischer Zentralismus und Grundrechte im Kontext der DDR-Gründungsverfassung und ihrer Umsetzung in der Praxis.
- Citation du texte
- Kai Posmik (Auteur), 2003, Zwischen Sein und Schein - Zur Diskrepanz zwischen formeller und materieller Verfassung in der DDR bis 1968, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27802