Entwicklung eines Software-Tools zu Grundstücksvergabeverfahren für Klein- und Mittelstädte

Eine Untersuchung immobilienwirtschaftlicher und rechtlicher Rahmenbedingungen sowie die Betrachtung möglicher Verfahrenskonzeptionen


Bachelorarbeit, 2014

137 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Motivation
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Ansatz und Abgrenzung der Arbeit
1.4 Begriffsbestimmungen
1.5 Methodik
1.5.1 Anwendungsorientierte Untersuchung
1.5.2 Erarbeitung des Untersuchungsstrategie

2 Immobilienwirtschaftliche Rahmenbedingungen und Zielsetzungen der Stakeholder
2.1 Zielsetzungen und Handlungsmotive der Stakeholder
2.1.1 Öffentliche Hand
2.1.2 Grundstückseigentümer
2.1.3 Öffentlichkeit
2.1.4 Immobilienprojektentwickler
2.1.5 Immobilieninvestor
2.1.6 Immobilienfinanzinstitution
2.1.7 Immobiliendienstleister
2.1.8 Immobiliennutzer
2.1.9 Bauunternehmen
2.2 Marktzyklen
2.3 Makrostandort
2.4 Standortfaktor für Mieter und Investoren
2.5 Projektentwicklungsrisiken
2.6 Städtebauliche Qualitäten
2.7 Zwischenfazit

3 Rechtliche Rahmenbedingungen bei der Auswahl des Grundstücksvergabeverfahrens
3.1 Vergabestruktur
3.2 Gesetzliche Bestimmungen zur Vergabe von öffentlichen Grundstücken
3.2.1 Vertragsrechtliche Bestimmungen
3.2.2 Vergaberechtliche Mindestanforderungen
3.2.3 Prüfung des auszulegenden Rahmens des Vergaberechts
3.2.4 Gesetzliche Bestimmungen mit Ausschreibungspflicht
3.2.4.1 Gesetzliche Bestimmung für Grundstücksvergaben oberhalb des EU-Schwellenwertes
3.2.4.2 Gesetzliche Bestimmung für Grundstücksvergabe unterhalb des EU-Schwellenwertes
3.3 Mindestanforderungen an einen diskriminierungsfreien und transparenten Wettbewerb
3.4 Rechtsprechende Rahmenbedingung durch die aktuelle Wildeshausen-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
3.4.1 Sachverhalt
3.4.2 Klarstellende Entscheidungen
3.4.2.1 Der reine Grundstücksvertrag im Sinne eines öffentlichen Bauauftrags
3.4.2.2 Ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse im Sinne eines öffentlichen Bauauftrags
3.4.2.3 Die Bauverpflichtung im Sinne eines öffentlichen Bauauftrags
3.4.2.4 Die Erstellung von Bebauungsplänen und der Genehmigung von Bauanträgen im Sinne eines öffentlichen Bauauftrags
3.4.2.5 Definition der Baukonzession in Verbindung mit einem Grundstücksverkauf
3.5 Ausnahmeregelungen im Vergaberecht
3.6 Zwischenfazit

4 Konzeptionelle Betrachtung
4.1 Grundlagenermittlung und Vorplanung
4.1.1 Organisationsmodelle
4.1.2 Informelle Planungen
4.1.3 Instrumente des allgemeinen Städtebaurechts
4.1.4 Instrumente des besonderen Städtebaurechts
4.2 Formale Verfahrensmodelle nach dem Vergaberecht
4.2.1 Offenes Verfahren
4.2.2 Nichtoffenes Verfahren
4.2.3 Verhandlungsverfahren
4.2.4 Wettbewerblicher Dialog
4.3 Non-formale Verfahrensmodelle
4.3.1 Höchstgebotsverfahren
4.3.2 Bestgebotsverfahren
4.3.3 Verfahrensinstrumente
4.3.3.1 Investorenbörse
4.3.3.2 Teilnahmewettbewerb
4.3.3.3 Interessensbekundungsverfahren
4.3.3.4 Investorenwettbewerb
4.3.3.5 Investoren-Planungswettbewerb
4.3.3.6 Planungswettbewerbe
4.3.3.7 Gutachterverfahren
4.3.3.8 Zwischenfazit
4.4 Grundstücksvergabemodelle
4.4.1 Anhandgabeverfahren
4.4.2 Direktverkauf
4.4.3 Erbbaurecht
4.4.4 Projektbezogene Public Private Partnership
4.5 Zwischenfazit

5 Analyse
5.1 Verfahrensmodelle im Vergleich
5.2 Die formalen Verfahrensmodelle im Vergleich
5.3 Die non-formalen Verfahrensmodelle im Vergleich
5.4 Die Verfahrensinstrumente des Bestgebotsverfahrens im Vergleich
5.5 Die Grundstücksvergabemodelle im Vergleich
5.6 Informationen über die Praxis-Projekte der Umfrage und Interviewteilnehmer
5.6.1 Praxis-Projekte
5.6.1.1 Ansgaritor Bremen
5.6.1.2 Arnulfpark München
5.6.1.3 Innenstadtentwicklung Hanau
5.6.1.4 Rebstockpark Frankfurt am Main
5.6.1.5 Südstadt Tübingen
5.6.1.6 Waisengärten Schwerin
5.6.2 Interviewpartner
5.6.2.1 Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen
5.6.2.2 HafenCity Hamburg GmbH
5.6.2.3 IBA Hamburg GmbH: Interviewanlass Projekt Hybrid Houses
5.7 Entwicklung von übertragbaren Einflussgrößen aus den Umfrageergebnissen
5.8 Zwischenfazit

6 Entwicklung des Software-Tools
6.1 Verwendete Software
6.2 Konzeption und Anwendung
6.3 Anwenderhandbuch
6.4 Zwischenfazit

7 Zusammenfassung der Erkenntnisse

8 Fazit

Literaturverzeichnis

Anlagenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1: Ansatzmodell über das Spannungsverhältnis bei einem Grundstücks-vergabeverfahren

Abb. 1.2: Typische Phasen einer Marktforschungsuntersuchung

Abb. 6.1: Wertung der Einflussbeziehung zwischen Verfahrensinstrument und Disziplin

Tabellenverzeichnis

Tab. 4.1: Vor- und Nachteile der Organisationsmodelle (Dziomba, M., 2009, S. 185; eigene Abänderungen)

Tab. 5.1: Grundlegender Vergleich der Verfahrensmodelle (eigene Darstellung)

Tab. 5.2: Prüfung der formalen Verfahrensmodelle (eigene Darstellung)

Tab. 5.3: Ablaufvergleich der formalen Verfahrensmodelle (eigene Darstellung)

Tab. 5.4: Vergleich der non-formalen Verfahrensmodelle (eigene Darstellung)

Tab. 5.5: Vergleich der Verfahrensinstrumente (eigene Darstellung)

Tab. 5.6: Vergleich der Vergabemodelle (eigene Darstellung)

Tab. 5.7: Sortierte Zusammenfassung und Ermittlung der Oberbegriffe (eigene Darstellung)

Tab. 5.8: Zuordnung der Einflussstärken zu den übergeordneten Einflussgrößen (eigene Darstellung)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

Deutschland ist geprägt durch über 2.000 Städte, in denen etwa 77 % der Bevölkerung leben.[1] Die öffentliche Hand ist dabei, ebenso wie in anderen europäischen Ländern, einer der größten Grundstückseigentümer des Landes.[2]

Seit den „späten 1980er Jahren haben politische Strategien in den deutschen Kommunen an Bedeutung gewonnen, die explizit die Steigerung der nationalen und internationalen Wettbewerbsfähigkeit zum Ziel haben. Der Kampf um Investoren, innovative Unternehmen, hoch qualifizierte Arbeitskräfte (die besten Köpfe) und Touristen wird zu einem bedeutenden kommunalen Politikfeld.“[3] Diese Feststellung führt u.a. dazu, dass in den Kommunen ein ständiger städtebaulicher Handlungsbedarf besteht.

Mit der Grundstücksentwicklung, die aus vielfältigen Ausgangspunkten (z.B. Wiederaufbau, Neuentwicklung oder Konversion) initiiert werden kann, verbinden Kommunen und Investoren aber auch Bürgerinnen und Bürger häufig neue Entwicklungschancen.[4]

Dabei ist die Kommune generell verpflichtet in den Städten und Gemeinden, unter Nutzung ihrer kommunalen Planungshoheit, für eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu sorgen und befindet sich somit in der Rolle der Hauptakteurin und Hauptverantwortlichen. Ferner kann die Kommune durch nachgefragte Stadtentwicklungsprojekte politische Ziele und wirtschaftliche Absichten ansteuern. Zu denken ist dabei an eine Entlastung des angespannten Haushalts durch Einnahmen aus den Verkaufserlösen oder Steuereinnahmen durch die Ansiedlung von Unternehmen sowie die Lösung von möglichen Wohnungsengpässen.

Lütke-Daldrup und Zlonicky konstatieren dazu, dass zur Schaffung der Voraussetzungen für ein urbanes und nachhaltiges Stadtgefüge es jedoch nicht reicht, die richtigen Zielsetzungen zu haben. „Vielmehr kommt es auf ein prozessual angelegtes Regelwerk an, das die Einhaltung der Ziele durch die unterschiedlichen Akteure […] ermöglicht. Planerisch geht es also nicht nur um Vorgaben, sondern auch um eine zielgerichtete prozessuale Steuerung und kooperative Begleitung zur Sicherung der Qualitätsansprüche und der ökonomischen Erfolges des Projekts.“[5]

1.1 Motivation

Hinsichtlich der Entwicklung neuer Stadtquartiere stellt Feldmann fest, dass vor allem zu Beginn eines Projekts ausführende Partner gewonnen werden sollten. Dabei ist es nützlich entsprechende Anreize zu schaffen, „welche die Umsetzung der gewählten Quartiersstrategie unterstützen. […] Diese Maßnahmen sollten jedoch im Gegenzug auch an die adäquate Umsetzung des städtebaulichen Konzepts gebunden sein und somit die Erfüllung der unterliegenden Quartiersstrategie unterstützen.“[6]

Dabei hat bei einem Grundstücksverkauf die Kommune als Verkäufer einen erheblichen Einfluss auf die Erfolgsparameter der Käufer, da in der Phase des Grundstücksverkaufs die relevanten Verträge mit den privatwirtschaftlichen Partnern verhandelt werden, „die den finanziellen wie konzeptionell-gestalterischen und zeitlichen Handlungsspielraum bestimmen“[7]. Allerdings ist die öffentliche Hand selbst hochgradig an deren Erfolg interessiert, um den Großprojekterfolg insgesamt zu sichern.[8]

Hinzukommt, dass „aufgrund der auf allen Ebenen angespannten Haushaltslagen […] die immobilienbezogenen Kosten in den letzten Jahren in den Vordergrund getreten“[9] sind. „Das gilt auch für den sorgsamen Umgang mit Verwertung/Neunutzungen von Bestandsimmobilien und Bestandsflächen. Die frühe Erarbeitung und einvernehmliche Festlegung von Bedarf, Projektzielen [einschließlich] der Wertschöpfungsstrategie ist eine Voraussetzung hierfür.“[10]

Ein qualifiziertes Grundstücksvergabeverfahren kann also ein zentrales Element für eine erfolgreiche Grundstücksentwicklung sein und zugleich bei der Wahl und Ausgestaltung Einflussmöglichkeiten bieten. Ist dabei ein komplexes, erfolgreiches Zusammenspiel von unterschiedlichen Stakeholdern in einer Projektentwicklung berechenbar? Können aus dem Ergebnis einer Berechnung Handlungsempfehlungen für eine qualifizierte Auswahl und Einleitung eines Grundstücksvergabeverfahrens als Grundstein einer kooperativen Zusammenarbeit mit Investoren genannt werden?

Angesichts der Komplexität einer Grundstücksentwicklung und der Rolle des Grundstücksvergabeverfahrens als richtungsweisendes Schnittstellenelement, zur Übertragung des öffentlichen Grundstücks an einen geeigneten Investor, kann ein Software-Tool für eine qualifizierte Auswahl und Einleitung von Grundstücksvergabeverfahren diese Lücke schließen.

1.2 Ziel der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es also, ein Entscheidungshilfewerkzeug zu entwickeln, welches wesentliche Fragen der Kommune zu Beginn eines Projekts beantwortet und aus den eingegebenen Parametern ein Ergebnis mit Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Grundstücksvergabe aufzeigt. Dabei richtet es sich insbesondere an Klein- und Mittelstädte, da diese, im Vergleich zu Großstädten, häufig nicht über Erfahrungswerte oder ausreichend Fachpersonal verfügen.

Um ein solches Entscheidungswerkzeug entwickeln zu können, ist es in einer ersten Phase erforderlich grundlegend zu untersuchen und zu diskutieren, welche immobilienwirtschaftliche Einflussgrößen eine Auswahl beeinflussen, welche Rahmenbedingungen dabei einzuhalten sind und zwischen welchen Modellen oder Instrumenten die Kommune in konzeptioneller Hinsicht wählen kann.

Ziel dabei ist es, durch die gewonnenen Erkenntnisse in einer zweiten Phase, die Einflussgrößen für die Einleitung eines Grundstücksvergabeverfahrens zu erkennen und herauszufiltern, um mögliche Stellschrauben für die Kommune zu identifizieren. Dabei ist die Prüfung von Praxisfällen unumgänglich, denn diese Betrachtung ermöglicht es, gemachte Erfahrungen und gewonnene Erkenntnisse aus Grundstücksentwicklungen auf andere Situationen zu übertragen.

1.3 Ansatz und Abgrenzung der Arbeit

Festzustellen ist, dass in der prozessorientierten Betrachtung des Grundstücksvergabeverfahrens als Element der Grundstücksentwicklung, vielfältige Überschneidungsbereiche und Verknüpfungen zu kommunalen städtebaulichen Handlungen und privaten Projektentwicklungen bestehen. Eine Abgrenzung ist daher nur bedingt möglich, was wiederum bedeutet, dass das Detaillierungspotenzial erheblich ist.

Da die Einzigartigkeit der Aufgabenstellung ein elementares Kennzeichen der Projektentwicklung ist, wäre der Versuch, ein idealtypisches Projekt für eine Grundstücksvergabe zu definieren, sinnlos. Denn „zu sehr hängen Projektziele, -prozesse und –inhalte von den jeweiligen Rahmenbedingungen ab“[11].

Demnach liegt der Ansatz der Arbeit bei grundlegenden städtebaulichen Vorüberlegungen im Sinne einer Gemeindeentwicklung. Dabei ist vorauszusetzen, dass die Gemeinde ihre standort- und marktbezogene Situation beurteilen kann.[12] Eine prozessuale Abgrenzung der Arbeit findet sich bei der erfolgreichen Findung des geeigneten Investors.

Durch die vorangegangene Untersuchung kann ein grundlegendes Ansatzmodell (Abb. 1-1) entwickelt werden, die das Spannungsverhältnis darstellt, unter dem sich die Grundstücksvergabe befindet. Dieses Spannungsverhältnis bildet das Fundament bei der Wahl und Einleitung eines Grundstücksvergabeverfahrens. Zentrale Einflussgrößen sind dabei die Markt- und Standortbedingungen des Grundstücks. Hierzu konstatiert Dziomba übereinstimmend, dass angestrebte Grundstücksentwicklungen den jeweiligen Fertigstellungszeitraum marktgerecht anzupassen sind. Zudem kann bei langen Entwicklungszeiträumen „laufend die Gefahr marktseitiger Verschlechterungen bestehen“[13]. Hierdurch schlussfolgert Dziomba, dass Grundstücke „zügig an Projektentwickler vergeben und dabei gleichzeitig anspruchsvolle Preisfindungs- und Verkaufsverfahren angewandt werden müssen […]. Der Umgang mit den immobilienwirtschaftlichen Risiken […] ist eine wichtige Steuerungsaufgabe für die öffentlichen Hände, die vor allem die Phase des Verkaufs einzelner Entwicklungsgrundstücke betrifft“[14].

Bei der Wahl einer Grundstücksvergabe liegt die Herausforderung der Kommune in der Findung der möglichen Balance in dem Spannungsverhältnis zwischen den rechtlichen Rahmenbedingungen, der Wirtschaftlichkeit bei Vorplanung, Durchführung und Veräußerung sowie den Zielen der Stadtentwicklungspolitik unter Berücksichtigung der zuvor erläuterten immobilienwirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.1: Ansatzmodell über das Spannungsverhältnis bei einem Grundstücks-vergabeverfahren (eigene Darstellung)

1.4 Begriffsbestimmungen

Aufgrund der obengenannten vielfältigen Überschneidungsbereiche und Verknüpfungen ist zu klären, dass in den folgenden Abschnitten die Untersuchungen hinsichtlich der Grundstücksvergabeverfahren durchgeführt werden. Wenn allerdings Inhalte gänzlich die Grundstücksentwicklung betreffen, werden sie für eine inhaltlich korrekte Darstellung so geschildert.

Zum besseren Verständnis wird hinsichtlich des Grundstücksvergabeverfahrens auf der einen Seite von der Kommune oder der öffentlichen Hand und auf der anderen Seite vom Investor die Rede sein. Dabei sind mit „Investor“ grundsätzlich alle Akteure gemeint, die sich zur Entwicklung eines Grundstücks bewerben können.[15]

1.5 Methodik

1.5.1 Anwendungsorientierte Untersuchung

Wissenschaftssystematisch positioniert sich diese Arbeit als anwendungsorientierte Untersuchung. Dabei basieren die Gütekriterien dieser Untersuchung nach den erläuterten Erkenntnissen von Zippel und Faber-Praetorius auf aus der Praxis stammende Nutzenkriterien „Leistungsgrad“, „Zuverlässigkeit“ oder „universelle Anwendbarkeit“.[16]

Zur Entwicklung des passenden Forschungsdesigns wird dabei auf die praxisdienlichen Anleitungen nach Kuß über die nach theoretischem Wissenschaftsverständnis dargestellte Marktforschung verwendet.

1.5.2 Erarbeitung des Untersuchungsstrategie

Nach dem idealisierten, vereinfacht dargestellten Schema der Marktforschungsuntersuchung nach Kuß (Abb. 1-2), kann die Untersuchungsstrategie in einem für diese Arbeit geeignetem Umfang erarbeitet werden. Dabei wird Letzteres als Leitfaden für die systematisierte Erarbeitung verwendet und auf dies Ziel dieser Arbeit angepasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.2: Typische Phasen einer Marktforschungsuntersuchung (Kuß, A., 2012, S. 13)

Die Darstellungen der Motivation in Abschnitt 1.1 definieren entsprechend das Untersuchungsproblem als Weichenstellung in der ersten Phase.

Die darauf aufbauenden Ziele in Abschnitt 1.2 erläutern die hinreichend konkretisierende und präzisierende Aufgabenstellung für das Untersuchungsziel in der zweiten Phase.

Hieraus erweist sich die explorative Untersuchung aus folgenden Gründen als opportunes Untersuchungsziel:[17]

- Sie kann die für ein Problem relevanten Einflussfaktoren identifizieren
- Sie kann die Zusammenhänge zwischen Variablen feststellen
- Die lässt eine Vertrautheit des Forschers mit dem Untersuchungsgegenstand entstehen

Festzustellen ist zum einen, dass es sich hierbei weniger um quantifizierende, als um qualifizierte Angaben handelt. Diese zielen auf die Gewinnung möglichst vielfältiger und tiefgehender Einsichten in den Untersuchungsgegenstand ab. Zum anderen ist zu konstatieren, dass das Untersuchungsziel nicht durch Aufbereitung und Analyse vorhandener Daten – aufgrund bisher nicht ermittelter Daten – erreicht werden kann und somit eine neue, gezielte Datenerhebung notwendig ist.

Aus den obenstehenden Feststellungen, in Verbindung mit der Positionierung der Arbeit als anwendungsorientierte Untersuchung, sind für das Untersuchungsdesign in der dritten Phase die Methoden der qualitativen Untersuchung aus im Folgenden skizzierten Gründen nach Kuß als vorteilhaft zu bewerten.

In einer Argumentationslinie stellt Kuß passend dar, dass in der „frühen Phasen der anwendungsorientierten Untersuchung ein Problemverständnis entwickelt werden muss“[18]. Hierzu sind qualitative Methoden eher geeignet, da „die meisten quantitativen Methoden ein entsprechendes Niveau an Problemverständnis voraussetzen“[19]. Demnach stehen bei qualitativen Methoden auf Praxisfälle u.a. exploratorische Zwecke im Vordergrund.

Hinsichtlich der Brauchbarkeit der Ergebnisse stellt Kuß die Argumentationslinie dar, dass „Paradigmen […] die herrschenden Theorien und die typische Forschungsmethodik einer wissenschaftlichen Disziplin in einer Epoche“[20] prägen. Andere Paradigmen können wiederum zu anderen Ergebnissen führen. „Insofern gibt es nicht eine bestimmte Forschungsmethode, die zu ‚objektiven‘ der Wahrheit entsprechenden Erkenntnissen führt. […] Wissenschaft ist in diesem Sinne ‚relativ‘, also vom jeweils herrschenden Paradigma abhängig […].Deswegen kommt es hier auch nicht auf Methoden an, die – wie das für ‚quantitative‘ Methoden typisch ist – mit dem Anspruch verbunden sind, zu objektiven Aussagen über die Annahme oder Ablehnung von Hypothesen zu führen.“[21]

Die vierte Phase legt somit die zu verwendenden Methoden fest. Dabei werden folgende Hilfsmittel explorativer, qualitativer Untersuchung nach Kuß verwendet:

- Experteninterviews: Hierbei geht es darum, durch Interviews mit Personen, die hinsichtlich des Untersuchungsgegenstandes besonders kompetent sind, die gewünschten Informationen zu erhalten. Auf der Basis weniger ausführlicher Interviews der jeweils relevanten Zielgruppe wird versucht, die Substanz der Erkenntnisse für das Untersuchungsproblem zu vergrößern. Dabei wird es sich um Einzelgespräche (Tiefeninterviews) handeln.[22]

- Einzelfallstudie: Diese bezieht sich dabei auf in der Praxis durchgeführte Grundstücksvergaben im Kontext der kommunalen städtebaulichen Situation, dem Projektziel und der Aufgabenstellung. Hierbei werden Aufzeichnungen und Dokumente ausgewertet. Da möglicherweise die Prozesse und Einflussgrößen für die Wahl eines Grundstücksvergabeverfahrens nur bedingt zu ermitteln sind, werden diese durch eine Experten-Umfrage gezielt ergänzt.[23]

2 Immobilienwirtschaftliche Rahmenbedingungen und Zielsetzungen der Stakeholder

Das Ansatzmodell hat bereits die Wichtigkeit der immobilienwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dargestellt.[24] Zum Verständnis des Untersuchungsansatzes dieser Arbeit ist es zudem wichtig, die an einer Grundstücksvergabe beteiligten Akteure und ihre Handlungsmotive in ihrem Grundsatz zu kennen, denn die immobilienwirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden zum einen durch die Zielsetzungen der Stakeholder in der Immobilienwirtschaft (2.1) bestimmt. Zum anderen bestimmen marktbedingte Einflüsse die immobilienwirtschaftlichen Rahmenbedingungen (2.2 – 2.6). Aus diesen Erkenntnissen kann das von der öffentlichen Hand zu beachtende grundlegende Spannungsverhältnis dargestellt werden, das in dem Zwischenfazit (2.7) diskutiert wird.

Die von Dziomba herausgearbeiteten Erkenntnisse hinsichtlich städtebaulicher Großprojekte stellen im Kontext der Grundstücksvergabe die wesentlichen Faktoren und Handlungsmotive dar, die in diesem Abschnitt für die immobilienwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu diskutieren sind. Daher werden sie im Folgenden unter Oberbegriffe zusammengefasst und bezugnehmend auf das Kernthema der Arbeit skizziert.

2.1 Zielsetzungen und Handlungsmotive der Stakeholder

In der Immobilienwirtschaft spielen neben der öffentlichen Hand, Immobilienprojektentwickler, -investoren, -finanzinstitutionen, -dienstleister und -nutzer sowie Bauunternehmen eine Rolle.[25] Dabei besitzen sie unterschiedliche Handlungsmotive entsprechend ihrer Aufgaben und Kompetenzen in der Grundstücksentwicklung.

2.1.1 Öffentliche Hand

Dem Grunde nach liegt der Auftrag der öffentlichen Hand in der Sicherung der Daseinsvorsorge, einer bedarfsgerechten und qualitativen Sicherung des Lebensraum und einer nachhaltigen Sicherung von Immobilien und Infrastruktureinrichtungen.

Als Ziel kann eine mit erfüllten städtebaulichen Zielsetzungen abgeschlossene Grundstücksentwicklung definiert werden, die mit wirtschaftlich angemessenem Aufwand, möglichst den Ausgaben übersteigenden Einnahmen und im Interesse des Gemeinwohl erfolgt ist.[26] Dies kann auf das Grundstücksvergabeverfahren übertragen werden. Somit ist das Ziel eine erfolgreiche Veräußerung des Grundstücks zum angestrebten Preis innerhalb des vorgesehen Vermarktungszeitraums im Sinne des Gemeinwohls.

Ferner ist das Handlungsmotiv der öffentlichen Hand eine unproblematische Vermarktung und Realisierung der Grundstücksentwicklung, innerhalb des Zeitplans. Dies impliziert, dass sie möglichst ohne „negative Schlagzeilen angesichts zukünftiger Nutzer oder erzielter Preise entstanden sind, ohne dass ein Verkauf oder eine Anhandgabe rückgängig gemacht werden musste und ohne dass [mögliche] Nachbarprojekte beeinträchtigt wurden“[27].

Für die Öffentliche Hand ist eine Grundstücksentwicklung eine öffentlichkeitswirksame „Visitenkarte“, jedoch besteht auf der anderen Seite das Risiko, dass die Öffentlichkeit ein „Problemfall“, als Fehlschlag eines Projekts oder eines übergeordneten Gesamtprojekts auslegt.[28]

Aus der Sicht der öffentlichen Hand besteht die Zusammenarbeit mit Akteuren der Immobilienwirtschaft darin, baurechtliche Genehmigungen zu erteilen. Kooperationen in Public Private Partnerships sind für die Kommunen zunehmend wichtiger, da sie angesichts angespannter Haushalte private Investoren benötigen, um weiterhin Stadtentwicklungsziele umsetzen zu können.[29]

2.1.2 Grundstückseigentümer

In diesem Fall wird der Grundstückseigentümer dadurch definiert, dass er das Grundvermögen vor der Grundstücksentwicklung besitzt. Dieser kann in öffentliche Grundstückseigentümer[30], Unternehmen oder Privatpersonen untergliedert werden. Diese Untergliederung kann dann wichtig sein, wenn die Verwaltung und Vermarktung öffentlichen Grundeigentums und planungshoheitliche Aufgaben auf unterschiedliche Ämter verteilt sind.

Der Grundstückseigentümer kann dabei einer Grundstücksentwicklung unterstützend, passiv oder ablehnend gegenüberstehen. Dies kann insbesondere dann kritischer Faktor sein, wenn nicht alle zu entwickelnde Grundstücke im Besitz der öffentlichen Hand sind und ein Projekt in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Dies kann bei den betroffenen Grundstückseigentümern zu spekulativen Interessen oder Widerstand führen, wenn diese an einer Wertsteigerung partizipieren möchten, ggf. ohne jedoch anfallende Kosten für Planungen, Infrastruktur, Baureifmachung und andere Vorleistungen leisten zu wollen.

2.1.3 Öffentlichkeit

Ergänzend zu den Ausführungen in 2.1.1 kann ein kritischer Faktor hinsichtlich der Öffentlichkeit bei einem Projekt in einer marktbedingten Tiefphase festgestellt werden, bei der die Öffentlichkeit hohe Leerstände und sinkende Mieten als Indiz für Schwierigkeiten innerhalb des Projekts oder für eine falsche Strategie der öffentlichen Hand bewertet.[31]

2.1.4 Immobilienprojektentwickler

„Die Akteure am Markt für Projektentwicklung […] können […] allgemein in die folgenden drei Gruppen eingeteilt werden:“[32]

- Trader-Developer (Projektentwicklung mit anschließendem Verkauf)
- Service-Developer (Projektentwicklung als Dienstleister für Dritte)
- Investor-Developer (Projektentwicklung für den eigenen Bestand)

Der Projektentwickler übernimmt im Grundsatz die Koordinierung aller Aufgaben von der Grundstückssicherung, Baurechtsschaffung, Klärung der Finanzierung, Baurealisierung, Vermarktung bis zum Verkauf.[33] „Dabei ist er dafür verantwortlich auf der Basis von Standort- und Marktanalysen das geeignete Nutzungs-, Gestaltungs- und Vermarktungskonzept zu entwickeln.“[34] Der Projektentwickler gehört somit zu den Schlüsselakteuren in der Immobilienwirtschaft.

Er entwickelt im Regelfall bei geringen Eigenkapitalquoten Grundstücke für neue Nutzungen und übernimmt dabei das Entwicklerrisiko mit dem Ziel, die Immobilie mit einer möglichst hohen Rendite an einen Käufer zu veräußern. Dabei ist anzumerken, dass er durch die Zielsetzung grundsätzlich nur eine kurzfristige Bindung zum Projekt hat. Jedoch ist er gezwungen, die auf eine langfristig ausgelegte Nutzung basierenden Anforderungen der Käufer zu reflektieren.[35]

Das Handlungsmotiv ist für den Projektentwickler das Erfolgsversprechen, dass die kalkulierten Ausgaben, Mieten und Erlöse eintreten und die entwickelten Objekte mit Gewinn veräußert werden können.[36]

Der Kooperationsbedarf der öffentlichen Hand in Public Private Partnerships kann auch für den Projektentwickler wichtig sein, da für ihn eine gute Verhandlungsposition entsteht. Gleichzeitig kann dies die Planungssicherheit für die Projektentwicklung erhöhen.[37]

2.1.5 Immobilieninvestor

Der Investor zeichnet sich durch das Ziel der „Gewinnerzielung mit Vermögensanlage aus. […] In der Immobilienwirtschaft werden Investoren als Nachfrager von Projektentwicklungen verstanden und unterschieden in institutionelle Investoren[38] […] sowie Privatinvestoren und Unternehmen, welche Immobilien als Kapitalanlage oder zur Selbstnutzung erwerben.“[39]

Handlungsmotiv eines Investors ist eine optimierte Investition, bei der möglichst die Rendite maximiert und das einzugehende Risiko minimiert werden soll. Dabei wählt er zwischen unterschiedlichen geographischen Märkten, Nutzungsarten Marktsegmenten und Zykluszeitpunkten.[40]

Dabei können Investoren als Akteur mit unterschiedlichen Handlungsmotiven auftreten. Diese können auf relativ transparente Gleichgewichtsmärkte ausgerichtet sein, um stabile Cashflow-Renditen zu erzielen, bis hin zu opportunistischen Strategien, die auf Märkte mit Ungleichgewichten, geringer Transparenz und unsicherer Zukunft ansetzen. Hierbei werden Objekte in der Regel strategisch neu ausgerichtet und dann effizient vermietet bevor sie wieder veräußert werden.[41]

2.1.6 Immobilienfinanzinstitution

„Da Projektentwickler nur in geringem Maße über Eigenkapital verfügen und dieses für möglichst viele Projekte verwenden müssen, spielt die Gruppe der Financiers bei der Projektentwicklung eine entscheidende Rolle.“[42]

„Das Risiko des Financiers besteht darin, dass das Projekt nicht termin- oder budgetgerecht fertiggestellt oder veräußert werden kann. Die Finanzierungszusage hängt also einerseits von der Bonität und Expertise des Projektentwicklers und andererseits von der Konzeption, den Rentabilitäts- und Machbarkeitsstudien und den Marktuntersuchungen ab.“[43]

2.1.7 Immobiliendienstleister

Neben Projektsteuerern, Immobilienbewerter, Makler, Berater, Facility Manager, Immobilienverwalter und -betreiber sind hier insbesondere die Planer zu nennen, da ihnen in dieser Gruppe eine besondere Rolle hinsichtlich der Grundstücksvergabe zukommen kann.[44]

Dabei sind Fachingenieure u.a. für Baugrunduntersuchungen, Bausicherungen oder -statik zuständig und nehmen beratende Funktionen ein. „Architekten entwerfen konkrete Objekte, für die Nutzungskonzepte der Projektentwickler und sind dafür verantwortlich, dass dieses funktional, kostengerecht, flexibel und gestalterisch ansprechend geschieht.“[45]

2.1.8 Immobiliennutzer

Die Immobiliennutzer können Unternehmen und private Immobiliennutzer sein. Ziel des Nutzers ist entweder das Objekt bzw. die Fläche als Mieter für einen begrenzten Zeitraum oder als Eigentümer langfristig zu nutzen. „Im zweiten Fall ist zudem zu entscheiden, ob er die Flächen selbst erstellen oder von einem Projektentwickler kaufen möchte.“[46] Somit kann sich dies mit einem Teil der Definition des Immobilieninvestors überschneiden. Dabei liegen die Anforderungen in einer möglichst kostengünstigen und seinen Raumbedürfnissen gerechten Nutzung.

Wichtig kann es hier sein, den zukünftigen Nutzer so früh wie möglich in den „Projektentwicklungsprozess einzubinden, um seinen Anforderungen gerecht zu werden […], ohne jedoch dabei die Drittverwendungsfähigkeit einzuschränken“[47].

2.1.9 Bauunternehmen

Die Zusammenarbeit mit Bauunternehmen kann durch zwei Auftragsarten erfolgen. Zum einen durch die Einzelvergabe von Gewerken, die viel Erfahrung für den Auftraggeber erfordert. Und zum anderen können Generalüber- und Generalunternehmer[48] beauftragt werden. Dies stellt den Regelfall beim Projektentwickler aus Gründen der Organisation und Risikominimierung dar.[49]

2.2 Marktzyklen

Die Herausforderung der öffentlichen Hand liegt hier in den intransparenten Märkten und den schwer vorhersehbaren Immobilienmarktzyklen. Dabei müssen u.a. bewertet werden wie viel Flächenangebot der Immobilienmarkt annehmen kann, ohne, dass der Leerstand steigt oder Mieten sinken.[50] Allerdings kann dies auch eine mögliche Strategie der öffentlichen Hand sein, um die Mieten im Wohnungsmarkt zu senken.

Da die Projektentwickler untereinander keine Rücksicht aufeinander nehmen, muss die öffentliche Hand diese Aufgabe übernehmen.

Hinsichtlich der Projektentwickler ergibt sich aus kurzer Projektbindung, eine abnehmende Beeinflussbarkeit des Projekts. Aus „dem frühzeitig einsetzenden ‚point of no return‘[51] ergeben sich Verhaltensmuster, die in der Vergangenheit zur Überproduktion von Büroflächen beigetragen haben“[52]. Dies liegt an vielen neuen Projekten, die mit dem beginnenden Zyklusaufschwung durch die Projektentwickler angegangen werden, weil u.a. große Gewinne möglich sind und sie leichter eine Fremdfinanzierung erhalten.

„Diese sind aber häufig erst dann bezugsfertig, wenn die konjunkturelle Hochphase schon wieder vorbei ist. In der Folge wird durch die parallel entwickelten Projekte ein Überangebot produziert, welches im fallenden Markt als Leerstand verbucht werden muss.“[53]

Ein antizyklisches Verhalten ist jedoch nicht möglich. Dies liegt daran, dass „die Prognose der Länge und Stärke der weiteren Zyklusphasen und ihrer jeweiligen Wendepunkte […] nicht zielsicher [gelingt], da neben den allgemeinen konjunkturellen Faktoren bei allen Marktteilnehmern stets eine hohe Unsicherheit über strukturelle Änderungen des Flächenbedarfs bei den Nutzern herrscht.“[54] Selbst bei guten Markt- und Nutzerinformationen liegen die Schwierigkeiten in dem enormen Herstellungsaufwand, der langen Bauzeit und der Dynamik der Märkte. „Daneben beeinflussen die Rahmenbedingungen, insbesondere bei der Finanzierung und beim Einkauf auf dem Grundstücksmarkt, die Handlungsmöglichkeiten des Projektentwicklers maßgeblich.“[55]

Die ohnehin starken Zyklusschwankungen werden dadurch noch verstärkt, dass Interessenvertreter zu Zeiten der konjunkturellen Hochphasen darauf hinwirken, mehr Flächen auszuweisen. Demzufolge ist ein überproportionales Anwachsen des Flächenangebots in einer solchen Phase zu erkennen. Zur konjunkturellen Tiefphase ändert sich dann das Interesse dahingehend, dass zum Schutz der eigenen Projekte, keine neuen Ausweisungen mehr erwünscht sind. Die Kommune ist dann ebenfalls nicht mehr an dem Verkauf von öffentlichen Grundstücken interessiert, da die noch zur Hochphase ermittelten Bodenpreise nicht mehr erzielt werden können.[56]

2.3 Makrostandort

Der Makrostandort[57] bestimmt wesentlich die immobilienwirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

In Immobilienmärkte großer Makrostandorte können Projektentwicklungen innerhalb absehbarer Zeit vermarktet werden, sodass das Risiko für spekulative Projekte somit nicht zu hoch ist. Außerdem können diese Märkte eine große Bandbreite unterschiedlicher Flächen- und Nutzungskonzepte zu wirtschaftlichen Preisen aufnehmen.[58]

Demgegenüber bieten Immobilienmärkte in kleinen Makrostandorten angesichts geringer Mietpreisspannen und verhältnismäßig schwächerer Nachfrage weniger Spielraum.[59]

„Der Blick auf die strukturellen Unterschiede beim immobilienwirtschaftlichen Nutzer-, Immobilien- und Anlegermarkt großer und kleiner Städte zeigt, dass mit diesen Unterschieden auch einige Unterschiede beim ‚Funktionieren‘ der Märkte verbunden sind: Die Aktivität auf kleinen Immobilienmärkten hängt weniger von übergeordneten Zyklen und Trends ab, als von der geringen Nachfrage nach Mietflächen und der Flächenverfügbarkeit bzw. dem Baugeschehen vor Ort.“[60]

„Häufig handelt es sich um wenig diversifizierte, nur schwach ausgeprägte Mietmärkte mit starker Eigennutzerdominanz und […] für Investoren sind angesichts der Risikostrukturen und des eingeschränkten Akteurspektrums [eine Einsatz] schwierig. […] Das Mietpreisniveau und die Vermietungsdynamik sind zu gering, um einen auskömmlichen Entwicklergewinn zu ermöglichen und daher für qualifizierte, spezialisierte Developer relativ unattraktiv.“[61]

2.4 Standortfaktor für Mieter und Investoren

„Das Wertsteigerungspotenzial von Grundstücken ergibt sich vor allem aus ihrer Standort- und Lagequalität in Bezug auf die harten und weichen Mikrostandortfaktoren[62].“[63] Exemplarisch sind aus Büromietersicht die wichtigsten Standortfaktoren eine gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, ausreichende Stellplätze, eine leichte Erreichbarkeit des Objekts mit dem PKW, eine gute überregionale Verkehrsanbindung, nahe gelegene Dienstleistungseinrichtungen und attraktive Nachbarobjekte.[64]

Dabei liegt das Interesse an einem weniger attraktiven Standort mit Entwicklungspotenzial weniger bei Mietern als bei Investoren. Unter Umständen ist ein Investor bereit, „an einem Standort mit Entwicklungspotenzial auf die mittel- bis langfristige Wertsteigerung zu setzen. Viele Mieter suchen die Nähe zu Betrieben der gleichen Branche, was aus Investorensicht günstig ist, wenn so […] eine Adresslage entsteht“[65]. Letztendlich muss für den Investor die Objekt- und Standortwahl seiner Anlagestrategie anhand eines Rendite-Risiko-Profils entsprechen.

2.5 Projektentwicklungsrisiken

„Die Immobilienprojektentwicklung zählt zu den risikoreichsten Unternehmertätigkeiten, weil hohe Kapitalbeträge in Produkte investiert werden, die sowohl räumlich als auch zeitlich fixiert sind und häufig auf einen relativ kleinen Markt zugeschnitten sind, über dessen zukünftige Nachfrage eine gewisse Unsicherheit besteht.“[66]

Ein weiteres elementares Risiko im Prozess der Immobilienprojektentwicklung besteht darin, dass die Gewissheit über Erfolg und Misserfolg stetig zunimmt, während gleichzeitig die Beeinflussbarkeit schnell sinkt.[67]

Der Prozess einer Projektentwicklung „kann also durch verschiedene interne und externe Einflüsse gefährdet werden. Während die internen Faktoren in der Kompetenz, Erfahrung und Einsatzbereitschaft des Projektentwicklers […] liegen, handelt es sich bei den externen negativen Einflüssen z.B. um Verzögerungen bei Genehmigungen, Verschlechterung der Marktbedingungen, Verschlechterung der Standortbedingungen, zusätzliche Anforderungen und Auflagen oder Ergebnisse von Wettbewerben“[68].

Die Projektentwickler führen daher umfangreiche Risikoanalysen zur Identifikation sowohl beeinflussbarer als auch vorgegebener Risikoaspekte durch. Diese werden in ihrer Entscheidung für oder gegen eine Angebotsabgabe bei Grundstücksvergabeverfahren bzw. in dem Angebot berücksichtigt.[69]

2.6 Städtebauliche Qualitäten

Bei städtebaulichen Projekten werden je nach Projekt seitens der Stadtentwicklungspolitik eine kleinteilige Entwicklung, Nutzungsmischung, hohe bauliche Dichte und die ansprechende Gestaltung des öffentlichen Raums angestrebt.[70] Dies kann „durch eine kleinteilige Parzellierung und die Verpflichtung zur Schaffung von Laden- und Gastronomieflächen in den Erdgeschossen sowie festgeschrieben Wohnflächenanteilen“[71] versucht werden. „Eine gute Gestaltung hebt den Wert einer Immobilie. […] Eine prämierte Architektur und die attraktive Gestaltung der Außenanlagen kann z.B. als Werbefaktor bei der Vermarktung der Flächen eingesetzt werden.“[72]

Aus Investorensicht entscheiden demgegenüber in erster Linie über die langfristige Werthaltigkeit eines Objekts vor allem die Flächeneffizienz und die Drittverwendungsfähigkeit. In zweiter Linie „beeinflussen gut gestaltete Außenanlagen und öffentliche Räume, Nahversorgungs- und Gastronomieeinrichtungen in der unmittelbaren Umgebung sowie namhafte Unternehmen im Umfeld als wichtige Standortfaktoren die langfristige Wertentwicklung“[73].

Grundsätzlich werden aus Investorensicht Belebtheit, Urbanität und „kurze Wege“ ebenfalls als Vorteil eines Standorts gesehen. Dennoch ist seitens der öffentlichen Hand zu bedenken, dass auch bestimmte Bedenken zu Mischobjekten in folgenden Punkten bestehen kann:[74]

- Investitionskosten
- Bewirtschaftungskosten
- Gegenseitige Beeinträchtigung der Nutzer und dadurch eine mögliche schwierigere Vermarktbarkeit bei potentiellen Kapitalanlegern

- Ungünstigeres Verhältnis von Brutto-Grundfläche zu Mietfläche, insbesondere dann, wenn intern getrennte Erschließungen vorliegen müssen
- Behinderung der Gestaltung von effizienten Grundrissen und eine damit verbundene Erhöhung der Herstellungskosten pro qm Mietfläche des Gebäudes, insbesondere bei zu kleinen Gebäuden

2.7 Zwischenfazit

Die Bandbreite der aufgezeigten Zielsetzungen und Zusammenhänge der vielen Stakeholder zeigt das Spannungsverhältnis der Grundstücksvergabeverfahren. Die Ziele und Anforderungen der öffentlichen Hand gilt es mit den immobilienwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen.

Dabei müssen für die Grundstücksvergabeverfahren dem Projekt angemessene Steuerungsinstrumente ausgewählt werden, damit die Grundstücke möglichst ohne personal- und kostenintensive sowie Image schädigende Verzögerungen, Nachverhandlungen oder Rückabwicklungen verkauft werden können.

Außerdem müssen im Interesse einer konsequenten und qualitätsvollen Grundstücksentwicklung im Grundstücksvergabeverfahren möglichst viele Risiken minimiert werden. Dadurch kann die öffentliche Hand zu einem höheren Grundstückspreis kommen und bestimmte Risiken auf den Investor übertragen. Für die Investoren ist dies ebenfalls für die eigene Kalkulation und auch zur Klärung der Fremdfinanzierung von Vorteil.

Hinsichtlich des anzustrebenden Verkaufspreises erfordert es eine genaue Kenntnis über Immobilienmarktsituationen, um einen maximalen Grundstückspreis ermitteln zu können. Die Annahmen über die Marktentwicklung haben somit bei der Kalkulation einen großen Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg einer Grundstücksentwicklung.

Zur Vermeidung von Spekulationen und öffentlicher Diskussionen stellt sich die Frage wieweit Grundstücksentwicklung initiiert werden kann, ohne die Öffentlichkeit einzubeziehen. Diese Frage ist im Rahmen dieser Arbeit nicht zu beantworten.

3 Rechtliche Rahmenbedingungen bei der Auswahl des Grundstücksvergabeverfahrens

Wie bereits zu erkennen ist, spielen Grundstücksverkäufe der öffentlichen Hand in der Kommunalpraxis eine überaus wichtige Rolle.[75] „Ob es nun der ‚freiwillige‘ Verkauf innerhalb eines Neubaugebiets oder die von Gesetzes wegen bestehende Veräußerungspflicht innerhalb eines städtebaulichen Entwicklungsbereichs nach BauGB ist […].“[76] Aufgrund dessen ist es auch für Nicht-Juristen fast schon selbstverständlich, dass hierfür rechtliche Regeln existieren, die es einzuhalten gilt. Wo private Wirtschaftssubjekte mit der öffentlichen Hand in Berührung kommen und ggf. staatliche Aufgaben erfüllen sollen, entstehen Wettbewerbsverhältnisse, die unter Umständen Ermessensgrenzen[77] einzuhalten haben. Die Herausforderung liegt dabei gerade in der Einordnung dieser Grenzbereiche, denn anders als in einseitigen Verantwortungsbereichen, trifft hier die hoheitliche Tätigkeit, die Fragen der Wettbewerbsgleichheit nach sich zieht mit öffentlich-rechtlich irrelevanten, privaten Initiativen zusammen.[78]

Somit hat sich bei jedem Grundstücksverkauf „die Gemeinde an die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu halten“[79]. Dies gilt erst recht bei Grundstücksverkäufen mit entsprechender Bauverpflichtung.[80] Dabei ist zu betonen, dass die Gemeinden besonders bei der „Ausgestaltung der Kriterien von Wettbewerben und auch der abschließenden Auswahlentscheidung bei vorhandenem Bewerberüberhang im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens handeln“[81] und demnach die äußeren Ermessensgrenzen einzuhalten haben.

Zudem heißt es bei Reidt, dass die Grundstücksveräußerung von Gemeinden „eines der aktuell sicherlich umstrittensten Themenfelder in der Vergabepraxis“[82] ist. Durch eine Vielzahl an einschlägiger Literatur wird diese Beurteilung bestätigt und es ist erkennbar, dass dem Vergaberecht eine übergeordnete, europarechtliche Bedeutung zukommt. Denn bei komplexen städtebaulichen Verfahren, wie bei einer Grundstücksvergabe mit etwaigen städtebaulichen Regelungen, stellen sich erhebliche rechtliche Abgrenzungsschwierigkeiten ein.[83]

Die Anwendbarkeit des Vergaberechts wird durch die bestehenden normativen und judikativen Vorgaben determiniert“[84].

Es ist daher unerlässlich, jeweils zwischen „solchen europarechtlicher und nationaler Natur zu unterscheiden, ohne dabei jedoch die jeweiligen Wechselwirkungen der Rechtsebenen zu übergehen“[85].

Somit werden nachstehend die erforderlichen Grundlagen ermittelt, die den Rahmen der kommunalen Handlungsmöglichkeiten vorgeben, welcher die Basis der weiteren Bearbeitung und Analyse darstellt.

Hierbei ist bei einer Vergabe von öffentlichen Grundstücken zunächst zu prüfen, ob unterschiedliche Vergabestrukturen die Qualifizierung als öffentlicher Auftraggeber beeinflussen (3.1). Anschließend gilt es, die gesetzlichen Bestimmungen zur Vergabe von öffentlichen Grundstücken (3.2) zu beleuchten um darauf aufbauend die normativen (3.3) und die judikativen Vorgaben (3.4) auf europäischer Ebene zu untersuchen. Dabei werden die wesentlichen Ergebnisse herausgearbeitet und die Hintergründe skizzierend dargestellt. Der Detaillierungsgrad ist dabei so groß, dass eine intensivere Beschäftigung hiermit den Rahmen dieser Arbeit übersteigen würde. Etwaige rechtliche Ausnahmeregelungen (3.5) werden ebenfalls beleuchtet. Das Zwischenfazit (3.6) beinhaltet dann die konstatierten Schlussfolgerungen und die kommunalen Handlungsmöglichkeiten.

3.1 Vergabestruktur

Zur Qualifizierung eines öffentlichen Auftraggebers, der somit den Anwendungsbereichen des öffentlichen Vertrags- und Vergaberechts unterliegen kann, dient § 98 GWB. Es stellt sich die Frage, ob unterschiedliche Vergabestrukturen, zum Beispiel die Wahl einer bestimmten Rechtsform, die Qualifizierung als öffentlicher Auftraggeber beeinflussen? Denn bei der Grundstücksvergabe ist es denkbar, dass auch „ein öffentliches Unternehmen oder eine privatrechtlich organisierte Einheit der öffentlichen Hand mit der Entwicklung gemeindlicher Bauflächen befasst ist“[86].

Der § 98 Nr. 1 GWB konstatiert, dass ein öffentlicher Grundstückseigentümer im Sinne eines öffentlichen Auftraggebers eine Gebietskörperschaft, sowie deren Sondervermögen sein kann.

Ferner können nach § 98 Nr. 2 GWB auch andere juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts als öffentlicher Auftraggeber auftreten. Dies können juristische Personen sein, „die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen“[87]. Weiterhin müssen sie von öffentlichen Stellen „einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend“[88] finanziert werden, die Leitung der öffentlichen Stellen Aufsicht ausüben oder „mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe“[89] aus öffentlichen Stellen bestimmt ist. Das Gleiche gilt dann, wenn die öffentliche Stelle „einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat“[90]. Dies können nach § 98 Nr. 3 GWB ebenfalls Verbände sein.

Der § 98 Nr. 4 GWB führt weiter aus, dass ebenfalls „natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie […] des öffentlichen Rechts“[91] als solche zu qualifizieren sind, „in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Auslobungsverfahren von [öffentlichen] Stellen […] Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben“[92] zu mehr als 50 % finanziert werden.

Hierzu zählen nach § 98 Nr. 6 GWB auch natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die mit öffentlichen Stellen hinsichtlich der Aufträge an Dritte, „einen Vertrag über eine Baukonzession abgeschlossen haben“[93].

Beispielhaft sind nach Jarass Cohen die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben oder eine als Aktiengesellschaft organisierte Entwicklungs- und Projektgesellschaft als öffentlicher Auftraggeber einzuordnen. Überdies hinaus ist der „Begriff der juristischen Person des Privatrechts […] dabei europarechtlich auszulegen und umfasst nicht nur – wie nach gängigem deutschen Verständnis – Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder eingetragene Vereine, sondern auch die teilrechtsfähigen Handelsgesellschaften“[94].

Hinsichtlich des im § 98 Nr. 2 GWB genannten besonderen Zwecks, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, genügt laut Jarass Cohen nach der Infizierungstheorie des EuGH die teilweise Wahrnehmung von Allgemeininteressen, um das gesamte unternehmen dem Vergaberechtsregime zu unterwerfen.[95] „Beim Merkmal des Allgemeininteresses handelt es sich um einen nach den Zielen des europäischen Vergaberechts weit auszulegenden Begriff.“[96]

Demnach ist hinsichtlich der Vergabestruktur aus den vorstehenden Tatbeständen zu schließen, dass es sich bei öffentlichen Grundstücksvergaben eindeutig um Aufgaben des Allgemeininteresses handelt. Jarass Cohen führt hier zutreffend weiter aus, dass die Qualifikation als öffentlicher Auftraggeber zu verneinen ist, „wenn ein Unternehmen Flächen unter realen Marktbedingungen veräußerte […], ohne dass dabei andere als rein wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle spielten“[97].

3.2 Gesetzliche Bestimmungen zur Vergabe von öffentlichen Grundstücken

Zunächst ist es notwendig, die relevanten Rechtsnormen – Vergaberecht und Vertragsrecht – zu untersuchen. Denn Ax beschreibt hinsichtlich der Herausforderung für Tiefbauunternehmen passend, dass „Bauvertragsrecht und Bauvergaberecht, rechtlich zwei getrennte Gebiete [sind], […] [die] in der Praxis vieler [Unternehmen] und [öffentlichen] Auftraggeber überaus eng zusammen“[98] hängen. Dieselbige Herausforderung zeigt sich in der Grundstücksvergabe durch die öffentliche Hand.

An dieser Stelle ist auf die am 15.01.2014 durch das Europäische Parlament (EP) angenommenen neuen EU-Vergaberichtlinien zur Modernisierung des EU-Vergaberechts zu verweisen. Die Richtlinien sind durch die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft getreten „und müssen innerhalb von zwei Jahren in das nationale Recht umgesetzt werden“[99].

Unter anderem umfasst dies die Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge und ersetzt die bisherige Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/E (VKR). Da diese jedoch noch Rechtsnormcharakter besitzt, wird sie hier als Grundlage der Betrachtungen verwendet. Außerdem bleibt die VKR in Ihrem Grundsatz ein wesentlicher Bestandteil. Der bisherige Prozess der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), sowie strategische Ziele auf europäischer Ebene, wurden ergänzt. Somit ist hier zu erwähnen, dass die Ziele der Novellierung des EU-Vergaberechts eine „Vereinfachung und Flexibilisierung der Vergabeverfahren, eine Erweiterung der elektronischen Vergabe, sowie die Verbesserung des Zugangs für kleine und mittlere Unternehmen zu den Vergabeverfahren sind“[100]. „Zudem sollen künftig strategische Aspekte zur Erreichung der Europa 2020-Ziele (insbes. soziale und umweltpolitische Ziele) stärker in den Vergabeverfahren berücksichtigt werden.“[101]

3.2.1 Vertragsrechtliche Bestimmungen

Wie bereits festgestellt wurde, ist die Zielklärung der Gemeinde der Grundstein eines jeden Verfahrens.[102] Aus diesen Zielsetzungen entstehen die Anforderungen an den zukünftigen Investor, an welchen das Grundstück vergeben wird. Diese Anforderungen sind vor der tatsächlichen Bekanntgabe einer Grundstücksvergabe abschließend zu klären und müssen in dem Grundstücksangebot enthalten sein. Somit sind kommunale Strategien, und die daraus resultierenden vertraglich zu regelnden Anforderungen an die Investoren, die Grundlage für die vergaberechtlichen Rahmenbedingungen.[103]

Um im Vorfeld einer Planung alle Fragen und Ziele der Stakeholder zu klären, können städtebauliche Verträge geschlossen werden. Aus dem Blickwinkel der Gemeinde dienen sie „der Erfüllung städtebaulicher Aufgaben“[104] und „ergänzen das hoheitliche Instrumentarium des Städtebaurechts“[105]. „Wenn die Gemeinde schlicht als […] Verkäufer eines Grundstücks auftritt, handelt es sich in der Regel um einen privatrechtlichen Grundstückskaufvertrag. Dieser ist nur dann als städtebaulicher Vertrag nach dem Baugesetzbuch (BauGB) zu qualifizieren, wenn die Gemeinde mit einem Dritten die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen regelt oder hierüber Vereinbarungen trifft.“[106]

Im Vertragsrecht hat der Gesetzgeber „bereits durch die Landesverwaltungsverfahrensgesetze 1976 für die kommunale Praxis Möglichkeiten eröffnet, öffentlich-rechtliche Verträge abzuschließen und so den Weg vom hoheitlichen Handeln zum kooperativen Verwaltungshandeln gestaltet.“[107] Das Baugesetzbuch (BauGB) bildet für das Vertragsrecht hinsichtlich der öffentlichen Grundstücksentwicklung die Grundlage und hat „1998 die bisherigen Regelungen zu städtebaulichen Verträgen als Dauerrecht übernommen“[108].

Hinsichtlich des vertraglich geregelten Verkaufserlöses bei einer Grundstücksvergabe dürfen grundsätzlich Vermögensgegenstände der öffentlichen Hand, zu denen auch öffentliche Grundstücke zählen, nicht unter dem ermittelten Verkehrswert veräußert werden. Dies gibt das Haushaltsrecht vor, das durch die Gemeindeordnungen der jeweiligen Länder determiniert ist[109]. Weiterhin besteht ein Risiko darin, dass in einem Grundstücksverkauf eine unzulässige staatliche Beihilfe gemäß EU-Beihilferecht „nach Art. 107 Abs. 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gesehen werden könnte, sofern das Grundstück an ein Unternehmen unter dem Verkehrswert veräußert wird“[110]. In diesem Zusammenhang legt das EU-Beihilferecht der Europäischen Kommission mit der sogenannten Grundstücksmitteilung[111] einen Leitfaden fest, der „den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gibt, Verkäufe von Bauten und Grundstücken in einer Weise abzuwickeln, die staatliche Beihilfe grundsätzlich ausschließt“[112]. Die Grundstücksmitteilung „sieht zwei zulässige Verkaufsverfahren vor: den Verkauf durch ein bedingungsfreies Bieterverfahren und den Verkauf auf Grundlage eines Wertgutachtens“[113].

[...]


[1] Vgl. Statistisches Bundesamt: EU-Stadt-Land-Gliederung nach Fläche, Bevölkerung und Bevölkerungsdichte am 31.12.2012 (2013)

[2] Vgl. Allendorf, G.J./Schulte, K.-W.: Immobilienökonomie (2008), S. 901

[3] Lütke-Daldrup, E./Zlonicky, P. (Hrsg.): Große Projekte in deutschen Städten (2009), S. 10

[4] Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS): Praxisratgeber Militärkonversion (2013), S. 3

[5] Lütke-Daldrup, E./Zlonicky, P. (Hrsg.): Große Projekte in deutschen Städten (2009)

[6] Vgl. Feldmann, P.: Die strategische Entwicklung neuer Stadtquartiere (2009), S. 308

[7] Dziomba, M.: Städtebauliche Großprojekte der urbanen Renaissance (2009), S. 96

[8] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O.

[9] Busse, J./Dirnberger, F.: Gemeinde und Investor (2011), S. 37

[10] Busse, J./Dirnberger, F. (2011), a. a. O.

[11] Müller, K./Weber, K.: Städtebauliche Projektentwicklung (2002), S. 83

[12] Vgl. Busse, J./Dirnberger, F.: Gemeinde und Investor (2011), S. 32

[13] Dziomba, M.: Städtebauliche Großprojekte der urbanen Renaissance (2009), S. 6

[14] Dziomba, M. (2009), a. a. O.

[15] Siehe hierzu ausführlich 2.1

[16] Vgl. Faber-Praetorius, B./Zippel, S.: Integratives Projektmanagement im Lebenszyklus der Immobilie (2012), S. 59

[17] Vgl. Kuß, A.: Marktforschung (2012), S. 35 f.

[18] Kuß, A. (2012), a. a. O., S. 135

[19] Vgl. Kuß, A. (2012), a. a. O.

[20] Kuß, A. (2012), a. a. O.

[21] Kuß, A. (2012), a. a. O.

[22] Vgl. Kuß, A. (2012), a. a. O., S. 140 f.

[23] Vgl. Kuß, A. (2012), a. a. O., S. 134

[24] Siehe hierzu 1.3

[25] Vgl. Abbildung 16 Allendorf, G.J./Schulte, K.-W.: Immobilienökonomie (2008), S. 58

[26] Vgl. Dziomba, M.: Städtebauliche Großprojekte der urbanen Renaissance (2009), S. 98 und Müller, K./Weber, K.: Städtebauliche Projektentwicklung (2002), S. 37

[27] Vgl. Dziomba, M.: Städtebauliche Großprojekte der urbanen Renaissance (2009), S. 102 f.

[28] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 102

[29] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 75

[30] Diese Definition beinhaltet Bund, Länder, Städte, Gemeinde, aber auch Institutionen wie Kirche oder Stiftungen

[31] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 104

[32] Allendorf, G.J./Schulte, K.-W.: Immobilienökonomie (2008), S. 169

[33] Vgl. Dziomba, M.: Städtebauliche Großprojekte der urbanen Renaissance (2009), S. 71

[34] Dziomba, M. (2009), a. a. O.

[35] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 71 f.

[36] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 102

[37] Siehe hierzu 4.1.1

[38] Z.B. in Form von Immobilienfonds, Banken Versicherungen und Immobilien-AGs

[39] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 73

[40] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 81 f.

[41] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O.

[42] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 72

[43] Dziomba, M. (2009), a. a. O.

[44] Vgl. Allendorf, G.J./Schulte, K.-W.: Immobilienökonomie (2008), S. 192 ff.

[45] Dziomba, M.: Städtebauliche Großprojekte der urbanen Renaissance (2009), S. 74

[46] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 73

[47] Dziomba, M. (2009), a. a. O.

[48] Während ein Generalübernehmer üblicherweise keine eigenen Handwerker beschäftigt, sondern für alle Teile eines Auftrags nur Subunternehmer beauftragt, hat ein Generalunternehmer ein eigenes Unternehmen (oft ein Bauunternehmen), mit dem er den Großteil eines Auftrags erledigt und nur für einzelne Gewerke Subunternehmer hinzuzieht. Konradin Medien GmbH: wissen.de

[49] Vgl. Dziomba, M.: Städtebauliche Großprojekte der urbanen Renaissance (2009), S. 73 f.

[50] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 104

[51] „Punkt ohne Rückkehr(möglichkeit)“. Ein Stadium einer Entwicklung, von dem aus eine Änderung nicht mehr möglich ist. Vgl. Konradin Medien GmbH: wissen.de

[52] Dziomba, M.: Städtebauliche Großprojekte der urbanen Renaissance (2009), S. 91

[53] Dziomba, M. (2009), a. a. O.

[54] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 92

[55] Dziomba, M. (2009), a. a. O.

[56] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 106

[57] Der Makrostandort ist ein großräumliches Verflechtungsgebiet, in dem sich ein Projektstandort befindet (Stadt, Gemeinde, Region). Immobilien Scout GmbH: Immobilienscout24

[58] Vgl. Dziomba, M.: Städtebauliche Großprojekte der urbanen Renaissance (2009), S. 189

[59] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O.

[60] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 187

[61] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 187 f.

[62] Unter einem Mikrostandort versteht man die unmittelbare Umgebung eines Projektstandortes (nahes Umfeld, Stadtteil, Entwicklungsgebiet, Teilraum mit ähnlichen Merkmalen). Immobilien Scout GmbH: Immobilienscout24

[63] Dziomba, M.: Städtebauliche Großprojekte der urbanen Renaissance (2009), S. 78 f.

[64] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 79

[65] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 78 f.

[66] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 86

[67] Vgl. Kyrein, R.: Interdisziplinäre, stakeholder- und prozessorientierte Immobilienprojektentwicklung (2009), S. 70 f.

[68] Dziomba, M.: Städtebauliche Großprojekte der urbanen Renaissance (2009), S. 86

[69] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O.

[70] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 106

[71] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 107

[72] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 106

[73] Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 106 f.

[74] Vgl. Dziomba, M. (2009), a. a. O., S. 107

[75] Siehe hierzu 1.1

[76] Knapp, M.: Rahmenbedingungen bei kommunalen Grundstücksverkäufen mit Bauverpflichtung und Bewerberüberhang, DSKDEPESCHE (2013)

[77] Nach dem §40 VwVfG sind äußere Ermessensgrenzen solche, die durch Gesetze vorgegeben werden.

[78] Vgl. Jarass Cohen, N.: Vergaberecht und städtebauliche Kooperation (2013)

[79] Knapp, M.: Rahmenbedingungen bei kommunalen Grundstücksverkäufen mit Bauverpflichtung und Bewerberüberhang, DSKDEPESCHE (2013)

[80] Vgl. Knapp, M. (2013), a. a. O.

[81] Knapp, M. (2013), a. a. O.

[82] Reidt, O.: Vergaberechtliche Anforderungen an Grundstücksveräußerungen und sonstige Verträge von Kommunen bei der innerstädtischen Projektentwicklung, in: Deutsches Seminar für Städtebau und Wirtschaft im Deutschen Verband für Wohnungsbau, Städtebau und Raumordnung e.V. (Hrsg.) (2008): Nutzungsmischung als Schlüsselfaktor innerstädtischer Projektentwicklungen - Akteure, Instrumente und Auswirkungen im Lichte von Praxisbeispielen, S. 68

[83] Vgl. Jarass Cohen, N.: Vergaberecht und städtebauliche Kooperation (2013), S. 61

[84] Jarass Cohen, N. (2013), a. a. O., S. 103

[85] Jarass Cohen, N. (2013), a. a. O.

[86] Jarass Cohen, N. (2013), a. a. O., S. 120

[87] § 98 Nr. 2 GWB (01.09.2013)

[88] § 98 Nr. 2 GWB (01.09.2013)

[89] § 98 Nr. 2 GWB (01.09.2013)

[90] § 98 Nr. 2 GWB (01.09.2013)

[91] § 98 Nr. 4 GWB (01.09.2013)

[92] § 98 Nr. 4 GWB (01.09.2013)

[93] § 98 Nr. 6 GWB (01.09.2013)

[94] Jarass Cohen, N.: Vergaberecht und städtebauliche Kooperation (2013), S. 120

[95] Vgl. Jarass Cohen, N. (2013), a. a. O., S. 121

[96] Jarass Cohen, N. (2013), a. a. O.

[97] Jarass Cohen, N. (2013), a. a. O.

[98] Ax, T./Reichert, F./Keseberg, S.: Bauen im Grund (2006), S. I

[99] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi): Öffentliche Aufträge

[100] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), a. a. O.

[101] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), a. a. O.

[102] Siehe hierzu 2.1

[103] Siehe hierzu ausführlich 4., insbesondere 4.1 und 4.4

[104] Busse, J./Dirnberger, F.: Gemeinde und Investor (2011), S. 108

[105] Busse, J./Dirnberger, F. (2011), a. a. O.

[106] Busse, J./Dirnberger, F. (2011), a. a. O.

[107] Busse, J./Dirnberger, F. (2011), a. a. O., S. 107

[108] Busse, J./Dirnberger, F. (2011), a. a. O.

[109] Vgl. Koch, E.: Städtebauliche Instrumente bei der Konversion von Militärarealen (2012), S. 303

[110] Knapp, M.: Rahmenbedingungen bei kommunalen Grundstücksverkäufen mit Bauverpflichtung und Bewerberüberhang, DSKDEPESCHE (2013)

[111] Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand, Mitteilung der Kommission Nr. 97/C 209/03 vom 10.7.1997, ABl. C 209/3 v. 10.7.1997.

[112] Grooterhorst, J.: Grenzfälle im Vergaberecht, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. Sep 2011

[113] Grooterhorst, J., a. a. O.

Ende der Leseprobe aus 137 Seiten

Details

Titel
Entwicklung eines Software-Tools zu Grundstücksvergabeverfahren für Klein- und Mittelstädte
Untertitel
Eine Untersuchung immobilienwirtschaftlicher und rechtlicher Rahmenbedingungen sowie die Betrachtung möglicher Verfahrenskonzeptionen
Hochschule
Hochschule21 gemeinnützige GmbH
Veranstaltung
Bau- und Immobilienmanagement
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
137
Katalognummer
V278093
ISBN (eBook)
9783656707691
ISBN (Buch)
9783656713166
Dateigröße
6693 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vergabe, Vergabeverfahren, Grundstücksvergabe, Grundstücksverkauf, Grundstücksveräußerung, Grundstücksvergabeverfahren, Immobilienverkauf, Öffentliche Hand, Gemeinde, Grundstücksentwicklung, Immobilienentwicklung, Stadtentwicklung, Immobilienwirtschaft, Stakeholder, Vergaberecht
Arbeit zitieren
Christoph Oehlke (Autor:in), 2014, Entwicklung eines Software-Tools zu Grundstücksvergabeverfahren für Klein- und Mittelstädte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278093

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