Johann Gottfried Herders Auseinandersetzung mit Literaturen und Kulturen fremder Länder
setzt bereits früh an: 1764 hielt er mit 19 Jahren eine Rede im Collegium Fridericianum in
Königsberg über den Nutzen und den Wert des Fremdsprachenerwerbs. Die Rede steht am
Anfang in der von Bernhard Suphan herausgegebenen 33-bändigen Ausgabe der Werke
Herders, die für den Druck überarbeitet wurde und unter dem Titel „Über den Fleiß in
mehreren gelehrten Sprachen“ und im Oktober 1761 erstmals erschien. Darin legt Herder
seinen dem Leser nahe, Fremdsprachen zu studieren und literarische Texte möglichst im
Original zu lesen, da durch Übersetzungen an vielen Stellen der Reiz des Originals verloren
geht: „Jene heilige Reliquien der Dichtkunst und Beredsamkeit unter den Römern, den
Griechen, und insonderheit unserer Offenbarung [i.e. Hebräisch, Anm.], verlieren ihren Kern
der Stärke, das Kolorit, den Glanz der Einfalt, den klingenden Rhythmus; […].“ Die
Prämisse, Texte möglichst im Original zu lesen, bekräftigt er auch in anderen Schriften: „Ihr
könnt also die Literatur eines Volkes ohne ihre Sprache nicht übersehen“. Herder
beschäftigte sich zeitlebens intensiv mit den Literaturen fremder Länder und versuchte damit,
„den Geist jedes Volkes in meine Seele“4, den er v.a. in folkloristischen Liedern vorfand, zu
sammeln. [...]
Inhaltsverzeichnis
- I. Herders universales Literaturkonzept
- 1. Herders Auseinandersetzung mit „fremder“ Literatur
- 2. Literatur, „Nationalcharakter“ und Nationalismus
- 3. Herder, Goethe und „Volkslieder“
- 4. Herder und die Komparatistik
- II. Herders universales Geschichtskonzept
- 5. Herders universales Geschichtsdenken
- 6. Herders progressiv – organisches Geschichtsdenken
- 7. Literaturgeschichte als Weltgeschichte
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Universalismus im Literatur- und Geschichtskonzept von Johann Gottfried Herder. Sie untersucht, wie Herder das Verhältnis von Nationalität und Universalität im Kontext der Literatur und Geschichte konzipierte. Der Fokus liegt dabei auf Herders Auseinandersetzung mit fremden Literaturen, seiner Sicht auf den Nationalcharakter sowie auf seiner progressiv-organischen Geschichtsphilosophie.
- Herder und die Rezeption fremder Literaturen
- Der Nationalcharakter in Herders Werk
- Die Bedeutung von Volksliedern für Herder und Goethe
- Herder und die Entwicklung der Komparatistik
- Herders universales Geschichtsdenken und seine Bedeutung für die Weltgeschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Die ersten Kapitel beleuchten Herders Auseinandersetzung mit „fremder“ Literatur. Sie zeigen auf, wie Herder die Rezeption von Literaturen anderer Länder als Voraussetzung für die Entwicklung einer eigenständigen und individuellen Nationalliteratur sah. Herder plädierte für ein Studium des Fremden, um die eigene Sprache und Kultur besser zu verstehen und zu fördern. Die Kapitel beleuchten außerdem Herders Verhältnis zum Nationalismus und die Bedeutung von Volksliedern für seine literarischen und geschichtsphilosophischen Konzepte.
Die weiteren Kapitel widmen sich Herders universellem Geschichtskonzept. Sie analysieren sein progressiv-organisches Geschichtsdenken und die Bedeutung von Literatur für die Erkenntnis der Weltgeschichte. Herder argumentierte für eine gleichberechtigte Betrachtung der Kulturen und Völker und sah die Geschichte als einen dynamischen Prozess, der durch göttliche Fügung gelenkt wird.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beleuchtet die zentralen Begriffe und Konzepte, die Herders Literatur- und Geschichtskonzept prägen: Universalismus, Nationalcharakter, Volkslieder, Komparatistik, Geschichtsphilosophie, Organisches Geschichtsdenken, Weltgeschichte, "Empfindungspoesie".
- Citation du texte
- Siawasch Aeenechi (Auteur), 2014, Der Universalismus in Herders Literatur- und Geschichtskonzept, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278695