Die Sprachenwahl beim Eurovision Song Contest und ihr Auswirkungen und Konsequenten - Untersuchungen zum Zeitraum 1999-2004


Magisterarbeit, 2004

136 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


I Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A Fragestellung und Forschungsstand

B Vorarbeiten
1.1 Die European Broadcasting Union: Geschichtlicher Überblick und zentrale Tätigkeitsfelder
1.2 Rechte und Pflichten der „Aktiven Mitglieder“ der EBU
2.1 Der Eurovision Song Contest: Entstehungsgeschichte und Teilnehmer des Wettbewerbes
2.2 Das Wertungssystem und der Abstimmungsmodus beim ESC
2.3 Die Sprachenregelung beim ESC in der Vergangenheit und heute
2.4 Die Modernisierung des ESC und des deutschen ESC-Vorentscheids
3 Die deutsche Sprache und ihre internationale Bedeutung

C Möglichkeiten empirische Forschung
1 Zentrale Fragestellung und bisherige Sekundärforschung 32 Exkurs: Lösungsvorschlag am Beispiel des „Conjoint-Measurments“

D Analyse der ESC-Jahrgänge 1999-2004
1.1 Die nationalen Vorentscheide 1999
1.2 Das ESC-Finale 1999: Jerusalem
2.1 Die nationalen Vorentscheide 2000
2.2 Das ESC-Finale 2000: Stockholm
3.1 Die nationalen Vorentscheide 2001
3.2 Das ESC-Finale 2001: Kopenhagen
4.1 Die nationalen Vorentscheide 2002
4.2 Das ESC-Finale 2002: Tallinn
5.1 Die nationalen Vorentscheide 2003
5.2 Das ESC-Finale 2003: Riga
6.1 Die nationalen Vorentscheide 2004
6.2 Das ESC-Finale 2004: Istanbul
7 Zusammenfassung der Analyseergebnisse

E Übergreifende Bewertung und kontextuelle Einordnung der
Ergebnisse

Appendix A
A1 Aktive Mitglieder der EBU
A2 Assoziierte Mitglieder und Beteiligte Mitglieder der
A3 Sister Unions der EBU

Appendix B
B1 Die 42 ESC-Teilnehmerländer 1956-2004
B2 Vorgetragene Sprachen beim ESC 1956-2004

Appendix C
C1 E-Mail Korrespondenz EBU
C2 Fragebogen an Michael Sonneck

Bibliographie

II Abbildungsverzeichnis

Tab.1 Sprachen in Europa

Tab.2 Eigenschaft und Eigenschaftsausprägung im Rahmen einer Conjoint-Analyse

Tab.3 ESC-Jahrgänge 1999-2004: Teilnehmer und Sprachen

Tab.4 Plätze 1-5 beim ESC im Zeitraum 1999-2004

Tab.5 Umsatzanteile der Repertoirekategorien auf dem Tonträgermarkt 2003

Ш Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A Fragestellung und Forschungsstand

„Ein Lied kann eine Brücke sein“, sang Joy Fleming im Jahre 1975 beim Eurovision Song Contest (ESC). Ebenso lautet auch der Titel eines der rar gesäten, deutschsprachigen Publikationen, die sich mit dem internationalen Sangeswettbewerb beschäftigen. Diese Parallele existiert nicht zufällig, denn ein besonders wertvolles Charakteristikum der Musik ist, dass sie eine völkerverbindende und grenzüberschreitende Kunst ist. Die Begegnung der europäischen und auch außer-europäischen Nationen zum Zweck der musikalischen Verständigung kann als Kernaspekt des Eurovision Song Contest verstanden werden. Ein Motiv für die Gründung des ESC im Jahre 1955 war zwar, das damals noch neue Medium Fernsehen der europäischen Bevölkerung näher zu bringen, jedoch war der Hauptgrund die Symbolisierung eines wachsenden Zusammengehörigkeitsgefühls (West-) Europas auf populärkultureller Ebene (Moser 1999: 16).

Vielleicht gerade deshalb erfreut sich der traditionsreiche Grand Prix Eurovision, wie er in Deutschland lange genannt wurde, heute mehr denn je einer großen Beliebtheit und Aktualität. Seine Teilnehmer betreffend war und ist der Grand Prix seiner Zeit immer schon ein Stück voraus. Dort fühlen sich - zumindest in musikalischer Hinsicht - Estland, Litauen, Polen, Ungarn und andere aktuelle Beitrittsländer der Europäischen Union vom 1. Mai 2004 schon seit 1994 als Teil der europäischen Gemeinschaft, oder treffen Griechenland, die Türkei und Zypern seit vielen Jahren im musikalischen Wettstreit friedlich aufeinander. Vor dem Hintergrund des europäischen Zusammenwachsens besitzt dieser Wettbewerb eine Symbolhaftigkeit, denn er bringt den jährlich circa 100 Millionen Zuschauern im Kontext des musikalischen Miteinander - und Gegeneinander - die ihnen noch unbekannten Nationen und deren musikalisches Verständnis von populärem Liedgut ein wenig näher. Wie klingt Popmusik auf Finnisch? Wovon singen Lettland, Polen und Malta?

Jedoch ist die nationale Vielfalt beim Grand Prix nicht mehr gleichbedeutend mit einer sprachlichen Vielfalt. Nach über 20 Jahren bestehender Sprachenregelung beschlossen die Verantwortlichen des ESC-Veranstalters, der European Broadcasting Union (EBU), die Aufhebung dieser Regelungen. Folglich gilt seit 1999: Jedem Teilnehmerland ist es freigestellt, in welcher Sprache ihr ESC-Beitrag verfasst ist. Konnte man nun erwarten, dass die Teilnehmerländer von der Mannigfaltigkeit der europäischen Sprachen Gebrauch machen würden? Das Gegenteil ist der Fall: Bereits im Jahre 1999 und in den darauf folgenden Jahrgängen zeigte sich hinsichtlich der Sprachenwahl eine klare Tendenz zum Englischen. Schon im ersten Veranstaltungsjahr ohne bestehende Sprachenregelung sang rund die Hälfte der nicht-englischsprachigen Länder auf Englisch. Erstaunlicherweise sind im Kontext des ESC Beiträge in einer anderen als den nationalen Amtssprache(n) und Englisch praktisch nicht vorhanden. Zeigt sich beim Grand Prix eine Parallele zu der allgemeinen Entwicklung, Englisch als Lingua franca in der internationalen Kommunikation zu verwenden? Funktioniert das Genre „Popmusik“, das beim ESC weitgehend Verwendung findet, etwa nur in Verbindung mit dem Englischen? Die Grand-Prix-Titel werden von den Rezipienten respektive den Zuschauern bewertet. Gehen spezifische Teilnehmernation eventuell von der Annahme aus, mit einem englischen Beitrag den musikalischen und sprachlichen Geschmack der Zuschauermehrheit zu treffen, und ist die Resonanz der Rezipienten tatsächlich positiver als bei einem nicht-englischen Titel? In der Geschichte des Grand Prix sangen die Teilnehmer immer wieder von Frieden und Liebe. Doch neben allen versöhnlichen Klängen ist der Grand Prix ein Wettstreit mit Noten und Stimmgewalt. Daher besteht die Vermutung, dass ein Großteil der Teilnehmer Englisch als Garant für ein erfolgreiches Abschneiden ansieht.

Die Sprachenwahl beim ESC ist in Bezug auf Deutschland und die deutsche Sprache in vielerlei Hinsicht ein interessantes Forschungsgebiet. Zum einen wurde die Abschaffung der Sprachenregelung beim ESC insbesondere auf die Initiative der deutschen Delegation beschlossen. Laut Jürgen Meier-Beer, NDR-Unterhaltungschef und ESC-Verantwortlicher, sei eine existente Sprachenregelung für Deutschland diskriminierend (vgl. Meier-Beer 2002: 418). Des Weiteren schloss sich Deutschland dem allgemeinen Trend an und präsentierte seit 1999 seinen nationalen Beitrag teilweise oder ganz in Englisch. Die Entscheidungsgewalt über Teilnahme oder Nicht-Teilnahme beim ESC-Finale besitzen beim deutschen Vorentscheid allein die Zuschauer. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Wahl eines englischen Titels dem mehrheitlichen Geschmack des deutschen Publikums entspricht. Daher sollen im Folgenden nicht nur Motive für die deutsche Initiative zur Abschaffung der Sprachregelung aufgezeigt werden, sondern diese auch in den Kontext der deutschen Musiklandschaft eingebettet werden.

Bei der Recherche zum Themenkomplex ESC und speziell zur Sprachenregelung musste ich verwundert feststellen, dass im deutschsprachigen Raum wenig bis gar keine Forschungsliteratur dazu vorhanden ist. Wie schon eingangs berichtet, beschäftigt sich im Besonderen der Journalist Jan Feddersen mit dem Grand Prix. In seinen beiden Veröffentlichungen „Merci, Jury!“ (2000) und „Ein Lied kann eine Brücke sein“ (2002) dokumentiert der Autor sowohl den deutschen Vorentscheid als auch das internationale Finale seit 1956. Ferner liefern die nationalen sowie die internationalen Internetseiten der großen ESC-Fangemeinschaft aufschlussreiche Informationen in Form von Jahrestabellen und Statistiken. Zudem stellt auch der NDR als Organisator und Ausrichter des deutschen Grand-Prix-Vorentscheids in seinem Internetportal hilfreiche Hintergrundinformationen und Zusatzmaterial zu den deutschen und internationalen Teilnehmern und deren Titeln zur Verfügung. Jedoch findet sich weder bei Feddersen noch bei den Foren der Fanclubs und des NDR eine kritische Auseinandersetzung mit der ESC-Sprachenregelung, die einem Forschungsansatz dienlich sein könnte.

Hinsichtlich der thematischen Ausrichtung der vorliegenden Untersuchung beinhaltet nur die in der Fachzeitschrift Medien & Kommunikationswissenschaft publizierte Studie von Wolfgang Schweiger und Hans-Bernd Brosius (2003) interessante und aktuelle Aspekte. Unter dem Titel „Eurovision Song Contest – beeinflussen Nachrichtenfaktoren die Punktevergabe durch das Publikum?“ beleuchtet die Untersuchung aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht den Einfluss von verschiedenen Faktorenbündeln auf die Reaktion des ESC-Publikums. Aufgrund der praktisch nicht existenten Forschungsliteratur zur Sprachenwahl beim ESC beziehe ich mich im Folgenden primär auf die deutschsprachige Tagespresse sowie das Internet als Informationsquellen. Zudem war es mir auch nach wiederholten Nachfragen bei der EBU leider nicht möglich, hilfreiche Hintergrundinformation bezüglich der Thematik von den Organisatoren des ESC zu bekommen. Diesbezüglich wurde mir von Seiten der EBU erklärt, es läge kein Pressematerial zu dieser Thematik vor. Die einseitige Informationslage in Bezug auf den ESC verdeutlicht, dass diesem als größten internationalen Unterhaltungswettbewerb seiner Art zwar jährlich ein ausgeprägtes öffentliches Interesse entgegengebracht wird, jedoch nicht im Sinne einer ernsthaften Auseinandersetzung. Für eine solche besitzt der ESC aber durchaus Potential, denn im Kontext der Veranstaltung werden wirtschaftliche, musikalische, politische und eben auch sprachliche Realitäten widergespiegelt.

B Vorarbeiten

1.1 Die European Broadcasting Union: Geschichtlicher Überblick und zentrale Tätigkeitsfelder

Die European Broadcasting Union (EBU) ist die europäische Vereinigung der nationalen Rundfunkanstalten und rief als diese den Eurovision Song Contest (ESC) im Jahre 1956 ins Leben. In der für den ESC zuständigen „Eurovisions-Kommission“ der EBU werden alle zentralen Entscheidungen bezüglich des Reglements der Veranstaltung getroffen. Folglich fällt auch die Sprachenregelung in den Verantwortungsbereich der Rundfunkvereinigung. Die EBU bezeichnet sich selbst als „the largest professional association of national broadcasters in the world“.(EBU Yearbook 2001: 64) In der Tat verfügt die EBU heute über ein weltumspannendes Netzwerk bestehend aus 71 „Aktiven Mitgliedern“ und 46 „Assoziierten Mitgliedern“, mit denen und für die sie ein breitgefächertes Spektrum an Operationen durchführt. Doch zunächst folgt ein kurzer Überblick zu den Anfängen der EBU.

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhundert existierte in Europa eine Kooperation der Rundfunkbetreibenden Organisationen, die jedoch durch die Vorkommnisse und Konsequenzen des II Weltkrieges stark in Mitleidenschaft gezogen wurde.[1] Die politische und ideologische Spaltung Europas in Ost und West setzte sich auf der Ebene der europäischen Rundfunkanstalten fort und resultierte bald in einer Aufgliederung dieser in eine westlich orientierte Organisation (EBU) und eine Union der Ostblockstaaten. Die Rundfunkanstalten der sozialistischen Staaten bildeten 1946 die „Organisation Internationale de Radiodiffusion et de Télévision“ (OIRT) mit Sitz in Prag. Die Gründung des westeuropäischen Pendants wurde daraufhin im Jahre 1950 in Torquay, Großbritannien beschlossen.[2] Die 23 Gründungsmitglieder der EBU sind geografisch in der, von der „International Telecommunications Union“ (ITU)[3] definierten, „Europäischen Rundfunkzone“ beheimatet. Diese schließt neben Europa vom Atlantik bis zum Ural auch den Mittelmeerraum ein, wodurch auch nordafrikanische, arabische und israelische Rundfunkveranstalter Mitglieder einer europäischen Rundfunkunion sind (vgl. Zeller 1999: 76). Ein zentraler Aspekt der Mitgliedschaft war und ist, dass Mitglieder der EBU nicht Staaten, sondern Rundfunkveranstalter sind. Ziel dieser Regelung ist es, der politischen Intervention von Regierungen vorzubeugen und dadurch die betriebliche Ausrichtung der Organisation, deren Hauptzweck die internationalen Dimensionen seines Betriebes und nicht die internationale Regulierung des Rundfunks ist, nicht zu gefährden. Während der konstituierenden Versammlung einigte man sich auf Englisch und Französisch als die noch heute gültigen Arbeitssprachen. Demzufolge trägt die Rundfunkunion parallel einen französischen und einen englischen Namen.[4]

Obwohl damals die Anzahl der europäischen Länder, die in der Lage waren ein eigenes Fernsehprogramm zu produzieren, verschwindend gering war, wurde bereits ein Programmaustausch im Bereich der Fernsehtechnologie initiiert. Der europäische und transnationale TV-Programmaustausch wird seither unter dem Namen „Eurovision“ subsumiert, ein Begriff der von einem britischen Journalisten erstmals 1951 in einem Zeitungsartikel gemünzt und von der EBU sofort übernommen wurde. Laut EBU ist dieser Begriff nicht nur in allen Sprachen Europas einfach auszusprechen, sondern abseits seiner technischen Bedeutung vermittelt er auch die folgende Bedeutung: „[T]he word Eurovision [...] conjured up the idea of a Europe united by a common vision.“ (EBU diffusion, Winter 1999/2000: 17) Das erste "europäische" Fernseherlebnis fand sodann am 2. Juni 1954 statt. Die von der British Broadcasting Corporation (BBC) übertragene Krönung von Elizabeth II verfolgten insgesamt 20 Millionen Menschen in Belgien, Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland, den Niederlanden und natürlich Großbritannien. Mit dem stetigen technischen Fortschritt im Bereich der Übertragungstechnologie, dem prozentualen Anstieg an Fernsehgeräten in privaten Haushalten und dem jährlichen Mitgliederzuwachs in der EBU, vergrößerte sich auch ihr Aufgabenbereich. Weitere bedeutende Ereignisse in der Unionsgeschichte waren die von der EBU initiierte Gründung des Sportfernsehsenders Eurosport (1989) und des Nachrichtensenders Euronews (1993) sowie auch der Zusammenschluss zwischen der EBU und der ehemaligen Ostblock Rundfunkorganisation OIRT unter dem bereits bestehenden Namen European Broadcasting Union im Jahr 1993.

Die derzeitige Haupttätigkeit der EBU besteht in der Koordination und Organisation des Programmaustauschs ihrer Mitglieder, zu diesem Zweck ein Übertragungsnetz für Bild- und Tonsignale zu betreiben und im Auftrag interessierter Mitglieder Übertragungsrechte an internationalen Ereignissen zu erwerben und zu verwalten. Bis auf wenige Ausnahmen tritt die EBU nie als Produzent in Erscheinung, sondern übernimmt operationale Aufgaben in folgenden vier Teilbereichen: Fernsehen, Hörfunk, Recht („Legal and Public Affairs“) und Technik (EBU Yearbook 2003: 64).

Das Hauptaugenmerk der Fernsehkommission ist der Programmaustausch – Eurovision - von Nachrichten, Sport, Dokumentationen, Kinder-, Jugend-, Bildungsprogrammen und Kulturveranstaltungen.[5] Die Eurovision tätigt dabei jährlich 105.000 Programmübertragungen und ist in der Lage 640 Millionen Zuschauer weltweit zu erreichen.[6] Innerhalb der Eurovision bilden die Übertragungen aus den Bereichen Nachrichten und Sport die Mehrheit. Diesbezüglich ist eine wichtige Dienstleistung der EBU der Erwerb von Übertagungsrechten für internationale Sportereignisse, wie z.B. die Olympischen Spiele oder die Tour de France. Des Weiteren versorgt das Eurovisionsnetzwerk die von einer Gruppe der EBU-Mitgliedern gegründeten Spartenkanäle - den Nachrichtensender Euronews sowie den Sportkanal Eurosport - mit Beiträgen.

Der Programmaustausch bietet den teilnehmenden Rundfunkanstalten sehr viele Vorteile. Er spart Kosten und macht eine internationale Berichterstattung meist erst möglich. Zudem entscheiden die Mitglieder selbst darüber, was aus dem Programmaustausch übernommen wird, wie und vor allem wann es redaktionell gesendet wird.[7] Nichtsdestoweniger organisiert die EBU im Rahmen der Eurovision eine ganze Reihe von Kulturveranstaltungen, die in konzeptioneller Hinsicht Koproduktionen ihrer Mitglieder sind. Der ESC fungiert dabei als Vorlage und "Urmutter" dieser Koproduktionen, da nach dessen Modell die anderen Eurovisions-Veranstaltungen konzipiert wurden. So existiert seit 18 Jahren ein europäischer Tänzerwettbewerb namens „Eurovision Young Dancers Competition“ sowie der 2003 ins Leben gerufene Kindergesangswettbewerb „Junior Eurovision Song Contest“.

Der Programmaustausch in der Abteilung Hörfunk wird unter dem Namen „Euroradio“ betrieben und von der Radioprogrammkommission koordiniert. Der Programmaustausch im Rahmen von Euroradio besteht aufgrund der existierenden Sprachbarrieren zwischen den nationalen Hörern hauptsächlich aus Musikbeiträgen. Dementsprechend überträgt Euroradio jährlich 2500 Konzerte und Opern (vgl. EBU 2004: The EBU in figures). Aber auch Nachrichten, Sport, Bildung sowie Reise- und Verkehrsberichte sind ein fester Bestandteil von Euroradio. Seit 1998 betreibt die EBU auch den Klassiksender Euroclassic-Nocturno. Interessierte Mitglieder können das Programm bestehend aus klassischen Musikkonzerten in ihr Nachtprogramm einspeisen. Jedoch versucht die EBU durch das Medium Radio verstärkt ein junges Publikum anzusprechen und gründete 1999 zu diesem Zweck Eurosonic, eine Partnerschaft von insgesamt 74 Radiostationen der EBU-Mitglieder zur Übertragung von Rock- und Popkonzerten sowie Musikfestivals per Radio und Internet.

Die Rechtsabteilung der EBU, „Legal and Public Affairs“, mit Sitz in Brüssel, erfüllt eine essentielle Beratungs- und Lobby-Funktion. Da der Rundfunk von nationalen und internationalen Urheber- und Leistungsschutzrechten intensiv Gebrauch macht, ist diesbezüglich eine klar definierte, rechtliche Situation für den Rundfunk sehr wichtig. Zu diesem Zweck berät und vertritt die EBU ihre Mitglieder bei rechtlichen Fragen zu Urheber- und Leistungsschutzrechten, Telekommunikations- und Medienrechtangelegenheiten, und beteiligt sich intensiv an allen Gesetzgebungsvorhaben der EU und des Europarates, die den Rundfunk betreffen (vgl. Zeller 1999: 144).

Abschließend sei noch die Technik-Kommission der EBU erwähnt. Hauptaufgabe der Technik-Kommission ist die Forschungs- und Entwicklungsarbeit im Bereich der Rundfunk- und Übertragungstechnologie. Von besonderer Bedeutung sind diesbezüglich technische Entwicklungen im Bereich des Internet und der Digitalisierung der Radio- und Fernsehprogramme. Ein internationaler Expertenkreis arbeitet eng zusammen, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegenüber den kommerziellen Rundfunkanstalten und insbesondere deren „Pay-TV“-Angeboten konkurrenzfähig zu halten (vgl. Laven 2003: 38-40).

1.2 Rechte und Pflichten der „Aktiven Mitglieder“ der EBU

Es war der EBU stets ein Anliegen über ein gut ausgebautes Mitgliedernetzwerk zu verfügen. Dies ermöglicht zum einen ein breites Angebotsspektrum von Programmbeiträgen, die den Mitgliedern zum Tausch angeboten werden. Zum anderen erhöht es das Ansehen der EBU und ihre Möglichkeit zur Einflussnahme auf internationale Gesetzesvorhaben (siehe oben). Jedoch gewährt die EBU nicht jeder Rundfunkanstalt Zugang zu ihrem Mitgliedernetzwerk, sondern es gelten je nach intendiertem Mitgliedschaftsstatus unterschiedliche Aufnahmekriterien.

Derzeit sind der EBU 71 „Aktive Mitglieder“ aus 52 Ländern, und 46 „Assoziierte Mitglieder“ aus weiteren 29 Ländern angeschlossen.[8] Hinzu kommen 12 sogenannte „Approved participants“, die mit aktiven Mitgliedern der EBU verbunden sind. Des Weiteren unterhält die EBU enge Kooperationen mit Rundfunkunionen aus anderen Kontinenten, den „Sister Unions“. Der jeweilige Status der Mitgliedschaft ist nicht nur von einer Qualifizierung seitens der Anwärter bestimmt, sondern auch mit daraus resultierenden Rechten und Pflichten der Rundfunkveranstalter verbunden. Im Folgenden wird insbesondere auf die Aufnahmekriterien bei einer angestrebten aktiven Mitgliedschaft Bezug genommen, denn nur die Aktiven Mitglieder sind vollwertige Mitglieder der EBU im Sinne, dass diese entscheidungsbefugt und –befähigt sind und den uneingeschränkten Zugang zu den Leistungen der EBU, beispielsweise der Eurovision, genießen.

Es existiert seit der Gründung der EBU ein regionales Kriterium für die Aufnahme als Aktives Mitglied, welches aus der geografischen Ausrichtung der EBU auf den europäischen Kontinent resultiert. Folglich muss der nationale Rundfunkveranstalter in der Europäischen Rundfunkzone beheimatet sein. Weitaus entscheidender ist jedoch die spezifizierte, nationale Funktion, die eine Rundfunkanstalt erfüllen muss. Laut dem „Public Service Kriterium“ der EBU-Statuten müssen die Rundfunkanstalten einen Rundfunkdienst betreiben, der in seiner Funktion offiziell als „öffentlich-rechtlich“ anerkannt ist, also einen öffentlichen Auftrag erfüllt (Art. 3§4 EBU-Statuten).[9] In der Bundesrepublik Deutschland besteht der öffentliche Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten laut Bundesverfassungsgericht in der „Grundversorgung“ der Bevölkerung mit Informationen, Bildung, Kultur und Unterhaltung (vgl. BVerfGE 04.11.1986: 73, 118). Durch die Aufnahme des Public Service Kriteriums in ihre Statuten hat die EBU eine Mitgliedschaft für die seit der Marktöffnung in den 80er Jahren wachsende Zahl der privatrechtlich organisierten und kommerziell operierenden Rundfunkgesellschaften ausgeschlossen (vgl. Zeller 1999: 77ff.). Waren die EBU-Gründungsmitglieder 1950 noch die alleinigen Rundfunkanstalten ihres Landes, so stehen heute alle EBU-Mitglieder im Wettbewerb mit kommerziellen Konkurrenten stark unter Druck. Die Entstehung des dualen Systems von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanstalten hatte wiederum großen Einfluss auf die Auffassung der EBU von sich als Organisation. Sie versteht sich seitdem als Berufsverband und Vertreterin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Europa, dessen Bedeutung und Rechte sie vehement zu verteidigen sucht.[10]

Die weiteren Ausführungen der EBU-Statuten zu der aktiven Mitgliedschaft verdeutlichen vielmehr die EBU-spezifische Definition eines Public Service Rundfunkveranstalters. Als notwendiges Kriterium für eine aktive Mitgliedschaft muss der Rundfunkveranstalter laut EBU-Statuten in seinem Land rechtskräftig einen Rundfunkdienst nationalen Charakters und von nationaler Bedeutung betreiben (Art 3§3 EBU-Statuten). Es soll damit gewährleistet werden, dass der Rundfunkdienst keine thematische, regionale oder bevölkerungsspezifische Ausrichtung aufweist, sondern sich an die gesamte einheimische Bevölkerung richtet. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die nationale Reichweite. Aus technischer Sicht sollen 98% der nationalen Haushalte, die in Besitz eines Radios und/oder Fernsehgerätes sind, in der Lage sein das gesendete Rundfunkprogramm der Anstalt in einer zufriedenstellenden technischen Qualität zu empfangen (Art 3§3 lit.a EBU-Statuten).

Des Weiteren stellt die EBU einen gewissen "Qualitätsanspruch" an die Programmgestaltung ihrer aktiven Mitglieder; wenn dieser auch sehr allgemein formuliert ist. Laut EBU-Statuten verpflichten sich die Rundfunkanstalten zu folgenden Programmgrundsätzen: „to provide a varied and balanced programming for all sections of the population, including programmes catering for special/minority interests of various sections of the public, irrespective of the ratio of programme cost to audience.” (Art. 3§3 lit. b EBU-Statuten) Die Formulierung “varied and balanced programming” bedeutet, dass das Rundfunkprogramm keine einseitige, thematische Ausrichtung aufweist, sondern die folgenden Programmkategorien in regelmäßigen Abständen beinhalten muss: Nachrichten und aktuelle Beiträge über nationale und internationale Geschehnisse, Sport, Drama, Unterhaltung, Musik, Kunst und Kultur, Kinder- und Jugendsendungen. Zudem soll mit dieser Programmvielfalt auch ein möglichst breit gefächertes Publikum bestehend aus allen Altersgruppen, Einkommensklassen und Bildungsgraden angesprochen werden. Bezüglich der Forderung nach „programmes catering for special/minority interests“ sieht die EBU vor, dass diese die sprachliche, kulturelle und religiöse Vielfalt des einheimischen Publikums reflektieren und diesen Beiträgen ein integraler Sendeplatz zugewiesen wird. In diesem Zusammenanhang allerdings sollen die Rundfunkanstalten von einer übergeordneten Kosten–Nutzen Relation in Form der Einschaltquote absehen.

Auch die Einhaltung von "ethischen Standards" seitens der aktiven Mitglieder sind für die EBU von Bedeutung, da sie sich dadurch positiv von den kommerziellen Rundfunkgesellschaften abgrenzen sollen. Unter ethischen Standards versteht die EBU die Sorgfalt im Umgang mit der Darstellung von Gewalt und Erotik (Art. 3§4 EBU-Statuten). Von einer expliziten Definition der einzelnen Programmkategorien sieht die EBU generell ab, da die inhaltliche Programmgestaltung der Entscheidungsgewalt der einzelnen Rundfunkanstalten unterliegt. Sie verpflichten sich jedoch, aktiv am Programmaustausch durch die Produktion von Eigenmaterial teilzunehmen. Mit Hilfe dieser Forderung sichert die EBU die Kontinuität und Attraktivität der Mitgliederkooperation. Die Produktionen sollen eigenfinanziert sein und der redaktionellen Verantwortung der jeweiligen Sendeanstalt unterliegen. Des Weiteren sollen die Beiträge in ihrer Gesamtheit alle Programmkategorien beinhalten.[11] Hierbei wird deutlich, dass die EBU nach sowohl qualitativen als auch quantitativen Gesichtspunkten operiert.

Nur die Aktiven Mitglieder besitzen das Recht und die Pflicht am Austausch von Radio- und Fernsehprogrammen sowie an anderen Aktivitäten der EBU teilzunehmen, wobei die in Anspruch genommenen Leistungen unentgeltlich sind. Die faktische Gegenleistung besteht aus einem jährlichen Mitgliedsbeitrag, dessen Höhe von Land zu Land variiert. Aktive Mitglieder wirken an EBU-internen Entscheidungen in der Generalversammlung der Organisation durch ihre Stimmabgabe mit, die wiederum in Abhängigkeit von dem gezahlten Mitgliedsbeitrag unterschiedlich gewichtet ist (Zeller 1999: 75). So haben die Mitglieder aus Großbritannien, Italien, Frankreich und Deutschland einen bedeutenden Einfluss, den sie auch bewusst einzusetzen wissen.[12] Rüdiger Zeller verweist auf die Problematik, die aus dem herrschenden Ungleichgewicht unter den Mitgliedern entstehen kann:

Mehrheitsentscheidungen wird die EBU ohne die Zustimmung dieser Gruppe nicht treffen, da sie die realen Machtverhältnisse in der EBU nicht widerspiegeln würden. Die großen Mitglieder würden nicht genehme Mehrheitsentscheidungen ignorieren oder aus der EBU austreten. [D]ie EBU [ist] aber zwingend auf die Mitwirkung ihrer wichtigen und finanzstarken Mitglieder angewiesen (Zeller 1999: 75).

Als Kooperationsplattform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sieht es die EBU als ein wichtiges Ziel an, die Interessen ihrer Aktiven Mitglieder durch rechtliche und politische Unterstützung vor den europäischen Institutionen, insbesondere der EU und dem Europarat in Brüssel zu vertreten (vgl. EBU Yearbook 2001: 64). Diesbezüglich argumentiert die EBU mit der Sonderrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der Teil der nationalen Identität sei. Dieser Aspekt ihrer Argumentation findet sich auch in der Definition ihrer Funktion wieder. „Ihr statutarisches Ziel ist es, die Identität der Völker der Staaten, aus denen die Aktiven Mitglieder der EBU stammen, durch die internationale Rundfunkkooperation zu stärken“ (Zeller 1999: 192). Es ist jedoch zu bezweifeln, dass alleinig dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk diese Sonderstellung zukommt. In dem bestehenden dualen System tragen auch die privaten Rundfunkanstalten zur Stärkung einer nationalen Identität bei, da auch diese kulturelle Inhalte transportieren. Primär ist auch die EBU eine wirtschaftliche Interessengemeinschaft, die auf geografische und ökonomische Expansion ihrer Dienstleistung abzielt (vgl. Stock 2003: 16-20). Es ist zu vermuten, dass zu diesem Zweck das Argument der „nationalen Identitätsstiftung“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von der EBU instrumentalisiert wird.

2.1 Der Eurovision Song Contest: Entstehungsgeschichte und Teilnehmer des Wettbewerbes

Die Eurovisions-Geschichte war Anfang der 50er Jahre noch ein relativ unbeschriebenes Blatt. Bis dato hatte man per Eurovision zwar bedeutende Ereignisse wie die Krönung von Elizabeth II (1953) oder die Fußball-Weltmeisterschaft aus der Schweiz (1954) übertragen, jedoch vermisste man ein kollektives, europäisches Kulturprojekt. Dieses sollte ähnlich einer multinationalen Sportveranstaltung beim nationalen Fernsehpublikum ein starkes Interesse erzeugen und dadurch zur Förderung des Mediums in Europa beitragen. Man suchte quasi nach einem Werbeprodukt im Fernsehen für das relativ neue "Produkt Fernsehen" (vgl. Jaquin 2004: 6). Inspiriert vom italienischen Sangeswettbewerb San Remo Festival, beschlossen die Eurovisions-Mitglieder dann 1955 die Gründung des Eurovision Song Contest.[13] Neben einem reinen Unterhaltungswert wollte man durch den Wettbewerb zudem eine politische Botschaft übermitteln: „Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Grand Prix mit der bewussten Intention ins Leben gerufen worden, die neue Zusammengehörigkeit (West-) Europas auf der populärkulturellen Ebene der Unterhaltung zu symbolisieren.“ (Moser 1999: 16) Das mittels der Veranstaltung ausgedrückte, harmoniestiftende Sendungsbewusstsein der Eurovisions-Mitglieder nach Außen wurde auch für Zwecke der nationalen Öffentlichkeitsarbeit genutzt. „Besonders einem Land mit schwieriger Vergangenheit wie Deutschland musste daran gelegen sein, sich als sangesfreudiges, friedliches und freundschaftliches Land darzustellen“ (Schweiger/Brosius 2003: 274). Dem übergeordnet suggerierte und zelebrierte der Wettbewerb eine gemeinsame Unterhaltungskultur der westeuropäischen Länder mit der Intention ein Massenpublikum anzuziehen.

Anfänglich existierte noch keine länderübergreifende Bezeichnung für den Wettbewerb. Das hatte zur Folge, dass bei der Erstaustragung des ESC 1956 in Lugano z.B. das schweizerische Fernsehen die Sendung „Gran Premio Eurovisione Della Canzone Europea“ betitelte oder das deutsche Fernsehen den Titel „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ wählte, obwohl in den Gründungsstatuten des Wettbewerbes der Projekttitel „Grand Prix of the Eurovision“ verwendet wurde (vgl. hierzu und zum Folgenden Feddersen 2002: 16f). In den Folgejahren richtete sich die Bezeichnung der Veranstaltung überwiegend nach der jeweiligen Landessprache der Ausrichternation. Mittlerweile ist jedoch der englische Titel Eurovision Song Contest von der EBU vorgeschrieben. Möglicherweise resultierte dies aus der Tatsache, dass der Wettbewerb seit 1992 fünfmal in einem englischsprachigen Land ausgetragen wurde, wo immer der Titel Eurovision Song Contest Verwendung fand. Der englische Titel wurde anschließend auch von anderen Ausrichternationen wie Schweden, Israel und Norwegen übernommen. Ein weiterer Grund könnte sein, dass die EBU den englischen Titel zwecks internationaler Vermarktung des Wettbewerbes als eine Art Markenzeichen etablieren möchte. Diesbezüglich ist es sowohl effizienter als auch, wegen eines seitens der Rezipienten einsetzenden Identifikationsprozesses, effektiver eine einheitliche Bezeichnung zu wählen. Hinsichtlich der Verwendung der französischen Titelversion in Deutschland lässt sich keine eindeutige Begründung finden. Vermutlich haben sich die deutschen Zuschauer im Laufe der 50 Jahre sehr stark daran gewöhnt und verbinden mittlerweile mit dem französischen Titel eine Art Nostalgie. In diesem Zusammenhang spielt auch eine Rolle, dass in Deutschland der Begriff „Chanson“ falsch verstanden wurde und wird. „Das Wort bezeichnet zwar im Deutschen den ‚anspruchsvollen Schlager’, meint aber im Französischen schlicht ‚Lied’“ (Alsmann 1998:10). Da man in Deutschland jedoch lange der Ansicht war, es handelt sich beim ESC um einen Schlagerwettbewerb und nicht um einen Wettbewerb mit Liedern die stark dem Genre Popmusik verhaftet sind, spiegelte der französische Titel den Charakter der Sendung adäquat wider. Der NDR-Unterhaltungschef und ESC-Verantwortliche Jürgen Meier-Beer bemerkte dazu: „Die früheren deutschen Bezeichnungen ‚Grand Prix Eurovision de la Chanson’ und ‚Schlager-Grand-Prix’ dienten nur der Beschwörung längst überholter Traditionen“ (NDR 2004c). Es wird noch deutlich werden, dass Meier-Beer den Imagewandel und die Modernisierung des ESC, die auch durch die englische Bezeichnung des Wettbewerbes symbolisiert werden sollen, sehr unterstützte.

Das Grundprinzip des ESC hat seit seiner Gründung bestand: Die teilnehmenden nationalen Rundfunkanstalten bestimmen mittels unterschiedlicher Verfahren einen nationalen Beitrag, der sich beim internationalen Finale der Konkurrenz stellt. Mittels eines spezifischen Abstimmungsmodus, an dem jede teilnehmende Nation respektive das nationale Publikum gleichberechtigt beteiligt ist, wird der Siegertitel des Wettbewerbes ermittelt. Im Kontext des ESC werden als Teilnehmer generell die Länder angeführt. Jedoch liegt die Eigenverantwortung und Entscheidungsgewalt allein bei der nationalen Rundfunkanstalt. Die Verwendung der Ländernamen in Bezug auf die Teilnehmer forciert dabei den Wettstreitcharakter der Veranstaltung und zudem die Identifikation des Zuschauers mit dem heimischen Repräsentanten. Diesbezüglich weist Feddersen auf die Diskrepanz von intendierter und tatsächlicher Wirkung des Wettbewerbes hin:

Seither lebt der Song Contest von dieser seltsamen Dialektik, dass er vorspiegelt, die europäische Integration fördern und niemanden ausgrenzen zu wollen, andererseits aber die nationalen Interessen, beispielsweise mit der Präsentation der Länderflaggen, zuspitzt: Nicht mehr in erster Linie ein Song gewinnt, sondern ein Land. (Feddersen 2002: 32)

Ohne diese Ritualisierung des Länderwettstreits wäre das Zuschauerinteresse an der Unterhaltungssendung vermutlich nicht sehr groß. Wie noch deutlich werden wird, hat es den Anschein, dass die Zuschauer in Bezug auf den Grand Prix kein gesamteuropäisches Zugehörigkeitsgefühl empfinden, sondern diesen nutzen, um bestehende Sympathien und Antipathien auszuleben.

Im Gegensatz zu heute, wo die Interpreten klar im Vordergrund stehen, betonte man früher eher die Komponisten und Autoren. Laut EBU war das offizielle Ziel der Veranstaltung bei der Gründung: „to stimulate the output of original songs of high quality in the field of popular music, encouraging compositions among authors and composers through the international comparison of their work”(Moser 1999: 16). Aus dieser Formulierung lässt sich ablesen, dass der ESC anfänglich primär ein internationaler Autoren- und Komponistenwettbewerb war. Des Weiteren verweist das Charakteristikum „populäre Musik“ auf eine internationale und ökonomische Ausrichtung des Wettbewerbs. Zwar ist die Bezeichnung „populäre Musik“ ein Sammelbegriff für viele verschiedene Stilrichtungen, die massenhaft produziert und kommerziell verwertet werden können, allerdings werden durch diese Einschränkung Produktionen der Kategorie „ernste Musik“ (Oper, Sinfonie) vom ESC ausgeschlossen (vgl. Ziegenrücker/Wicke 1987: 288f.). Dabei ist der Grand Prix auch keine Plattform für progressive und radikale Stilrichtungen der aktuellen Musiklandschaft wie z.B. Heavy Metal, Hardrock und Techno. Feddersen charakterisiert den Musikstil des Grand Prix als „Europop“, der „melodisch, flott, aber eher unrockig“ sei, (2002: 138) und von der Musik der schwedischen Gruppe ABBA geprägt wurde (ESC-Sieger 1974). In Bezug auf den Musikstil des Grand Prix existierten immer kritische Stimmen, die bemängeln, er sei zu wenig avantgardistisch und experimentell und dadurch sehr einseitig. Jedoch ist zu bedenken, dass ein Eurovisionslied – wenn es erfolgreich sein soll - Zuschauer jeden Alters und Nationalität ansprechen muss; daher sind viele Teilnehmer mit ihrer musikalischen Wahl wenig risikofreudig. Zudem variieren die nationalen Vorstellungen von populärer Musik und/oder Unterhaltungsmusik untereinander sehr stark.

Die Anzahl der teilnehmenden Länder hat sich seit Beginn der Veranstaltung erheblich erhöht.[14] Es gab in der Geschichte des ESC zwar immer wieder Länder, die aus finanziellen, politischen oder sonstigen Gründen auf eine Teilnahme verzichteten, allerdings begrüßte die ESC-Gemeinde fast jährlich auch neue Teilnehmer.[15] Zwischen 1961 und 1992 lag die Teilnehmerzahl bei durchschnittlich 19 und nie mehr als 23 Ländern. Nach dem Zusammenschluss von EBU und OIRT Anfang der 90er Jahre zeigten sehr viele osteuropäische Länder Interesse an einer Grand-Prix-Teilnahme. Die EBU sah sich gezwungen neue Regelungen zur Limitierung der Startplätze zu treffen, da eine Sendezeit von drei Stunden nicht überschritten werden sollte. Als jedoch der deutsche Beitrag im Jahr 1996 dem Urteil einer internationalen Jury zur Reduzierung der Teilnehmer zum Opfer fiel, und zum ersten Mal überhaupt nicht beim ESC dabei sein durfte, wurde daraufhin deutlich, dass auch wirtschaftliche Kalkulationen bei einer sonst auf ästhetische Aspekte hin ausgerichteten Unterhaltungsshow große Bedeutung besitzen. „Auf die Klage des Norwegischen Fernsehens, das Finale sei ohne die aktive Beteiligung Deutschlands als größtem Land Europas kaum finanzierbar gewesen, wurden die internationalen Teilnahmeregeln geändert“(Meier-Beer 2002: 417). In den folgenden Jahren wurden verschiedene Qualifikationsregelungen eingeführt, nur um sie dann wieder zu verwerfen. Weitaus wichtiger ist diesbezüglich die Tatsache, dass man auf eine Beteiligung der fünf größten Beitragszahler der Eurovisions-Gemeinschaft beim ESC nicht verzichten wollte - und konnte. Folglich sind seit 1999 Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, ungeachtet ihrer jährlichen Platzierungen, immer teilnahmeberechtigt (vgl. Feddersen 2002: 329). Ähnlich dem Einwand Norwegens wurde diese Entscheidung damit begründet, dass einige Länder und auch Sponsorengruppen der ESC-Veranstaltungen Bedenken über die Finanzierbarkeit des Wettbewerbs geäußert hatten, die ohne die Zuschüsse der finanzstärksten Mitglieder stark erschwert würde.[16] Des Weiteren besitzen diese fünf bevölkerungsreichen Länder aufgrund ihrer Größe allesamt einen umsatzstarken, nationalen Musikmarkt. Ein Wegfall eines oder mehrerer dieser Länder könnte sich dementsprechend negativ auf das Interesse der Zuschauer und Sponsoren sowie auch auf weitreichende Vermarktung respektive Verkaufszahlen der Grand-Prix-Beiträge auswirken. Ungeachtet aller marktpolitischen Argumente war diese Entscheidung noch bis zum letzten Jahr mit einer gewissen Ungerechtigkeit gegenüber denjenigen Ländern verbunden, die jedes Jahr erneut ihre künstlerische Qualität unter Beweis stellen mussten, um im darauffolgenden Jahr das Finale des Grand Prix bestreiten zu können. Seit diesem Jahr wird eine Teilnahme jeder Bewerbernation durch die Durchführung eines ESC-Halbfinales und eines Finales garantiert, wobei die vier großen Beitragszahler immer für das Finale qualifiziert sind.

Parallel zu der Teilnehmerzahl verzeichnet auch die Anzahl der übertragenden Rundfunkanstalten und somit auch die Zuschauerzahlen ein jährliches Wachstum. Laut EBU wurde der Grand-Prix-2003 von 43 Rundfunkanstalten live übertragen und erreichte ein Fernsehpublikum von über 100 Millionen Zuschauern (vgl. Jacquin/Ingwersen 2003: 3). Dabei ist der ESC kein rein europäisches Medienereignis, sondern wird auch in Asien, Australien und in Lateinamerika übertragen.

2.2 Das Wertungssystem und der Abstimmungsmodus beim ESC

Bis 1999 war die Wertung der Beiträge durch nationale Jurys ein grundlegender Bestandteil des ESC. Die genaue Zusammensetzung der aus Experten und/oder Laien bestehenden Jurys in den einzelnen Ländern wurde von offizieller Seite jedoch nie überprüft (Feddersen 2002: 360). Indes wurde in der fast 50-jährigen Geschichte des ESC das Wertungssystem insgesamt siebenmal verändert. Grund waren die wiederholten Auseinandersetzungen unter den teilnehmenden Ländern um den allgemeinen Modus der Punktevergabe, aber auch um die Zusammensetzung der Jurys, oder die Reihenfolge der Punktevergabe. Zudem kursierten Gerüchte um Bestechungen der Jurys und die immer noch existenten Vorwürfe, bestimmte Ländergruppen (z.B. Skandinavien) würden sich bei der Wertung gegenseitig übervorteilen oder grundsätzlich benachteiligen (vgl. dazu Feddersen 2002: 360).

Nachdem einige Zeit mit der Anzahl zu vergebener Punkte experimentiert worden war, beschloss die EBU 1975 die Einführung eines neuen Wertungssystems, welches noch heute - allerdings ohne Jury - angewandt wird (vgl. hierzu und zum Folgenden Feddersen 2002: 148). In einem ersten Schritt vergeben die nationalen Jurys intern Punkte für die vorgetragenen Lieder. Diese Punkte werden addiert und nach Präferenzen geordnet. Anschließend erhält das Lied mit der höchsten Jurywertung 12 Punkte, der Zweitplazierte 10 Punkte, die dritthöchste Wertung entspricht 8 Punkten und dann 7, 6, 5, 4, 3, 2 bis zu 1 Punkt für den zehnten Platz. Jedes Land gibt abschließend seine Punktewertungen live bekannt, welche wiederum zu einem Gesamtergebnis addiert werden. Seit 1997 ist die Bewertung der Vortragslieder nicht mehr Aufgabe einer Jury, sondern erfolgt durch die Zuschauer per Televoting (TED). Die Zuschauerwertung wurde zunächst nur von einigen wenigen Ländern, darunter Deutschland und Großbritannien, eingeführt, ist aber mittlerweile von der EBU vorgeschrieben.[17] Jedoch muss jedes Land für den Notfall eine nationale Jury bereit halten. Das TED-Verfahren ist eine zweistufige Umfrage, bei dem die Stimmen länderweise gezählt werden und die nationale Präferenzordnung dann in Punkte umgerechnet wird. Aber auch nach der Einführung des TED-Systems gibt es immer wieder Stimmen, die Zweifel an der Korrektheit und Fairness der Abstimmung äußern. Beispielsweise soll der türkische Beitrag durch den türkischen Teil der Bevölkerung in Deutschland regelmäßig "ungerechtfertigt" hohe Wertungen erhalten (vgl. Feddersen 2002: 361).

Insbesondere der dramaturgische Moment der Punktevergabe wird von vielen Fans und Zuschauern als Höhepunkt der gesamten Veranstaltung angesehen. Dabei ist die Wertung seit jeher eine unerschöpfliche Quelle für Diskussionen über angebliche Sympathien und Antipathien zwischen bestimmten Ländern, die anhand der hohen respektive niedrigen Punktevergaben abzulesen sind. Diesbezüglich bemerkte der NDR-Unterhaltungschef Jürgen Meier-Beer: „Europa nimmt sich einmal im Jahr diese Stunde, um kollektiv über die Beziehungen seiner Nationen untereinander zu meditieren“ (Süddeutsche Zeitung vom 14.05.2001: 12). Viele Zuschauer verwandeln sich dabei in "Experten" und analysieren und bewerten in fachmännischer Manier die Auftritte der Künstler. Dem gleich tun es auch die zahlreichen Fanclubs des ESC, welche im Internet u.a. eine Fülle von Ranglisten, Tabellen und Statistiken zu den ESC-Jahrgängen veröffentlichen.[18] Möglicherweise begründet sich der Erfolg des Grand Prix teilweise aus seinem Wettkampfcharakter und dem Gefühl der Zuschauer aktiv an der Entscheidung mitzuwirken. Denn der Grand Prix ist nicht nur eine Unterhaltungssendung, sondern „eine UNO auf pop-, folklore- und schlagermusikalisch“ (Feddersen 2000: 8).

2.3 Die Sprachenregelung beim ESC in der Vergangenheit und heute

Wie schon in Bezug auf das Wertungssystem und die Teilnahmequalifikation ersichtlich wurde, zeigten die Entscheidungsträger des ESC in der Vergangenheit hinsichtlich des Regelwerks wenig Kontinuität. Davon war auch die Sprachenregelung des Öfteren betroffen. Svante Stockselius, ESC Executive Supervisor der EBU, bestätigte mir in einer E-Mail, dass alle Entscheidungen bezüglich der Sprachenregelung von der „ESC Reference Group“ gefällt werden. Diese setzt sich aus acht Repräsentanten der nationalen Rundfunkanstalten zusammen.[19] Anfänglich existierte noch keine, die Vortragssprachen betreffende Vorschrift, da man selbstverständlich davon ausging, dass die Teilnehmer in ihrer Landessprache singen würden (vgl. Uecker 1998: 84). Es zeigte sich zunächst auch, dass dies nicht von Nöten war, denn bis 1964 wurden die Lieder stets in der Landessprache präsentiert.[20] Diesbezüglich existierte nur eine Ausnahme: Die für Deutschland startende Lale Andersen sang 1961 die letzte Strophe ihres Liedes auf Französisch. Im Jahre 1965 stellte die EBU "offiziell" fest (es gab ja noch keine Vorschrift), dass die Teilnehmer auch eine andere Sprache als ihre Landessprache verwenden können. Als dann im selben Jahr jedoch Schweden als einziges von 18 Teilnehmerländern ihren Titel in Englisch vortrugen, hatte das zur Folge, dass eine Sprachenregelung erstmalig in das Reglement aufgenommen wurde (vgl. Feddersen 2002: 76). Für den Grand-Prix-1966 und alle weiteren galt: der Vortrag in der Landesprache ist Pflicht.

Das Verwirrspiel um die Sprachenfrage setzte sich fort. Die skandinavischen Länder Schweden, Norwegen und Finnland erklärten sich mit Teilaspekten des Reglements nicht einverstanden - blieben dem Grand Prix im Jahre 1970 sogar ganz fern. Der Kommentar der norwegischen Delegation lautete: „Eine Art von Musik, die weder den britischen Beat noch die musikalischen Wünsche der aufrührerischen Jugend zur Kenntnis nimmt, brauche niemand“ (Feddersen 2002: 108). Diese Kritik richtete sich vermutlich nicht nur an die Stilistik der bis dato vorgetragenen Musikstücke, sondern auch an die Sprachenvorschrift. Musik im Stile des britischen Beats ging konform mit der englischen Sprache. So sahen sich die Verantwortlichen wiederum dazu veranlasst, die Sprachenregelung im Jahre 1973 aufzuheben. Dies wurde besonders von denjenigen Ländern begrüßt, die zuvor Kritik geäußert hatten. Folglich trugen Finnland, Norwegen, Schweden und zudem die Niederlande ihre Beiträge 1974 und 1975 in Englisch vor, 1976 folgten dem skandinavischen Beispiel auch Österreich und die Schweiz. Daneben existierte auch die sehr beliebte Methode, nur eine Strophe in Englisch und den Rest dagegen in der Landessprache vorzutragen, was z.B. von Belgien (1975), Deutschland (1975) und Italien (1976) praktiziert wurde. Diesbezüglich zeigte sich zudem: Von den nun "frei verfügbaren" Sprachen wurde allein das Englische als Alternative zur Landessprache favorisiert.

Die sich darstellende Sprachensituation beim ESC missfiel insbesondere der Deutschen Delegation. Dementsprechend kritisch äußerte sich Hans Henning Wittgen vom Deutschen Musikverlegerverband schon 1974 über die Sprachpraktiken mancher Teilnehmer: „Wenn jetzt alle in englischer Sprache kommen, um überhaupt Beachtung zu finden, sehe ich die Gefahr einer Einheitsmixtur.“ (Feddersen 2002: 141) Daraufhin wurde 1977 - maßgeblich durch die Initiative der deutschen Delegation - die erneute Einführung der Sprachenvorschrift von der EBU beschlossen. Paradoxerweise musste sich gerade Deutschland für dasselbe Jahr eine sprachliche "Sondererlaubnis" für seinen Beitrag erteilen lassen; es hatte nämlich bereits einen englischen Titel für den ESC-1977 ausgewählt. Folglich trat Deutschland erstmals mit einem vollständig in Englisch verfassten Titel beim ESC an (vgl. Feddersen 2002: 160). Nach dieser Ausnahme blieb die ESC-Kommission jedoch konsequent: Über eine Zeitspanne von über 20 Jahren mussten die Teilnehmer in ihrer Landessprache beim Grand Prix antreten.

Bei der endgültig letzten Änderung der Sprachenregelung im Jahre 1999 waren abermals die Entscheidungsträger aus Deutschland federführend. Der Norddeutsche Rundfunk übernahm drei Jahre zuvor vom Mitteldeutschen Rundfunk die Funktion als deutsche ESC-Delegation und damit die Ausrichtung des deutschen ESC-Vorentscheids. Genauer gesagt hatte es in den vorangegangenen Jahren keine Vorauswahlsendung gegeben, sondern die Auswahl des deutschen Beitrags wurde von ARD-internen Gremien getroffen, indem z.B. Autoren mit der Produktion eines Beitrags beauftragt wurden. Nach einigen unbefriedigenden Resultaten deutscher Vertreter beim ESC setzte sich der NDR - und im Besonderen Jürgen Meier-Beer - zum Ziel, den Grand Prix in Deutschland wieder zu einem Medienereignis zu machen.[21] Im Zusammenhang mit einem Reformpaket, das Meier-Beer als Mitglied der „ESC Reference Group“ dieser vorschlug, sollte auch die Sprachenregelung zu Gunsten einer Modernisierung des Wettbewerbs weichen. Meier-Beer musste feststellen, dass seine Vorschläge zwar von den meisten seiner internationalen Fachkollegen akzeptiert wurden, jedoch nicht von den EBU-Offiziellen, wie er selbst beschreibt:

Aber dann traten auf kafkaeske Weise immer neue Eurovisions-Instanzen in Erscheinung und blockierten mal hier, mal da. Ich fand heraus, dass dahinter gebildete ältere Herren aus kleineren europäischen Ländern steckten, die im Grand Prix die europäische Kultur verbessern wollten. Diese Zielsetzung hätte den Grand Prix in Deutschland – unter den Bedingungen des härtesten TV-Wettbewerbs Europas – zum Untergang verurteilt. (Meier-Beer 2002: 418)

Dieses Zitat verdeutlicht, wie stark seine Auffassung von dem Wettbewerb mit ökonomischen Aspekten korrespondiert. Entsprechend spielen auch die Gegebenheiten der nationalen Fernsehlandschaft eine Rolle. Um die Reformvorschläge dennoch durchzusetzen, machte Meier-Beer die Regeländerungen zur Bedingung für die weitere Teilnahme Deutschlands. Nach und nach wurde das Reformpaket verwirklicht, bis nach 22 Jahren im Jahre 1999 schließlich der erste Wettbewerb stattfand, bei dem die Frage zur Vortragssprache wieder eine nationale Entscheidung wurde. So heißt es in den EBU-Regeln (2004) des diesjährigen ESC: „Participating Broadcasters may decide what language their artists may sing in.“

2.4 Die Modernisierung des ESC und des deutschen ESC-Vorentscheids

Einige organisatorische Änderungen in Bezug auf den ESC wurden bereits angesprochen und sollen daher hier nur kurz Erwähnung finden. Dabei lassen die zahlreichen Neuerungen vermuten, dass die EBU zum einen auf eine verbesserte Vermarktung des Wettbewerbes abzielt und zum anderen verstärkt ein jüngeres Publikum ansprechen möchte. Die endgültige Einführung der Zuschauerabstimmung mittels Televoting im Jahre 1999 ist als zentralste Neuerung des ESC anzusehen. Meiner Ansicht nach wurde diese Entscheidung mit der Intention gefällt, mehr Publikumsnähe zu erzeugen. Das Publikum ist durch die eigene Stimmabgabe kognitiv und emotional mehr involviert und hat dadurch ein stärkeres Interesse die Sendung bis zum Schluss zu verfolgen. In diesem Jahr kommt hinzu, dass die Zuschauer ihre Stimme auch per Kurzmitteilung ihres Mobiltelefons (SMS) abgeben können. Diesbezüglich wurde von der EBU ein kommerziell einträglicher Schachzug getätigt. Sie erklärte die Firmen T-Com und Digame - Tochterunternehmen der Deutschen Telekom – zu alleinigen pan-europäischen Partnern für die Telefonabstimmung beim ESC für die Jahre 2004-2007 (EBU 2004: Televoting Procedure 2004).

Im Jahre 1999 wurde auch ein weiteres Relikt des ESC abgeschafft - das Orchester. Seit Beginn des Grand Prix wurden die nationalen Künstler von einem Orchester unter Leitung eines nationalen Dirigenten begleitet. Fortan reichen die Länder ein sogenanntes Halbplayback ein, zu dem die Künstler live singen. „So wird es möglich, auch hochkomplizierte Musikarrangements im Fernsehen zu servieren – denn ein Orchester könnte die heutige Popmusik gar nicht mehr adäquat spielen. Mit dieser Referenz an das moderne Popgeschäft wollen die Veranstalter endlich wieder die großen Plattenfirmen für den Contest interessieren“(Feddersen 1996b: 16). Laut EBU wurde diese Entscheidung jedoch aufgrund von Platzmangel, zu hohem Kostenaufwand und Problemen bei den Proben getroffen (vgl. Marchal 2001: 33). Faktisch sind die umfangreichen Änderungen des Jahres 1999 (Abschaffung der Sprachenvorschrift, des Orchesters und der Jurys) allesamt Elemente des von Meier-Beer geforderten Reformpaketes, mit dem er die Eurovisions-Kommission unter Druck setzte. Es ist also davon auszugehen, dass all diese Änderungen von der deutschen Delegation durchaus begrüßt wurden.

Im Jahr 2000 gab es weitere Neuerungen. Dazu zählen die jährliche Produktion einer ESC-CD mit allen Teilnehmerliedern sowie eine Lifeübertragung des Grand Prix per Internet. Diesbezüglich spielen ebenfalls kommerzielle Motive eine wichtige Rolle. Beispielsweise wurde die Produktion der Wettbewerb begleitenden CD mit der international operierenden Plattenfirma EMI vertraglich für den Zeitraum 2003-2005 gesichert. Durch die Einbeziehung des Internets als zusätzliches Übertragungsmedium erreicht der ESC international ein großes, vornehmlich sehr junges Publikum, das sich insbesondere durch die im Internet verfügbaren Hintergrundinformationen zum Wettbewerb angesprochen fühlt. So verzeichnete in diesem Jahr die offizielle ESC-Internetseite der EBU bis zum Tag des Halbfinales am 12. Mai mehr als 10 Millionen Besuche (vgl. EBU 2004: Eurovision 2004).

Die angesprochenen Reformen lassen sich als Teil einer Marketingstrategie begreifen, die darauf abzielt, das Zuschauerinteresse zu steigern und die kommerzielle Vermarktung des Wettbewerbs zu fördern. Wesentliche Aspekte dieser Marketingstrategie sind: mehr Marktpräsenz, Orientierung an eine jüngere Zielgruppe und ein jugendlicheres Image. Des Weiteren besitzt natürlich auch die ästhetische Inszenierung der Veranstaltung in puncto Licht- und Tondesign, Bühnenaufbau und eingesetzte Grafiken eine zentrale Bedeutung.

Die Entscheidung, dem ESC in diesem Jahr durch die Teilnahme von insgesamt 36 Nationen – aufgeteilt in Halbfinale und Finale – eine neue Dimension zu verleihen, wurde ebenfalls aufgrund von marktrelevanten Parametern getroffen. Damit möchte man nicht nur den Teilnahmewünschen aller Anwärter gerecht werden, sondern auch den qualitativen Anspruch der Veranstaltung steigern. „This will encourage competing Members to present very good songs in the hope of qualifying for the grand final, thus raising the level of the contest in general.“ (EBU 2003: The Eurovision Song Contest) Es ist jedoch fraglich, ob der zitierte Vorsatz dabei das primäre Ziel darstellt; denn mehr Teilnehmerländer bedeuten höhere Zuschauerzahlen und potentiell höhere Erträge.

Die Modernisierung des Grand Prix ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer Modernisierung des Musikstils; denn die Veranstaltung fungiert nur als Plattform für die Präsentation der nationalen Musikgeschmäcker. Die Entscheidung über die Modernität der dargebotenen Beiträge liegt alleinig bei den Teilnehmern. Nach Ansicht des Fernsehautors Christian Stöffler war die Qualität der nationalen Beiträge in der Vergangenheit jedoch unzureichend:

Die größte Show des uns bekannten Universums bot jahrzehntelang nichts, was irgendwo auf der Welt relevant sein könnte. In einer dreistündigen Livesendung mit zweistelligem Millionenbudget stellten unbekannte Interpreten obskure Lieder vor, in der Regel allenfalls musikalisches Mittelmaß, an Peinlichkeit nur schwer zu übertreffen. (Stöffler 1998: 138)

Doch wie ist es möglich, den Grad an Modernität der Grand-Prix-Beiträge adäquat zu bewerten, ohne dabei subjektive Geschmacksurteile abzugeben? Im Vergleich mit dem globalen Musikkanal MTV (Music Television) und dessen europäischen Ableger MTV Europe wirkt der Grand Prix ohne Zweifel rückständig. Allerdings attestiert der Geschäftsführer des internationalen Musikverlags Polydor, Jörg Hellwig, dem Grand Prix, dass dieser sich seit 1998 von einer unzeitgemäßen Veranstaltung zu einem Trendbarometer für Musikfirmen entwickelt hat (vgl. Feddersen 2002: 305). Anhand des deutschen Vorentscheids wird deutlich werden, wie sich die Modernisierung auf der, dem Wettbewerb vorgeschalteten nationalen Ebene gestaltet.

Der Hauptinitiator für die seit 1996 beobachtbare Modernisierungstendenz beim deutschen Vorentscheid ist Jürgen Meier-Beer, der ferner teilverantwortlich für die Reformen beim ESC ist. Bereits der Titel „Making a Pop-Event“ eines von Meier-Beer verfassten Artikels veranschaulicht seine Intention bei der Neugestaltung des deutschen Vorentscheids.[22] Die benötigten Zutaten für die Kreation „Pop-Event“ standen schnell fest: man nehme das Televoting-System und entferne die nationalen Gremien und Jurys zur Auswahl des deutschen Titels, forciere die Abschaffung der Sprachregelung beim ESC, motiviere große Plattenfirmen zur Zusammenarbeit, entwerfe ein neues Konzept für eine große "Vorentscheid–Abendshow" und erzeuge durch medienwirksame Künstler eine große Medienpräsenz.

Das vorläufige Ergebnis dieser Mischung war der erfolgreiche „Relaunch“, so Meier-Beer, des deutschen Vorentscheids im Jahre 1998. Mit der 90-minütigen Sendung „Countdown Grand Prix“ (der offizielle Titel), zu der zum ersten Mal nur Plattenfirmen ihre Künstler entsandten, erreichte der NDR eine Einschaltquote von 8 Millionen Zuschauern und einen Marktanteil von über 50%. Sieger des Abends wurde Guildo Horn mit seiner Schlagerpersiflage „Guildo hat Euch lieb“. Herr Horn – auch der „Meister“ genannt - entfachte durch seine kurios anmutende äußere Erscheinung, seine energetischen Bühnenauftritte sowie durch die Komik des Liedtextes („piep, piep, piep – ich hab dich lieb“) eine in Bezug auf den deutschen Vorentscheid nie da gewesene Medienaufmerksamkeit. Laut Süddeutscher Zeitung hieß es sogar in der britischen Presse: „Mister Horn stehe in Deutschland für den Wunsch, daß jetzt alles gefälligst anders werden müsse, dass endlich neue Gesichter her sollen, egal wie sie aussehen.“ (Süddeutsche Zeitung vom 11.05.1998: 19) Die durch Horn symbolisierte Ironisierung der deutschen Schlagerkultur und die dadurch entstandene Grand-Prix-Euphorie in Deutschland bewertet der Kommunikationswissenschaftler Heinz Moser als eine „postmoderne Haltung“:

Postmoderne Erlebensweisen verbinden sich sehr gut auch mit dem Grand Prix Eurovision, der einen Mix aus unterschiedlichsten Stilen der Unterhaltungs- und Popmusik aufnimmt, ethnische und folkloristische Elemente beimischt und voll von Zitaten auf erfolgreiche vergangene Songs sowie auf die Popmusik der Hitparaden ist (Moser 1999: 122).

Guildo Horn beschwor zwar die Ära des deutschsprachigen Schlagers, aber mit einem Augenzwinkern, wodurch auch solche Rezipienten, die den Schlager als „Inbegriff des Spiessertums“ (vgl. Moser 1999: 122) ansahen, wieder Interesse zeigten.

In den darauffolgenden Jahren sollte sich die Medienaufmerksamkeit weiterhin steigern, bis schließlich über den Vorentscheid-2001 die Kritik hereinbrach. „Das deutsche Spektakel mutiert zur peinlichen Geschmacksverirrung“, so lautete das allgemeine Urteil (Spiegel-Online, 27.02.2001). Ausgelöst wurde diese Missstimmung hauptsächlich durch die Teilnahme des Modeschöpfers Rudolph Moshammer und des ehemaligen „Big Brother“–Bewohners Zlatko (vgl. Kapitel D3.1: 63f.). Der NDR demonstrierte anhand des Vorentscheids-2001, dass die Steigerung der Zuschauerquote und des Marktanteils mehr wiegt als die Produktion einer qualitativ hochwertigen Sendung. „Und dabei kommt es nicht auf die Güte des Gesangs oder die Präzision der Bühnenshow an, sondern die Attraktion der Interpreten selbst.“(Tageszeitung vom 02.03.2001)

Im Jahre 2003 trat ein weiterer Trend in Erscheinung. Gleich mehrere deutsche Tageszeitungen entdeckten ihr Interesse für den Vorentscheid und stellten im Verbund mit Plattenfirmen einen eigenen Grand-Prix-Kandidaten auf (vgl. hierzu Kap. D5.2: 77). Trotz aller Bemühungen wurde der Vorentscheid-2003 für den NDR quotentechnisch ein Desaster, da mit lediglich 5,64 Millionen Zuschauern – drei Millionen weniger als im Vorjahr – nur ein Marktanteil von 18,1% erreicht wurde (Spiegel Online: 10.03.2003). Als Begründung für das schlechte Abschneiden bei den Zuschauern gab der NDR die Konkurrenz durch die erfolgreichen Casting-Shows der privaten Fernsehsender an.[23] Demzufolge sollte für dieses Jahr ein frisches Konzept, dass sich mehr an den Markgegebenheiten der Musikindustrie orientiert, den gewünschten Erfolg bringen. Das neue Format mit dem Titel „Germany 12 Points“ wurde in Kooperation mit dem deutschen Musikfernsehsender Viva erstellt. Dazu Meier-Beer in einem Interview:

Viva ist mit dem Anspruch gegründet worden, die moderne deutsche Musikszene zu fördern. Dies passt perfekt mit unserem Anspruch zusammen, einen deutschen Hit zum internationalen Hit zu machen. Die nationale Promotion auf Viva ist eine sinnvolle Voraussetzung für den internationalen Anspruch des ARD-Auftritts. (NDR 2004c)

Mit dem neuen Format möchte man nicht nur eine jüngere Zielgruppe ansprechen, sondern durch die Kooperation mit Viva auch bereits bekannte Künstler zur Teilnahme motivieren. Als neu eingeführte Qualifikationsnorm mussten die Bewerber ein professionell produziertes Musikvideo vorweisen und mit ihrem Titel eine Platzierung unter den Top-40 der deutschen Single-Hitparade erreichen.[24] Des Weiteren versprach die zugesicherte Präsenz bei Viva eine werbewirksame Unterstützung der Künstler und konnte aus diesem Grund viele prominente Musiker für deren Teilnahme beim Vorentscheid begeistern. Unter den zehn Teilnehmern des diesjährigen deutschen Vorentscheids waren bereits erfolgreiche Musiker wie z.B. Sabrina Setlur, Scooter, Laith Al-Deen und DJ Westbam. Sieger der Veranstaltung im März ist der bis dato noch unbekannte Sänger Maximilian Mutzke (genannt Max) mit dem englischen Titel „Can’t wait until tonight“. Max wurde von dem Moderator Stefan Raab in seiner auf dem Privatsender Pro7 gesendeten Show „TV total“ mittels eines mehrwöchigen Castings entdeckt.[25] Raab, der bereits den Song des 1998 siegreichen Guildo Horns produziert hatte und 2000 selbst als Interpret den Vorentscheid gewann, landete zum dritten Mal auf dem ersten Platz. Diesbezüglich beeindruckt insbesondere die überwältigende Mehrheit von 92,05% (ca. 850.000Stimmen), mit der die Zuschauer den Schützling Raabs beim zweiten Wahlgang als Favoriten bestätigt haben (NDR 20.03.2004).

Bei der Zielgruppe der 14 bis 49-Jährigen war der NDR mit dem diesjährigen Vorentscheid sehr erfolgreich und erreichte einen Marktanteil von 28,4%; insgesamt konnte die Sendung allerdings nur 5,5 Millionen Zuschauer begeistern (media control). Der NDR hat mit seinem Konzept für den ESC-Vorentscheid in der Vergangenheit und im Besonderen in diesem Jahr verstärkt auf eine starke Medienpräsenz und eine junge Zielgruppe gesetzt. „Denn es ist die jüngere Generation, welche die internationalen musikalischen Trends bestimmt.“ (Meier-Beer 2004) Diesbezüglich scheint es außerordentlich wichtig zu sein, durch eine kontinuierliche Modernisierung der Traditionssendung Dynamik zu verleihen. Es ist zu vermuten, dass die englische Sprache als ein Element einer "modernen" Vorentscheidsendung verstanden wird. Nicht nur die Verwendung eines englischen Titel für die Fernsehsendung wie „Countdown Grand Prix“ und „Germany 12 Points“ lassen darauf schließen, sondern auch der große Anteil an englischen Beiträgen.

B3 Die deutsche Sprache und ihre internationale Bedeutung

Die vorliegende Untersuchung beleuchtet die Sprachenwahl beim ESC unter besonderer Berücksichtigung des deutschen ESC-Vorentscheids sowie der deutschen Beiträge beim internationalen Grand Prix. Es hat sich bereits gezeigt, dass die Aufhebung der Sprachenregelung zum Teil auf eine Initiative der ESC-Verantwortlichen aus Deutschland zurückzuführen ist. Das lässt die Vermutung zu, dass die deutsche Sprache im Kontext des Grand Prix und dem dort verwendeten Genre Popmusik aus deutscher Sicht als nicht erfolgsversprechend und konkurrenzfähig angesehen wird. Die thematische Ausrichtung auf Deutschland respektive die deutsche Sprache begründet einen Überblick über die internationale Stellung der deutschen Sprache, welcher im Folgenden vorgenommen wird. Dabei stützt sich das Kapitel primär auf die Ausführungen von Ulrich Ammon (2001) in „Die deutsche Sprache in der Welt von heute“.

[...]


[1] Sofern nachfolgend nicht anders vermerkt, bezieht sich die geschichtliche Darstellung der EBU auf EBU 1999/2000: 15-17/20-29.

[2] Die Gründungsmitglieder der EBU entstammen aus folgenden Ländern: Belgien, Luxemburg, Vatikanstadt, Marokko, Dänemark, Monako, Ägypten, Finnland, Niederlande, Frankreich, Portugal, Großbritannien, Schweden, Schweiz, Griechenland, Irland, Syrien, Italien, Tunesien, Libanon, Türkei und Jugoslawien. Die Rundfunkanstalt der BRD wurde 1952 als EBU-Mitglied zugelassen.

[3] Die ITU wurde bereits 1865 gegründet und ist den Vereinten Nationen angeschlossen. Sie standardisiert und reguliert für ihre Mitglieder (189 Nationen) das globalen Radio- und Telekommunikationsnetzwerk(vgl. International Telecommunications Union 2004: ITU Overview-Purposes).

[4] Die französische Bezeichnung Union Européenne de Radiodiffusion wurde Anfang der 90er Jahre in Union Européenne de Radio-Télévision umbenannt, während die englische Bezeichnung European Broadcasting Union beibehalten wurde.

[5] Sofern nachfolgend nicht anders vermerkt, bezieht sich die Darstellung zu Eurovision sowie Euroradio auf EBU 2004: The EBU Operations Department.

[6] Die Zahlen sind entnommen aus EBU 2004: The EBU in figures.

[7] Der Erfolg des europäischen Programmaustauschs hat dazu geführt, dass das Modell mittlerweile weltweit zu den „Sister Unions“ der EBU exportiert wurde. So existiert zum Beispiel in Asien die von der asiatischen Rundfunkunion betriebene Asiavision sowie die Arabvision der arabischen Rundfunkunion.

[8] Siehe Appendix A für eine vollständige Liste aller, derzeitigen Active Members, Associative Members, Approved participants sowie Sister Unions der EBU. Aus der Bundesrepublik Deutschland sind der EBU als Aktive Mitglieder folgende Rundfunkanstalten angeschlossen: Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) und Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD). Die ARD besteht aus: Deutschland Radio (DLR), Deutsche Welle (DW), Westdeutscher Rundfunk (WDR), Südwestrundfunk (SWR), Saarländischer Rundfunk (SR), Sender Freies Berlin (SFB), Radio Bremen (RB), Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg (ORB), Norddeutscher Rundfunk (NDR), Mitteldeutscher Rundfunk (MDR), Hessischer Rundfunk (HR), Bayrischer Rundfunk (BR).

[9] Die von der EBU verwendete Bezeichnung “Public Service” ist gleichzusetzen mit der in Deutschland verwendeten Bezeichnung „öffentlich-rechtlich“. Beides bezieht sich auf Rundfunkanstalten, die in ihrer Funktion einen nationalen, öffentlichen Auftrag erfüllen. Die rechtliche Grundlage für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den privaten Rundfunk in Deutschland sind sowohl im Rundfunkstaatsvertrag der Bundesländer (RSTV) als auch in den jeweiligen Landesmediengesetzen der Länder verfasst.

[10] Auch die Europäische Union hat die Besonderheiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Mitgliedstaaten anerkannt: „[d]er öffentlich-rechtliche Rundfunk [ist] in den Mitgliedstaaten unmittelbar mit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft sowie mit dem Erfordernis verknüpft [...], den Pluralismus in den Medien zu wahren [...].“ (EU-Rat 1997: Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Abl. EU 1997 C 340/109)

[11] Die für den Tausch bestimmten Beiträge sollen die folgenden Kategorien beinhalten: Nachrichten, Sport, Information, Drama, Dokumentation, Musik, Kinder- und Jugendsendungen (vgl. Art. 3§4 lit.5 EBU-Statuten).

[12] Auf die gemeinsame Machtposition der vier großen EBU-Mitglieder aus Frankreich, Italien, Großbritannien und Deutschland wird zu einem späteren Zeitpunkt im Kontext des ESC näher eingegangen.

[13] Sofern nachfolgend nicht anders vermerkt, beziehen sich die Angaben zur Entstehungsgeschichte des ESC auf EBU 2004: Milestones in the history of the Eurovision Song Contest (ESC).

[14] Siehe Appendix B1 für eine Tabelle mit allen ESC-Teilnehmern seit 1956, deren Teilnahmen insgesamt, und das Jahr der ersten Teilnahme.

[15] Beim Debüt der Türkei im Jahr 1975 verzichtete Griechenland aus politischen Gründen auf eine Teilnahme. Die politisch motivierte Absage der Türkei ein Jahr später resultierte wiederum aus einer Teilnahme Griechenlands am ESC (vgl. Feddersen 2002: 148/156).

[16] Darunter waren Stimmen aus Irland und Norwegen (vgl. Feddersen 1996: 16).

[17] Die technische Vorraussetzung für die Anwendung des TED-Verfahrens ist laut ESC-Reglement, dass 80% der nationalen Bevölkerung an das Telekommunikationsnetzwerk angeschlossen sind und dass eine gleichberechtigte Chance zur Stimmabgabe existiert (vgl. EBU (2004) Rules of the 2004 Eurovision Song Contest).

[18] Die zwei größten, deutschen ESC-Fanclubs sind der Eurovision Club Germany e.V. (ECG) und der OGAE Germany e.V. (vgl. Feddersen 2002: 427). Beide Vereine sind der internationalen Vereinigung der Fanclubs namens Organisation Générale des Amateurs de l’Eurovision (OGAE) angeschlossen. Zur OGAE gehören europaweit 30 weitere ESC-Fanclubs.

[19] Siehe Appendix C1 für die E-Mail Korrespondenz mit Svante Stockselius.

[20] Die Schweiz trat sowohl mit Deutsch, Französisch und Italienisch als auch 1958 mit einem deutsch-italienischen Text an. Sofern nachfolgend nicht anders vermerkt, entstammen die Angaben zu Teilnehmern, Titeln und vorgetragenen Sprachen der Jahrgänge 1956-2001 aus Feddersen (2002).

[21] Deutschland erreichte beim ESC 1995 den letzten Platz; beim ESC 1996 noch nicht einmal das Finale.

[22] Bei dem folgenden Abschnitt beziehe ich mich hauptsächlich auf Meier-Beer (2002).

[23] RTL veranstaltet die Casting-Sendung „Deutschland sucht den Superstar“, SAT1 hat ein ähnliches Konzept namens „Starsearch“ im Programm und Pro7 sendet den Talentwettbewerb „Popstars“. Charakteristisch für dieses Format ist, dass aus einer großen Anzahl von Laien-Bewerbern mit Hilfe einer prominenten Jury und/oder des Publikums neue Gesangstalente entdeckt werden sollen.

[24] Die offiziellen, deutschen Hitparaden werden von der „media control GmbH“ wöchentlich ermittelt. Als Parameter für die Ranglisten werden die Verkaufszahlen im Einzelhandel verwendet.

[25] In Anlehnung an den Titel der RTL-Sendung „Deutschland sucht den Superstar“, nannte Raab seine Talentsuche „Stefan sucht den Super Grand Prix Star“ (SSDSGPS). Raab ist auch der Texter und Komponist des Siegertitels „Can’t wait until tonight“.

Ende der Leseprobe aus 136 Seiten

Details

Titel
Die Sprachenwahl beim Eurovision Song Contest und ihr Auswirkungen und Konsequenten - Untersuchungen zum Zeitraum 1999-2004
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Institut für Germanistk-Linguistik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
136
Katalognummer
V27895
ISBN (eBook)
9783638298179
Dateigröße
1132 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachenwahl, Eurovision, Song, Contest, Auswirkungen, Konsequenten, Untersuchungen, Zeitraum
Arbeit zitieren
Eva-Maria Klapheck (Autor:in), 2004, Die Sprachenwahl beim Eurovision Song Contest und ihr Auswirkungen und Konsequenten - Untersuchungen zum Zeitraum 1999-2004, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27895

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