Die Anfänge der Dänisch-Halleschen Mission. Eine globale Begegnung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Globale Begegnungen und Zivilisierungsmission

3. Die frühe Dänisch-Hallesche Mission

4. Auszug aus XIII. Brief der Malabarischen Correspondentz

5. Fazit

1. Einleitung

In glänzendem Weiß und unmittelbarer Nähe zum Meer steht heute die Tamil Evangelical Lutheran Church in der südostindischen Hafenstadt Tharangambadi. Über dem Haupteingang der Kirche steht in goldenen Ziffern „1718“, was ein Verweis auf das Gründungsdatum der lutherischen Ursprungsgemeinde darstellt. Die Tamil Evangelical Lutheran Church ist die einzige lutherische Kirche im indischen Bundesstaat Tamil Nadu, die ihren Ursprung auf die ersten Missionare der Dänisch-Hallschen Mission zurückführt.1

Die ersten Missionare der Dänisch-Hallschen Mission hießen Bartholomäus Zie- genbalg und Heinrich Plütschau. Beide waren deutsche Pietisten aus Halle an der Saale, die von dem deutschen Hofprediger des dänischen Königs Frederick IV., Franz Julius Lütkens vorgeschlagen wurden, an der ersten protestantischen Missi- on in Südostindien teilzunehmen. Tatsächlich kann die Dänisch-Hallesche Mission als erste evangelische Mission betrachtet werden. Ihr Auftraggeber war der däni- sche König. Sowohl Ziegenbalg als auch Plütschau hatten bei August Hermann Francke studiert, der im Jahr 1698 begonnen hatte, Sozial- und Bildungseinrich- tungen in Halle zu gründen, die späteren Franckeschen Stiftungen. Der pietistische Geist, welchen Francke an seine Schüler weitergab war geprägt von einer „inner- protestantischen Reform- und Erweckungsbewegung“.2 Halle war um 1700 zu ei- nem „Knotenpunkt“3 für Wissenschaft und protestantische Missionsbemühungen geworden, welche zuvor nur von katholischen Nationen betrieben wurden. Vor diesem Hintergrund müssen die Missionstätigkeiten der frühen Dänisch- Halleschen Mission betrachtet werden.

Obwohl die Mission ihren offiziellen Sitz in Kopenhagen hatte, vom dänischen Kö- nig in Auftrag gegeben und finanziert wurde, fungierte Halle beziehungsweise die Franckeschen Stiftungen als „geistiges Zentrum“4 der Mission, denn in Halle wur- den die Missionare ausgewählt, ausgebildet und die konkreten Projekte in Südost- indien koordiniert. Auch wissenschaftliche Arbeiten oder Berichte von Missiona- ren wurden in Halle gesammelt und veröffentlicht. Die dänisch-hallesche Zusam-menarbeit wurde bereits 1710 ergänzt durch die in London ansässige Society for Promoting Christian Knowledge, welche sich finanziell wie ideell beteiligte, aber ebenso wie Dänemark keine eigenen Missionare nach Indien sandte. Aufgrund dieses internationalen Kooperationsnetzwerks in Indien haben mehrere Bezeichnungen für die europäische Missionstätigkeit in Indien Eingang in die Ge- schichtsschreibung gefunden. Zum einen ist die Rede von der Dänisch-Halleschen Mission, zum anderen von der Englisch-Halleschen Mission, die als zwei Missionen mit unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten, aber dem religiösen Zentrum in Hal- le verstanden werden. Aufgrund der vielfältigen Verflechtungen wurde in der jüngsten Forschung auch der Begriff Dänisch-Englische-Hallesche Mission geprägt. Dieser und der Begriff der Englisch-Halleschen Mission sollen in dieser Arbeit je- doch keine Verwendung finden, da diese Arbeit die englische beziehungsweise anglikanische Perspektive aussparen kann und die klassische Missionsbezeich- nung als ausreichend betrachtet.

Insgesamt dauerte die Dänisch-Hallesche Mission von 1706 bis 1845 an. Diese Ar- beit soll sich jedoch auf die Anfänge der Dänisch-Halleschen Mission konzentrie- ren, weshalb auch nur auf Entwicklungen und Zustände im 18. Jahrhundert einge- gangen wird. Ein im Grunde einzigartiges Zeugnis aus dieser Anfangszeit ist die sogenannte „Malabarische Correspondentz“, welche 99 Briefwechsel umfasst, die in den Jahren von 1712 bis 1714 zwischen deutschen Missionaren und der südost- indischen Bevölkerungsgruppe der Malabaren stattfand. Anhand eines vergleichs- weise kurzen Auszugs aus der Malabarischen Correspondentz, dem XIII. Brief, sol- len an späterer Stelle Rückschlüsse auf den Charakter der frühen Dänisch- Halleschen Mission gezogen werden.

Nicht zuletzt, weil es sich bei den Briefen um keine europäischen Reiseberichte handelt, sondern um zwar übersetzte, aber dennoch Dokumente von besonderer Authentizität, sind sie für die transnationale Geschichtsforschung in der Frühen Neuzeit von herausragender Qualität. Obwohl nur aus einer Perspektive erfolgend, birgt der XIII. Brief mit seinen vielfältigen kulturellen und religiösen Differenzas- pekten eine faszinierende Grundlage zur Einordnung der Malabarischen Corres- pondentz und damit auch der frühen Dänisch-Halleschen Mission in ihren Charak- terzügen einer globalen Begegnung. Ein besonderer Faktor liegt ebenso in der nicht allein malabarischen Identität des XIII. Briefes, da er zum Ersten von Bartho- lomäus Ziegenbalg übersetzt und zum Zweiten auch für die europäischen Gelehr- ten des Missionskollegiums in Kopenhagen geschrieben wurde. Ziegenbalgs Per- son und andere Aspekte der Missionsarbeit in Südostindien müssen in dieser Ar- beit deshalb zusätzlich zum XIII. Brief der Malabarischen Correspondentz herange- zogen werden, um eine Charakterisierung der Dänisch-Halleschen Mission vor- nehmen zu können.

Diese Arbeit verfolgt die These, dass die Dänisch-Hallesche Mission komplexe und als positiv zu bewertende Elemente des Kulturaustauschs enthielt, aber ebenso bereits Züge einer Zivilisierungsmission in einem vorkolonialen Kontext trug. Bevor sich diese Arbeit also mit speziellen Aspekten und der konkreten Quelle befasst, soll eine theoretische Grundlage geschaffen werden, mit deren Hilfe die Formen globaler Begegnungen und die Interaktionen innerhalb interkultureller Beziehungen genauer differenziert werden können. Im Schlusskapitel soll es so schließlich möglich sein, den Charakter und die diversen Interaktionsaspekte der früheren Dänisch-Halleschen Mission genauer zu benennen.

2. Globale Begegnungen und Zivilisierungsmission

Nach Monica Juneja beschäftigt sich Globalgeschichte mit „Beziehungen und Kor- respondenzen“,5 die ihre „Aufmerksamkeit auf Wirkungen lenkt, die durch Kontakt hervorgerufen werden.“6 Juneja folgend, soll es auch die Aufgabe dieser Arbeit sein, die Eigenschaften der Dänisch-Halleschen Mission anhand eines vielzitierten Auszugs aus dem XIII. Brief und einiger historischer Aspekte der Dänisch- Halleschen Mission herauszuarbeiten und daraufhin eine Charakterisierung vor- zunehmen.

Der begriffliche Rahmen von „Beziehung“ über „Korrespondenz“ bis hin zur allge- meinen „Interaktion“ führt nach Juneja jedoch zu keiner angemessenen Beschrei- bung globaler Begegnungen, da er ein symmetrisches Machtverhältnis impliziert.7 Um diesem terminologischen Defizit gerecht zu werden, Machtverhältnisse sicht- barer zu machen und zu einem ebenso verständlichen wie ausdifferenzierten Er- gebnis zu gelangen, soll diese Arbeit intensiv mit einer von Jürgen Osterhammel vorgeschlagenen Typologie operieren. Diese Typologie soll im Folgenden kurz vorgestellt und erläutert werden.

Die zehn Typen globaler Beziehungen, die für Osterhammel sowohl auf wirtschaft- lichen, kulturellen als auch politischen Ebenen gelten können, lauten Imposition, Diffusion, Export, Import, Transfer, Austausch, Integration, Okulation, Widerstand und Systembildung. Bei der Imposition handelt es sich um ein klares, von einer Par- tei ausgenutztes Machtgefälle. Bei der Diffusion spricht Osterhammel von der Ver- breitung eines Kulturelements von A nach B, C und so fort. Während der Koloniali- sationsprozess exemplarisch für die Imposition ist, kann die Diffusion als typisch für die Mission bezeichnet werden.

Der Export unterscheidet sich vom Import darin, Güter, Informationen oder Men- schen bewusst von A nach B zu lenken. Beim Import übernimmt B ohne Zwang und bewusst ein Element von A. Transfer kann als Oberbegriff des Exports verstanden werden und wird durch den Austausch, den wechselseitigen Transfer, ergänzt. Das Begriffspaar Integration und Okulation steht zum Ersten für das Übernehmen aus dem Import und der differenzlosen Vermischung mit dem Eigenen. Okulation steht zum Zweiten für eine Überdeckung des vom Import Übernommenen, ohne das Ei- gene zu substituieren oder es verschwinden zu lassen. Widerstand meint abweh- rende Reaktionen mannigfaltiger Gestalt von B nach A, die zu mentalen und/oder institutionellen Veränderungen bei B führen können. Zuletzt bedeutet die System- bildung, dass von einem Zentrum Strukturen ausgehen, die weitere Mittelpunkte und Kooperationen bewirken, so entstehen weitere Staaten- und (Welt- )Handelssysteme, sowie andere Netzwerke.8

Da diese Arbeit letztlich versucht, die Frage zu beantwortet, inwiefern die Anfänge der Dänisch-Halleschen Mission als Zivilisierungsmission zu charakterisieren sind, folgt diese Arbeit einer von Boris Barth aufgegriffenen Definition von Zivilisie- rungsmission.

[...]


1 Liebau, Heike: Die Dänisch-Englisch-Hallesche Mission (Tranquebarmission). In: Europäische Geschichte Online, 03.12.2010, http://ieg-ego.eu/de/threads/europa-und-die- welt/mission/protestantische-mission/heike-liebau-daenisch-englisch-hallesche-mission- tranquebarmission, (abgerufen am 26.03.2014).

2 vgl. ebenda.

3 vgl. ebenda.

4 vgl. ebenda.

5 Juneja, Monica: Text des Vortrages, Ringvorlesung Globalgeschichte, Universität Wien, 12.01.2006,S. 3.

6 vgl. ebenda.

7 vgl. ebenda.

8 vgl. ebenda.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Anfänge der Dänisch-Halleschen Mission. Eine globale Begegnung
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Friedrich-Meinecke-Institut)
Veranstaltung
Hauptseminar: Deutsche Kolonialismusgeschichte
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
20
Katalognummer
V279073
ISBN (eBook)
9783656724650
ISBN (Buch)
9783656724643
Dateigröße
1357 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
anfänge, dänisch-halleschen, mission, eine, begegnung
Arbeit zitieren
Leonard Kehnscherper (Autor:in), 2014, Die Anfänge der Dänisch-Halleschen Mission. Eine globale Begegnung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279073

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