Die Entwicklung der Gated Communities im Libanon


Seminar Paper, 2014

25 Pages, Grade: 2,0


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Typisierung der bewachten Wohnsiedlungen

3. Der Libanesische Bürgerkrieg 1975-1990

4. Die Entwicklung der Gated Communities während des Bürgerkriegs 1975-1990

5. Die Entwicklung der Gated Communities in der Post-Bürgerkiegszeit

6. Vergleich der Gated Communities im arabischen Raum (Libanon-Saudi Arabien)

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„ In den bewachten Wohnkomplexen scheinen sich aktuelle, globale Prozesse der Stadtentwicklung zu kristallisieren und letztlich das Ende der offenen Stadt anzudeuten.“

G. Glasze (2003:17)

Die Gated Communities sind eines der fundamentalsten Stadtplanerischen Phänomene des 20. Jahrhunderts. Ihr konzentriertes Auftreten wurde erstmals in den Vereinigten Staaten von Amerika empirisch erfasst und behandelt. Doch laut Glasze (2003:17) ist dieses Phänomen kein lokales mehr sondern ein mittlerweile global verbreitetes. Auch zeitlich lässt sich die Herausbildung von Gated Communities in der Städtischen Infrastruktur nicht so pauschal erfassen. Denn bereits in der Vergangenheit der Stadtgeographie wurden bewachte Viertel erfasst, die durch Mauern und anderen Sicherheitsvorkehrungen vor externen Gefahren geschützt und damit auch, von der innerstädtischen Infrastruktur segregiert wurden. “Systems of walls and class division are deeply ingrained in historic Europe as a means of wealthy people protecting themselves from the local population.” (Blakely/Snyder 1997, zit. nach Low 2001:46)

Solche bewachten Siedlungsformen sind, bereits in der Frühzeit, ein wesentlicher Bestandteil des Modells der Orientalisch-islamischen Stadt gewesen. Ehlers (1984:199) merkt an, dass innerhalb der Stadtstrukturen es oftmals Stadtviertel gab, die nur durch einen gesonderten Eingang betreten werden konnten und dadurch eine strikte Segregation von anderen Nachbarvierteln vorgenommen werden konnte. Diese Quartiere besaßen innerhalb ihrer Infrastruktur alle Dienstleistungen des täglichen Bedarfs. Durch diese Isolierung einzelner Stadtviertel wurde eine Trennung sozialer Gruppen angestrebt. Die islamische Gesellschaft wurde dadurch, innerhalb der Stadtmauern, untereinander nach ökonomischen und sozialen Faktoren und von dem Einfluss ausländischer Kulturen und Religionen getrennt und bewahrt (Glasze/Alkhayyal 2002:325).

Diese Hausarbeit befasst sich mit der Thematik der Entwicklung der Gated Communities im Libanon während der Bürgerkriegszeit und in der Post-Bürgerkriegs- Ära. Die Leitfragen, die dabei behandelt werden, sind: Welche Einflüsse haben dazu beigetragen, dass diese Wohnform im Libanon entstehen konnte? Welche Gründe gab es dafür, dass diese Entwicklung nur in vereinzelten Gebieten vonstatten ging? Und inwiefern hat sich die Entwicklung in der Post-Bürgerkriegs-Ära gewandelt?

Die Entwicklung der Gated Communities, die im Verlauf dieser Hausarbeit als GC abgekürzt werden, wirft auch Fragen auf. Wieso kommt es zu einer Herauskristallisierung einer privaten und bewachten Wohnform innerhalb einer Stadtstruktur? Wieso isolieren sich vereinzelte Gesellschaftsschichten von dem Urbanen Raum und welche Vor- und Nachteile sind damit verbunden. Die GC sind besonders in der Stadtforschung des arabischen Raumes relativ wenig erforscht. Deshalb liegt das Hauptaugenmerk dieser Arbeit auf dem Werk von Georg Glasze, „Die fragmentierte Stadt - Ursachen und Folgen bewachter Wohnkomplexe im Libanon“.

Die Ausarbeitung gliedert sich dabei wie folgt. Der historische Exkurs über den Libanon und den Bürgerkrieg, der 1975 bis 1990 stattgefunden hat, gibt einen Überblick über den geographischen und sozialen Fragmentierungsprozess. Der Abschnitt über die Entwicklung der GC´s während des Bürgerkriegs und in der PostKriegsphase, beschreibt den Entstehungsprozess und führt die Unterschiede in den Entwicklungsphasen auf, die ihren Einfluss auf die Prozesse und die daran beteiligten Akteure genommen haben. Ein Vergleich zwischen der Entwicklung der GC´s im Libanon und einem Fallbeispiel aus Saudi-Arabien und die abschließende Diskussion beenden die Ausarbeitung dieser Thematik.

2. Typisierung der bewachten Wohnsiedlungen

Die Etablierung einer privatisierten Wohnform, der GC´s, auf einem sonst öffentlichen Raum, erklärt Glasze (2003:35) durch mehrere Faktoren. Zum einen durch die globale und wirtschaftliche Strukturveränderung. Er bezieht sich dabei auf die Erklärungsansätze von Sassen über die globalen, administrativen und ökonomischen Funktionen von Global Cities. Diese Funktionen etablieren eine neue Gesellschaftsstruktur innerhalb der Städte und führen so zu einer Segregation der Gesellschaft in Arm und Reich. Laut Webster/Glasze/Frantz (2002:318) führt diese Fragmentierung der städtischen Gesellschaft schlussendlich zu einer dualen Stadtstruktur, in der sich die global aktiven Eliten in Gated Communities von der Urbanität der Stadt und gemäß ihren individuellen Wohnvorstellungen freiwillig isolieren.

„The disruptions caused by crime and traffic that their residents fear may be real or perceived, near or far, the important point is not whether they need to cut off access to their streets, but that they feel they must.” (Blakely/Snyder 1997:42)

Laut Blakely/Snyder ist es die Angst vor den Gefahren der Urbanität, die aufgrund der hohen Kriminalitätsquote und des hohen Verkehrsaufkommens chaotisch und rastlos auf die Bewohner wirkt, eines der Gründe für eine Nachfrage nach bewachten Wohnkomplexen. Die Gated Communities bieten hierbei einen Zusammenschluss von Wohn-, Dienstleistungs- und Sicherheitsfunktionen an.

„An increasingly sophisticated mass market has emerged in entire neighbourhoods, comprising homes, community infrastructure, services, and microurban governance. Gates and guards are just one part of a bigger package.” (Webster/Glasze/Frantz 2002:315).

Die persönlichen Bedürfnisse nach Sicherheit, der Pflege eines gewissen, globalisierten Lifestyles, der Anspruch auf eine homogene Nachbarschaftsstruktur und an einen gewissen Grad an Qualität und Zuverlässigkeit des Zugangs zu öffentliche Dienstleistungen, wie die Strom- und Wasserversorgung, werden in den bewachten Enklaven angeboten und schaffen somit eine Alternative zu der Staatlichen Versorgung (Glasze 2003:36).

Es gibt zahlreiche Begriffe für die Beschreibung von bewachten und privaten Wohnkomplexen. Einige davon sind Gated Community, Enklave oder Zitadelle “An exclusionary enclave is an area of spatial concentration in which members of a particular population group, defined by its position of superiority in power, wealth, or status in relation to its neighbors, cluster as a means of protecting that position. A citadel is an area of spatial concentration in which members of a particular population group, defined by its position of superiority in power, wealth, or status in relation to its neighbors, cluster as a means of protecting, displaying, and enhancing that position.” (Marcuse 2001:4)

Laut Marcuse sind Enklaven und Zitadellen Wohnkomplexe, in denen ausschließlich spezielle, hochrangige Gesellschaftsschichten, in Bezug auf Macht, Status oder Wohlstand, vertreten sind. Die Standorte dienen dabei nicht nur als Wohnort sondern auch als Segregation von den Niederen Schichten und als Statussymbol für die eigene gesellschaftliche Position.

Glasze (s.Abb.1) schafft eine Unterteilung der bewachten Wohnkomplexe gemäß Ihrer Funktion und Baustruktur. Er unterscheidet als erstes in der Funktion des Erst- oder Zweitwohnsitzes, was auch indirekt auf die Größe des Wohnortes schließen lässt, da Erstwohnsitze eine größere Wohnfläche benötigen als Zweitwohnistze. Desweiteren differenziert er in der baulichen Struktur zwischen Bewachten Siedlungen/ Resorts, die hauptsächlich aus Ein- und Mehrfamilienhäusern bestehen, und Kondominien, die hochgeschoßige Apartmentanlagen darstellen. Die Infrastruktur und die angebotenen Dienstleistungen sind größtenteils deckungsgleich. Es besteht zudem ein regional, kultureller Unterschied in der Benennung der Wohnkomplexe. Doch trotz nationaler und kultureller Differenzen gibt es dennoch, laut Glasze (2003:30) Gemeinsamkeiten in der Definition der bewachten Enklaven:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Typisierung bewachter Wohnkomplexe (Glasze 2003:30)

- „die Kombination von Gemeinschaftseigentum (Grünanlagen, Sporteinrichtungen, Ver- und Entsorgungsinfrastruktur usw.) und gemeinschaftlich genutzten Dienstleistungen (z.B. Wach- und Hausmeisterdienste) mit dem individuellen Eigentum bzw. dem Nutzungsrecht einer Wohneinheit,
- die Selbstverwaltung sowie
- die Zugangsbeschränkung, die zumeist von einem 24-sttindigen Sicherheitsdienst gewährleistet wird: Besucher werden von einem Wachmann angemeldet und können erst nach dem "o.k." des Gastgebers auf das Gelände. Teilweise kommen auch elektronische Zugangsüberwachungssysteme zum Einsatz.“

3. Der Libanesische Bürgerkrieg 1975-1990

Das Gebiet um den heutigen Libanon hat bereits in der Frühzeit der Antike eine bedeutende Rolle als Handelsstandort gespielt. Seine kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der damaligen Zeit ist auch heute noch, bedingt durch den Einfluss verschiedener Hochkulturen, spürbar. „Dutzenden Zivilisationen, etwa jene der Phönizier, der Perser und Griechen, später die Franken und Araber, haben das Land und die Gesellschaft geprägt.“ (Weiss 2007:160).

In der Schlacht am Jarmuk wurde das damalige Gebiet durch die Osmanen von den Byzantinern erobert und an das Kalifat angeschlossen (Weiss 2007:160). Unter Abbildung 2 www.globalsecurity.org dem Einflussbereich des Osmanischen Reiches blieb dann das Gebiet des heutigen Libanon bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts.

„Erst 1861, nach Auseinandersetzungen zwischen muslimischen Drusen und christlichen Maroniten im Libanongebirge, etablierte das Osmanische Reich auf Drängen einiger europäischer Mächte einen autonomen Distrikt mit einer maronitischchristlichen Bevölkerungsmehrheit.“ (Glasze 2004:495)

Auf dem Geheiß des Patriarchen der Maronitischen Kirche, auf der Friedenskonferenz 1920 in Paris, der Grand Liban, unter dem Protektorat Frankreichs geschaffen. Am 19. November 1943 wurde der Libanon schlussendlich in die offizielle Unabhängigkeit entlassen (Weiss 2007:161). Die vielen kulturellen und konfessionellen Einflüsse, die auf den Libanon in seiner Geschichte, eingewirkt haben, bildeten die Basis für eine äußerst vielschichtige und diversifizierte Gesellschaft, „Am Kreuzungspunkt dreier Kontinente gelegen, sei der Libanon ein Schmelztiegel von Rassen, Ethnien und Konfessionen.“ (Glasze 2004:498).

Die Bevölkerungsverteilung und die jeweilige Religionszugehörigkeit (s.Abb.2) stellt die sektorale Fragmentierung der Libanesischen Gesellschaft nach den einzelnen Konfessionen dar. Diese Entwicklung hat sich im Verlauf des Bürgerkrieges zugespitzt. Die Unabhängigkeit des Libanons hat seine Gesellschaft in Zwei Lager geteilt. Die Mehrheit der Muslimischen Bevölkerung bevorzugte eine Panarabische Großlösung und den damit verbundenen Anschluss an den Arabischen Kulturraum. Während die Christliche Fraktion einen souveränen Staat Libanon sich gewünscht hat. (Glasze 2004:499).

Ein weiterer zunehmender Konfliktherd war das Anwachsen der sozialen Disparität infolge des Wirschaftsbooms in den 60er Jahren. Libanon stieg schnell zu einem bedeutenden Finanz- und Dienstleistungsstandort auf, der den Nahen Osten mit der westlichen Welt verbunden hat. Der Ausbau einer modernen Infrastruktur und die pluralistische und friedliche Gesellschaft ließen die Symbolik einer „Schweiz des Ostens“ aufkommen (Weiss 2007:161).

Der Zustrom von palästinensischen Flüchtlingen, Anfang der 70er, infolge der Zuspitzung des Israelisch- Palästinensischen Konflikts, rückte den Libanon unfreiwillig in den Fokus. Durch die zusätzliche Verlegung des Hauptsitzes der PLO, unter Yassir Arafat, nach Beirut wurde der Libanon immer häufiger zum Schauplatz von kriegerischen Auseinandersetzungen. Die PLO etablierte sich dabei zum einem bewaffnetem Staat im Staate und verbündete sich mit der muslimischen Bevölkerung, woraufhin die religiösen Konflikte zwischen der Christlichen und der Muslimischen Bevölkerung sich verschärften (Weiss 2007:161). Das wachsende soziale Ungleichgewicht, die Uneinigkeit über den zukünftigen Weg des Libanon und die konfessionellen Konflikte führten dann unweigerlich zu einer Zuspitzung der Situation und schlussendlich zu dem Ausbruch des Libanesischen Bürgerkriegs, der von 1975 bis 1990 stattfand.

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Details

Title
Die Entwicklung der Gated Communities im Libanon
College
RWTH Aachen University
Grade
2,0
Author
Year
2014
Pages
25
Catalog Number
V279221
ISBN (eBook)
9783656721277
ISBN (Book)
9783656722649
File size
1644 KB
Language
German
Keywords
entwicklung, gated, communities, libanon
Quote paper
Roman Kühn (Author), 2014, Die Entwicklung der Gated Communities im Libanon, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279221

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