Die Ökonomik als Lehre vom Oikos umfasst eben die Gesamtheit der menschlichen Beziehungen und Tätigkeiten im Hause, das Verhältnis von Mann und Frau, Eltern und Kindern, Hausherrn und Gesinde (Sklaven) und die Erfüllung der in Haus- und Landwirtschaft gestellten Aufgaben. Die alteuropäische Ökonomik ist die Lehre von der „Wirtschaft“ im bäuerlichen Sinn, vom ,ganzen Haus“ .
Wenn man die soziale Organisation und den Begriff der „Familie“ in der Frühen Neuzeit näher betrachtet, begegnet man unweigerlich dem Historiker Otto Brunner und seinem Forschungskonzept des „Ganzen Hauses“, das in dieser Form erstmals 1956 in seiner Aufsatzsammlung „Neue Wege der Verfassungs- und Sozialgeschichte“ Erwähnung findet.
Er versteht unter diesem Begriff einen auf Subsistenzwirtschaft ausgerichteten und auf Produktion, sowie Konsumtion eingestellten Haushalt, bei dem sämtliche „Familienmitglieder“, angefangen von der Hausmutter, über die Kinder bis hin zum Gesinde, unter der patriarchalischen Führung des Hausvaters stehen.
Was sich genau hinter dieser Definition des „Ganzen Hauses“ verbirgt, werde ich in den folgenden Kapiteln näher charakterisieren und durchleuchten. Hierbei liegt mein Hauptaugenmerk auf den Merkmalen, der Herkunft dieses historischen Phänomens und vor allem auf die Personen im „Ganzen Haus“. Des Weiteren zähle ich jene Kritikpunkte auf, die das Konzept im Laufe der vergangenen Jahre einstecken musste. Wie im anfänglichen Zitat geschildert, liegt Brunners Schwerpunkt hier auf den landwirtschaftlichen, also bäuerlichen Schichten, wodurch dieses Modell nicht generell auf alle Haushalte zu beziehen ist. Darüber hinaus wird nicht nur der Zeitraum der Frühen Neuzeit behandelt. Die Grundidee des „Ganzen Hauses“, die nicht von ihm selbst, sondern ursprünglich von dem Soziologen Wilhelm-Heinrich Riehl stammt, geht weit bis in die Antike zurück. Welche konkrete Bedeutung Riehl für Otto Brunners Konzept hat, werde ich ebenso beantworten, wie die Frage, was unter dem Begriff der „Subsistenzwirtschaft“ verstanden wird und welche Entwicklung diese Familienform im Laufe der Neuzeit eingeschlagen hat.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Die Person Otto Brunner
- Die Bedeutung von Wilhelm-Heinrich Riehl
- Das Konzept des „Ganzen Hauses“ im Überblick
- Herkunft und Merkmale vom „,Ganzen Haus“
- Wirtschaftseinheit und die Personen im „,Ganzen Haus“
- Begriff der Subsistenz bzw. „Selbstversorgung“
- Entwicklung vom „Ganzen Haus“ zur bürgerlichen Familie“
- Kritik am Konzept des „Ganzen Hauses“
- Fazit/Schluss
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Konzept des „Ganzen Hauses“, einem historischen Modell der Familienstruktur, das von Otto Brunner in seinen Studien zur Sozialgeschichte der Frühen Neuzeit geprägt wurde. Ziel ist es, die Entstehung, Entwicklung und Bedeutung dieses Konzepts zu beleuchten, insbesondere im Kontext der bäuerlichen Wirtschaft und der Subsistenzwirtschaft.
- Die Person Otto Brunner und seine wissenschaftliche Arbeit
- Die Bedeutung von Wilhelm-Heinrich Riehl und seine Konzeption des „Ganzen Hauses“
- Die Merkmale und die historische Entwicklung des „Ganzen Hauses“
- Die Rolle der Subsistenzwirtschaft und der Selbstversorgung im „Ganzen Haus“
- Kritik am Konzept des „Ganzen Hauses“ und seine Relevanz für die heutige Familienforschung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema des „Ganzen Hauses“ ein und stellt die zentrale Rolle von Otto Brunner und Wilhelm-Heinrich Riehl für die Entwicklung dieses Konzepts dar. Sie beleuchtet die Bedeutung der Subsistenzwirtschaft und die historische Entwicklung des „Ganzen Hauses“ von der Antike bis in die Neuzeit.
Das Kapitel „Die Person Otto Brunner“ beleuchtet die Biografie des Historikers Otto Brunner und seine wissenschaftliche Arbeit. Es wird auf seine wichtigsten Werke und seine Rolle in der Entwicklung der Sozialgeschichte eingegangen.
Das Kapitel „Die Bedeutung von Wilhelm-Heinrich Riehl“ widmet sich dem Soziologen Wilhelm-Heinrich Riehl und seiner Konzeption des „Ganzen Hauses“. Es wird auf seine zentralen Werke und seine Ideen zur Familienstruktur und zur Sozialpolitik eingegangen.
Das Kapitel „Das Konzept des „Ganzen Hauses“ im Überblick“ bietet eine umfassende Darstellung des Konzepts des „Ganzen Hauses“. Es werden die Herkunft, die Merkmale und die Entwicklung dieses Modells der Familienstruktur beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das „Ganze Haus“, Otto Brunner, Wilhelm-Heinrich Riehl, Subsistenzwirtschaft, Selbstversorgung, Familienstruktur, Sozialgeschichte, Frühe Neuzeit, bäuerliche Wirtschaft, patriarchalische Herrschaft, Kritik am Konzept des „Ganzen Hauses“ und die Relevanz für die heutige Familienforschung.
- Quote paper
- Marcel Rapp (Author), 2011, Otto Brunners Konzept des „Ganzen Hauses“ und die Wirtschaft der Frühen Neuzeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279404