Leseprobe
1. Einleitung
" Ich heiße Sappho. Ich ragte im Singen so hoch über die Frauen wie Homer über die Männer."[1]
Sappho war eine der bedeutenden Dichterinnen der Antike. Sie wurde zwischen 612 und 617 v. Chr. in Eressos auf der griechischen Insel Lesbos geboren und lebte somit zur archaischen Zeit, welche sich auf den Zeitraum von ca. 700 – 500 v. Chr. beschränkt. Diese Zeit war eine Krisenzeit, die sich durch die Konkurrenz zwischen den Adligen und der Not der Bauern äußerte und in welcher sich ebenfalls das Gemeinschaftsgefühl der Griechen entwickelte. Sappho wurde in eine aristokratische Familie geboren, die aus dem Vater Skámandros, der Mutter Kléis und drei Brüdern bestand. Wahrscheinlich ist, dass sie mit einem wohlhabenden Mann namens Kerkýlas verheiratet war und eine Tochter bekam, die sie nach ihrer Mutter Kléis benannte.[2] Aufgrund politischer Spannungen, wurde Sappho um 600 v. Chr. vom damaligen Tyrannen ins Exil nach Sizilien verbannt.[3]
Durch ihr Leben als Frau, in der archaischen Zeit, und deren begleitenden Krisen sind Sapphos Lieder und Gedichte bis heute bedeutend. Sapphos Lieder und Gedichte sind heute nur noch fragmentarisch erhalten, da sie u.a. im Mittelalter zu größten Teilen, aufgrund ihres Inhalts, vernichtet wurden. Somit ist es schwierig "verlässliche Informationen von spekulativen Behauptungen" zu unterscheiden.[4] Sapphos Werke waren in der Antike darüberhinaus weitläufig bekannt und berühmt. Nach ihrer Rückkehr aus dem Exil gründete Sappho einen Mädchenkreis, in welchem sie als Lehrerin fungierte und junge Mädchen auf das gesellschaftliche Leben als Ehefrau und Mutter vorbereitete.
Die vorliegende Referatsverschriftlichung erläutert die Frage, wie die Erziehung junger Mädchen der Ehe durch Sappho, im antiken Griechenland, ausgesehen hat. Hierzu wird zunächst der Mädchenkreis Sapphos, sowie die Frau und die Ehe im antiken Griechenland allgemein beschrieben, um dann speziell auf Sapphos Lyrik und Werke einzugehen. Anhand eines Beispiels, nämlich der Quelle: Fragment 31, wird veranschaulicht, wie Sapphos Lyrik in der damaligen Zeit gewirkt hat und was sich aus dieser Überlieferung schließen lässt.
2.Sapphos Mädchenkreis
Als sie um 586/5 v.Chr., vermutlich als Witwe, mit ihrer Tochter nach Mytilene zurückkehrte, gründete sie einen Mädchenkreis, in welchem junge, unverheiratete Mädchen aus der Umgebung oder vom Ionischen Festland, eine Erziehung hin zur "perfekten" Ehefrau genießen konnten. Diese Mädchen stammten aus wohlhabenden, "guten" Familien und wurden als "Schülerinnen" oder "Gefährtinnen" bezeichnet. Sappho fungierte als "Lehrerin“[5], welche den Schwerpunkt ihres Kreises auf den "Erziehungsauftrag" und die "soziale Bindung" setzte.[6] Unter den Erziehungsauftrag, fielen u.a. die Unterweisung in Musik und Tanz, die Anleitung zum rechten Gottesdienst, sowie Riten und Regeln. Das Ziel beinhaltete ebenfalls, "eine elegante Lebensart, feine Umgangsformen, Künste und Kenntnisse."[7] Wichtig waren darüberhinaus die weibliche Anmut und die Schönheit, welche auch ein zentrales Thema ihrer Lieder gewesen ist. Hierbei sind nicht körperliche Vorzüge gemeint, sondern ein gepflegtes Äußeres. Die soziale Bindung war vermutlich stark von der Beziehung von Sappho zu den Mädchen und der Beziehungen der Mädchen unter einander geprägt. Sappho liefert uns ein Beispiel für wenige Homosexuelle Beziehung zwischen Frauen und bildet somit ein Pendant zu dem männlichen Eros.[8] Der Mädchenkreis diente als Initiation, bei welcher der Jugendliche zum Erwachsenen wurde und sich einen Platz in der Gesellschaft schaffte. Die griechische Erziehung hatte die körperliche, musische und ethische "Vortrefflichkeit" zum Ziel.[9] Bei den Mädchen war dies die Vorbereitung zur "perfekten" Ehefrau und Mutter. Hierbei galt es, das Ziel zu erreichen, "sinnlich zu lieben", was mit der "Anmut" gleichgesetzt wurde. Denn wenn man dies erreichte, galt man als heiratsfähig.[10]
Durch die Hochzeit und das damit gleichgestellte Ziel, verließen die Mädchen den Mädchenkreis, was mit Kummer und Trauer einherging.
3. Die Frau und die Ehe im antiken Griechenland
Die Hochzeit bzw. Ehe im antiken Griechenland galt dem Zweck der Fortsetzung des Familienbandes.[11] Die Ehe ließ sich mit einer Arbeitsgemeinschaft vergleichen, welche weder der Liebe noch der Zuneigung einen großen Stellenwert einräumte. Die Hochzeit wurde mit 14 Jahren durch den Vater engagiert, der seine Tochter mit einem meist doppelt so altem Mann vermahl. Die Frau im antiken Griechenland war für den Haushalt und die Familie zuständig. Ihre Hauptaufgaben bestanden darin, zu kochen, zu spinnen und zu weben. Politisch und juristisch war sie jedoch rechtlos. Die "perfekte" Frau, sollte nach damaliger Ansicht, jung, schön und gesund sein, da sie dann ihre erotischen Reize präsentieren konnte.
4. Lyrik und Werke Sapphos
Wie bereits in der Einleitung festgehalten, war Sappho eine archaische Dichterin der Frauenliebe. Ihre Werke wurden auf Papyrus überliefert und wurden zu größten Teilen auf der Mülldeponie der griechischen Verwaltungsstadt Oxyrhynchos gefunden.[12] Da im Mittelalter, wegen des "unernsten" und "erotischen" Inhalts, viele Werke Sapphos vernichtet wurden, bleibt uns heute nur noch 7% ihres Gesamtwerkes erhalten und dies lediglich nur fragmentarisch.[13]
Sapphos Themen innerhalb dieser Werke, weisen eine große Parallele zu ihrer Erziehung, in ihrem Mädchenkreis auf. Ein Thema ist die Anmut und Schönheit, welche, wie bereits erwähnt, nicht durch körperliche Vorzüge bestimmt waren, sondern durch gepflegte Haut und Haare, feine Kleidung, kostbaren Schmuck und elegante Bewegungen.[14] Die antike Vorstellung bestand nämlich darin, dass die Menschen den Göttern so nahe wie möglich kommen, indem sie diesen ähnlich werden. Somit zeigen Schmuck, Frisuren und prächtige Kleidung, nicht nur den gehobenen Status, sondern auch deren Tugend.[15]
Ein weiteres wichtiges Thema in Sapphos Liedern ist die Homosexualität. Hier ist die Interpretation der Werke Sapphos umstritten. Moderne Interpreten versuchten "Sapphos Eros in die Zwangsjacke geistiger Freundschaft" zu stecken.[16] Jedoch lässt sich nicht bestreiten, dass einige Fragmente auf weibliche Homoerotik Bezug nehmen. Sappho unterhielt, wie bereits erwähnt eine homoerotische Beziehung zu ihren "Gefährtinnen". Diese Verbindungen wurden im Zeichen der Aphrodite geschlossen, welche die Göttin der Liebe und Schönheit ist. Darüberhinaus beschreibt Sappho die Wirkung des Eros, als sehr sinnlich und bildet in diesem Zusammenhang den Neologismus: "süßbitter".[17]
Ihre Sprache ist schlicht, klar und paradoxe Verbindungen, wie "süßbitter", sind kennzeichnend für Sapphos Stil und den Erfolg ihrer Werke.
Es ist erstaunlich, dass sich diese Frau in der Antike, vielleicht durch ihren gehobenen Status in der Gesellschaft und ihre autonome Freiheit, nachdem sie Witwe geworden ist, einen Namen, in der damaligen, Männer geprägten Dichtungswelt gemacht hat.
[...]
[1] Antipatros von Sidon: Fiktive Grabinschrift der Sappho. Anthologia Graeca 7,15. Übers.:Verf.
[2] Edith Specht: Schön zu sein und gut zu sein. Mädchenbildung und Frauensozialisation im antiken Griechenland, Wien 1989, S. 17 (im Weiteren abgekürzt als: Specht, Mädchenbildung und Frauensozialisation im antiken Griechenland).
[3] Hartmann, Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora, S. 27.
[4] Elke Hartmann: Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora, München 2007, S. 27 (im Weiteren abgekürzt als: Hartmann, Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora).
[5] Hartmann, Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora, S. 30.
[6] Ebd.
[7] Specht, Mädchenbildung und Frauensozialisation im antiken Griechenland, S. 18.
[8] Hartmann, Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora, S. 32.
[9] Specht, Mädchenbildung und Frauensozialisation im antiken Griechenland, S. 27.
[10] Hartmann, Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora, S. 34.
[11] Beate Wasner-Hasel: Art. Ehe Griechenland, in: DNP 3 (1997), Sp. 894.
[12] Hartmann, Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora, S. 28.
[13] Ebd.
[14] Hartmann, Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora, S. 31.
[15] Ebd.
[16] Hartmann, Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora S. 32.
[17] Emmet Robbins: Art. Sappho, in: DNP 11 (2001), Sp. 47.