Die Offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) erhält über die politischen Rahmenbedingungen den Auftrag, Kinder und Jugendliche zu unterstützen, zu fördern und ihnen einen angemessenen Platz in der Gesellschaft zu ermöglichen. Aufgrund der Individualisierung der Lebensführung und der Pluralisierung von Lebensverhältnissen gewinnt der Auftrag in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit zunehmend an Bedeutung. Gerade Kinder und Jugendliche, welche in einem förderungs- und ressourcenarmen Umfeld aufwachsen, machen einen Grossteil der Besucher von Angeboten der OKJA aus. Die Anforderungen des Jugendalters werden anhand der Entwicklungstheorie nach Hurrlemann & Quenzel (2012, nach Haivighurst 1953) dargestellt. Weiter wird die Bedeutung der OKJA erläutert, um den Blick danach auf die tiergestützten Interventionsformen und dabei insbesondere auf die tiergestützte Pädagogik zu richten.
Diese Bachelor-Thesis soll dazu beitragen aufzuzeigen, weshalb gerade der Hund dem Menschen so nahe steht und sich für ihn im sozialen Bereich verschiedenartige Einsatzmöglichkeiten anbieten. Erklärungsmodelle und Studienergebnisse werden herangezogen, um zu verdeutlichen, wie die Interaktion mit Hunden auf den Menschen wirkt. Im Fokus dieser Arbeit steht die Frage, ob Hunde im Rahmen der OKJA bei der Bewältigung der Entwicklungsaufgaben von Jugendlichen unterstützend wirken können.
Die Betrachtung der Wirkungsweisen und Einflüsse von Hunden auf Menschen legt nahe, dass bestimmte Grundvoraussetzungen und Rahmenbedingungen zu beachten sind, wenn es darum geht, Jugendliche (und teilweise auch Kinder) bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben zu unterstützen und in ihren sozialen und emotionalen Kompetenzen zu fördern. Eine wichtige Funktion kommt Hunden in der OKJA beim Erstkontakt zu: Sie helfen Brücken zu schlagen zwischen Jugendlichen und Erwachsenen und zwar insbesondere in Fällen, wo Jugendliche wegen starker sozialer Hemmungen dazu nicht in der Lage sind.
Da die tiergestützten Interventionen weltweit immer häufiger als wichtiger Aspekt der öffentlichen Gesundheit (Public Health) wahrgenommen werden, besteht ein wachsendes Erfordernis, die offenkundige Theorieabstinenz zu überwinden. Theoriegeleitete Anwendungen solcher Interventionen können dadurch erleichtert und die Qualität der Angebote verbessert werden. Nur so kann eine staatliche Anerkennung der tiergestützten Interventionen als Methode der Sozialen Arbeit ins Auge gefasst werden.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
1.1 Fragestellung
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Ziele der Arbeit und Methodenwahl
2 Lebensphase Jugend
2.1 Entwicklungsaufgaben von Jugendlichen
2.1.1 Psychische Entwicklungen („Qualifizieren“)
2.1.2 Physische Entwicklungen („Binden“)
2.1.3 Emotionale Entwicklung („Konsumieren“)
2.1.4 Soziale Entwicklung („Partizipieren“)
3 Offene Kinder- und Jugendarbeit als Antwort auf jugendliche Entwicklungsaufgaben
3.1 Gesetzliche Verankerung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
3.2 Funktion und Leistung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
4 Mensch und Hund - Wechselwirkungen
4.1 Der Mensch und der Hund – zufällige Begegnung?
4.2 Erklärungsmodelle zur Mensch-Tierbeziehung
4.2.1 Du-Evidenz
4.2.2 Bindungstheorie
4.2.3 Biophilie-Hypothese
4.3 Einflüsse von Tieren auf Kinder und Jugendliche
4.4 Verstehen sie uns?
5 Tiergestützte Interventionen als Methode der Sozialen Arbeit
5.1 Historische Entwicklung der tiergestützten Interventionen
5.1.1 Tiergestützte Aktivität
5.1.2 Tiergestützte Pädagogik
5.1.3 Tiergestützte Therapie
5.2 Potenziale tiergestützter Pädagogik nutzen
6 Hunde in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
6.1 Voraussetzungen der jugendlichen Klientin oder des jugendlichen Klienten
6.2 Rahmenbedingungen
6.3 Voraussetzungen des Hundes
6.4 Voraussetzungen der Hundeführerin oder des Hundeführers
6.5 Nutzen und Grenzen
6.5.1 Psychischen Entwicklung („Qualifizieren“)
6.5.2 Physischen Entwicklung („Binden“)
6.5.3 Emotionalen Entwicklung („Konsumieren“)
6.5.4 Sozialen Entwicklung („Partizipieren“)
6.6 Mögliche Einsatzgebiete in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
7 Fazit und Anforderungen an die Soziale Arbeit
7.1 Zusammenfassung und Beantwortung der Forschungsfrage
7.2 Ausblick
8 Literatur- und Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Titelbild 1: Getty Images. (2013). Bello ist ganz Ohr. Am 25.11.2013 von http://www.migrosmagazin.ch/leben/gesundheit/artikel/bello-ist-ganz-ohr abgerufen.
Titelbild 2: Therapie-Hunde-Hof. (2012). Casper mit seiner Klasse. Am 25.11.2013 von http://blog.mit-hunden-therapieren.de/category/hunde-in-der-schule/ abgerufen.
Titelbild 3: Füssenich Stephanie (2010). Junge kuschelt mit Hund. Am 25.11.2013 von http://www.zeit.de/2010/47/DOS-Hartz-IV-Jugendliche abgerufen.
Titelbild 4: Brönner Daniela (o.J.). Gespräche. Am 25.11.2013 von http://www.awo-bs.de/jugend-erziehungshilfen/einrichtungen-der-awo/veh-standort-braunschweig/lotte-lemke-schule-neu/schule/schulhund.html abgerufen.
Titelbild 5: Winkler Daniel (2013). Jeannine Steimer (16), Schülerin aus Aarau, ist oft mit ihrem Hund Cora am Bahnhof anzutreffen. Am 25.11.2013 von http://www.migrosmagazin.ch/menschen/reportage/artikel/denn-sie-wissen-nicht-wohin abgerufen.
Abb. 6: Der Hund denkt mit. (2009). Hund versteht menschliche Gesten. In Brigitte Fenzel (Hrsg.), MaxPlanckForschung, 4, S. 18-25.
Abb. 7: Der Hund denkt mit. (2009). Hund wechselt Perspektive. In Brigitte Fenzel (Hrsg.), MaxPlanckForschung, 4, S. 18-25.
Abb. 8: Wiener Tierschutzverein. (2013). Bullterrier & Pit Bull Terrier . Am 02.12.2013 von http://www.your-dog.at/rottweiler-staff-pit-als-therapiehunde-altenheimen/ abgerufen.
Abb. 9: Mr. Wallpaper. (2013). Golden & Labrador Retriever. Am 25.11.2013 von http://www.mrwallpaper.com/view/golden-retriever-dogs-1366x768/ abgerufen.
Abb. 10: SOS Kinderdorf (2013). Zärtlichkeiten austauschen. Am 02.12.2013 von http://www.sos-kinderdorf.de/helfen/dringende-hilfsprojekte/tiertherapie abgerufen.
Abb. 11: Husky-Adventure Interlaken. (2013). Husky-Schlitten-Tour. Am 02.12.2013 von http://www.husky-adventure.ch/angebote/schlittenfahrten/ abgerufen.
Abb. 12: Pavlustyk, Katharina (2013). Stiller Zuhörer. In Lippische Landes-Zeitung. Am 02.12.2013 von http://www.lz.de/lokales/bad_salzuflen/3895008_Der_sanfte_Riese_hoert_aufmerksam_zu.html abgerufen.
Abb. 13: Hundkatzenvital. (2009). Tricks lernen. Am 02.12.2013 von http://www.hundekatzenvital.de/Hunde/WaswirvonunserenHundenlernenk%C3%B6nnen/tabid/494/Default.aspx abgerufen.
Vorwort
In der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) ist der erste Kontakt der Kinder und Jugendlichen mit den Jugendarbeitenden entscheidend. Kann dieser nicht oder nur oberflächlich stattfinden, kommen die betreffenden Jugendlichen eventuell gar nicht mehr in den Jugendtreff.
Im meinem Alltag als Jugendarbeiterin konnte ich mehrmals beobachten, dass meine Hündin, die immer dabei ist, diesen Kontakt von sich aus sofort suchte und somit auch den Kontakt der Jugendlichen zu mir erleichterte.
Auch in meiner Funktion als Sozialpädagogin in Kinder- und Jugendheimen tauchten bei den Kinder und Jugendlichen oft Schwierigkeiten dabei auf, offen auf andere Menschen zu zugehen. Die meisten Kinder und Jugendlichen hatten bereits zu viele Beziehungsabbrüche erlebt, um unvoreingenommen auf Fremde eingehen zu können oder sich zu öffnen. Der erste Kontakt war oft richtungsweisend für die spätere Beziehung.
Meine Hündin, bei der Arbeit immer dabei, brach oft innert kürzester Zeit das Eis. Die Kinder und Jugendlichen freuten sich über das hündische Interesse an ihnen und konnten durch den Kontakt mit dem Hund ein Gespräch mit mir beginnen. Die „Morgenmuffel“, die sonst morgens kein Wort sprachen, liessen sich durch den Hund zum Spielen motivieren und äusserten, dass sie sich sehr über die offensichtliche „gute Laune“ des Hundes freuen, wenn diese schwanzwedelnd vor ihrem Zimmer oder in der Küche auf sie warte. Draussen motivierte der Hund einige der Jugendlichen zur Bewegung und sie liessen sich zu Renn- und Holspielen „überreden“ – ohne darauf zu achten, ob sie sich vielleicht uncool verhielten.
In einem Jugendheim für junge Frauen bat eine der Jugendlichen gar um das Dabeisein des Hundes bei den Bezugspersonengesprächen mit mir, da sie beim Streicheln des Hundes besser denken könne und ihr das Erzählen leichter falle.
In der Gruppe war zudem zu erkennen, dass sich das Gruppenklima bei Ankunft des Hundes beruhigte und oft wurden aus Rücksicht auf den Hund lautstarke Streitereien beendet und es waren ruhigere Gespräche unter den jungen Frauen möglich – ohne Eingreifen meinerseits.
Inspiriert durch den Gedanken, dass diese positiven Effekte auch anderen aufgefallen sein könnten, entstand die Idee, eine Literaturarbeit zum Thema „Hunde in der Sozialen Arbeit“ zu schreiben. In der Literatur stöbernd erkannte ich, dass sich tiergestützte Interventionen in vielen Settings Sozialer Arbeit finden: In Altersheimen, in Jugendheimen, im Behindertenbereich, an Schulen etc.
Hunde in der Sozialen Arbeit findet man auch in den Medien des deutschsprachigen Raumes. „Hund und Katze als `Sozialarbeiter` verkannt“ schrieb Focus Online am 16.05.2013 und „Sozialarbeit auf vier Pfoten“ erschien am 02.01.2013 in der Mitteldeutschen Zeitung.
Diese Artikel erhitzten die Gemüter, was anhand der Kommentare ersichtlich wurde. Von der „Vermenschlichung“ bis hin zur „Glorifizierung“ der Hunde reichte die Kritik und die Hundefreunde wehrten sich mit gegenteiligen Erfahrungswerten aus der Praxis dagegen.
In vielen Berichten stösst man auf genau jenes, höchst widersprüchliche Bild: „Auf der einen Seite zeigt sich eine durchaus starke Präsenz von Tieren und Programmen tiergestützter Pädagogik in den entsprechenden beruflichen Arbeitskontexten. (…) Auf der anderen Seite offenbart sich gleichwohl eine grosse Leere und Enge (…,) eine Enge hinsichtlich des theoretischen und empirischen Horizonts des existierenden Diskurses.“(Buchner-Fuhs & Rose, 2012, S. 9)
Es findet sich ein Missverhältnis zwischen einer starken Befürwortung des Einsatzes von Tieren in der Praxis und gleichzeitig einer fachwissenschaftlichen Ausblendung des Themas in der Sozialen Arbeit. Noch sind tiergestützte Interventionen eher eine Ausnahme in den sozialen Berufen, der Bekanntheitsgrad steigt jedoch und gleichzeitig wird eine wissenschaftliche Fundierung angestrebt und auch gefordert. Diese Bachelorthesis soll dieses Unterfangen unterstützten.
Die Thematik der Tiere in der Sozialen Arbeit interessierte mich sehr und der Wunsch entstand, wissenschaftliche Erkenntnisse mit dem Praxisalltag verknüpfen können. Der Fokus wird in dieser Arbeit auf tiergestützte Pädagogik mit Hunden im Rahmen OKJA gerichtet. In der Funktion als Jugendarbeiterin, die den eigenen Hund mit zur Arbeit nehmen darf, möchte ich Wissen rund um diese Thematik verinnerlichen und Schlüsse daraus ableiten können, um professionell tätig sein zu können.
An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, die durch ihre fachliche und persönliche Unterstützung zum Gelingen dieser Bachelorthesis beigetragen haben:
Meinem Fachbegleiter, Dr. crim. Jachen Nett, für seine hilfreichen Anregungen und die konstruktive Kritik bei der Erstellung dieser Arbeit. Meinen Fachbegleitern im Vorfeld und während des Kolloquiums, Dr. Shirin Soutoudeh und Dr. Manuel Bachmann, für die freundliche Hilfsbereitschaft und die kompetente Beratung. Meiner guten Freundin Manuela Gutknecht für das zeitintensive Korrekturlesen und die bereichernden Diskussionen. Mein besonderer Dank gilt meiner Frau Bettina Zumbrunnen, für die tägliche Unterstützung und Hilfe während der gesamten Studienzeit, besonders aber in der anstrengenden Schlussphase.
1 Einleitung
1.1 Fragestellung
Das Zusammenleben mit einem Hund wirkt blutdrucksenkend und kreislaufstabilisierend, wenn man eine gewisse Affinität zu jenen Tieren hat. Inzwischen ist ausserdem bekannt, dass die blosse Präsenz eines Tieres den Blutdruck senkt(Greiffenhagen & Buck-Werner, 2012, S. 32).
Die amerikanische Psychiatrieprofessorin Erika Friedmann bestätigt diese Aussagen, sie entdeckte diese Tatsachen in den späten siebziger Jahren jedoch eher zufällig. Zusammen mit den Psychiatrieprofessoren Katcher, Lynch, Messent & Thomas(1983)rekrutierte Friedmann für ihr Experiment Kinder aus der Nachbarschaft. Die Kinder sollten laut vorlesen. Sie reagierten mit typischen Stress-Symptomen wie steigendem Blutdruck und Erhöhung der Herzfrequenz. Sowie sich den Kindern ein Hund hinzugesellte, wurde die Situation entspannt: Der Blutdruck der Kinder zeigte signifikant niedrigere Werte. Während des Versuches durften die zwei Versuchsgruppen (mit Hund und ohne Hund) nicht mit dem Hund interagieren. Bei der zweiten Gruppe kam der Hund später hinzu und erst als dieser dazu stiess, sanken auch ihre Stress-Werte. Der Hund vermittle den Menschen ein Gefühl der „Sicherheit und Vertrautheit“, so lautete das Ergebnis der Studie.
Der Einsatz von Tieren bei der Therapie von somatischen, psychosomatischen und psychischen Erkrankungen wird seit langem im deutschsprachigen Raum praktiziert und vielfach als eine besonders hilfreiche Variante angesehen. Dies gelte insbesondere für die Therapie von Kindern und Jugendlichen, so Greiffenhagen & Buck-Werner(2012, S. 15f).
Bevor jedoch tiergestützte Interventionen in sozialen Berufen eingesetzt werden, muss nach Zamir(2006, S. 180f)folgende Voraussetzung gegeben sein: „Es ist wichtig, dass Interventionen, bei denen Tiere zum Einsatz kommen einen Mehrwert für den Klienten erbringen.“
Die Soziale Arbeit fördert nach der Definition der International Federation of Social Workers (IFSW) „den sozialen Wandel, Problemlösungen in menschlichen Beziehungen sowie die Ermächtigung und Befreiung von Menschen, um ihr Wohlbefinden zu heben. Unter Nutzung von Theorien menschlichen Verhaltens und sozialer Systeme vermittelt Soziale Arbeit am Punkt, wo Menschen und ihre sozialen Umfelder aufeinander einwirken.“ (International Federation of Social Workers, 2012)
Die Soziale Arbeit richtet sich dabei an den Prinzipien der Menschenrechte und strebt die Gleichberechtigung aller an. Gerade zu Jugendlichen, unserer zukünftige Generation, sollte Sorge getragen werden. Sie benötigen unter anderem die Unterstützung der Sozialen Arbeit, um sich in der Gesellschaft zurechtzufinden, diese kritisch zu hinterfragen und aktiv mitzugestalten.
Diese Handlungsfähigkeit und das Wissen um ihre soziale Verantwortung erkennen und erlernen Jugendliche vor allem in der Adoleszenz. Doch wie kann die OKJA Jugendliche auf ihrem Weg unterstützten? Gibt es Methoden, welche gerade jene Jugendlichen unterstützen, die in einem eher förderungs- und ressourcenarmen familiären Umfeld aufwachsen?
Durch die Informationen zu den stressreduzierenden Effekten von Hunden, den Anspruch der Sozialen Arbeit nach Ermächtigung des Menschen und den Fragen, die sich daraufhin stellten, ergab sich folgende Hauptfragestellung, welcher in der vorliegenden Arbeit nachgegangen wird:
Wie wirken Hunde in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit auf die Entwicklung von Jugendlichen?
Es ergeben sich weitere Teilfragen, die es während der Arbeit zu klären gilt:
- Welche speziellen Entwicklungsaufgaben müssen Jugendliche in der Adoleszenz bewältigen?
- Wie und wo können Tiere (insbesondere Hunde) Jugendliche positiv in ihrer Entwicklung beeinflussen?
- Was gibt es für Einsatzmöglichkeiten von Hunden in der OKJA?
- Wo sind die Grenzen der tiergestützten Interventionen?
1.2 Aufbau der Arbeit
Zu Beginn der Arbeit werden die Entwicklungsaufgaben von Jugendlichen herausgearbeitet, wobei auf die Kommunikation- und Sozialkompetenzen speziell eingegangen wird. Dies soll in einem späteren Teil der Arbeit als Grundlage dazu dienen, aufzuzeigen, wo sich Ansätze für tiergestützte Interventionen finden.
Danach richtet sich der Fokus auf die OKJA, welche auf Schwierigkeiten in der kindlichen und jugendlichen Entwicklung eigene Antworten gibt.
Es folgt der Blick auf die historische Entwicklung des Menschen und des Wolfes, als Vorfahre unserer Hunde. Das Augenmerk liegt dabei auf den Wechselwirkungen zwischen den beiden Arten. Die parallele Entwicklung beider Arten führt vom Hund als Jagdgefährte bis hin zum Hund als Familienmitglied, als Blindenführer, als Drogenspürhund oder Vermisstensucher, um nur einige der „hündischen Berufe“ zu nennen – Hunde haben viele Nischen in unserer Gesellschaft für sich gewinnen können. Diese Betrachtung soll aufzeigen, weshalb gerade der Hund dem Menschen so nahe scheint und in solch vielen Bereichen als Helfer des Menschen im Einsatz steht.
Im Anschluss werden tiergestützte Interventionsformen vorgestellt und die aktuelle Forschungslage bezüglich der Wirkungen von Hunden auf Kinder und Jugendliche beleuchtet. Der Schwerpunkt wird hierbei auf empirisch überprüfbare und überprüfte Interventionen gelegt, um die gewonnen Erkenntnisse kritisch beleuchten zu können.
Ausgewählte tiergestützten Interventionen im Rahmen der OKJA zeigen konkret, inwiefern Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung positiv unterstützten werden (können). Es folgt ein Blick auf die Relevanz von tiergestützten Interventionen in der OKJA, um dann mit den Anforderungen an die Soziale Arbeit und einem Ausblick abzuschliessen.
1.3 Ziele der Arbeit und Methodenwahl
In dieser Bachelor-Thesis soll anhand von Studienergebnissen und ausgewählter (Fach)Literatur geklärt werden, ob die tiergestützte Arbeit, wenn richtig eingesetzt, die Klientin und den Klienten in ihrer Entwicklung ganzheitlich unterstützen kann. Hierfür wird im Laufe der Arbeit der Blick auf die Entwicklungsaufgaben und Kommunikationsformen der jugendlichen Klientinnen und Klienten gerichtet, um aufzuzeigen, wo tiergestützte Interventionen im Rahmen der OKJA punktuell an bereits vorhandene Ressourcen der Klientinnen und der Klienten anknüpfen können.
Für die Soziale Arbeit muss sich nach Buchner-Fuhs & Rose(2012, S. 10)die Frage stellen, wie das Zusammenwirken von Mensch und Tier wissenschaftlich untersucht, verstanden und für die reflektive Praxis genutzt werden kann. Warum diese Frage für einen „Menschenberuf“ wie die Soziale Arbeit von Relevanz ist (oder sein müsste), soll in dieser Arbeit geklärt werden.
Als Fazit dieser Arbeit soll der bereits erwähnten Hauptfrage nachgegangen werden.
Tiergestützte Interventionen nehmen zudem nach wie vor eine Randposition innerhalb der Sozialen Berufe ein. Dies, obwohl der Bekanntheitsgrad steigt und zunehmend Professionalisierung gefordert wird. Diese Arbeit soll die Forderungen nach professioneller Umsetzung und staatlicher Anerkennung unterstützten.
2 Lebensphase Jugend
In diesem Kapitel wird auf die Lebensphase `Jugend` (auch Adoleszenz) näher eingegangen. Nach Silbereisen & Weichhold(2012, S. 236) wird im Sinne der Entwicklungspsychologie der Begriff Jugend als die Zeit von der Pubertät bis hin zum Ende des zweiten Lebensjahrzehnts (ca. 10. – 20. Lebensjahr) bezeichnet.
Es werden grundlegende Aspekte der Entwicklungspsychologie und das Konzept der Entwicklungsaufgaben nach Hurrlemann & Quenzel (2012, nach Havighurst, 1953) erläutert. Dabei stellt sich die Frage, wie diese Phase von der vorausgehenden Lebensphase Kindheit und der darauffolgenden Lebensphase Erwachsen abgegrenzt werden kann und ob sie von unverwechselbaren Merkmalen gekennzeichnet ist.
2.1 Entwicklungsaufgaben von Jugendlichen
Die Entwicklung des Menschen wird durch viele Faktoren beeinflusst. Hurrelmann & Quenzel(2012, S. 26ff)gehen davon aus, dass jeder Mensch in jeder Lebensphase unterschiedlichen Herausforderungen gegenübersteht. In dem der Mensch sich mit diesen auseinandersetzt und sie löst, erwirbt er Kompetenzen und Fähigkeiten, die ihn weiterbringen. Diese Fähigkeiten ermöglichen es ihm, die anstehenden Entwicklungsaufgaben der nächsten Altersstufe erfolgreich zu lösen. Nach Strunz (2012, S. 1) gilt es für jeden Menschen, Schlüsselqualifikationen zu erwerben und Handlungsstrategien zu entwickeln, um das Leben möglichst gut bewältigen zu können.
Anforderungen an die Jugendlichen kommen dabei entweder aus der Umwelt (z.B. der Gesellschaft), entstehen aus der körperlichen Entwicklung oder aus dem Individuum selbst, wie die Entwicklung eigener Ziele(Hurrelmann & Quenzel, 2012, S. 27f).
Entwicklungsaufgaben für die verschiedenen Altersphasen beschreiben Hurrelmann & Quenzel(2012, S. 28)als altersbezogene Erwartungen der Gesellschaft an einzelne Menschen zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt. In den jeweiligen Kulturen besteht ein kollektives Urteil darüber, was in einem bestimmten Lebensabschnitt als gesunde und anzustrebende Entwicklung angesehen werden soll. Diese Aufgaben sollen von jenen angenommen und in konkrete Verhaltensweisen umgesetzt werden. Das setzt in der Regel eine Identifizierung mit den Entwicklungsaufgaben voraus.
Hurrelmann & Quenzel (2012, nach Havighurst, 1953) differenzieren vier zentrale Entwicklungsaufgaben für die Zeit der Adoleszenz:
1. „Qualifizieren“ (psychische Entwicklungen)
2. „Binden“ (physische Entwicklungen)
3. “Konsumieren“ (emotionale Entwicklungen)
4. „Partizipieren“ (soziale Entwicklungen)
Es folgt eine detailliertere Ausführung der verschiedenen Entwicklungsaufgaben.
2.1.1 Psychische Entwicklungen („Qualifizieren“)
Bei der Entwicklung von intellektuellen und sozialen Kompetenzen geht es nach Hurrlemann & Quenzel(2012, S. 28f)um die Entfaltung der kognitiven und intellektuellen Fähigkeiten sowie der sozialen Umgangsformen. Der Erwerb von Wissen und dessen Anwendung hilft, Selbstverantwortung zu übernehmen und sozial zu handeln. In dieser Phase gilt die intrinsische (selbstgesteuerte, innere) Motivation für die Erbringung von Leistungen als wichtige Voraussetzung.
In die Entwicklungsaufgabe des Qualifizierens gehört auch der Erwerb von altersgerechten Kommunikationsformen. Zentraler Prozess der Kommunikation ist laut Watzlawick et al.(1969, S. 50ff)die Umwandlung von Gedanken, Gefühlen und Bedürfnissen in Worte, Symbole oder Zeichen, die dann wiederum vom Gegenüber verstanden werden. Diese sogenannt digitale Kommunikation kann nur stattfinden, wenn alle Beteiligten die gleich Sprache sprechen und verstehen. Gleichzeitig spielen daneben auch individuelle Signale eine wesentliche Rolle. In Bezug auf die Sprache sind dies nach Vernoij & Schneider(2013, S. 16f)beispielsweise der Tonfall, die Lautstärke und die Betonung. Individuelle Signale wie die Mimik und die Gestik gehören auch dazu. Mimik und Gestik gelten als sprachbegleitende Signale in der menschlichen Kommunikation und werden unter dem Begriff der nonverbalen oder analogen Kommunikation zusammengefasst.
„Analoge Kommunikation hat ihre Wurzeln offensichtlich in viel archaischeren Entwicklungsperioden und besitzt daher eine weitaus allgemeinere Gültigkeit als die viel jüngere und abstraktere digitale Kommunikationsweise.“(Watzlawick, Beavin, & Jackson, 1969, S. 63)
Sobald zwei Personen einander wahrnehmen, findet zwischen ihnen Kommunikation statt, denn jegliches Verhalten hat kommunikativen Charakter. Da man sich nicht nicht verhalten kann, ist es auch unmöglich, in Gegenwart anderer nicht zu kommunizieren. „Man kann nicht nicht kommunizieren“, schlossen also Watzlawick et al.(1969, S. 53)daraus. Wir Menschen kommunizieren somit jederzeit unbewusst analog.
Kommunizieren wir bewusst, ergänzen sich laut Vernoij und Schneider(2013, S. 19f)die digitale und analoge Kommunikation. Je besser diese übereinstimmen, desto authentischer wirkt das Gegenüber. Kongruentes Verhalten entwickelt sich, wenn ein Mensch gelernt hat, sich sowohl seiner Kognitionen als auch seines inneren Erleben gewahr zu werden. Das heisst, wenn der Mensch sowohl seine positiven wie auch seine problematischen Eigenschaften erkennt und mittels analoger Kommunikation zum Ausdruck bringen kann, hat er die Möglichkeit, mit sich selbst als auch für andere authentisch zu sein. Diese Fähigkeiten sind wichtig, um sich in sozialen Gefügen zurechtzufinden und aktiv teilzuhaben(S. 20).
2.1.2 Physische Entwicklungen („Binden“)
Hierbei geht es um die Entwicklung der Körper- und Geschlechtsidentität sowie um die Bindungsfähigkeit.(Hurrelmann & Quenzel, 2012, S. 28)
Schröder (2013, S. 112f) bezeichnet die Adoleszenz als jene Zeit, welche Pubertierende brauchen, um sich mit dem Stress zu arrangieren, der durch den pubertären Umbruch hervorgerufen wurde. Es ist die Zeit, die junge Menschen benötigen, um sich in ihrem neugeformten Körper wohl und „zu Hause“ zu fühlen und sich dann einen Platz im gesellschaftlichen Gefüge zu verschaffen. Die Adoleszenz ist ein Konstrukt des Menschen und somit durch Kultur und Werte geprägt. In einigen Kulturen waren Initiationsriten ein wichtiger Teil dieser Lebensphase. Hierbei wurde den Jugendlichen gezeigt, wie sie sich von ihrer Kindheit zu verabschieden und sich in der Gesellschaft einzugliedern hatten. In sogenannt „kalten Kulturen“ war diese Phase im Vergleich sehr kurz, da sich die Jugendlichen möglichst schnell anzupassen hatten und Veränderungen (der Kultur) nicht erwünscht waren.
„Heisse Kulturen“, so Schröder, unterstehen hingegen starkem Wandel und lassen somit den Jugendlichen viel mehr Spielraum. Allgemeinverbindlichen Rituale und Kulte gelten nicht mehr und die damit verbundenen Rechte und Pflichte gehen verloren. Sie müssen ausgehandelt werden und zeigen somit die neuen, vielfältigen Möglichkeiten auf. Beck(1994, S. 11ff)beschreibt diesbezüglich die "Wahlbiographien“ oder "Bastelbiographien", da die Jugendlichen im Gegensatz zur vorhergehenden "Normalbiographie" keine fixen Lebensentwürfe mehr befolgen müssen und sich ihren Weg selber „zusammenbasteln“ können. Nur wenig Jugendliche müssen das heimische Handwerk übernehmen oder folgen noch dem klaren Weg der „Normalbiografie“: Schule, Lehre, Arbeit, Heirat, Haus, Kinder und schliesslich Tod. Junge Menschen unserer Zeit können diesen Weg wählen, sind aber nicht mehr durch Traditionen und gesellschaftlichen Druck dazu gezwungen.
In der Adoleszenz suchen Jugendliche also ihre Rollen und es herrscht aufgrund der schier unbegrenzten Möglichkeiten grosse Unsicherheit betreffend Status und dem eigenen Selbstbild. Für einige ist diese Freiheit ein Segen für andere bedeutet sie Stress pur, da sie dazu gezwungen werden, sich unentwegt entscheiden zu müssen.
Zur Pubertät gehören auch die körperlichen Veränderungen bei der Entwicklung der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale. Nach Silbereisen & Weichhold(2012, S. 235)verändert sich die gesamte Körpersilhouette, zudem restrukturieren sich verschiedene innere Organsysteme sowie das Gehirn. Äusserlich ändert sich auch vieles, es wachsen die ersten Pickel und es finden Wachstumsschübe statt, wobei diese zum Teil ungleichmässig von statten gehen. Pubertierende müssen sich und ihren Körper neu entdecken, was nicht allen gleich gut gelingt. Bei einigen Mädchen wachsen früh Brüste und einigen Jungen fällt der Musikunterricht unglaublich schwer, da sie zu den ersten mit Stimmbruch gehören. Haare spriessen an den verschiedensten Stellen und nicht alle sind zufrieden mit den Zwischenstadien ihrer Entwicklung. Die vergleichenden Blicke der Gleichaltrigen können Stress, Scham, aber auch Angst auslösen. Die Adoleszenz ist generell mit vielen Stressoren verbunden; der bereits erwähnte Umgang mit dem reifenden Körper und dem damit einhergehenden Schönheitsideal, biografische Übergänge wie Schulwechsel (bspw. in die Oberstufe oder Berufsschule) und der Berufseinstieg(S. 239).
Die Jugendlichen lösen sich von ihren Familien ab und wenden sich der Peergroup zu. Peergroups dienen der Selbstoffenbarung, stabilisieren die neugewonnene, eigene Identität durch Rückmeldung von Ehrlichkeit, Vertrauen und Verständnis. Das Selbstbewusstsein wird gesteigert, sofern die Jugendlichen die Vorteile einer Peergroup nutzen können, denn sie bietet auch Nachteile: Auf einmal herrscht ein grosser Gruppendruck, Grenzen werden ausgetestet und die Normen der Gruppe müssen befolgt werden; wenn getrunken oder geraucht wird, kann beispielsweise verlangt werden, dies nachzutun oder die Gruppenzugehörigkeit zu verlieren. Jugendliche suchen sich ihre Freunde in erster Linie aufgrund von Ähnlichkeit. Hier kann eine Negativspirale beginnen: gefährdete Jugendliche bauen eher Freundschaften zu normbrechenden Gleichaltrigen auf(S. 245).
2.1.3 Emotionale Entwicklung („Konsumieren“)
Hierbei geht es nach Hurrlemann & Quenzel (2012, S. 28)um die Entwicklung von sozialen Kontakten und Entlastungsstrategien. Enge Freundschaften zu anderen Menschen, in der Regel Gleichaltrigen, helfen Jugendlichen bei der bevorstehenden Ablösung von den Eltern. Jugendliche entwickeln einen eigenen Lebensstil und lernen eine alters- und bedürfnisgerechte Gestaltung der Freizeit und des Konsumverhaltens.
In diesem Bereich befinden sich die Nutzung von Freizeitangeboten, von Medien, sowie der Umgang mit sämtlichen Genussmitteln. Zu den Entwicklungsaufgaben des „Konsumierens“ gehören auch die Stärkung von Leistungsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit, sowie der Entwicklung des moralischen Urteils.
Konnten jene Fertigkeiten altersgemäss ausgebildet und der gesunde Konsum erlernt werden, dienen jene Fertigkeiten der Entlastung des Alltags und der Regeneration von psychischen und physischen Kräften.(Hurrelmann & Quenzel, 2012, S. 28)
2.1.4 Soziale Entwicklung („Partizipieren“)
Hier sprechen Hurrlemann & Quenzel (2012, S. 28)von der Entfaltung des individuellen Systems von Werten, ethischen Prinzipien und Normen. Diese werden in der Adoleszenz mit der eigenen Lebensführung in Einklang gebracht, damit das eigene Handeln und Verhalten mit den Überzeugungen übereinstimmt und eine sinnvolle Lebensorientierung möglich wird. Jugendliche lernen Verantwortung zu übernehmen und erweitern ihre Kultur- und Allgemeinbildung, sodass individuell und sozial verantwortliches Handeln möglich wird. Zudem wird das konkrete operationale Denken ausgebildet. Hierbei entwickeln sich die Kompetenzen zur Perspektiven- und Rollenübernahme. Mit der Zeit gelingt es dem älteren Kind oder Jugendlichen, die Perspektive anderer zu erkennen und sich in seiner eigenen Kommunikation und im eigenen Handeln auf die Verständnismöglichkeiten des Gegenübers einzustellen. So gelingt Kommunikation unter Berücksichtigung der Verständnismöglichkeiten unterschiedlicher Partner.
Die verschiedenen Entwicklungsaufgaben hängen laut Silbereisen & Weichhold(2012, S. 235ff)jeweils eng miteinander zusammen oder bauen gar aufeinander auf. Erst durch die erfolgreiche Bewältigung „alter“ Entwicklungsschritte, können „neue“ angegangen werden. Ein altersgemässer Entwicklungsschritt im Jugendalter, wie die Ablösung von den Eltern, wirkt sich stark auf andere Bereiche aus, wie beispielsweise auf den Aufbau einer Partnerschaft mit Gleichaltrigen. Konnte die Ablösung von den Eltern nicht stattfinden, können Jugendliche nur schwer eine Partnerschaft zu Gleichaltrigen desselben oder des anderen Geschlechts aufbauen.
Die Entwicklung eines Menschen läuft meist nicht in allen Entwicklungsbereichen (physisch, emotional, sozial, kognitiv) gleich schnell. So kann ein 15jähriges Mädchen bereits über die kognitiven Fähigkeiten einer Erwachsenen verfügen, emotional aber noch auf dem Stand einer Zwölfjährigen sein. Hinzu kommt, dass ein altersgemässer Entwicklungsprozess durch biopsychischer Ausstattung (z.B. einer Behinderung) oder durch ungünstige Umweltbedingungen (z.B. förderungs- und ressourcenarmes familiäres Umfeld) verlangsamt oder eingeschränkt sein kann.(Montada, Lindenberger, & Schneider, 2012, S. 37ff)
Silbereisen & Weichhold(2012, S. 240)nennen einige Gefahren, wenn Jugendliche sich in unterschiedlicher Geschwindigkeit entwickeln:
- Die Abweichungshypothese (Deviance Hypothesis) nimmt an, dass frühe und späte Reife in der Pubertät mit Anpassungsproblemen verbunden sind, weil sich solche Jugendliche als von der Mehrheit der Altersgleichen abweichend erleben. Solche Gefühle der Andersartigkeit können zu Traurigkeit, Abschottung oder Aggressionen führen und sollten von den Eltern oder Fachpersonen, wie Lehrkräften oder Jugendarbeitenden, möglichst früh erkannt werden.
- Die Entwicklungsschlusshypothese (Stage Terminus Hypothesis) geht dem gegenüber davon aus, dass besonders eine frühe Reife in Problemverhalten münden kann, weil die Jugendlichen von den neuen Erfahrungen überfordert werden. Auch hier fühlen sich Jugendliche anders als Gleichaltrige, sie empfinden sich als reifer und das Verhalten der Peergroup wird als kindisch betrachtet. Die Gefahr eines Gruppenausschlusses ist gross, auch hier benötigen Jugendliche Unterstützung durch Erwachsene.
Dass viele Jugendliche trotz schwieriger Lebensbedingungen nicht zwingen psychisch auffällig oder krank werden, führt zu der Annahme, dass es protektive Faktoren (Schutzfaktoren) gibt, welche eine gesunde Entwicklung begünstigen. Zu den internen Schutzfaktoren zählt Petermann et al. (1998, S. 220f) beispielsweise positives Temperament, gute Intelligenz, soziale Kompetenz, Kommunikationsfähigkeit, positives Selbstwertgefühl, Fähigkeit mit dosierter Verantwortung umzugehen und gelungene Selbstwirksamkeitserfahrungen. Zu den externen Schutzfaktoren gehören emotionale Wärme und Harmonie, ein unterstützendes Erziehungsklima, Vorbilder, ein positives Bewältigungsverhalten, mindestens eine stabile Beziehung zu einer Bezugs- oder Vertrauensperson, ein gutes soziales Netz und positive Freundschaftsbeziehungen. Gelingende und erfüllende Beziehungen werden als richtungsweisend für die pubertäre (und kindliche) Entwicklung angesehen. Dabei werden Sozialkompetenzen in der Interaktion mit Mitlebewesen eingeübt. (Greiffenhagen & Buck-Werner, 2012, S. 68ff)
Zusammenfassend kann gesagt werden, so Beck & Beck-Gernsheim (1994, S. 10ff), dass gegenwärtig eine rapid zunehmende Individualisierung der Lebensführung und der Pluralisierung der Lebensverhältnisse festzustellen ist. Damit im direkten Zusammenhang stehen durch das Wegfallen von festgelegten „Normalbiografien“ die Auflösung traditioneller Milieus, Handlungs- und Orientierungsperspektiven, die schwindende Geltungskraft herrschender Normen und Werte, die Veränderung familiärer Lebensformen und die tendenziell abnehmende Bedeutung der Familie für die Sozialisation und gesellschaftliche Integration von Kindern und Jugendlichen.
Demzufolge wird der Auftrag der OKJA als Ergänzung zu Familie, Schule, Heimen und Institutionen zunehmend bedeutsamer.(Arnold, 2011, S. 12f)
In diesem Kapitel wurde die Teilfrage, welche speziellen Entwicklungsaufgaben Jugendliche in der Adoleszenz bewältigen müssen, beantwortet. Im nächsten Kapitel folgen die Beschreibung der OKJA, ihre gesetzlichen Verankerung und die Funktionen und Leistungen. Diese Auslegung soll dazu dienen aufzugeigen, auf welche Entwicklungsaufgaben von Jugendlichen die OKJA Antworten geben kann.
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- Arbeit zitieren
- Réjane Zumbrunnen (Autor:in), 2013, Einflüsse von Hunden auf die Entwicklung von Jugendlichen im Rahmen der offenen Kinder- und Jugendarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279449
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