Partizipkomposita und ihre Anwendung


Hausarbeit, 2013

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Definition von Partizipkomposita
1.2 Literatur zu Partizipkomposita
1.3 Gründe für die Beschäftigung mit Partizipkomposita

2. Reihenbildende Partizipkomposita

3. Nicht reihenbildende Partizipkomposita

4. Semantische Klassen von Nomina als Erstglieder von Partizipkomposita
4.1 Partizipkomposita auf „-umzingelt“
4.2 Partizipkomposita auf „-umspielt“
4.3 Partizipkomposita auf „-umsäuselt“
4.4 Partizipkomposita auf „-bekleidet“

5. Partizipkomposita auf „-belegt“ - verschiedene Lesarten

6. Fazit

7. Quellen

1. Einleitung

1.1 Definition von Partizipkomposita

In dieser Hausarbeit möchte ich mich einem Phänomen der Morphologie widmen, das bislang nahezu unerforscht geblieben ist, obwohl es in unserem alltäglichen Sprachgebrauch - sowohl in konzeptionell mündlicher als auch in konzeptionell schriftlicher Form - auffindbar ist.

Partizipkomposita sind Komposita, Zusammensetzungen aus einem Verb im Partizip und einem Adjektiv beziehungsweise Substantiv. Es werden also zwei ursprünglich gleichwertige Morpheme zusammengefügt.

Beispiele für ein Kompositum aus einem Verb im Partizip und einem Nomen wären „efeuumrankt“ oder „parkettbelegt“. Hieran lässt sich beobachten, wie diese Zusammensetzung funktioniert. Bei „efeuumrankt“ benötigen wir das Wortbildungsmorphem „-um-“ und bei „parkettbelegt“ das Wortbildungsmorphem „-be- “. Durch die Verbindung mit den Morphemen „Efeu“ (Nomen) und „rankt“ (Verb im Partizip) bzw. „Parkett“ (Nomen) und „legt“ (Verb im Partizip) entstehen so neue Wortbildungen.

Ein Beispiel für ein Kompositum aus einem Verb im Partizip und einem Adjektiv ist „dickumrandet“, bestehend aus den Morpehemen „dick“ (Adjektiv) und „randet“ (Verb im Partizip) sowie dem Wortbildungsmorphem „-um-“.

Es existieren jedoch Ausnahmen bei der Zusammensetzung von Partizipkomposita. So kann das im Partizip stehende Verb, bevor es zu einem Kompositum mit einem Adjektiv oder Nomen kommt, auch erst aus einem weiteren Nomen hergestellt werden. Die Wortbildung „medienumrummelt“ verdeutlicht dies. Hier wird aus den Morphemen „Medien“ (Nomen), „Rummel“ (Nomen) und dem Wortbildungsmorphem „-um-“ ein Partizipkompositum gebildet. Zu erwähnen bleibt, dass „umrummeln“ als Verb so nicht nachweisbar ist.

1.2 Literatur zu Partizipkomposita

Wie eben bereits angedeutet, wurde sich innerhalb der morphologischen Forschung bislang eher wenig dem Phänomen der Partizipkomposita gewidmet. So lassen sich auch in der Fachliteratur und im Internet nur wenige bis keine Anhaltspunkte für eine detaillierte Untersuchung finden.

Sucht man im Internet nach Komposita, findet man meist Informationen über folgende Komposita1:

1. Nomen und Nomen

z.B. „Zahnbürste, bestehend aus den Morphemen „Zahn“ (Nomen)

und „Bürste“ (Nomen) → beschrieben wird also eine Bürste für die Zähne

2. Adjektiv und Nomen

z.B. „Altpapier“, bestehend aus den Morphemen „alt“ (Adjektiv) und „Papier“ (Nomen) → beschrieben wird also Papier, das alt ist

3. Verb und Nomen

z.B. „Wartezimmer“, bestehend aus den Morphemen „warten“ (Verb)

und „Zimmer“ (Nomen) → beschrieben wird also ein Zimmer, in dem man wartet

4. Adverb und Nomen

z.B. „Nichtraucher“, bestehend aus den Morphemen „nicht“ (Adverb)

und „Raucher“ (Nomen) → beschrieben wird also eine Person, die nicht raucht

Sucht man in der Fachliteratur nach Komposita, werden ebenfalls meist nur die eben beschriebenen Komposita erläutert, die Partizipkomposita finden wenig bis keinerlei Erwähnung.

Untersucht habe ich hierfür folgende Werke:

1. Donalies, Elke (2005): Die Wortbildung des Deutschen. Ein Überblick. 2.,

überarbeitete Auflage. Tübingen: Narr Francke Attempto Verlag GmbH & Co. KG. S. 69ff.

- Hier finden sich im Abschnitt zu Komposita keinerlei Informationen zu Partizipkomposita.

2. Donalies, Elke (2007): Basiswissen Deutsche Wortbildung. Tübingen: Narr

Francke Attempto Verlag GmbH & Co. KG. S. 35ff.

- Auch in einem später entstandenen Werk Donalies' wird den Partizipkomposita keine Beachtung geschenkt.

3. Lohde, Michael (2006): Wortbildung des modernen Deutschen. Ein Lehr- und Übungsbuch. Tübingen: Narr Francke Attempto Verlag GmbH & Co. KG. S. 73ff. → Hier finden sich ebenfalls keinerlei Informationen zu Partizipkomposita, wenn man den Abschnitt zu Komposita studiert.

4. Erben, Johannes (2000): Einführung in die deutsche Wortbildungslehre. 4.,

aktualisierte und ergänzte Auflage. Berlin: Erich Schmidt Verlag GmbH & Co.

KG. S. 61ff.

- Auch hier finden sich keine Anhaltspunkte zum Phänomen der Partizipkomposita.

5. Linke, Angelika; Nussbaumer, Markus; Portmann, Paul R. (2004): Studienbuch Linguistik. 5., erweiterte Auflage. Tübingen: Max Niemeyer Verlag GmbH. S. 69ff.

- Auch hier finden sich keine Informationen zur Thematik der Komposita aus Verb im Partizip und Nomen beziehungsweise Adjektiv.

6. Altmann, Hans; Kemmerling, Silke (2005): Wortbildung fürs Examen. 2.,

überarbeitete Auflage. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG. S. 37, S.50ff.

- In diesem Werk finden Partizipkomposita insofern Erwähnung, als dass Partizipformen als Adjektivierungssuffixe bezeichnet werden.

Dies bedeutet, dass beim Partizip I die Endung „(e-)-nd“ die Verben zu Adjektiven macht. Beispiele dafür bilden die Wörter „reizend“, „bedeutend“ und „treffend“. Beim Partizip II lässt sich weniger leicht eine „Faustregel“ für die Bildung von Verben zu Adjektiven finden, was sich an den unterschiedlich aufgebauten Beispielen erkennen lässt: „anerkannt“, „gefragt“, „abgebrüht“, „ergriffen“, „verschwiegen“ und „eingebildet“. Es stellt sich jedoch die Frage, ob für die eben erläuterten Partizipformen überhaupt Partizipkomposita existieren. In den von Herrn Dobelmann und mir im Rahmen des Referats untersuchten Daten lassen sich keine Beispiele für Partizipkomposita dieser Art finden, weshalb die Vermutung nahe liegt, dass bislang keine (verbreiteten) Beispiele dafür existieren.

7. Eichinger, Ludwig M. (2000): Deutsche Wortbildung. Eine Einführung. Tübingen: Gunter Narr Verlag Tübingen. S. 96f., S. 134f., S.198f.

- In diesem Werk Eichingers ist von Partizipialkomposita die Rede. Partizipien werden hier als zwar infinite Formen bezeichnet, deren Infinitheitsgrad jedoch nicht hoch sei. Daraus resultiere, dass ihre Relation in der Umgebung verankert sein müsse. Erst eine starke Integration ins adjektivische System ermögliche eine prädikative Verwendung. Darüber hinaus erläutert Eichinger, dass eine Paradigmatisierung im Sinne von „versehen sein mit“ bei diesem Phänomen stattfinden könne und verbindet diese Feststellung mit Beispielen aus Christoph Ransmayrs Roman „Die letzte Welt“2, in dem folgende Beispiele für Partizipkomposita auffindbar sind:

1. wurstessende Freiheitsstatuen
2. blutstillender Alaunstein
3. raucherfüllte Gassen
4. rostzerfressene Bushaltestellen
5. silberbeschlagenes Saumzeug
6. übelriechendes Wasser
7. meistbenutzte Metapher
8. vornübergebeugte Gestalt
9. moosbewachsene Mauern

Betrachtet man die Tatsache, dass dieses Phänomen in der Forschung weitgehend unbeachtet bleibt, verwundert es, dass Partizipkomposita nicht nur im alltäglichen (mündlichen) Sprachgebrauch vorkommen, sondern sich auch in der Literatur Beispiele solcher Zusammensetzungen finden, wie Christoph Ransmayrs Roman beweist. Darüber hinaus liegt die Vermutung nahe, dass Ransmayr die Partizipkomposita in seinem Werk nutzt, da sie eine wohlklingende Möglichkeit bieten, eine Vielzahl Informationen in wenigen Wörtern unterzubringen und mit ihnen ein Bild im Kopf des Lesers/der Leserin zu malen. Betrachtet man das Beispiel „raucherfüllte Gassen“ ist leicht festzustellen, dass ein angenehmerer Klang erzeugt wird als durch die Umschreibung „Gassen versehen/erfüllt mit/von Rauch“ (siehe Paradigmatisierung Eichingers).

Darüber hinaus finden sich weitere Beispiele in der Literatur im Allgemeinen, die ich nennen möchte um einen Überblick bezüglich unseres Sprachgebrauchs herzustellen und meine eben aufgestellte Vermutung zu stützen, dass Partizipkomposita einen Sachverhalt oft kürzer darstellen können als die Umschreibungen durch Hilfsstrukturen wie z.B. „versehen mit etwas“ und andere:

1. „rückwärtsgerichteter Kindersitz“ → ein Sitz für Kinder/Kindersitz, der rückwärts
gerichtet ist
2. „eine Marketingstrategie, die Deutschland viel erlebnisorientierter vermarktet“ →
eine am Erlebnis orientierte Struktur des Marketings/Marketingstruktur für Deutschland
3. „unsere eher mentalitätsbedingten Probleme“ → unsere Probleme, die durch die
Mentalität bedingt/entstanden sind
4. „sie reinigt es mit zitrusduftendem Öl“ → sie reinigt etwas mit einem nach Zitrus
duftenden Öl
5. „die kakaogebutterte Haut“ → eine Haut, die mit Kakaobutter

[...]


1 Vgl.: http://www.mein-deutschbuch.de/lernen.php?menu_id=54 (Zugriff: 15.11.2012) 4

2 Vgl.: Ransmayr, Christoph (1991): Die letzte Welt. Mit einem ovidischen Repertoire. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Partizipkomposita und ihre Anwendung
Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung)  (Institut für deutsche Sprache und Literatur)
Veranstaltung
Morphologie: Wörter, Wortformen, Wortbildung in Theorie, Wörterbuch und Text
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
16
Katalognummer
V279591
ISBN (eBook)
9783656729006
ISBN (Buch)
9783656729013
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Morphologie, Partizipien, Wortkomposita, Partizipkomposita
Arbeit zitieren
Viktoria Mey (Autor:in), 2013, Partizipkomposita und ihre Anwendung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279591

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