Unter den Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung zählten die geistig Kranken und Behinderten lange Zeit zu den “Vergessenen”.
Die vorliegende Arbeit will untersuchen, in welcher Weise sich Fachmediziner, psychiatrische Einrichtungen und die Psychiatrie als solche nach 1945 mit den Ereignissen befasst – oder sie ignoriert haben. Mit Fokus auf die Region Baden wird zunächst die historische Entwicklung der Anstaltspsychiatrie im Südwesten Deutschlands kurz vorgestellt, danach der Ablauf der NS-Mordaktion “T4” skizziert. Auf dieser Grundlage soll dann untersucht werden, wie dieser “Einbruch der Unmenschlichkeit” von der psychiatrischen Medizin nach Kriegsende reflektiert wurde - im ärztlichen Selbstverständnis, in Dokumenten und in der psychiatrischen Praxis.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II Zum Stand der Forschung
- 1. Mediziner als Hüter des Erbgutes? - Das Menschenbild der Psychiatrie im Vorfeld der Krankenmorde
- 1.1 Sozialdarwinismus und Rassenhygiene
- 1.2 Von der Modell-Psychiatrie zum Manifest der Vernichtung
- 1.3 Zwischenkriegszeit
- 2. Die Krankenmorde
- 2.1 Vorbereitung und Organisation
- 2.2 ,,Planwirtschaftliche Erfassung“ in Baden
- 2.3 Verlegung und Auflösung von Anstalten
- 2.3.1 Kork
- 2.3.2 Mosbach
- 2.3.3 Rastatt
- 2.3.4 Illenau
- 2.3.5 Wiesloch und Heidelberger „Kinderforschungsabteilung“
- 2.3.6 Emmendingen und Reichenau
- 2.4 Mittäter, Mitläufer, Widerstand: Beispiele
- 2.5 Nach,,T4“: Verfolgungen bis 1945
- 3. Umgang mit der Vergangenheit
- 3.1 Nachkriegszeit 1945-1949
- 3.1.1 Der Poitrot-Bericht von 1945
- 3.1.2 Die Freiburger Schwurgerichtsverfahren
- 3.2 Nach Aktenlage: Neubeginn und Verdrängung
- 3.2.1 Das Psychiatrische Landeskrankenhaus Wiesloch
- 3.2.2 Die Kreispflegeanstalt Hub
- 3.4 Zwischen Kontinuität und Reform: Psychiatrie im Südwesten
- 3.5 Klärung oder Verklärung? Badische Einrichtungen und ihr Blick zurück
- 3.5.1 Fachbereich Psychiatrie an der Universität Heidelberg
- 3.5.2 Psychiatrische Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen
- 4. Ergebnisse und Befunde
- 5. Schluss
- Die historische Entwicklung der Anstaltspsychiatrie im Südwesten Deutschlands vor der Aktion T4
- Der Ablauf der Mordaktion „T4“ in Baden
- Die Reaktion der psychiatrischen Medizin auf die Aktion T4 nach Kriegsende
- Die Rolle des Psychiatrischen Landeskrankenhauses Wiesloch im Nationalsozialismus
- Der Umgang mit der Vergangenheit in der psychiatrischen Praxis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit zielt darauf ab, die Auseinandersetzung von Fachmedizinern, psychiatrischen Einrichtungen und der Psychiatrie als Ganzes mit den Ereignissen der Aktion T4 in Baden nach 1945 zu untersuchen. Dabei soll herausgefunden werden, wie diese Ereignisse reflektiert wurden und welche Rolle sie im ärztlichen Selbstverständnis, in Dokumenten und in der psychiatrischen Praxis spielten.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Zielsetzung der Arbeit dar. Der zweite Teil befasst sich mit dem Stand der Forschung zur Aktion T4, wobei insbesondere die Veröffentlichungen in der Nachkriegszeit beleuchtet werden.
Kapitel 1 analysiert die Entwicklung des Menschenbildes in der Psychiatrie im Vorfeld der Krankenmorde, wobei Themen wie Sozialdarwinismus und Rassenhygiene im Vordergrund stehen. Kapitel 2 widmet sich der Aktion T4 selbst, beschreibt deren Organisation und Durchführung in Baden und beleuchtet die Rolle verschiedener Anstalten sowie die Schicksale von Mittätern, Mitläufern und Widerstandskämpfern.
Kapitel 3 befasst sich mit dem Umgang mit der Vergangenheit. Es untersucht die Nachkriegszeit und die Reaktion der psychiatrischen Einrichtungen und Fachmediziner auf die Aktion T4.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselthemen Aktion T4, Anstaltspsychiatrie, Rassenhygiene, Medizinethik, Umgang mit der Vergangenheit, NS-Verbrechen, psychiatrische Praxis.
- Arbeit zitieren
- Hans-Joachim Birk (Autor:in), 2004, Vom Umgang mit der Vergangenheit - Die Aktion T4 in Baden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27987