Ästhetik des Akustischen. Zur Wirkung von Musik und Ton in der Fernsehwerbung


Hausarbeit, 2011

24 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Intro [ Einleitung ]

Rewind [ Entwicklung der Werbemusik ]

Record [ Musikauswahl bei Werbespots ]

Play [ Der Markenklang ]

Soundcheck [ Werbende Wirkung ]

Mute [ Ästhetik des Akustischen ]

Outro [ Ausleitung ]

Literaturverzeichnis

Selbstständigkeitserklärung

Anhang (CD)

Intro [ Einleitung ]

„Eines erstaunt allerdings: über die Musik fällt kaum, wenn überhaupt ein Wort“

MICHAEL ALTROGGE

In einer von visuellen Sinneseindrücken dominierten Welt stellt sich die Frage, welche Rolle eigentlich Sound in der Markenkommunikation spielt. Dabei sind Klänge ein wesentlicher Bestandteil unserer alltäglichen Wahrnehmung. Nur äußerst selten erlebt man Situationen absoluter Stille. Neben der visuellen ist die auditive Wahrnehmung unser wichtigster Orientierungssinn. Selbst, wenn wir uns dessen nicht immer voll bewusst sind. Fahrende Autos verursachen ebenso Geräusche, wie zuschlagende Türen, Haushaltsgeräte oder schlicht der Wind.

Doch wie klingen beispielsweise Audi, die Sparkasse oder der WWF? Warum brummt eine elektrische Zahnbürste beim Putzen der Zähne? Das Brummen ist Bestandteil des Produktdesigns. Es genügt nicht zu sehen, dass die Zähne sauber werden, man möchte es auch hören. Dieses, von der Industrie entwickelte akustische Feedback, auch Sonifikation genannt, ist jedoch kein Zufall. Klänge sprechen uns, stärker als visuelle Eindrücke, immer auch emotional an.

Doch bei einer Flut von etwa 60.000 Marken, die um die Gunst des Kunden werben, entfalten nur wenige ihre Botschaft. Der Wettbewerb verlangt nach Differenzierung. Eine Marke muss erlebbar sein. Dass heisst, sie muss alle Sinne ansprechen. Ein Fokus auf das Visuelle kann somit nicht genügen. Im Sinne eines geschlossenen Markenauftritts besteht somit der Bedarf, die Identität auch auf der klanglichen Ebene umzusetzen. Musik, Geräusche sowie Stimmen sind Mittel, an deren Einsatz in der Markenkommunikation kaum ein Weg vorbei führt.

Wann allerdings welche Art der Musik wo zum Einsatz gelangt, wie sie wirkt, inwieweit sie dabei zielführend ist und deren ästhetischer Aspekt soll in der nun folgenden Hausarbeit, durch einige ausgewählte Beispiele, dargelegt und beschrieben werden.

Rewind [ Entwicklung der Werbemusik ]

„Es kommt nicht darauf an ob, sondern wie akustische Elemente eingesetzt werden.“

HANNES RAFFASEDER

Die Entstehung der akustischen Werbung kann bis ins 13. Jahrhundert zurück geführt werden1, denn schon damals haben Pariser Händler ihre Produkte durch Gesänge angepriesen. Eine weitere Möglichkeit der Anpreisung stellen die Preislieder der Handwerkszünfte dar2. Später, mit dem Aufkommen der audiovisuellen Massenmedien, setzte sich die lange Tradition fort, welche für industrialisierte Großunternehmen ideale Kommunikationsplattformen boten. Bis heute lassen sich Etappen der Entwicklung skizzieren, die den Verlauf der Fernsehwerbung aufzeigen.

Mit dem Jahr 1910 hielt in den Kinosälen die Stummfilm-Ära Einzug, welche von da an einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Mediums als Experimentierfeld für bahnbrechende Filmproduktionen hatte. In der damaligen Zeit wurden die Filme musikalisch begleitet und man kann annehmen, dass die Musik bereits hier ihren ersten Einsatz als Werbemittel fand.

Eine weitere Etappe der Werbemittelentwicklung war der Rundfunk im Jahre 1923. Zu Beginn der Werbung bestand diese aus vorgelesenen Anzeigen, die mitunter in so genannten „Reklamekonzerten“ eingebettet wurden3. Die Unternehmen finanzierten diese Reklamekonzerte und durften im Gegenzug ihre Werbeeinlagen senden. Diese Methode ist heute besser bekannt unter der Bezeichnung Musiksponsoring4. Im Jahre 1926/27 traten dann die akustischen Warenzeichen in der Rundfunkwerbung auf. Diese Zeichen sind simple Signale oder Melodien, welche leicht einprägsam für den Werbekonsumenten sind. Dies war der Ursprung dafür, die Durchsagen mit selbst komponierter oder ausgewählter Musik zu unterlegen und diese in Form einer Schallplatte den Rundfunksendern zukommen zu lassen.

Die dritte Entwicklungsstufe hielt zwei Jahre später, im Jahr 1928, Einzug. Diese brachte den ersten deutschen Werbetonfilm hervor. Er bildete die Grundlage für neue Möglichkeiten einer audiovisuellen Fixierung. Nach Einführung des Tonfilms, sowie nach fast einem Jahrzehnt des Sendebetriebs des Radios, hatte die Werbung einen großen Anteil der, bis in die Gegenwart reichenden, Einsatzformen von Musik herausgebildet. Das heisst von musikalischen Markenzeichen, über gesungene Werbebotschaften bis hin zu exakt ausgearbeiteten Bild-Musik- Kombinationen5.

Trotz des Erfolgs von Werbespots im Kino, blieb das Fernsehen lange Zeit durch selbige unberührt. Erst mit dem Aufstieg privater Fernsehsender in den 80er Jahren stieg auch die Verwendung von qualifizierten Spots. Diese Methode der Produktvermarktung diente dem Unternehmen Werbekonsumenten zu unterhalten, zu umwerben und das angepriesene Produkt aus der stetig wachsenden Werbeflut herauszuheben. Eine Studie in den 1980er Jahren erbrachte, dass die Beziehung zwischen den Werbekonsumenten und der Werbung eine stärkere Bindung eingeht, als es der Konsument mit dem eigentlichen Produkt tut6. Diese intensive Auseinandersetzung mit den Werbespots führte zu einer neuen Werbestruktur, welche die Musik expliziter in die Werbung integrierte. Ein neuer Trend etablierte sich während der Jahrtausendwende, welcher als „akustische Markenführung“ bezeichnet wird7. Es sei aber hier erwähnt, dass eine derart intensive Auseinandersetzung mit der musikalischen Gestaltung bis heute die Ausnahme in der Werbepraxis darstellt.

„Audio-Branding“, „Sonic Branding“, „Sound Branding“, „Acoustic Branding“ oder „Corporate Sound“ sind nur einige Namen für gezielte akustische Gestaltung eines Markenauftritts8. Diese hier aufgeführten Bezeichnungen beschreiben den Ansatz, einen Markenklang herzustellen und in die Kommunikation einzubinden. Im Allgemeinen ist bei allen Werbespots festzustellen, dass es sich überwiegend bei den akustischen Elementen um Musik, Klang und Stimme handelt, welche jedoch differenziert werden. Hier ist zu erwähnen, dass Musik und Klang eine größere Bedeutung beigemessen wird. Bei der Stimme wiederum handelt es sich um einen akustischen Reiz, der bei dem größten Teil der Werbekonsumenten die meiste Aufmerksamkeit findet.

Record [ Musikauswahl bei Werbespots ]

„Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind Gestaltung und Einsatz von Musik in der Werbung noch eine Kunst.“

JÜRGEN TAUCHNITZ

Die Musikauswahl für einen Werbefilm richtet sich nach unterschiedlichen Kriterien. Als Beispiel kann hier die Zielgruppe genannt werden, welche durch den Werbespot angesprochen werden soll. Wichtig bei der Beachtung der Musikauswahl sind insbesondere auch die rechtlichen Rahmenbedingungen. Je nach dem bieten sich somit unterschiedliche Verfahrensweisen der Musikbeschaffung für Werbezwecke an. Zu Beginn sollte sich das Unternehmen bewusst sein, ob es eine Neukomposition oder eine präexistente Musik verwenden möchte9. Eine Neukomposition ist nur dann effektiv, wenn die Musik direkt an die Werbebotschaft angepasst werden soll. Eine weitere Möglichkeit wäre ein Musikstück, welches auf dem freien Musikmarkt vertrieben wird, auf den jeweiligen Spot anzupassen. Ein Beispiel hierfür ist der Werbespot „The Force“ von Volkswagen (März 2011)10:

Der Spot, welcher für den VW Passat wirbt, zeigt einen kleinen als Darth Vader verkleideten Jungen in der Hauptrolle. Dieser geht durch das Haus und versucht, mit unsichtbarer Macht, Dinge im Haushalt und sogar den Hund in Bewegung zu versetzen. Jede Handlung, jede Bewegung und jeder Schritt des Jungen wird dabei durch die epochale Original-Komposition „Imperial March“ (Komponist: John Williams) unterstützt und besonders betont. Dennoch bleiben alle Versuche ohne Erfolg und die Enttäuschung des Jungen wird sichtbar. Bis endlich der Vater mit dem neuen 2012er VW Passat nach Hause kommt. Der Mini-

Darth-Vader rappelt sich zu einem letzten Versuch auf, stürmt aus dem Haus, am Arme aufhaltenden Vater vorbei und direkt vor das Auto. Erneut beschwört er seine Macht herauf, musikalisch untermalt durch langsamer, leiser und feiner werdende Töne. Plötzlich schaltet der VW sein Licht mit einem, den Vorgang unterstützenden Geräusch an, welcher zugleich auf die „Leaving- Home-Funktion“ des VW Passat aufmerksam machen soll. Der Junge schrickt erstaunt zurück.

Unbemerkt beobachteten unterdessen die Eltern ihren Sohn durch das Küchenfenster. Der Vater betätigte seinen Autoschlüssel, wodurch das Auto sofort das Licht anschaltete. Danach schaut der Vater lässig zu seiner Frau. Der Junge hingegen steht noch immer perplex vor dem Auto und schaut von ihm zu seinen Eltern und zurück.

Es folgt der Werbeslogan von VW „Mehr als eine Idee voraus. Der neue Passat.“. Man sieht noch einmal den verdutzten Darth Vader und schließlich das Volkswagen Logo mit der Brand Voice „Volkswagen. Das Auto.“.

Diese, mit mehr als 34.000 Klicks im Internet, überaus erfolgreiche Werbung ist ein gelungenes Beispiel für die Integration eines Spots in eine Komposition. Sämtliche Bewegungen, Mimiken, Gestiken und Situationen wurden hierbei perfekt auf die verwendete Musik abgestimmt.

Nachteile von Neukompositionen sind jedoch zum einen der hohe Zeitaufwand bei der peniblen Abstimmung auf die Bilder der Werbebotschaft, zum anderen die Tatsache, dass die Nutzungsrechte den Werbeetat mit mindestens 10.000 € belasten können11.

Eine andere Möglichkeit zur Neukomposition bietet der Rückgriff auf präexistente Musik. Vorteile der präexistenten Musik bietet die größere Planungssicherheit im

Hinblick auf das klangliche Ergebnis. Zu erwähnen ist aber, dass die Möglichkeit von Neukompositionen hier nicht besteht. Weitere Vor- und Nachteile ergeben sich durch die jeweilige Beschaffungsart der Musik. Diese lassen sich danach unterscheiden, ob die Musik für ihren Einsatz „verändert“ wurde oder ob es sich um „unveränderte“ Musikproduktionen handelt12. Bei den unveränderten Musikproduktionen gibt es die Variante, auf Musikbibliotheken zurück zu greifen. Diese bieten fertig produzierte Musikstücke an. Der Vorteil hier ist, dass die Musikbibliotheken die kostengünstigste Quelle für Werbemusik darstellt. Des Weiteren überzeugen sie durch einen geringen zeitlichen Aufwand und mit der Option durch konkret ausgewählte Suchkriterien schnell eine passende Werbemusik zu finden.

Eine andere Alternative zu unveränderten Musikproduktionen bietet der Musikmarkt. Der Nachteil hier besteht in hohen Lizenzierungskosten. Dafür bieten bekannte Stücke viele Assoziationsmöglichkeiten. Kooperationsformen zwischen Musik- und Werbewirtschaft sind zudem auf beiden Seiten von Nutzen. Zahlreiche Musiker und Bands haben erst durch Werbung an Popularität gewinnen können. Die dennoch bestehenden Risiken der präexistenten Musik lassen sich in vier Kategorien unterteilen13:

- ein misslungenes Timing bei der Verwendung aktueller Hits kann negative Auswirkungen haben
- bei langfristigen Werbeverträgen mit Stars begibt sich das Unternehmen in eine Abhängigkeit vom Künstlerimage
- ein Hit kann die Aufmerksamkeit der Zielgruppe vom Produkt oder der Marke ablenken
- wirkt die Integration von Musik und Produkt unglaubwürdig, kann sich die erhoffte Akzeptanz in Negativreaktionen wandeln

Für veränderte und unveränderte präexistente Musik gelten ähnliche Vor- und Nachteile. Erwähnenswert ist allerdings bei der unveränderten präexistenten Musik, dass so gut wie nie aktuelle Hits verwendet werden.

[...]


1 Sound - Technologie und Ästhetik des Akustischen in den Medien

2 Musik im Fernsehen - Sendeformen und Gestaltungsprinzipien

3 Musik im Fernsehen - Sendeformen und Gestaltungsprinzipien

4 Musik im Fernsehen - Sendeformen und Gestaltungsprinzipien

5 Musik im Fernsehen - Sendeformen und Gestaltungsprinzipien

6 Vgl. Musik im Fernsehen - Sendeformen und Gestaltungsprinzipien

7 Musik im Fernsehen - Sendeformen und Gestaltungsprinzipien

8 Audio-Branding - Entwicklung, Anwendung, Wirkung akustischer Identitäten in Werbung, Medien und Gesellschaft

9 Musik im Fernsehen - Sendeformen und Gestaltungsprinzipien

10 siehe Anhang (CD): „The Force“ VW Werbespot

11 Musik im Fernsehen - Sendeformen und Gestaltungsprinzipien

12 Musik im Fernsehen - Sendeformen und Gestaltungsprinzipien

13 Musik im Fernsehen - Sendeformen und Gestaltungsprinzipien

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Ästhetik des Akustischen. Zur Wirkung von Musik und Ton in der Fernsehwerbung
Hochschule
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig  (Medientechnik)
Veranstaltung
Medien und Gesellschaft
Note
2,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
24
Katalognummer
V280125
ISBN (eBook)
9783656740377
ISBN (Buch)
9783656740254
Dateigröße
503 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ästhetik, Akustik, Audio, Werbung, Marken, Markenton, Klang, Sound, Markenkommunikation, Wahrnehmung, Markenauftritt, Geräusche, Musik, Vermarktung, TV, Fernsehen, Manipulation, Produktdesign
Arbeit zitieren
Laura Stein (Autor:in), 2011, Ästhetik des Akustischen. Zur Wirkung von Musik und Ton in der Fernsehwerbung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280125

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