"De duodecim abusivis saeculi" und die "iniustitia des Königs - ein irischer Moraltraktat beeinflusst die karolingische Königsethik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

20 Seiten, Note: "ausgezeichnet"


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. De duodecim abusivis saeculi
2.1 Inhalt
2.2 Geografische Herkunft
2.3 Problem der Datierung

3. Besonderheiten der irischen Tradition

4. Nonus abusionis gradus: rex iniquus.
4.1 Die Bedeutung des Terminus iniquus.
4.2 Das Fehlverhalten des Königs und das Volkswohl

5. Einfluss auf die Karolinger
5.1 Der Weg der abusiva auf den Kontinent
5.2 Die abusiva in den Fürstenspiegeln

6. Zusammenfassung

7. Literatur /Quellen
7.1 Literatur
7.2 Quellen

1. Einleitung.

„De duodecim abusivis saeculi“ ist ein kleiner gesamtgesellschaftlich angelegter Moraltraktat, der vermutlich in der Mitte des 7. Jahrhunderts in Irland entstand. In zwölf Kapiteln legt er knapp die Grundübel der Welt dar, wobei sich frühchristliche mit heidnischen Einflüssen mischen.

In einem Kapitel über den „ungerechten König“ legt der unbekannte Verfasser des Traktats allerlei Folgen der guten und der schlechten Herrschaft dar, wobei die schlechte Herrschaft mächtige Naturgewalten zu entfesseln im Stande ist.

Dieses Werk erfuhr durch das ganze Mittelalter hindurch hohe Beachtung und war in ganz West- und Mitteleuropa außerordentlich weit verbreitet. Seit Beginn der Entwicklung der stark christlich geprägten Fürstenspiegel am Anfang des 9. Jahrhunderts, war die Königsethik dieses halb heidnischen Werkes eine Art „Standardquelle“ für die Geistlichen des Kontinents, um unter dem großen Namen des heiligen Cyprianus die Folgen vor allem der schlechten Herrschaft drohend an die Wand zu malen.

Die vorliegende Arbeit befasst sich im Folgenden mit der Frage, wieso ausgerechnet ein noch stark von Mythen und Aberglauben geprägtes Schriftstück vom Rande der Christenheit so schnell und unverrückbar ins Zentrum einer neu entstehenden völlig religiös ausgerichteten Herrschaftsethik geraten konnte.

Dazu sollen zunächst (2) Inhalt, Herkunft und Datierung der Quelle dargestellt werden. Danach geht es (3) um die Besonderheiten des Irisch-Angelsächsischen, das sich in dem Text findet und konkreter um (4) die in dem Traktat befindliche Königsethik. Schließlich soll im zweiten Teil der Arbeit (5) auf den Einfluss eingegangen werden, den „De duodecim abusivis Saeculi“ auf dem europäischen Festland verzeichnen konnten. Abschließend (6) wird der Versuch einer Antwort über die Ursachen dieses starken Eindrucks auf die Karolinger unternommen.

2. De duodecim abusivis saeculi.

2.1 Inhalt.

Der mit zwischen 50 (Kenney) und „weit über ein halbes Hundert“ (Hellmann) Handschriften[1] äußerst umfangreich überlieferte und über fast ganz Mitteleuropa verteilte Moraltraktat wird in der Forschung nach den Anfangsworten seiner Präambel „De duodecim abusivis saeculi“ genannt. Ob das auch sein ursprünglicher Titel war, ist nicht überliefert.

Der Traktat hat im Gegensatz zu fragmentarischen Vorformen des späteren Fürstenspiegels [paraenesis] und zur Form der Mönchsregel, die das Zusammenleben im Kloster ordnete, keinen bestimmten Adressaten. Vielmehr richtet sich das Schriftstück an die Öffentlichkeit insgesamt, in einer discussion oft public morals[2] hebt es deren Fehler hervor und zeigt als Konsequenzen Strafszenarien sowohl christlichen als auch heidnischen Charakters auf.

In der knapp gehaltenen Vorrede machen der oder die Autor/en zwölf gradus abusionis der Welt aus. Es sind dies: sapiens sine operibus, senex sine religione, adolescens sine oboedienta, dives sine elemosya, femina sine pudicitia, dominus sine virtute, christianus contentiosus, pauper superbus, rex iniquus, episcopus neglegens, plebs sine disciplina und populus sine lege[3].ls es s Zusammenleben im Kloster ordnete,

Wie ersichtlich wird, sind die Hauptübel der Welt jedoch keineswegs Abstufungen ein und desselben Missstandes. Sie decken vielmehr die gesamte Bandbreite der aus der Sicht des Autors zu korrigierenden gesellschaftlichen Lebensumstände ab. Anton macht drei Ziele und Bereiche aus, dem der Traktat seine Sorge widmet: rectus ordo rationis, correctio morum und lex Dei.[4]

Stilistisch nutzt der Traktat die Form der Contradictio in adiecto[5], eine besonders knappen Form des Oxymorons, bei der der Widerspruch bereits im Beiwort steckt. Die Verwendung dieses Stilmittels ist aufschlussreich. Sind einzelnen abusiones aus Sicht des Urhebers nämlich allesamt Paradoxien genügt ihre Umkehr, um ein Gesamtbild des vom Verfasser angestrebten Idealzustandes der Welt zu erhalten.

[...]


[1] Hellmann: S. 26; Kenney: S. 281

[2] Kenney: S. 281

[3] Hellmann: S. 32 Z. 2ff.

[4] Anton: Pseudo-Cyprian. S. 569

[5] Anton: ebd. S. 568

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
"De duodecim abusivis saeculi" und die "iniustitia des Königs - ein irischer Moraltraktat beeinflusst die karolingische Königsethik
Hochschule
Universität Leipzig  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
"Priester der Gerechtigkeit" - Herrschaftslegitimationen im Mittelalter
Note
"ausgezeichnet"
Autor
Jahr
2003
Seiten
20
Katalognummer
V28068
ISBN (eBook)
9783638299589
Dateigröße
604 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
'De duodecim abusivis saeculi' ist ein Moraltraktat, der vermutlich in der Mitte des 7. Jahrhunderts in Irland entstand. In zwölf Kapiteln legt er die Grundübel der Welt dar, wobei sich frühchristliche mit heidnischen Einflüssen mischen.In einem Kapitel über den 'ungerechten König' beschreibt der unbekannte Verfasser allerlei Folgen der guten und der schlechten Herrschaft. Das heidnische Werk beeinflusste die christlichen Fürstenspiegel des 9. Jhd's. Die Arbeit geht der Frage nach, warum.
Schlagworte
Königs, Moraltraktat, Königsethik, Priester, Gerechtigkeit, Herrschaftslegitimationen, Mittelalter
Arbeit zitieren
Diplom Katja Nündel (Autor:in), 2003, "De duodecim abusivis saeculi" und die "iniustitia des Königs - ein irischer Moraltraktat beeinflusst die karolingische Königsethik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28068

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