Die Deutsche Einwanderung in Brasilien im 19. und 20. Jahrhundert

Das Leben der Einwanderer und deren Nachkommen in Südbrasilien: Pastor Faulhaber als Beispiel eines Werdegangs


Mémoire de Maîtrise, 2012

129 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Fragestellung und Methode
1.2. Forschungsstand und Quellenlage
1.3. Begriffserklärungen
1.3.1. Der Alldeutsche Verband – Liga Pangermânica – und die „Deutsche Gefahr“
1.3.2. Deutsch - Deutscher
1.3.3. Deutschtum – Deutschbrasilianertum
1.3.4. Kolonie - Kolonisation
1.3.5. Estado Novo
1.3.6. Nationalisierung - Nativismus
1.3.7. Naturalisierung
1.3.8. Pastor und Pfarrer

2. Die Auswanderung aus Europa
2.1. Gründe für die Auswanderung der Deutschen
2.2 Probleme bei der Auswanderung

3. Die Einwanderung der Deutschen in Brasilien
3.1. Gründe und Probleme bei der Einwanderung in Brasilien: gesetzliche und politische Lage
3.2. Einwanderungsdaten
3.3. Die Anfänge der Einwanderung und die Folgen der Kolonisation für die Einwanderer

4. Die Entstehung und Entwicklung Blumenaus
4.1. Dr. Hermann Blumenau und sein Werk in Brasilien
4.2. Die Entwicklung Blumenaus: von der Kolonie zur Stadt

5. Hermann Faulhabers Leben und Werk und die lokale Gesellschaft in Blumenau zu seiner Zeit
5.1. Faulhabers Leben in Deutschland und die Auswanderung nach Brasilien als Kirchenmann
5.2. Faulhaber als Pastor und ein Einblick in die Religionsgeschichte Südbrasiliens
5.3. Faulhaber als Herausgeber der Zeitung
5.4. Faulhaber als Lehrer, Schulleiter und Autor und das brasilianische Bildungssystem
5.5. Faulhaber: ein Deutscher in Brasilien
5.6. Die Rückkehr nach Deutschland

6. Ausblick bis zur Nationalisierungskampagne und die Folgen des Zweiten Weltkrieges in Brasilien

7. Fazit

8. Quellen- und Literaturverzeichnis
8.1. Quellenverzeichnis
8.1.1. Ungedruckte Archivquellen
8.1.3. Gedruckte Quellen
8.2. Literaturverzeichnis
8.2.1. Monographien
8.2.2 Periodika
8.2.3. Sammelbände
8.3. Internetquellen:

9. Anhang
9.1. Abkürzungen
9.2. Karte Brasiliens
9.3. Karte der evangelischen Kirchengemeinden in der Stadt Blumenau
9.4. Bericht über das Praktikum
9.5. Liste mit einführenden Werken zu Blumenau und mit der Stadt verbundenen Personen

1. Einleitung

Das Thema dieser Arbeit ist die Deutsche Einwanderung in Brasilien im 19. und 20. Jahrhundert. Aufgrund des Umfangs einer Magisterarbeit muss es aber einige Einschränkungen geben. Der mit dem Untertitel verbundene Bezug auf eine bestimmte Person als konkretes Beispiel bringt diese Einschränkung mit sich. Trotzdem soll ein Überblick – der von den Anfängen der Massenauswanderung bis hin zu den Weltkriegen und deren Folgen in der lokalen Gesellschaft geht – versuchen, bestimmte Vorgänge und Konsequenzen zu erläutern, da dieser Teil der Geschichte für viele eher unbekannt ist.

Um die Deutsche Einwanderung zu beschreiben, werden zunächst die Push-Faktoren, die Gründe für die Auswanderung aus Deutschland, dargestellt sowie die damalige deutsche Gesellschaft und die soziale und politische Lage, um alles in den geschichtlichen Kontext einzubetten. Auf der anderen Seite kommen die Pull-Faktoren für die Einwanderung nach Brasilien hinzu, der Besiedlungswunsch seitens der portugiesischen und dann der brasilianischen Regierung und die Möglichkeiten im neuen Land.

Nach der Ankunft in Brasilien bezieht sich diese Arbeit schwerpunktmäßig auf die Einwanderer, die sich in Blumenau – wohin Faulhaber auswanderte – im heutigen Bundesland Santa Catarina ab der Gründung 1850 niederließen. Daneben kommen auch andere Städte, Orte und verschiedene Personen zum Vorschein, soweit es sich für einen Vergleich oder zum besseren Verständnis anbietet.

Es wird der Aufbau der lokalen Gesellschaft betrachtet, was eine Auseinandersetzung mit den ineinander verwobenen Faktoren Politik, Kirchen-, Bildungs-, Presse-, und Vereinswesen bedeutet. Vor allem Kirche und Schule waren als Träger der deutschen Sprache und Kultur wichtig und werden hier angesprochen.

Anhand des Lebens von Hermann Faulhaber, eines deutschen Pastors, der nach Blumenau in Südbrasilien auswanderte, wird ein Blick auf die dortige Gesellschaft geworfen. Dazu werden seine biographischen Daten und sein dokumentarischer Nachlass – in den verschiedenen Bereichen, in denen er tätig war – analysiert. Es wird Faulhabers Werdegang beschrieben: die Auswanderung nach Brasilien, seine Tätigkeit in Blumenau in Südbrasilien und seine Rückkehr mit der Familie nach Deutschland bis zu seinem Tod.

Außerdem wird noch ein kurzer Ausblick über die Situation der Deutschen und deren Nachkommen in Brasilien gegeben. Die nächsten Jahre wurden bewegte Jahre für Deutschland und Europa, da die beiden Weltkriege die Weltgeschichte und das Leben mancher Menschen geändert haben, obwohl diese Menschen auf einem anderen Kontinent lebten.

Am Ende der Arbeit wird noch ein kurzer Überblick gegeben und die Folgerungen meiner Analyse dargestellt.

1.1. Fragestellung und Methode

Das Hauptanliegen dieser Arbeit ist es, einen Gesamtüberblick über die deutsche Einwanderungsgeschichte in Brasilien darzustellen, von den Anfängen der Einwanderung ab Ende des ersten Viertel des 19. Jahrhunderts bis in die 1940er Jahre. Dafür werden einzelne Schwerpunkte gesetzt: Kirche und Schule als Träger der deutschen Kultur im Ausland, Deutschtum und Nationalismus in Brasilien, sowie Aspekte der Assimilation. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf der Zeit um die Jahrhundertwende. Die Jahre zwischen 1889 und 1906 sollen als kurzer Rahmen dienen, um die lokale Gesellschaft in Blumenau ausführlicher zu präsentieren.

Indem ich das Leben eines Einwanderers – Pastor Hermann Faulhaber – betrachte, stelle ich exemplarisch einige Fragen, die zur Analyse der erarbeiteten Ergebnisse dienen, die man aber auch anhand anderer Persönlichkeiten dieser Zeitepoche oder irgendeiner anderen Zeit hätte stellen können. Wie war Faulhabers Werdegang bis er nach Blumenau in Brasilien ging? Wie lebte er und was bewirkte er in Blumenau? Außerdem ermöglicht seine Person noch in einer anderen Hinsicht eine interessante Analyse: er blieb nicht in Brasilien, sondern kehrte nach Deutschland zurück. Was bewog ihn dazu? Es bietet sich auch an zu fragen, wie er sich als Deutscher in Blumenau fühlte und was ihm seine Rückkehr nach vielen Jahren in sein Heimatland bedeutete.

Ich werde anhand von ein paar ausgewählten Briefen und anderen Texten Faulhabers und dem Personenkreis in seinem Umfeld den Beitrag dieses deutschen Einwanderers zur Entwicklung Blumenaus in dieser Phase der Geschichte Brasiliens darlegen und die Wirkungen seiner Tätigkeit herausarbeiten.

Die Entscheidung für Faulhaber ist von mir getroffen worden, weil er zur Zeit der Proklamation der brasilianischen Republik im Jahr 1889 nach Brasilien auswanderte. Es war eine bewegte Zeitepoche im Land, die leider unter den Forschern der deutschen Einwanderung in Brasilien weniger Beachtung findet als die Zeit der ersten Einwanderungen oder der beiden Weltkriege. Außerdem war er kein unbekannter Auswanderer, der in der Menge hätte verschwinden können – schon aufgrund seines Berufes – er war Pastor und Lehrer der „Neuen Deutschen Schule“ und zudem angeblich Begründer von zwei Zeitungen. Aber dennoch war er auch nicht so wichtig, als dass schon über ihn geforscht worden wäre.

Viele Briefe von ihm oder an ihn, einige über ihn, sind überliefert worden. Dadurch, dass es sich größtenteils um Primärquellen handelt, werde ich die Quellen selbst sprechen lassen, indem ich den originalen Wortlaut wiedergebe. Sein Werdegang und seine Tätigkeiten werden dieser Arbeit teilweise ihre Struktur geben.

Es wurde für diese Arbeite eine Liste mit Abkürzungen erstellt, sowie zum besseren Verständnis und zur Möglichkeit einer geographischen Einordnung zwei Karten angehängt: eine für ganz Brasilien und eine für das Tal des Itajaí. Außerdem wurde auch ein kurzer Bericht verfasst, der näher darauf eingeht, warum ich mich während meines Praktikums für dieses Thema für meine Magisterarbeit entschieden habe.1

1.2. Forschungsstand und Quellenlage

Um diese Fragen zu beantworten und Faulhabers Weg nachzuzeichnen, werden die dazu dienenden Quellen herangezogen und für eine Einbettung in die damalige Zeit zudem die Literatur analysiert. Eine erstellte Bibliographie folgt dann am Ende der Arbeit. Vorwegzunehmen sind die wichtigsten Archivbestände, Werke und Autoren, die sich mit dem Thema auseinandersetzten oder dies heute noch tun. Aufgrund ihrer Bedeutung für diese Arbeit müssen sie angeführt werden. Einige Autoren tauchen immer wieder auf, nämlich diejenigen, die sich am intensivsten damit beschäftigten oder die einschlägigsten Werke – zum Teil auch mehr als nur eines – zum Thema anfertigten. Im Forschungsstand wird aber nur eine Angabe pro Autor gemacht – wenn nicht anders angeführt.

Meine Arbeit behandelt das Leben und Werk von Hermann Faulhaber, erfordert daneben aber umfangreiches Hintergrundwissen, um diese Zeitepoche in das richtige Blickfeld zu bekommen. Daher habe ich neben der deutschen und brasilianischen Literatur auch die Englische und Spanische herangezogen, um einen Überblick zu bekommen. Was die Zitate betrifft, habe ich mich dafür entschieden, die in portugiesischer Sprache verfassten Worte – wenn wörtlich zitiert – frei zu übersetzen, da es sich nicht um eine gängige Fremdsprache wie Englisch oder Spanisch handelt.

Damit die Personen, die diese Arbeit lesen, die darauffolgenden Entwicklungen verstehen können, wie es zu einen Werdegang wie dem des Pastors Faulhabers kam, gebe ich die Richtlinien der Deutschen Auswanderung im Allgemeinen und nach Brasilien im Besonderen wieder, um mich dann der Geschichte Blumenaus – wohin er auswanderte – zu widmen. Erst dann kann man die Realität der lokalen Gesellschaft richtig zu deuten versuchen und damit Faulhaber in Blumenau folgen. Hinzu kommen noch wichtige Entwicklungen, nachdem Faulhaber schon längst wieder nach Deutschland zurückgekehrt war.

Es gibt Institute sowohl in Brasilien als auch in Deutschland, die sich mit dem Thema der deutschen Einwanderung in Brasilien beschäftigen: das Martius-Staden-Institut in São Paulo2, das seit 1953 ein Jahrbuch herausgibt, die Freie Universität Berlin oder das Lateinamerika-Institut sowie das Ibero-Amerikanische Institut in Berlin. Ich habe direkten Kontakt nur mit dem Martius-Staden-Institut aufgenommen. Obwohl die anderen Institute für die Forschung Brasiliens und Deutschlands auch wichtig sind, waren sie für diese Arbeit nicht von Bedeutung.

Berichte, Ratgeber, Werbeschriften, Broschüren, Zeitungen, private und offizielle Korrespondenz sind in verschiedenen Archiven zu finden: die Akten des Evangelischen Zentralarchivs in Berlin – EZA3, zur Geschichte der Kolonie Blumenau direkt vor Ort das Arquivo Histórico José Ferreira da Silva – AHJFS4, das die Einsicht in die Zeitung Der Urwaldsbote ermöglicht ebenso wie die Biblioteca Municipal Dr. Fritz Müller Bücher zur Verfügung stellt, die sonst schwierig zu finden sind.

Für diese Arbeit waren vor allem die Dokumente des EZA in Berlin und des AHJFS in Blumenau entscheidend.

Sowohl die brasilianischen Gesetze als auch die Gesetze in den deutschen Territorien sind für die Arbeit wichtig, da sie teilweise die Auswanderung lenkten oder zumindest beschränkten. Diese werden normalerweise von anderen Autoren aufgegriffen, die sich direkt damit auseinandersetzten.

Die verschiedenen Berichte von Dr. Hermann Blumenau – Gründer der Kolonie und späteren Stadt Blumenau – enthalten viel Material über die Zeit der Auswanderung, stellvertretend seien hier zwei Werke5 genannt, die für mich von Bedeutung waren: seine ersten zwei Berichte „Südbrasilien in seinen Beziehungen zu deutscher Auswanderung und Kolonisation“ von 1850 und „Leitende Anweisungen für Auswanderer nach der Provinz Santa Catharina in Südbrasilien“ von 1851, beide in Rudolstadt in Deutschland erschienen.

Allerdings ist die Sprache ein wesentliches Problem für viele brasilianische Forscher. Es fehlen Kenntnisse, um die Quellen zu bearbeiten und in deutscher Sprache können die Wenigsten schreiben. Noch komplizierter wird es, wenn es sich um nicht gedruckte Schriften handelt, die noch nicht ediert worden sind bzw. um die Frakturschrift, die Sütterlinschrift oder wie diese Schriftarten in Brasilien allgemein bekannt sind als die „alte deutsche Schrift“ oder „gotische Schrift“. All das fördert nicht unbedingt einen wissenschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und Brasilien, oder anders ausgedrückt, be- und verhinderte dieser Umstand die Forschungen.

Aufgrund mangelnder Kenntnisse der deutschen Sprache oder Tipp- und Schreibfehlern tauchen in einigen Texten – von Wissenschaftlern und Zeitgenossen der Einwanderung – auch grammatikalische Fehler auf, die in den Zitaten übernommen werden – wobei auf diese jedoch aufmerksam gemacht wird. Genauso werden von den Autoren gekennzeichnete Textstellen, die hervorgehoben worden sind und auf etwas hinweisen sollen oder ein Hinweis dafür sind, dass etwas in einer Fremdsprache geschrieben worden ist - auch wenn es sich um die deutsche Sprache handelt - beibehalten. Da die Epoche, die von der Arbeit abgedeckt wird, ziemlich lang ist, tauchen auch verschiedene Schreibweisen auf, weil sich die grammatikalischen Regeln von damals im Laufe der Zeit verändert haben.

“Gesellschaften, Klassen und Schriften, erzählen ihre Geschichte in Geschichten, in überschaubaren und auf verschiedene Sachverhalte ausgerichteten Episoden.“6 Denn auch die Schriften erzählen ihre eigene Geschichte, nicht nur die, die sie erzählen wollten oder sollten und die die Leser daraus entnehmen.

Für die Geschichte Blumenaus ist die Zeitschrift Blumenau em Cadernos extrem wichtig. Sie erschien das erste Mal im November 1957 in Curitiba. Herausgeber war José Ferreira da Silva, der von 1938 bis 1941 Bürgermeister Blumenaus gewesen war und über die Geschichte der Stadt forschte. Die damals monatlich erscheinende Zeitschrift nahm sich vor, das im historischen Archiv Blumenaus vorhandene Material für die Nachwelt zu erschließen, darunter Fakten über das Bundesland Santa Catarina – auch als SC bezeichnet –, hauptsächlich aber über das Itajaítal.7 Sie ist eine der wenigen brasilianischen Zeitschriften, die ohne Unterbrechung seit ihrem ersten Erscheinen fortgesetzt wird.8 Sie erscheint bis heute regelmäßig alle zwei Monate.

Einige Autoren beschäftigten oder beschäftigen sich direkt mit dem Thema der deutschen Einwanderung in Brasilien, dem Schicksal der deutschen Einwanderer und deren Nachkommen, ihrer Leistung und ihrem Beitrag zum Aufbau der brasilianischen Nation. Es waren Deutsche oder Deutschstämmige, Einwanderer oder Reisender wie z.B. Karl Fouquet9, Karl Heinrich Oberacker Jr.10, Alfred Funke11 und Hartmut Fröschle12. Auch Autoren wie Lacmann13, Wettstein14 und Zöller15, sie alle schrieben über ihre Erlebnisse und die Gesellschaft ihrer Zeit. Hinzu kommt ein brasilianischer Autor, Gilberto Freyre16. Von Gertz wird sogar behauptet, er hätte geschrieben um Oberacker zu revidieren.17

Einige Forscher wirken teilweise sehr konservativ und haben eine einseitige Sichtweise bzw. vertreten eine Einstellung, die vielleicht zeitlich bedingt war. Daher muss man die Einstellung der Autoren und den damaligen Zeitgeist immer genau beachten. Man muss auch auf orthographische Änderungen achten, die Veränderung des Wortsinns im Laufe der Jahrhunderte, um bestimmte Zusammenhänge nicht falsch zu interpretieren.

Ein Problem der brasilianischen Forscher ist, dass einige nicht immer sehr sorgsam mit Quellenbelegen umgehen. Es gibt wichtige Wissenschaftler, die für ihre eigentlich seriöse Arbeit in der wissenschaftlichen Landschaft bekannt sind, bei denen es aber an Quellennachweisen und Literaturangaben mangelt. Der Autor wird vielleicht noch genannt, aber nicht die konkrete Seite, der ein bestimmtes Zitat entstammt. Ein Beispiel dafür ist Giralda Seyferth18, die die Auswirkungen auf das Leben der deutschen Einwanderer und deren Nachkommen im Hinblick auf Immigration, deutsche Kolonisation, Kultur, Identität, Ethnizität und Konflikte erforschte. Ihre Aussagen wirken ziemlich verallgemeinernd, denn regionale Unterschiede werden oft nicht angesprochen. Ein weiteres Beispiel ist Telmo Lauro Müller19, der mehrere Bücher und Aufsätze über die Auswanderung der Deutschen und ihr Leben in dem von ihnen ausgesuchten Land schrieb. Beide Autoren beziehen sich auf die eigene Erfahrung als Menschen, die in einer Region, die von deutschen Einwanderern kolonisiert wurde, aufgewachsen sind. Die Kenntnisse, die sie sich dadurch erworben haben, verleihen aber nur bedingt Autorität im wissenschaftlichen Bereich, und zwar nur dann, wenn die Aussagen auch nachprüfbar sind.

Rene Ernaini Gerz20 und Luís Edmundo de Souza Moraes21 beschäftigen sich mit der politischen Lage, den politischen Auswirkungen der deutschen Einwanderung in Südbrasilien und vor allem in Blumenau, insbesondere in den 30er Jahren.

João Klug22, Martin Norberto Dreher23 und Hans-Jürgen Prien24 haben ausführlich über die evangelische Kirchenwerdung in Brasilien geforscht. Faulhaber war an erster Stelle ein Kirchenmann, insofern muss man die religiösen Bedingungen der Zeit kennen.

Es gibt einige Wissenschaftler, die sich mit dem Thema der Akkulturation und Assimilation der Einwanderer und deren Nachkommen beschäftigten. Es sei hier noch einmal auf Giralda Seyferth hingewiesen, außerdem machte sich Emilio Willems25 in diesem Bereich einen Namen.

André Fabiano Voigt forschte zur Erlangung des Doktorgrades über die Erfindung des Deutschbrasilianers, um genauer zu sein, versuchte er, dem Konzept des Deutschbrasilianers nicht nur historisch nachzugehen, sondern es an sich zu überprüfen.26

Nicht zuletzt sind für diese Arbeit und für die Forschung im Allgemeinen auch wissenschaftliche Artikel, die in den verschiedensten Zeitschriften erschienen oder noch erscheinen und wissenschaftliche Veröffentlichungen27 in verschiedenen Zeitschriften wie z. B. in der Revista Espaço Cultural von Bedeutung. Ebenso Vorträge, die im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Kolloquien und Symposien entstanden sind: exemplarisch zu nennen ist das X. Simpósio de História da Imigração e Colonização Alemã, ein Symposium über die Geschichte der Immigration und der deutschen Kolonisation, das im September 1992 in São Leopoldo stattfand. Ein anderes Beispiel ist auch das III. Colóquio de Estudos Teuto-Brasileiros, - was auch das letzte war - also ein Kolloquium über die Deutsch-Brasilianischen Studien. Durch diese Artikel gewinnt man einen Eindruck über den Verlauf der Forschung in Brasilien und was die Geschichte der deutschen Kolonisation in Brasilien betrifft.

Es gibt auch noch eine Liste von neueren Werken, die für diese Arbeit nicht wichtig sind, die aber einen Einblick in die neuen Erscheinungen über Blumenau geben.28

1.3. Begriffserklärungen

In dieser Arbeit erscheinen einige Begriffe, die ohne eine nähere Erklärung zu Missverständnissen führen könnten und daher eine nähere Erläuterung erforderlich machen.

1.3.1. Der Alldeutsche Verband – Liga Pangermânica – und die „Deutsche Gefahr“

Nach Seyferth war es eine deutsche Einrichtung, die in Brasilien – aufgrund ihrer Ideologie – dafür sorgte, dass die Angst der Brasilianer vor einer „Deutschen Gefahr“ gesteigert wurde. Das Konzept von Lebensraum und Überlegenheit der „arischen“ Rasse, sowie die Schwierigkeiten, Deutsche zur Assimilation zu bewegen und die verbreitete Meinung des Alldeutschen Verbandes, dass die im Ausland lebenden Deutschen Auslandsdeutsche waren, die nur zufällig Staatsangehörige anderer Staaten waren, bewog die Brasilianer dazu, die Mitglieder des Verbandes als rassistisch und expansionistisch anzusehen. Hinzu kommt, dass der Verband mit dem deutschen Imperialismus in Verbindung gebracht werden konnte und dass er alle Deutschen in der Welt vereinigen wollte - im Namen eines rassischen und nationalen Bandes.29

Luebke schreibt über den Verband:

In its widely distributed publications, this organization emphasized the cultural kinship of Germans all over the world and agitated vociferously for a colonial empire, for an enlarged navy, for war as an instrument of national policy, and for the preservation of German language and culture in German settlements overseas.30

Dies trug dazu bei, dass in Brasilien die Idee einer „Deutschen Gefahr“ verstärkt wurde. Diese Schriften und Absichten klangen aggressiv und wollten genau das Gegenteil von dem erzielen, was die Brasilianer im Laufe der Jahre aus ihren Gefühlen für Nationalität und Patriotismus noch entwickeln würden.

La leyenda del «peligro alemán», que había circulado en el país casi desde la llegada de los primeros emigrantes, y que fue periódicamente aireada por la prensa brasileña, alcanzaría una virulencia inusitada en 1899, cuando la política exterior de Guillermo II propiciaba las acusaciones internacionales de su pretendido imperialismo. Los rumores de que Berlín deseaba crear en Brasil un Estado alemán y de que la construcción de su flota formaría parte de este plan, tuvieron que ser desmentidos una y otra vez. 31

Die Legende der „Deutschen Gefahr“ war demnach schon sehr lange präsent im alltäglichen Leben, sowohl der Deutschen als auch der Brasilianer. Die von Wilhelm II. getriebene Politik schürte die Ängste der Brasilianer vor den Deutschen und Deutschstämmigen nur noch mehr.

Senna führte „die ungerechte Legende oder das Märchen von der ‚Deutschen Gefahr‘ in Süd-Brasilien“ auf die Zahl der niedergelassenen Deutschen in Brasilien - 400.000 von den insgesamt sechs Millionen Ausgewanderten – zurück, da nur die Vereinigten Staaten, Russland und Frankreich noch mehr Deutsche aufgenommen haben sollen.32

Meiner Meinung nach ist es weniger der Zahl der deutschen Einwanderer zuzuschreiben, sondern vielmehr der internationalen Presse und der brasilianischen Politik und Einstellung gegenüber Ausländern zu verdanken.

1.3.2. Deutsch - Deutscher

Deutsch oder Deutscher ist hier als ein erweiterter Begriff, der nicht mit der deutschen Staatsbürgerschaft gleichgesetzt werden kann, zu begreifen, weil die Auswanderung zudem vor der Reichsgründung 1871 begann und es somit in diesem Sinne noch keinen deutschen Staat gab.

Fouquet meint, dass im 19. Jahrhundert deutsch nur bedingt ein politischer Begriff war, sondern vielmehr eine auf mehrere Staaten – aus der Mitte, dem Südosten und Osten Europas - verteilte Sprach- und Kulturgemeinschaft mit Eigenheiten, die regional und je nach Volksstamm bedingt waren. Es waren also Menschen, die aufgrund ihrer Sprache von den Brasilianern oder Einwanderern anderer Ethnien als Deutsche – rein begrifflich ohne politischen Inhalt - wahrgenommen wurden. Im 20. Jahrhundert dann wechselte die Staatsangehörigkeit der Einwanderer ständig aufgrund der Verschiebungen der Grenzen.33

Daraus schließe ich, dass nicht jeder vollumfänglich über seine neue Staatsangehörigkeit informiert wurde oder dies vielleicht nicht ohne Einwände akzeptierte und daher teilweise sogar versuchte, diese Information bei der Ankunft in Brasilien zu unterbinden. Außerdem war in Bezug auf die Sprache Deutsch nicht gleich Deutsch, wenn man die verschiedenen Dialekte bedenkt, die vorherrschten bevor es ein einheitliches Hochdeutsch gab.

Auch Luebke meint, dass eine deutsche Herkunft sehr ungenau war, denn es wanderten Deutschsprachige aus Österreich, Ungarn, Russland, Rumänien, Jugoslawien, der Schweiz und Frankreich in den amerikanischen Kontinent ein. Außerdem seien die Sprache und die Kultur in diesem Falle wichtiger als die Nationalität.34

Auch Fröschle ist der Meinung, dass der Begriff Deutsch nach Sprache, Kultur und Herkunft definiert werden muss, nicht nach Staatsangehörigkeit.35

Deutsch kann also im Falle der Einwanderung in Brasilien sprachlich, kulturell, ethnisch, geographisch oder nationalistisch definiert werden.

1.3.3. Deutschtum – Deutschbrasilianertum

Seyferth36 sieht den Anfang eines deutschbrasilianischen Bewusstseins und eines Gruppenzugehörigkeitsgefühls, das auf dem Deutschsein beruhte, darin, dass die deutschen Immigranten nach der gescheiterten Revolution von 1848 mit diesem politischen und intellektuellen Hintergrund nach Brasilien kamen. Dies war der Fall bei Karl von Koseritz – dem Deutschen mit dem größten politischen Einfluss in Porto Alegre – dessen Ideen als Synthese des Deutschtums angesehen werden können: also politische Integration und Recht auf Einbürgerung in Brasilien, Treue zum neuen Vaterland und die Wichtigkeit des Beitrages der deutschen Arbeit zur Entwicklung Brasiliens, aber gleichzeitig die Zugehörigkeit zur deutschen Ethnie. Das Deutschtum oder das Deutschbrasilianertum beinhaltete die Idee der deutschen Überlegenheit gegenüber den Brasilianern durch den ökonomischen, politischen und kulturellen Beitrag der Deutschen in Brasilien und das gleichzeitige Zugehörigkeitsgefühl zur deutschen Nation – mit dem Vermerk, dass Seyferth den Begriff für eine Zeit verwendet, bevor Deutschland eine einheitliche Nation wurde. Eine glorifizierende Rolle in einem ethnozentrischen Konzept, in dem Fortschritt und Zivilisation mit dem Deutschsein – als Rasse, Sprache, Kultur und Geist, also ius sanguinis - in Brasilien einhergehen. Das Deutschbrasilianertum identifizierte sich mit der deutschen Herkunft – ius sanguinis – und mit der brasilianischen Staatsangehörigkeit – durch Naturalisierung oder durch den ius soli.

Voigt beginnt einen wertvollen Diskurs über den Begriff des Deutschbrasilianers, indem er erklärt, es sei eine Bezeichnung für die Nachkommen der deutschen Immigranten, die ab dem 19. Jahrhundert – vor allem die für sie vorgesehenen – Südstaaten kolonisierten. Irgendwann wurde es zur „Bewahrung des Blutbandes und der kulturellen Spuren, die von den Immigranten mitgebracht und Generationen hindurch erhalten worden waren – was sogar als Drohung für die nationale Einheit Brasiliens angesehen wurde.“ Nach dem Krieg wurde es von der Forderung nach der deutschen Staatsangehörigkeit losgelöst und eher mit den Merkmalen, die für einen Beitrag für die Entwicklung des Landes stehen, in Verbindung gebracht.37

Auch Gertz betont, dass der Begriff dazu diene, in erster Linie die deutschen Einwanderer und deren Nachkommen zu definieren, aber dass es auch um eine Ideologie und eine Verteidigung des Deutschseins dieser Bevölkerung geht. Es kann auch beides gleichzeitig bedeuten. Er schreibt, dass es schwierig ist auszumachen, wann diese Ideologie entstand, versucht es aber an das Interesse Deutschlands für die Ausgewanderten ab 1875 festzumachen.38

Interessant ist auch eine Anmerkung von Meyer, die meint, dass ein großer Teil von dem, was unter deutscher Kultur und Geist verstanden wurde, nach dem Zweiten Weltkrieg dem Begriff der Ethnie zugeschrieben wurde. 39

1.3.4. Kolonie - Kolonisation

Während einige europäische Mächte bereits ab dem 16. Jahrhundert begannen, sich dem Land in Übersee zu bemächtigen und sie in Kolonien umzugestalten, traten die deutschen Länder aus den verschiedensten Gründen nicht als Kolonialmacht in Erscheinung. Brasilien war eine Kolonie Portugals im gebräuchlichen Sinne.

Daneben gibt es noch einen erweiterten Begriff für Kolonie, nämlich den der „deutschen Kolonien“, die in überseeischen Siedlungen von ausgewanderten Deutschen gegründeten wurden. Der Begriff hat in Brasilien eine historische Tradition, es bezeichnet zum einen die ganze ländliche Region, die kolonisiert wurde, zum anderen das Stück Land, das der Einwanderer bekam, um es mit der ganzen Familie zu bewirtschaften – durch Anbau verschiedener Pflanzenarten und Viehzucht, um von dem Ertrag und den daraus hausgemachten Produkten zu leben. Die Eigentümer dieses Stück Landes bezeichneten sich selbst als colonos, also Kolonisten, um ihre conditio als ländliche Arbeiter, die Haushalt und Betrieb gleichzeitig war – zur Schau zu stellen. Auch wenn sie als unabhängig galten, waren sie teilweise vom Handel abhängig.40

In São Paulo – auch als SP bezeichnet –, anders als im Süden, konnte es auch noch eine andere Bedeutung haben: Kolonie als „eine Gruppe von Leuten gleicher Herkunft, die zusammen in einer ethnischen Gemeinde leben und agieren.“41

Nicht zu vergessen, dass es auch noch mehrere Arten von Kolonien – hier im Sinne von Unternehmen – gab. In Rio Grande do Sul – auch als RS bezeichnet – wurde die Kolonisation seitens der Regierung tatkräftig unterstützt. In SC gab es Beispiele für die Unternehmen von Kolonisationsgesellschaften wie die Kolonie Hansa oder die privaten Unternehmen wie im Falle der Kolonie Blumenau. Es gab aber auch Mischungen beider Arten.

Die deutschen und italienischen Immigranten in RS, SC und Espírito Santo – auch als ES bezeichnet – bekamen Land in den unbewohnten Flusstälern – um den Urwald zu besiedeln – von der Regierung oder von den Kolonisationsgesellschaften – je nach Erscheinungsform der Kolonie – finanziert.42

In den 1840er Jahren gab die Landesregierung die Verantwortung bezüglich der Kolonisation an die jeweiligen Provinzen weiter. Außerdem wurde es möglich, private Kolonien zu gründen.43

Prien unterteilte die deutschen Kolonien in ganz Brasilien in fünf Erscheinungsformen: Kaiserliche Kolonien, Provinzkolonien, Kolonien von Kolonisationsgesellschaften, private Kolonien – also durch Privatinitiative entstanden –, und Parceria-Kolonien – also mit Pachtverträgen. 44

Allerdings darf der Begriff deutsche Kolonie nicht zu Irrtümern verleiten, denn es bedeutete nicht immer eine homogene Herkunftsgruppe von Leuten. Die Regierung hatte ab einem bestimmten Zeitpunkt gemischte Kolonien im Sinne, um ethnisch homogene Gruppen zu vermeiden.45

Welche Art von Kolonie im Laufe der Arbeit behandelt oder angesprochen wird, wird dort der Inhalt des Textes näher erklären.

Der Begriff wirkte so prägend, dass noch heute jährlich der dia do colono, also der „Kolonistentag“, gefeiert wird und zwar mit Gottesdiensten an dem dem 25. Juli nächsten Sonntag, dem Tag an dem Deutsche die erste erfolgreiche Kolonie, São Leopoldo, gründeten. Ein Beispiel dafür ist der jährliche evangelische Gottesdienst der Kirche Gustavo Adolfo in Vila Itoupava, ein Distrikt 25 Kilometer entfernt vom Zentrum der Stadt Blumenau. In den abgelegendsten Gegenden des Ortes hört man heute noch die Bezeichnung colonos, also Kolonisten, für Leute, die Inhaber von Grundstücken sind, auf einem kleinen Stück Land leben, es bestellen und daraus teilweise noch heute ihren Lebensunterhalt verdienen.

1.3.5. Estado Novo

Der Estado Novo entstand durch den Staatsstreich Getulio Vargas‘ in November 1937. In den folgenden sieben Jahren sollte Vargas als Diktator außerhalb jedes verfassungsmäßigen Rahmens regieren, obwohl er angekündigt hatte, eine stark zentralistische und autoritäre Verfassung in einem Plebiszit vorlegen zu wollen.46

Der Estado Novo stellte nicht so sehr den Versuch dar, einen faschistischen Staat zu organisieren, als [sic - vielmehr] das Bemühen, in Brasilien endlich einen zentralen Staat zu schaffen, imstande [sic - der im Stande war], die Funktionen zu erfüllen, die man im 20. Jahrhundert von einem solchen Staat erwarten konnte.47

1.3.6. Nationalisierung - Nativismus

Die Nationalisierung wurde schon sehr früh betrieben, aber erst durch den Estado Novo intensiviert.

Nach Seyferth konnte der Estado Novo die Kampagne für die Nationalisierung dadurch legitimieren, dass alle Deutschstämmigen in Brasilien als Anhänger des Nationalsozialismus ausgegeben wurden, egal ob sie zur Partei gehörten und der Ideologie folgten oder nicht. Alle Immigranten sollten zwangsassimiliert werden. Alle Immigrantengruppen wurden von den Nationalisierungsmethoden betroffen – auch wenn ein Teil der betroffenen Bevölkerung politisch und ökonomisch schon integriert war und sowohl Deutsch als auch Portugiesisch beherrschte – aber die Aktivitäten der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg sowie der Eintritt Brasiliens in den Krieg 1943 verschärfte die Lage gegen Deutsche, Japaner und deren Nachkommen. Die Autorin behauptet, die Nationalisierungskampagne war der Epilog einer Immigration und Kolonisation, die aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit zur deutschen Nation problematisch war. Meiner Meinung nach ist dies nicht als Epilog zu bewerten, da die Betroffenen während und nach der Kampagne, teilweise bis heute, mit den Konsequenzen leben müssen.48

Gertz arbeitete drei Gründe für die Nationalisierungspolitik heraus: die Idee des Nationalismus – auch Nativismus genannt, der auf der kolonialen Basis beruhte –, die anti-liberale Ideologie des Staates und die materielle Notwendigkeit, einen modernen Staat zu vereinigen und zu homogenisieren.49

Holanda führte den Nativismus als Grund für das Ende der Arbeit des Major Schaeffer im Jahr 1828, der Kolonisten und Soldaten anwarb, an. Dies stellte er als auslandsfeindlich dar, weil am 15. Dezember 1830 ein Gesetz in Kraft trat, das der Regierung verbot, Geld für die Kolonisation durch ausländische Immigranten auszugeben.50

Auch Rabuske meint, dass eine erste Nationalisierung 1917 und eine zweite – die bekannteste – die vor und während des Zweiten Weltkrieges einsetzte, von der brasilianischen Regierung angeordnet worden waren. Es gab zwischen beiden einen wichtigen Unterschied: in der ersten Phase waren die Deutschbrasilianer davon betroffen, in der zweiten alle Ethnien, die zur Achse – also zu den Ländern, die auf Deutschlands Seite im Krieg kämpften - gehörten.51

1.3.7. Naturalisierung

1883 betont Zöller die Bedeutung der Naturalisierung für die Einwanderer,52 die nach der Proklamation der Republik am 15. November 1889 erfolgte. Es gab zur gleichen Zeit die Möglichkeit zur Naturalisierung und die Mehrheit der Immigranten ließ sich naturalisieren, d.h. als brasilianische Staatsangehörige einbürgern.53

Allen Personen, die am 15. November 1889 in Brasilien ansässig waren, wurden volle Staatsbürgerrechte gewährt, wenn sie dagegen keinen Einspruch erhoben. Dieses Ereignis wird auch die „Große Einbürgerung“ genannt. Es ist allerdings stark zu bezweifeln, dass die Einwanderer davon überhaupt in Kenntnis gesetzt wurden – man muss nur an die riesigen Distanzen und Kommunikationsprobleme denken –, und wenn ja, ob sie die Chance gehabt hätten, in die Städte zu reisen um Einspruch einzulegen.

Die Probleme erledigten sich allerdings nicht mit der Einbürgerung oder mit ihrer Verweigerung.

Seitdem die amerikanischen Länder die politische Unabhängigkeit erreichten, gab es Schwierigkeiten mit den europäischen Völkern aufgrund der Auffassungen von dem ius soli und dem ius sanguini. Es sollte zu einem kulturellen Konflikt werden: auf der einen Seite versteht sich jemand, obwohl er in Brasilien geboren wurde, nicht als Brasilianer und wird trotz Staatsbürgerschaft deswegen verachtet, auf der anderen Seite wird von jemandem, der nicht in Brasilien geboren wurde, eine Assimilation gefordert, obwohl die Idee besteht, dass er gar nicht Brasilianer sein oder werden kann.54

1.3.8. Pastor und Pfarrer

In dem Kontext dieser Arbeit ist die Unterscheidung zwischen Pastor und Pfarrer nicht von Bedeutung, da für dieselbe Person beide Bezeichnungen als gleichbedeutend verwendet werden – denn beide Begriffe wurden auch in den Quellen vorgefunden.

2. Die Auswanderung aus Europa

Um die gesamte Lage der Auswanderung in den Blick zu bekommen, werde ich auf die sogenannten abstoßenden Faktoren eingehen, die die Leute zur Auswanderung bewogen.

2.1. Gründe für die Auswanderung der Deutschen

Marschalcks Meinung nach wanderten die Leute aus verschiedenen Gründen aus: Religiöse Beweggründe waren im 19. Jahrhundert nur noch ein Überbleibsel aus früheren Zeiten, doch auch politische Flüchtlinge gab es immer wieder, hervorgerufen u.a. durch „die Karlsbader Beschlüsse 1819, die Revolutionen von 1830 und 1848 und die Aufstände in Baden und in der Pfalz im Sommer 1849“; genauso gab es Leute, die allein deswegen auswanderten, weil sie erwarteten, im neuen Land wirtschaftlich erfolgreicher zu sein, was auf eine neue Form der Wanderung hindeutete. Diese drei Arten von Auswanderungen hatten keine große Bedeutung. Die große Masse – 5,5 Millionen - wanderte aus sozialen Motiven aus.55

Marschalck führt eine Reihe von Motiven für die Auswanderung an: Missernten, Hungersnöte, Teuerungen, gescheiterte Revolutionen, erlittene Kriege, Militärdienst, Entlastung der Armenkasse, nicht eingehaltene Verfassungsversprechen, Überbevölkerung durch einen Rückgang der Sterblichkeit, soziale Veränderungen durch die Bauernbefreiung und die Einführung der Gewerbefreiheit und andere Faktoren wie z.B. das Realteilungserbrecht – die gleichmäßige Verteilung des ererbten Bodens unter den Erben nach dem Tode des Stellenbesitzers - in bestimmten Regionen.56

Auch Görisch gibt verschiedene Gründe für die Auswanderung der Deutschen an: die wachsende Bevölkerung, Missernten wie die von 1816/17 und 1845/47, Steuern und die Umstrukturierung der Produktionsverhältnisse: „der beginnende Zerfall der mittelalterlichen Gilden- und Zunftstrukturen, die Produktion und Absatz streng geregelt hatten, sowie der Abbruch nationaler Handelsbarrieren“ und der einsetzende freie Wettbewerb.57 Görisch beruft sich dabei auf Männer wie den hessischen Staatsmann Hans Christoph von Gagern, der die Auswanderung schon um 1800 „als Ventil zum Abbau der wachsenden sozialen Spannungen“ sah. Schon die nationalistischen Stimmen sahen in der Auswanderung die Gelegenheit, deutsche Kultur ins Ausland zu tragen und der heimischen Wirtschaft Märkte und Rohstoffquellen zu erschließen, wovon auch das Transportgewerbe profitieren sollte.58

Luebke betont, dass die Auswanderer meist der niedrigen und mittleren Schicht der Gesellschaft angehörten, die in der neuen Welt ein besseres Leben suchten. Sie ist der Ansicht, dass dabei politische und religiöse Probleme keine so wichtige Rolle spielten, wie manchmal behauptet wird. Sowohl die Einwanderer in die USA als auch nach Brasilien waren u.a. ungelernte Arbeiter, Bauern, Handwerker und Kleinhändler59.

Aber die bestehenden Unterschiede unter den Einwanderern seien von der lokalen Gesellschaft in den USA und Brasilien nicht wahrgenommen worden:

Thus important distinctions within the German immigrant society with respect to place of origin, variations in regional speech or dialect, religious divisions, and social and political differences were lost on both Anglo-Americans and Luso-Brazilians, who tended to lump them all together on the basis of their presumably common language.60

Auch wenn diese Heterogenität von der lokalen Gesellschaft nicht wahrgenommen wurde, existierte diese dennoch. Die Einheimischen sahen diese nur nicht so deutlich wie die davon Betroffenen selbst.

Hier sei nur auf die Phasen der Auswanderung, die durch die unterschiedlichen Formen der Auswanderung – sprich Unterschiede bezüglich Klassenzugehörigkeit, geographische Herkunft und Einzel- oder Familienauswanderung – gekennzeichnet wurden, hingewiesen.

Zwischen 1815 und 1865 wanderten selbständige Bauern- und Handwerkerfamilien aus dem süd- und westdeutschen Raum aus; im Zeitraum zwischen 1865 und 1895 wanderte vor allem die unterbäuerliche und unterbürgerliche Schicht aus Norddeutschland und Nordostdeutschland aus – neben der Familienauswanderung begann die Einzelauswanderung. Zwischen den Jahren 1895 und 1914 nahm die Zahl der Einzelauswanderer aus der Industriearbeiterschaft zu, während die Auswanderung insgesamt an Bedeutung verlor.61

2.2 Probleme bei der Auswanderung

Diese Arbeit umfasst nicht die Probleme, die mit dem Anfang der Reise in Deutschland in Zusammenhang standen, wie z.B. das Verkaufen des Landes, des Besitzes oder der Habe, die Entscheidung, über welchen Hafen ausgewandert wurde und wie die Auswanderer vom Heimatdorf bis zur Hafenstadt reisten, welche Auswanderungsinformationsschriften in Anspruch genommen wurden, um sich zu informieren, oder ob überhaupt solche vorhanden waren. Es werden auch nicht die Agenten, Makler, Agenturen, Vereine und Hilfsorganisationen, die dadurch entstanden, besprochen. Ebenso bleiben die Probleme, die es gab wenn es darum ging, welchen Auswandererverein die Leute aufsuchten, oder wie diese Vereine entstanden oder zu welchen Zwecken, außen vor, genauso wie die Fragen, wie die Leute zu genügend Geld kamen, um diese Reise zu bezahlen, wie sie die dazu nötigen Dokumente und Pässe beschafften, oder wie sie sich für ein bestimmtes Land entschieden. Nicht zu vergessen die Gefahren während der Reise, die ungefähr neun Wochen dauerte, aber in schlimmen Fällen auch zwei Jahre dauern konnte, oder die nicht eingehaltenen Versprechungen der Agenten und die Furcht der Leute vor den tropischen Krankheiten. Letztendlich zähle ich hier nur einige Schwierigkeiten auf, um deutlich zu machen, dass der Entschluss zur Auswanderung meistens nicht so einfach war, wenn man die Probleme betrachtet, die dadurch entstehen konnten und damit verbunden waren. Ich gehe hier auf die Schwierigkeiten auf politischer und gesetzlicher Ebene ein.

Denn wie Görisch behauptet, entstammte die Beschränkung der Freizügigkeit dem Leibeigenschaftsrecht des Mittelalters. Die ansteigenden Emigrantenzahlen aber zeugen davon, dass „die Strafandrohungen der alten Landesgesetze gegen Auswanderer offensichtlich wirkungslos blieben.“62 Nach Brunn wurde die Freiheit zur Auswanderung mit den Pariser Verträgen von 1814 und 1815 geschaffen.63 Die preußische Bürokratie betrachtete das Überschreiten der Landesgrenzen als die endgültige Loslösung vom Staat.64

Doch sollte die Lage in Brasilien die Gesetze in Deutschland verändern. Die Halbpachtverträge in SP waren dafür verantwortlich, denn im restlichen Brasilien gab es derartige Probleme nicht.

Moltmann zufolge warnte der preußische Zentralverein für Auswanderung in Berlin vor den unglücklichen Folgen von Halbpachtverträgen.65

Das parceria-System stellte nicht nur ein Migrationssystem dar, sondern war vor allem eine spezifische Form der Ernteteilung zwischen Pachtarbeitern (parceiros) und den Großgrundbesitzern (fazendeiros). Die strittigen Elemente waren die zeitliche Unbegrenztheit der Verträge und die variierenden, erst gut ein Jahr nach der Ernte bekannt werdenden Anteile der Arbeiter, weswegen die Arbeitsbedingungen willkürlich und dehnbar wurden. Die Abwälzung der Kosten der Einwanderung auf die parceiros war wahrscheinlich der auslösende Faktor für die Arbeitsunruhen und den vorzeitigen Niedergang des Systems.66

Alves bezieht sich auf verschiedene Autoren, wenn sie betont, dass wenn man über die colônias de parceria spricht, immer die des Senator Vergueiro in Ibicaba SP gemeint ist, auf der ab 1850 Schweizer und Deutsche lebten. Sie zitiert aber auch das Werk des Schulmeisters Thomas Davatz, der das System anprangerte. Ende 1856 und Anfang 1857 soll es zum Aufstand gekommen sein und das Thema wurde durch das Werk von Davatz in Europa bekannt.67

Holanda macht das System von Vergueiro für das Heydtsche Reskript, das die Auswanderung der Preußen nach Brasilien verbot, verantwortlich. Aber er meint, dass trotz der einschränkenden Maßnahmen der einzelnen deutschen Regierungen 1859 die Auswanderung nach Brasilien nicht endete.68

Wie Marschalck schrieb, befasste sich das Deutsche Reich mit der Frage der Auswanderung erst wieder, als die Auswanderung bereits an Bedeutung verloren hatte. Zwar sollten nach der Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 die Bestimmungen über die Kolonisation und die Auswanderung der Beaufsichtigung des Reichs unterliegen, aber es wurde vorerst nur ein Reichskommissar dafür bestellt. 69

„Am 25. Februar 1878 legte Friedrich Kapp dem Reichstag einen umfangreichen Entwurf eines Gesetzes betreffend die Beförderung von Auswanderern nach außerdeutschen Ländern“ vor. Doch die preußische Regierung betrachtete ihn als unannehmbar.70

Das Heydtsche Reskript wurde vorerst inoffiziell aufgehoben, aber am 4. Juni 1896 stimmte das königliche Staatsministerium zu und am 30. Juli wurden die Regierungspräsidenten informiert.71

Eine einheitliche Gesetzgebung für die Beförderung von Auswanderern wäre interessant gewesen für alle betroffene deutsche Staaten, trotzdem blieb sie bis 1897 Ländersache. Das Reichsgesetz über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897 trat am 1. April 1898 in Kraft und damit wurden alle landesherrlichen Verfügungen aufgehoben.72 Dieses Auswanderungsgesetz sollte u.a. für die „Erhaltung des Deutschtums im Ausland und Ablenkung der Auswanderer nach geeigneten Gebieten“ sorgen. Darin wird weiter angeführt, „Südbrasilien und die La Plata-Staaten seien als Auswanderungsziele der Zukunft zu bezeichnen“.73

Dennoch gab es 1918 Leute, die sich gegen die Massenauswanderungen äußerten und zwar aus dem folgenden Grund: sie „stellen eine Verlust an Volkskraft dar, welcher dem Dasein des gesamten Volkes zum Verhängnis werden kann“, da diese Leute im Falle kriegerischer Auseinandersetzungen für das eigene Land nicht mehr zur Verfügung stehen würden.74

Heute ist es meistens nicht mehr für jedes einzelne Schicksal feststellbar, welche Motive und Faktoren für die Auswanderung entscheidend waren, die abstoßenden oder die anziehenden.75 Diese sind nur noch ausfindig zu machen, wenn ein entsprechender Nachlass vorhanden ist.

3. Die Einwanderung der Deutschen in Brasilien

Die Relevanz dieser Immigration steht nicht im Verhältnis mit der Zahl der Einwanderer, denn es kamen viel mehr Menschen aus Italien, Spanien und Portugal nach Brasilien. Die Deutschen sind vor allem in den drei südlichsten Bundesstaaten Brasiliens wichtig. Dort bewahrten sie ihre eigene Kultur, auch wenn sie in größeren Zentren lebten.76

Harms-Baltzer charakterisiert die Einwanderung und Niederlassung der Deutschen in Brasilien mit den folgenden Worten:

Früher zeitlicher Beginn, geringe Einwandererzahl, hohe Nachwuchsquote, Heterogenität der Einwanderer, Fixierung als kleine ländliche Ansiedler in den Waldzonen Südbrasiliens, Isolierung der Siedlungen.77

3.1. Gründe und Probleme bei der Einwanderung in Brasilien: gesetzliche und politische Lage

Als Brasilien im April 1500 von Pedro Alvares Cabral entdeckt wurde, gelangte es unter die administrative Führung Portugals, als Kolonie dieses Reiches. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde diese Abhängigkeit vom Mutterland durch die ständige Präsenz der Königsfamilie im Lande abgelöst.

Fröschle meint, dass der portugiesische Prinzregent D. João 1807 – um genauer zu sein, schiffte er sich am 29. November 1807 in Lissabon ein78 – vor Napoleon flüchtete. Der portugiesische Hof begab sich nach Rio de Janeiro und machte die Stadt zum neuen Regierungssitz. In der Folge fand eine Europäisierung durch die Anwesenheit tausender Höflinge, Diplomaten, Soldaten und Händler statt.79 Dagegen meint Dreher, dass Napoleon Portugal erst Oktober 1808 besetzen ließ und dass die Königsfamilie danach flüchtete.80

Mit dem Freibrief von Ende Januar 1808 öffnete der König ­– eigentlich regierte Dom João bis 1818 als Prinzregent, da er erst nach dem Tode der Königin Maria I. von Portugal im Jahre 1818 zum König ausgerufen wurde81 – die brasilianischen Häfen für den Handel mit befreundeten Nationen.82 Am 25. November 1808 erließ D. João VI ein Dekret, das Ausländern die Möglichkeit eröffnete, Land in Brasilien zu bekommen. Dadurch sollte Brasilien für die Europäer attraktiv gemacht werden, die nach Amerika auswandern wollten.83

Ab dem 16. März 1820 wurden die verschiedenen Völker in Deutschland und anderen Staaten Europas aufgerufen, nach Brasilien auszuwandern, um in den kleinen Landwirtschaften zu arbeiten.84

In contrast to the German Americans, many Teuto-Brazilians came to the New World in response to government recruitment efforts and subsidies. In their settlement patterns, they were more highly concentrated regionally, displayed sharper distinctions in the characteristics of their urban and rural communities, and tended toward greater rural isolation. 85

Hier wird die Isolierung, in der die Einwanderer lebten, deutlich hervorgehoben. Bei aller Heterogenität in den eigenen Reihen – je nach geographischer Herkunft, Dialekt und sonstigen Unterschieden – formierten sie eine relativ homogene Gruppe, als sie sich in Brasilien niederließen.

Dom Joao VI. kehrte 1821 nach Portugal zurück und hinterließ Dom Pedro als Regent, der die österreichische Prinzessin Leopoldine – eigentlich Erzherzogin und Tochter des letzten Kaisers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation – 1817 geheiratet hatte. Am 07. September 1822 wurde Dom Pedro mit der Unabhängigkeit Brasiliens Dom Pedro I. – der erste Kaiser Brasiliens.86

Der Kaiser war sich aber der Loyalität des Volkes nicht sicher und führte fremde Söldner ein, die in Deutschland angeworben wurden. Bei dieser Gelegenheit ordnete er zugleich die Gründung einer deutschen Ansiedlung in RS an.87

Das Problem war, dass die Methoden der Anwerbung meist illegal waren und die Angeworbenen betrogen wurden: sie warben Kolonisten an, um sie dann in den Militärdienst zu pressen. Beispielhaft dafür war die Werbung des Major Schäffer in den 1820er Jahren um Einwanderer für Brasilien.88 Die Agenten warben um die Auswanderer z.B. mit bezahlter Reise, gespendetem Land, Tiere und Werkzeug zur Arbeit und Geldunterstützung in den ersten Monaten. Außerdem sollte die Naturalisierung und religiöse Freiheit nicht in Frage gestellt werden.89

Aber Dom Pedro I. sah in der Einwanderung die Möglichkeit zur Schaffung einer Mittelschicht durch Einwanderung von Landwirten und Handwerkern und der Anwerbung von ausländischen Soldaten ein Mittel zur Stabilisierung der kaiserlichen Zentralgewalt gegenüber den mächtigen Großgrundbesitzern, denen Unterordnung schwerfiel.90

Daraus lässt sich schließen, dass der Kaiser daran dachte, das Landesinnere zu besiedeln, denn für städtische Zentren hätte er nicht Landwirte und Handwerker anwerben lassen müssen. Außerdem waren die Soldaten wohl auch nicht nur zur Stabilisierung der Zentralgewalt gedacht, sondern auch für die Verteidigung und Befestigung des Südens.

Denn Südbrasilien war ein umstrittenes Gebiet zwischen Portugiesen und Spaniern, obwohl es wirtschaftlich noch wertlos war. Portugal kümmerte sich nicht um dieses Gebiet, weil es keine Erträge abwarf oder Bodenschätze aufwies.91

Wie Senna schrieb, nahmen viele deutsche Soldaten an den Kämpfen und Feldzügen Brasiliens am Rio de la Plata teil: z.B. an der Trennung der Provinz Cisplatina 1828, dem Krieg gegen den argentinischen Diktator Juan Manuel Rosas – der 1852 besiegt wurde –, und dem Krieg gegen Paraguay zwischen 1865 und 1870, als zahllose Abteilungen deutsch-brasilianischer Soldaten und Offiziere aus den drei Südprovinzen in das staatliche Heer eintraten.92 1865 sollen 67 Kolonisten – von denen einige gestorben sein sollen – unter dem Feldherr Gilsa, der auch Lehrer war, ein Leutnant, zwei Fähnriche und ein Chirurg in den Krieg gezogen sein. Was nach Meinung Silvas für diese Männer sprach, die für die neue Heimat kämpften.93

Auch Faulhaber ist der Meinung, dass die Deutschbrasilianer für die Sicherheit und Verteidigung der neu erwählten Heimat kämpften, wie im Krieg gegen Paraguay und in der Revolution von 1893 und 1894.94

Außerdem gab es noch andere kriegerische Auseinandersetzungen im Süden: den Bürgerkrieg, der zwischen dem 20. September 1835 und dem 01. März 1845 stattfand und als „Farrapenkrieg“ – auch als Revolution der Provinz São Pedro do Rio Grande do Sul gegen die imperialistische Regierung Brasiliens bekannt – in die Geschichte einging, sowie den Krieg gegen Uruguay von März 1864 bis 20. Februar 1865.

Nicht nur die, die als Söldner nach Brasilien kamen, sondern auch diejenigen Männer, die als Kolonisten eingewanderten waren, kämpften um ihre neue Heimat. Und das, obwohl es, wie Hehl meint, ab 1850 ein Landgesetz gab, das besagte, dass „ausländische Landkäufer nach zwei Jahren naturalisiert werden können und vom Dienste im Heer befreit sei[e]n, nicht aber von dem in der Nationalgarde.“95

Ab dem 15. Dezember 1830 wurde die Einwanderung und die Konzession von Land an Ausländer per Gesetz verboten. Daran änderte sich nichts bis Ende der 40er Jahre.96

1879 gab es ein neues Wahlgesetz, welches besagte, dass es ab diesem Zeitpunkt direkte Wahlen gab und dass, sofern naturalisiert, jeder wahlfähig war, auch Nicht-Katholiken. 97 Selbstverständlich waren Frauen nicht einbezogen, dies sollte erst viel später geschehen.

Während seiner Regierung stellte der Kaiser die fremde Kolonisation als Notwendigkeit dar, bis zu seiner Abdankung am 7. April 1831 aber ohne großen Erfolg. Von da an regierte 63 Jahre lang sein zu diesem Zeitpunkt sechsjähriger Sohn, der als Pedro II. zum Kaiser ausgerufen wurde.98

Aber auch Dom Pedro II. schätzte den Beitrag, der von deutscher Seite in Brasilien zur Fortentwicklung geleistet wurde. Die Europäer seien gebildeter als die Lateiner und könnten so im agrarischen Sektor, im Handwerk und in der Industrie mehr leisten. 1971 schrieb Freyre, dass sie den Drang zum Fortschritt hätten, der bei den Kolonisatoren aus der iberischen Halbinsel fehlen würde – da sie in der Agrarwirtschaft und im Handel, also in der Technologie und Ökonomie, rückständig wären. Dafür behauptete er, hätten sie in bestimmten Regionen für die Entwicklung beigetragen und seien im sozio-kulturellen Bereich nicht wegzudenken.99

Aber noch 1940 behauptete der gleiche Autor, nach einer Reise in die drei südlichsten Staaten, die „Arier“ würden die Brasilianer als „korrupte Mischlinge“ darstellen und die lusobrasilianische Kultur sei durch imperialistische ethnozentrische Europäer bedroht, aufgrund der für sie gängigen rassistischen Ideologie. Dies sei für die Portugiesen ganz unbekannt, da sogar der König schon im 17. Jahrhundert für eine Gleichheit der Brasilianer sogar mit Europäern eintrat – das Exotische sei beizubehalten anstatt zu zerstören.100

Freyres Meinung scheint sich im Laufe der Jahre verändert zu haben – aber man darf auch hier nicht die politische internationale Lage der 1940er Jahre außer Acht lassen. Genauso wie die Meinung der Leute, die in der Regierung im Laufe der Jahrzehnte etwas zu sagen hatten.

Durch das kaiserliche Dekret vom 19. Januar 1867 entschloss sich die Regierung, Garantien und Konzessionen für die Gründung und den Aufbau von Staatskolonien zu machen. Diese wurden in 45 Artikeln abgefasst und in vier Kapitel unterteilt. Es war jedoch nicht sehr erfolgreich.101

Die Verfassung von 1890 besagte dann die „Trennung von Staat und römisch-katholischer Kirche“ - Abt. 2. Art. 73 § 3 und 4 regelten erstens die Möglichkeit, dass alle Personen ihre Religion frei ausüben durften und zweitens, dass eine religiöse Zeremonie zwar stattfinden müsste, aber die Republik nur die Zivilehe anerkannte.102 Damit stand fest, dass die Kinder von Nicht-Katholiken auch erbberechtig waren. Bisher waren sie das nicht, weil protestantische Kinder für das brasilianische Gesetz unehelich waren, da die protestantische Zeremonie nicht anerkannt wurde.

Interessanterweise meinte aber Pastor Hesse in Blumenau schon viel früher, dass es ein Gesetz gäbe, das protestantische Ehen anerkannte. Da dies nur nicht beachtet werde, versuchte er in Blumenau und Region ein Gesuch zu Stande zu bringen, um es zu erwirken.103

Hinzu kam das Dekret vom 28. Juni 1890, das eine Kolonialverordnung in Kraft treten ließ, die im zweiten Teil auf die Pflichten und Rechte der Kolonisten einging.104

Das brasilianische Parlament – kontrolliert durch die traditionellen Großgrundbesitzer, die die Politik und die Wahlen lenkten – opponierte immer wieder gegen die subventionierte Kolonisation und argumentierte für eine freie Immigration. Dagegen, bzw. für die subventionierte Kolonisation kämpften die moderneren Großgrundbesitzer der Kaffeeplantagen.105

Die Einwanderung wurde wichtig, als die Sklaverei verboten wurde: es waren Arme, also Arbeiter, erforderlich, um die Arbeit zu erledigen106 – auch wenn Politiker und Intellektuelle vor der Gefahr einer homogenen deutschen Kolonisation im Süden warnten, vor allem aufgrund des Pangermanismo in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Daher wurden zwischen 1900 und 1909 die Gesetze zur Einwanderung und Kolonisation verändert. Ab diesem Zeitpunkt mussten die Kolonien Brasilianer und Leute, die aus anderen Ländern kamen, ansässig werden lassen.107

„Am 15. November 1889 wurde der brasilianische Kaiser Pedro II. durch einen kombinierten Putsch von Militärs und radikalen Republikanern gestürzt, bzw. dankte er ab.“108 Folglich wurde die Republik ausgerufen, was für die Armee einen Machtzuwachs bedeutete, da sie die siegreiche Revolution unterstütze – der Einfluss der Armee prägte somit die Republik Brasiliens.109

Es sollte die Einbürgerung „alle[r] in Brasilien anwesenden Ausländer als brasilianische Bürger [vorgenommen werden], wenn sie nicht binnen 6 Monaten nach Inkrafttreten der Verfassung vom 24. Februar 1891 ausdrücklich dagegen Widerspruch eingelegt hatten.“110 Dies galt für alle Ausländer, die am 15. November 1889 schon in Brasilien lebten.

Für die Einwanderer war zu der Zeit eben von Bedeutung, dass Staat und Kirche unter der provisorischen Regierung des Marschalls Deodoro da Fonsecas zu Beginn der Republik getrennt wurden und somit Zivilehe und Zivilregister eingeführt und „alle Bürger bezüglich ihres Glaubens gleichgestellt“ wurden.111 Damit sollte zumindest ein Problem gelöst werden, während andere Probleme noch sehr lange vorherrschen würden.

Denn nach der Errichtung des deutschen Kaiserreiches 1871 traten Befürchtungen auf: „Wie überall in der Welt hatte die deutsche Einigung auch bei den Auswanderern in Brasilien zu einer Stärkung des deutsch-patriotischen Gefühls geführt.“ Das wiederum veranlasste die internationale Presse, von den Träumen der Alldeutschen für Südbrasilien zu berichten, was das brasilianische Nationalgefühl verletzte und so antideutschen Gefühlen freien Lauf ließ.112

Dennoch betont Luebke, dass die deutschen Immigranten meist positiv beurteilt wurden - jedenfalls von den höheren Gesellschaftsschichten, die sie gern in der brasilianischen Gesellschaft sehen wollten, um ihre beruflichen Fähigkeiten in Anspruch zu nehmen und die Bevölkerung „weiß zu machen“, da diese 1890 nur zu 40% weiß war.113 Auch Dreher ist der Ansicht, dass das portugiesische Königtum und später das brasilianische Kaisertum die Lutheraner anheuerte, da eine Politik verfolgt wurde, die es sich zum Ziel machte, die Bevölkerung „zu weißen“ - so der damalige gängige Begriff.114

Wie Holanda schrieb, wollte man mit der Kolonisation durch kleine Landwirtschaften und freie Arbeiter das Land bevölkern, die freie Arbeit aufwerten, eine Mittelschicht schaffen, die Grenzen verteidigen und Städte und Armee versorgen. Damit sollten demographische, moralische, soziale, militärische und ökonomische Probleme behoben werden.115

Ganz gleich welche Absicht die Regierung hatte, Luebke glaubt, dass die Einwanderer in den 1880er Jahren “eine Gesellschaft in der Gesellschaft bildete[n]”, eine gut organisierte Gemeinde mit eigenen Wertvorstellungen und eigener Sprache.116

Um die spätere Entwicklung der Geschichte und die diplomatischen und politischen Verwicklungen – denn diese beiden Bereiche mussten immer die wirtschaftliche Situation bei ihren Entscheidungen in Betracht ziehen – zu verstehen, muss ein wichtiger Faktor – der nicht immer erwähnt wird – angesprochen werden: der brasilianisch-deutsche Handel, der nicht nur im wirtschaftlich-ökonomischen Sinne von Interesse ist. Die Verwicklungen sind viel intensiver gewesen, vor allem in Zeiten von internationalen politischen Krisen. Beide Länder mussten aufgrund der Handelsbeziehungen aufeinander Rücksicht nehmen.

Es werden hier nur ein paar wichtige Punkte angesprochen, z.B. dass Brasilien und Argentinien mit Deutschland Handelsbeziehungen eingingen und dass sie dies zu einem gewissen Zeitpunkt taten:

Allein ein Drittel des deutsch-südamerikanischen Handels wurde mit der brasilianischen Republik abgewickelt, [sic] und sie lieferte unersetzbare tropische Produkte. Umfangreiche Kapitalien waren im Handel und in Plantagen angelegt. Deutsche Kaufleute vermittelten einen Großteil des Außenhandels der Republik.117

Dies führte dazu, dass die Politik Bismarcks durch ein Denken in handelspolitischen Kategorien abgelöst wurde. Deutschland wollte den gewonnenen wirtschaftlichen Einfluss erhalten „oder es zumindest nicht ganz dem vermuteten Zugriff der USA“ überlassen.118 Es gab Theoretiker, die dachten, dass die Untertanen zwar verloren gegangen seien, diese sich aber dann in Kunden der deutschen Wirtschaft hätten verwandeln können.119

Dem folgt noch ein kurzer und allgemeiner Blick auf die internen Verhältnisse bezüglich der Entwicklung der Industrie in einigen Regionen, die von Deutschen kolonisiert wurden.

Wie Seyferth darstellt, „vermehrten sich die kleinen handwerklichen familiären Industrien in den kolonisierten Gebieten“. Es entstanden kleine Fabriken wie z.B. auch Brauereien, die sich auf die Arbeit der Familie stützten und wenige Angestellte hatten, was bis in die 1940er Jahre üblich war. Normalerweise entstanden – davon unabhängig – Ende des 19. Jahrhunderts in den urbanen Zentren Industrien, bei denen das Kapital von den einst kleinen Läden der Deutschbrasilianer kam. Die Textil- und Metallindustrie im Itajaítal und in Joinville und die Leder-, Keramik- und Metallindustrie in Porto Alegre, sowie Nahrungsmittelindustrien brachten neue Arbeitsmöglichkeiten für die Kinder der Kolonisten und später für die Brasilianer. Durch den gleichzeitigen Verlauf von Urbanisierung und Industrieentwicklung „konsolidierte sich eine relativ vielfältige und große urbane Mittelschicht und eine kleine industrielle Handelselite, die eine wichtige Rolle bei der Formulierung der Deutschbrasilianischen Ethnizität spielte.“120

Einerseits führte die Industrialisierung zu einer gewissen Distanz gegenüber der ursprünglichen Kultur und es bildete sich eine Neue. Andererseits war die Entwicklung der Industrie von der Regierung abhängig, was die Leute dazu bewog, an der bundesstaatlichen und nationalen Politik teilhaben zu wollen.121

Denn sie lebten in einer politischen Randexistenz und solange die lokale Verwaltung – die teilweise von ihnen mit aufgebaut worden waren – ihre Probleme löste, mischten sie sich nicht ein – „schon deswegen weil sie geographisch, kulturell und sprachlich isoliert lebten“. Nur wenn und weil sie die Unterstützung der Regierung brauchten, interessierten sie sich für die politischen Probleme in SC.122

Die politische Integration wiederum war im brasilianischen Kaiserreich kompliziert. Die protestantischen Bürger und die Eingebürgerten hatten keine Chance, wichtige politische Ämter zu bekleiden. Selbst wenn sie eine Chance gehabt hätten, wären sie dem abgeneigt gewesen. Deren Abneigung der Politik gegenüber änderte sich dadurch, dass 1852 eine deutsche Legion von 1900 Soldaten und 52 Offiziere ankam, die von der brasilianischen Regierung nach der gescheiterten Revolution von 1848 nach Brasilien eingeladen worden war und die angeblich fast nur aus Gebildeten bestand, die deswegen einflussreiche Berufe wie Journalist oder Lehrer ergriffen.123

Aber auch für sie sollte die Teilnahme an der brasilianischen Politik nicht einfach sein.124 1891 wurde der eingebürgerte Ausländer mit dem Brasilianer gleichgesetzt, bis auf die Ausnahme, dass kein Ausländer oder Eingebürgerter zum Oberhaupt des Landes gewählt werden konnte. Die Verfassungen von 1934 und 1937 schränkten das berufliche und politische Leben diese Leute aber wieder ein. Durch die Verfassung von 1934 und die Landesverfassungen konnte keiner von ihnen für irgendein politisches Amt gewählt werden.125

3.2. Einwanderungsdaten

Die Angaben zu den Einwanderungsdaten sind unsicher und nicht vergleichbar, weil zu verschiedenen Epochen verschiedene Kriterien gewählt wurden, um die Einwanderer in die Listen einzutragen. Das ist ein Thema, das jedem Forscher Schwierigkeiten bereitet und zu Irrtümern verleiten kann.

Trotzdem existieren Statistiken, die es ermöglichen, das Thema zu bearbeiten. Es gibt eine Statistik vom Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística, dem brasilianischen Institut für Geographie und Statistik, die aussagt, dass zwischen 1824 und 1969 die unten angegeben Deutschen in Brasilien einwanderten126:

Willems127 setzte sich mit den Zahlen der Einwanderer in Brasilien auseinander. Er zitiert z.B. das Departamento Nacional do Povoamento, das behauptete, dass 154.999 Deutsche in Brasilien einwanderten, 90.000 davon vor dem Ersten Weltkrieg, was heißen würde, dass bis 1914 nicht mehr als 65.000 Deutsche eingewandert wären. Deutsche Dokumente geben aber 99.679 Leute an, während brasilianische Dokumente 134.230 angeben. Im Endeffekt scheint er den Angaben Glauben zu schenken die besagen, dass zwischen den Jahren 1886 und 1936 höchstens 280.000 deutsch Sprechende einwanderten, also 7% von den 4.097.783 Immigranten, die insgesamt in Brasilien einwanderten.

Luebke beruft sich auf eine Tabelle von José Fernando Carneiro bei der Information, dass ungefähr 200.000 deutsch Sprechende zwischen 1830 und 1930 in Brasilien einwanderten, was nur 3,5% der im gleichen Zeitraum in die USA Eingewanderten ausmachen würde128.

Seyferth stützt sich auch auf Carneiros Angaben, indem sie 4.903.991 Immigranten zwischen 1819 und 1947 einwandern lässt. Sie führt dazu weiter aus, dass bis 1880 hauptsächlich Deutsche und Portugiesen einwanderten, danach die italienische Einwanderung stärker wurde, die in einigen Jahren sogar die Zahl der 100.000 überstieg, und dass nur die Portugiesen mit den Italienern, die Anzahl betreffend, mithalten konnten.129

Bis 1850 soll eine sehr kleine Zahl an Deutschen eingewandert sein. Ab dann stieg und hielt sich die Zahl vor allem Richtung Süden. In den Jahren vor und nach dem Ersten Weltkrieg wanderten mehr Leute aus. Die Zahl ging während des Zweiten Weltkriegs aber deutlich zurück.130 Moltmann gibt eine Zahl von annähernd sechs Millionen Angehörigen des deutschen Volkes an, die zwischen 1818 und 1918 ausgewandert sein sollen.131

Thistlethwaite erwähnt, dass die Lücken in und Differenzen zwischen den unterschiedlichen statistischen Materialien – Hafen-, Grenz-, Passagierlisten und Pässen – die je nach Land und Zeit abweichen, ein Problem sind.132

Zwei Beispiele bezüglich der Schwierigkeiten, die bei der Angabe der Staatsangehörigkeit und bei den daraus entstandenen Statistiken vorkommen konnten, entnehme ich Seyferth133: viele Polen wurden als Russen eingetragen, weil sie aus einer Region Polens kamen, die politisch der Zarenkrone unterstand; oder viele Italiener, die im 19. Jahrhundert nach SC und RS einwanderten, wurden als Österreicher eingetragen, weil sie aus einer Region im Norden Italiens kamen, die dem österreichischen-ungarischen Thron angehörte.

Anderseits behauptet die Forscherin in einem anderen Werk, dass mit deutschen Kolonisten alle Immigranten deutscher Sprache gemeint sind und dass die deutsche Kolonisation als Begriff für die Regionen in Südbrasilien dient, in die überwiegend aber nicht nur Deutsche einwanderten.134

Also sind sich noch nicht einmal die Forscher sicher, wie weit der Begriff auszudehnen ist, teilweise betrifft die unsichere Handhabung der Begriffe auch die Werke eines einzigen Autors.

Seyferth meint, dass die Statistiken annähernd informieren, wie viele Deutsche in Brasilien einwanderten, aber die Daten nicht vertrauenswürdig sind, wenn man wissen möchte, wie viele davon blieben. Sie benennt zwei Autoren, die einige Probleme herausarbeiteten: Carneiro bezüglich der Grenzverschiebungen und die dadurch entstandenen Schwierigkeiten, die Immigranten zu zuordnen; daneben Willems, der aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit anhand der Sprache regionale Identität und nationale Herkunft außer Acht lässt.135

Moltmann meint, dass die deutschen Auswanderungszahlen nicht zuverlässig sind, da sich viele Deutsche wegen der Heydtschen Reskripte in außerdeutschen Häfen einschiffen ließen. Genauso wenig kann man den brasilianischen Statistiken Glauben schenken, da in diesen nicht nach der Herkunft – aus dem Reich, der Schweiz, Österreich und Russland - der Einwanderer gefragt wurde.136

Es sind sicherlich einzelne Deutsche in ganz Brasilien zerstreut, aber wie Seyferth meint, sind sie ab 1818 in die Bundesstaaten Minas Gerais, Rio de Janeiro, Paraná – auch jeweils als MG, RJ und PR bezeichnet –, ES und SP vertreten, doch die Mehrzahl wanderte in den zwei südlichsten Bundesstaaten RS und SC ein.137

3.3. Die Anfänge der Einwanderung und die Folgen der Kolonisation für die Einwanderer

In einem seiner Werke schrieb Dr. Blumenau über die Vorteile, nach Südchile oder Südbrasilien auszuwandern, anstatt in die USA oder in andere englische Kolonien. Er meinte, die Einwanderer hätten in Südamerika eine höhere soziale Stellung, die daher käme, dass die Deutschen als Lehrmeister der Eingeborenen auftreten könnten, weil sie mehr Kenntnisse hätten, was im Norden nicht der Fall sei. Außerdem könne man südlich des Äquators die deutsche Sprache und Sitte besser erhalten.138

Die Kolonisation im Süden Brasiliens sollte dazu dienen, das Land aufgrund kleiner Landwirtschaften, die von den Familien bearbeiten werden sollten, zu besiedeln.139 Dreher fasst das Leben der Kolonisten so zusammen: sie wurden in Regionen angesiedelt, wo sie zur Ausmerzung der Indianer beitrugen, sie waren kleine Landwirte – denen nicht erlaubt war, Sklaven zu halten – wodurch sie viele Kinder bekamen, um mit den Großgrundbesitzern zu konkurrieren. Der daraus entstandene Bevölkerungsüberschuss wurde zu den Grenzen der Spanisch sprechenden Länder gelenkt, wo sie zur nationalen Sicherheit beitrugen.140

Durch ein Dekret vom 16. Mai 1818 wurde eine Kolonie von Schweizern gegründet, deren katholische Bewohner einige Vorteile gewährt bekamen: “Zahlung der Reisekosten, Schenkungen u.a. von Grundstück, Naturalien, Privilegien.“141 Das Zentrum war die Kolonie Nova Friburgo im Bundesland RJ. Zur gleichen Zeit versuchte man eine deutsche Kolonie in Bahia – auch als BA bezeichnet – anzulegen, die aber keine guten Ergebnisse erbrachte.142 Seyferth widerspricht sich jedoch bei den Angaben in ihren verschiedenen Werken. Es kann sein, dass sie zwischen 1990 und 2000 neue Informationen bekam, was aber nicht explizit erwähnt wurde.

Denn in ihrem Aufsatz, der im Jahr 2000 herausgegeben wurde, meint sie, dass die ersten Deutschen unter der Leitung eines Naturforschers 1818 im Süden von BA die Kolonie Leopoldina gegründet hätten – und dass es sogar noch zwei andere Versuche in BA 1821 und 1822 gab, die scheiterten. Erst dann nennt sie die Gründung von Nova Friburgo, diesmal im Jahr 1819.143

Aber in einer Hinsicht sind sich alle Wissenschaftler einig: alle sehen die Gründung der Kolonie São Leopoldo 1824 in RS als den wirklichen Beginn der deutschen Kolonisation in Brasilien an.

So auch Seyferth, die meint, dass dem so sei, weil dabei positive Ergebnisse erzielt wurden. 1829 wurden dann noch die Kolonien São Pedro de Alcântara und Mafra in SC und Rio Negro in PR gegründet, womit auch schon die erste Phase der Immigration zu Ende war.144 Major Schäffer war der Anwerber für die Einwanderer von São Leopoldo und anderen Kolonien. Schneider meint, er habe bis zum Jahr 1830 6000 Menschen angesiedelt.145

Nach dem Farrapenkrieg, Seyferth nennt explizit die 40er Jahre des 19. Jahrhunderts, begann die Ansiedlung der Deutschen wieder. Zu einem Zeitpunkt, als darüber diskutiert wurde, wie man mehr Immigranten für Brasilien begeistern könne, wurde die Kolonisation Sache der Provinz: der Beginn der Arbeit der Kolonisationsgesellschaften und der Erlass von Gesetzen wie das Gesetz n. 601 von 1850, das vorsah, dass die Immigranten das Land aus eigenen Mitteln kaufen mussten, was das Ende der unentgeltlichen Konzessionen bedeutete.146

Im Nordosten der damaligen Provinz SC entstand eine Reihe von wohlhabenden Kolonien. Eine davon sollte das Beispiel für die deutsche Kolonisation in Südamerika überhaupt werden: Blumenau.147 Später wird auf die private Kolonie Blumenau und ihre Entwicklung noch eingegangen. Zur gleichen Zeit entstand die von einer Kolonisationsgesellschaft gegründete Kolonie Dona Francisca, aus der die Stadt Joinville hervorgegangen ist.

Der Beginn der deutschen Einwanderung in das Itajaítal fällt zusammen mit der Gründung Blumenaus. In den nächsten Jahrzehnten siedelten sich Immigranten entlang des Itajaí-Açú Flusses an, bis sie 1900 nach Hammonia und Rio do Sul kamen. Zwischen 1900 und 1930 erreichten sie die oberen Nebenarme des Flusses. In die andere Richtung wurde 1860 in Brusque die Kolonie des brasilianischen Reiches gegründet, womit die Ansiedlung am Itajaí-Mirim begann. D’Amaral meint, dass 1849 die Kolonie Joinville entstand – und dass sie am Anfang einen anderen Namen trug, was oben schon erwähnt wurde. 1871 wurde in der Hochebene von SC São Bento gegründet, das mit den im Jahr 1897 erfolgten Gründungen von Jaraguá und Hansa-Humboldt verbunden wurde.148

Außerhalb des Südens hatten Deutsche daneben auch Anteil an der Gründung von Kolonien in ES, SP und MG. Aber vor dem Ersten Weltkrieg wanderten die meisten in den Süden ein und dann weiter ins Landesinnere, auf die Hochebene der drei südlichsten Bundesstaaten.149 Im 19. Jahrhundert hatten die Kinder der Kolonisten nur dann eine Chance, wenn der Mann des Hauses dafür sorgte, dass sie Land bekamen – auch wenn es weiter entfernt vom eigenen Besitz war, denn das Land in der näheren Umgebung war normalerweise schon vergeben.150

Der stetige Zuwachs in den Kolonien, ebenso wie im Staat RS, ist nicht der „Nachwanderung“ aus Deutschland zu verdanken, sondern im Wesentlichen dem eigenen sehr starken Nachwuchs der Einwanderer.151

Außerdem sollen den Einwanderern aus Deutschland falsche Informationen vorgelegen haben und deswegen waren die Kolonisten nicht auf die Realität des Landes vorbereitet. Sie mussten sich anpassen und lernen, wie man Land im Urwald urbar macht und wie man es bestellt. In Brasilien angekommen informierten sie sich darüber wahrscheinlich bei den Verwaltern der Kolonien, den Wirten oder in den deutschen Zeitungen.152

Die Gesetze und die Gewohnheiten erlaubten es den Deutschbrasilianern zumindest im ländlichen Bereich, abgesondert zu leben, was zur Folge hatte, dass sie sich sozial und kulturell keinen anderen Gruppen anpassen mussten.153 Die Einwanderer lebten ein autonomes und auf sich gestelltes Leben: einerseits aufgrund der Regierung – Campos meint hier Staat wohl im Sinne von imperialistischer Regierung –, andererseits auf Wunsch der Immigranten selbst, sich zu verwirklichen.154

Es wird manchmal vergessen, dass den Immigranten in Südbrasilien einige Charakteristiken zugeschrieben werden, obwohl diese nicht der Eigeninitiative der Deutschen zu verdanken waren, sondern das Ergebnis der brasilianischen Regierung waren, die die Einwanderer Richtung Süden lenkte.155 Die koloniale Gesellschaft Brasiliens entwickelte sich außerhalb der Metropolen und lebte unter sich in Abgeschiedenheit, weil die Verbindung zum politisch-administrativen System und auch zum Bildungssystem schwach war.156 Die wichtigsten Charakteristiken, die den deutschen Immigranten zugeschrieben wurden, waren die Unfähigkeiten sich anzupassen und die portugiesische Sprache anzunehmen sowie die Bedeutung der Arbeit für sie und der Antrieb zum Erfolg.

Aber schon Herzog Caxias meinte, dass die Naturalisierung der Kolonisten von hoher Bedeutung sei. Leute wie Karl von Koseritz kämpften für die Rechte der Eingewanderten und für die brasilianische Staatsbürgerschaft. Doch erst die Proklamation der Republik sollte dies ermöglichen.157

Von der Seite Deutschlands interessierte man sich bis Ende der 1850er Jahre nicht für die Ausgewanderten und deren Nachfahren. Denn zu dem Zeitpunkt gab es den deutschen Staat noch nicht und so fühlten sich die Deutschen als Bürger des Landes, in dem sie geboren worden waren. Erst unter der Leitung Preußens und des Deutschen Reiches entwickelte sich die Sorge um die Bewahrung des Deutschtums.158

Daher waren sich die meisten Ansiedler Südbrasiliens einig, dass sie politisch von Deutschland unabhängig sein mussten „und wiesen Träume von einem unabhängigen deutschen Freistaat, einem Neugermanien“ zurück.159 Nichtsdestotrotz fürchtete man sich in Brasilien davor, dass die deutschen Kolonien eine unabhängige Republik schaffen könnten, die politisch zum Deutschen Reich gehören würde. Diese Angst wurde dadurch geschürt, dass in den Schulen, Zeitungen, Freizeitaktivitäten und Hilfsorganisationen die gesprochene Sprache Deutsch war.160 Und wann immer es um die „Deutsche Gefahr“ ging, wurde die Notwendigkeit betont, staatlich unterstützte Schulen zu schaffen.161

[...]


1 Siehe Anhänge 9.1., 9.2., 9.3 und 9.4.

2 http://www.portoseguro.org.br/martius_de.asp: „Das Martius-Staden-Institut unterhält die größte und bestsortierteste BIBLIOTHEK in Lateinamerika zu den Themen deutsche Einwanderung und brasilianische Geschichte in deutscher Sprache. Einmalig ist dabei die Sammlung deutschsprachiger Zeitungen, die in Brasilien erschienen sind und die sämtlich im Institut auf Mikrofilm vorliegen. Zudem findet man im Bibliotheksbestand Werke der Literatur, Philosophie, Kunst und Reisen, in deutscher, englischer sowie portugiesischer Sprache.“ Hervorhebung im Original.

3 http://www.ezab.de/d/aframe.html: das Archiv ist extrem wichtig, da es den Nachlass Faulhabers aufbewahrt hat. Es „ist 1979 durch die Zusammenführung des Archivs der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit dem Archiv der Evangelischen Kirche der Union (EKU) gebildet worden. (…) Das EZA ist zuständig für das archivreife Schriftgut der Organe, Amtsstellen, Einrichtungen und Institute der EKD und der UEK und ihrer Rechts- und Funktionsvorgänger. Daneben sammelt es Archivgut überregionaler selbständiger Einrichtungen und Vereine, die mit der evangelischen Kirche zusammenarbeiten und sie in ihrem Auftrag und Wirken unterstützen, sowie Nachlässe von Persönlichkeiten, die im Raum der Kirche wirkten. Seit dem 1. Januar 2006 ist die EKD alleiniger Träger des EZA.“

4 http://www.arquivodeblumenau.com.br/arqhistorico.html: Dies ist das Archiv für den Bestand an öffentlichen, privaten und institutionellen Dokumenten sowie Sammlungen über die Geschichte der Stadt Blumenau und die Region um das Itajaí-Tal. Das Archiv ist auch mit der Kulturinstitution der Stadt verbunden.

5 Hermann Blumenau 1850: Südbrasilien in seinen Beziehungen zu deutscher Auswanderung und Kolonisation, in: Cristina Ferreira und Sueli Maria Vanzuita Petry (Hrsg.): Um alemão nos trópicos. Dr. Blumenau e a política colonizadora no sul do Brasil. Edição Especial Alusiva ao Centenário de Falecimento de Hermann Bruno Otto Blumenau 1899 – 1999. / Ein Deutscher in den Tropen. Dr. Blumenau und die Kolonisationspolitik in Südbrasilien. Sonderauflage zum 100. Todestag von Hermann Bruno Otto Blumenau 1899 – 1999. Blumenau 1999, S. 46-173. Der erste Bericht enthält Anweisungen, Ideen, Beschreibung und Verteidigung des Landes gegen Agenten, die es schlechtreden wollten. Blumenau beschreibt die Natur, Kolonisationsmöglichkeiten, Gesetze, Steuern, die politische, wirtschaftliche und landwirtschaftliche Lage der Region. Es ist ein Bericht über Pflanzen, Tiere, Menschen, Geographie, Industrie, Grundbesitz und Erwerb von Land sowie die Gerichtsbarkeit. Außerdem fügte er Auszüge aus der brasilianischen Reichsverfassung und verschiedenen Gesetzen ein, die er ins Deutsche übersetzte und als Anhang veröffentlichen ließ. Und der zweite Bericht: Hermann Blumenau 1851 : Leitende Anweisungen für Auswanderer nach der Provinz Santa Catharina in Südbrasilien, in: Cristina Ferreira und Maria Sueli Vanzuita Petry (Hrsg.): Um alemão nos trópicos. Dr. Blumenau e a política colonizadora no sul do Brasil. Edição Especial Alusiva ao Centenário de Falecimento de Hermann Bruno Otto Blumenau 1899 – 1999. / Ein Deutscher in den Tropen. Dr. Blumenau und die Kolonisationspolitik in Südbrasilien. Sonderauflage zum 100. Todestag von Hermann Bruno Otto Blumenau 1899 – 1999. Blumenau 1999, S. 174-280. Dieser Bericht enthält direkte Anweisungen für die praktische Übersiedlung: was man zu beachten hat um ein Ziel zu wählen, z.B. Beruf und Zeit um sich richtig zu entscheiden, aber auch Anweisungen bezüglich Kleidung, Geld, Geräte usw. Hier betrachtete er sich bereits als „ehemals praktischem Chemiker, jetzt Kolonist am Rio Itajay in der genannten Provinz“, denn so bezeichnete er sich auf der Titelseite des Werkes. Schon in den Vorbemerkungen erwähnte er einige Werke bezüglich Kolonisation und äußerte sich über die Landerwerbsverhältnisse. Im ersten Kapitel behandelte er den Beruf, d.h. er besprach Vorteile und Nachteile bestimmter Berufe und Unternehmungen bei der Auswanderung nach Santa Catarina, sowie die Rolle der Familie und Klassenzugehörigkeit. Im zweiten Kapitel nahm er die Vorbereitungen zur Übersiedlung unter die Lupe: Kosten, Dauer und Beschreibung der Reise, Ausrüstung und Kleidung für das Leben im Übersee; aber auch Sachen, um sich in der Freizeit beschäftigen zu können, Gegenstände, Arzneimittel, bestimmte Samen, die mitzubringen waren, sowie Erfahrung in bestimmten technischen Angelegenheiten. Im dritten Kapitel behandelte er die Abreise aus der Heimat und die Ankunft in dem neuen Land: die Erledigung von Kleinigkeiten vor und an Bord und die Tatsache, dass man sich in Brasilien erst umschauen sollte, bevor man sich für einen Ort entscheidet. Natürlich schrieb Blumenau auch Briefe und später noch einige Berichte und ließ sie veröffentlichen, jedoch sind diese für meine Arbeit nicht von Bedeutung.

6 Konrad Köstlin: Folklore, Folklorismus und Modernisierung, in: Schweizerisches Archiv für Volkskunde / Archives suisses des traditions populaires. Vierteljahrschrift im Auftrag der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde 87 (1991), S. 46-66, hier: S. 57.

7 José Ferreira da Silva: A imprensa em Blumenau. Florianópolis 1977, S. 139f.: Zum Zeitpunkt der Erscheinung lebte der Herausgeber in Curitiba. Ab 1962, als er nach Blumenau zurückkehrte, wurde auch das Heft direkt in Blumenau herausgegeben. Sein Ziel war die „Herausgabe von Artikeln, Chroniken, Berichten, Briefen und anderen historischen Dokumenten“ über Santa Catarina und vor allem über das Itajaítal. Er wollte das Material des städtischen Archivs für Geschichte genutzt wissen.

8 http://www.arquivodeblumenau.com.br/bnucadernos_1.php: Auch wenn sie sich mit der Vergangenheit und dem Kampf der Einwanderer im ganzen Bundesland beschäftigt, so liegt der Schwerpunkt in der „Forschung über den Alltag, die Beziehungen zwischen den Geschlechtern, Biographien, Politik, Bildung, Kultur, Gesellschaft und Geschichte der Region des Itajaítals, hauptsächlich in Blumenau.“ 1997 wurde einiges umgestaltet, aber die Richtlinien bleiben dieselben. Blumenau em Cadernos soll auch online erscheinen, sobald alle Hefte digitalisiert sind.

9 Carlos Fouquet: Der deutsche Einwanderer und seine Nachkommen in Brasilien. 1808 – 1824 – 1974. São Paulo und Porto Alegre 1974. Der Autor begann mit einem Blick auf die Wanderungen schon im 15. Jahrhundert und nannte einige Beispiele von deutschen Einwanderern, bevor er zu den Kolonien in den einzelnen Staaten kam und zu den aus deutscher Perspektive Auswanderern selbst, sowie zu deren Heimatland und Brasilien und einige Brasilianer, die direkten Kontakt mit den Deutschen und deren Nachkommen hatten. Er schloss mit einem Kapitel über das Wirtschaftsleben, die Kultur, die Bildung und die Religion.

10 Karl Heinrich Oberacker Junior: Der deutsche Beitrag zum Aufbau der brasilianischen Nation. São Paulo 1955. Oberacker versuchte, die Bedeutung des deutschen Beitrages beim Aufbau Brasiliens im Laufe seiner Geschichte herauszuarbeiten und die Geschichte selbst als Hintergrund dienen zu lassen. Diese Herangehensweise ist höchst einseitig, was dem Autor bewusst war. Damit beging er den Fehler, nur eine Seite der Geschichte zu betrachten, zum Schaden aller anderen anwesenden Ethnien in Brasilien. Obwohl es am Ende ein Quellenverzeichnis gibt, gibt es keine eindeutigen Belege im Text, da zwar die Autoren genannt werden, nicht aber wichtige Daten wie die Seitenangabe wo es zu finden ist.

11 Alfred Funke: Brasilien im 20. Jahrhundert. Berlin 1927. Ein Bericht über die Verhältnisse in Brasilien. Es beginnt mit einer Einführung in die historischen Gegebenheiten, um anschließend einzelne Staaten aufzugreifen: Nordosten, Pernambuco, Bahia, Rio de Janeiro, Minas Gerais, São Paulo. Dann kommt es zum Süden, um über die deutschen Siedler, ihrer Arbeit und Art zu schreiben. Er ist sehr konservativ und wirkt fast sensationslüstern mit Behauptungen ohne Belege.

12 Hartmut Fröschle: Die Deutschen in Brasilien einst und jetzt. Wien 2006: Der Autor beginnt mit der Beschreibung von Land und Leuten, um dann zur deutschen Einwanderung, Kolonisation und Siedlung v.a. im Süden und Südosten des Landes zu kommen. Er geht auf die einzelnen Staaten ein. Danach beschreibt er das Gemeinschaftsleben, d.h. Schule, Kirche, Vereinswesen, Presse, Medien und Literatur. Zum Schluss erwähnt er die heutige Lage der Nachkommen der deutschen Einwanderer und gibt einen Einblick in die Deutschbrasilianische Forschung.

13 Wilhelm Lacmann: Ritte und Rasttage in Südbrasilien. Reisebilder und Studien aus dem Leben der deutschen Siedelungen. Berlin 1906. Lacmann berichtete über seine Reise in den Jahren 1903 und 1904 in den östlichen Teil des Bundeslandes SC: von der Landung auf São Francisco, über die deutschen Siedlungen Joinville, São Bento, Rio Negro und Blumenau bis zu den Verkehrsverhältnissen, die wirtschaftliche Lage Blumenaus und die Beschaffenheit der Brasilianer. Es ist eine romantisierte Darstellung, die keine Belege angibt und den Brasilianer gegenüber vorurteilsvoll ist, obwohl in bestimmter Hinsicht manchmal korrekt.

14 Karl Alexander Wettstein: Brasilien und die deutsch-brasilianische Kolonie Blumenau. Leipzig 1907. Der Autor begann mit der Geschichte der Entdeckung Brasiliens, um dann auf die Grundlagen der Geographie, der Geschichte, der Verfassung, der Gerichtspflege einzugehen. Außerdem beachtete er die wirtschaftliche Lage und die Verkehrsverhältnisse, sowie eine nähere Betrachtung der Komark Blumenau.

15 Hugo Zöller: Die Deutschen im Brasilianischen Urwald. Bd. 1 und 2. Berlin und Stuttgart 1883. Im ersten Band begann er mit dem „Stammland“ Brasiliens Portugal, kam dann zu Rio de Janeiro, das Leben in Brasilien und eine Beschreibung des „demokratischen Kaiserreiches“, darin inbegriffen die Sklavenfrage. Das zweite Band ist auf Südbrasilien ausgerichtet und zwar ging er auf die Kolonien Dona Francisca und Blumenau ein, sowie die Stadt Porto Alegre und den Urwald von Rio Grande do Sul.

16 Gilberto Freyre: Nós e a Europa Germânica: em torno de alguns aspectos das relações do Brasil com a cultura germânica no decorrer do século XIX. Rio de Janeiro 1971. Freyre setzte sich erst mal mit den Kolloquien der Deutschbrasilianischen Studien auseinander. Danach bezog er sich auf die Beziehungen des Bundestaates Pernambuco im Nordosten Brasilien mit den „deutschen Teil Europas“ im 19. Jahrhundert, vor allem im Handel und in der Kultur. Er ging auf das Leben Alfredo de Carvalhos, eines Historikers deutscher Herkunft, ein und auf die sogenannte Schule aus Recife und deren Deutschtum, sowie auf Graca Aranha, ein Gelehrte, der ein Roman schrieb, in denen die Protagonisten Deutsche in einer Kolonie in Brasilien sind. Nicht zuletzt erwähnte der Autor Dom Pedro II. und die Meinung einige Leute über ihn. Zum Schluss zitiert er seine wichtigsten Quellen, die er selber katalogisierte.

17 René Gertz: Cidadania e Nacionalidade: História e Conceitos de uma Época, in: Telmo Lauro Müller (Hrsg.): Nacionalização e Imigração Alemã. X Simpósio de História da Imigração e Colonização Alemãs – São Leopoldo, set. de 1992. São Leopoldo 1994, S. 13-26, hier: S. 18.

18 Giralda Seyferth: Imigração e cultura no Brasil. Brasília 1990. Giralda Seyferth ist eine hochgeschätzte Wissenschaftlerin in Brasilien. Sie beschäftigt sich schon sehr lange mit dem Deutschtum in Brasilien und einige ihre Werke und Aufsätze sind in dieser Arbeit zu finden. In dem Buch über Immigration und Kultur geht es um die Statistiken und die unterschiedliche Herkunft der Immigranten. Sie geht auf die Eigenheiten der Kolonisationsart, die soziale, ökonomische und institutionelle Organisation der Siedlungen ein, sowie den urbanen Kontext und die u.a. daraus entstandenen Veränderungen. Am Ende bezieht sie sich auf die Beschaffenheit der ethnischen Gruppen, die zwei-geteilte Identität des Deutschbrasilianers als Hintergrund zur brasilianischen Staatsangehörigkeit. Es muss hier eine Ausnahme gemacht und für diese Forscherin mehr als ein Werk genannt werden, in dem Falle einen Aufsatz, den sie als Professorin und Forscherin des sozialen anthropologischen Programms des nationalen Museums in Rio de Janeiro veröffentlichte: Giralda Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil: Etnicidade e conflito, in: Boris Fausto (Hrsg.): Fazer a América. A Imigração em Massa para a América Latina. São Paulo 22000, S. 273-313. Dort analysiert sie die deutsche Kolonisation in Brasilien in Bezug auf Ethnizität und Konflikte, sie zeichnet die Anfänge auf, sowie die verschiedenen Phasen und Arten der Einwanderung und Kolonisation und das Leben der Deutschen und deren Nachfahren in Bezug auf die brasilianische Politik, auch wenn die Untertitel das nicht erahnen lassen. Beide Arbeiten waren von grundsätzlicher Bedeutung für einige Begriffserklärungen, die diese Arbeit vorangestellt wurden.

19 Telmo Lauro Müller: Colônia alemã. 160 anos de história. Caxias do Sul 1984. Das Buch wurde durch die 160 jährige Geschichte der Stadt São Leopoldo – die 1824 gegründet wurde - angeregt. Der Autor, der sich mit der Geschichte der Region der Stadt São Leopoldo im heutigen Bundesland Rio Grande do Sul auseinandersetzt und wohin auch seine Vorfahren im 19. Jahrhundert auswanderten, ist nicht unvoreingenommen und bietet auch keine Literaturliste oder Details zu den Quellen, obwohl Fotos und Rezepte für ein Kochbuch u.a. ein wichtiger Bestandteil der Arbeit sind. Die Belege und die Angaben von Literatur irgendeiner Art erfolgen im eigenen Text und nicht als Liste. Außerdem begründet er seine Arbeit nicht wissenschaftlich. Auf S. 52 und 68 z.B. wird er sehr emotional. Er schildert Ereignisse auf lustiger und ironischer Weise, kann aber auch sehr penetrant sein. Siehe auch: Ders.: Sobrevoando nossa história, in: Ders. (Hrsg.): 175 anos de Imigração Alemã. Porto Alegre 2001. Es wurde durch die 175 jährige Geschichte der gleichen Stadt – São Leopoldo - veranlasst. Diesmal ist er nicht der einzige Autor, aber wieder zitiert er seine Quellen teilweise im Text und erstellt keine Quellenliste. Auf S. 106 will er Quellen angeben und doch gibt er eine einseitige Literaturliste wieder. Er beschreibt den Alltag der Kolonisten in einer einfachen Sprache. Der Stil ist teils poetisch, teils Laudatio-mäßig angehaucht und nicht immer sachlich. Beide Bücher wurden herausgegeben zu feierlichen Anlässen, also nicht direkt für ein wissenschaftliches Publikum, weswegen vielleicht Quellen- und Literaturangaben weniger Beachtung fanden.

20 Rene Ernaini Gertz: Politische Auswirkungen der deutschen Einwanderung in Südbrasilien. Die Deutschstämmigen und die faschistischen Strömungen in den 30er Jahren. Phil. Diss. Pol. [masch.]. Berlin 1980. Es handelt sich um die Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Philosophie im Fachbereich Politische Wissenschaft der Freien Universität Berlin. Die Dissertation beschreibt die politische Lage der deutschen Einwanderer und deren Nachfahren in Brasilien zur Zeit des Kaiserreiches, der Republik und der 30er Jahre, um dann die Auswirkungen des Nationalsozialismus und des „Integralismus“ - einer politischen Strömung in Brasilien - zu betrachten.

21 Luís Edmundo de Souza Moraes: Konflikt und Anerkennung: Die Ortsgruppen der NSDAP in Blumenau und in Rio de Janeiro. Berlin 2005. Der Autor analysiert die brasilianische Politik vom Anfang der Republik 1889 bis in die Jahre des zweiten Weltkrieges und die politische Lage in Deutschland. Außerdem macht er einen Exkurs über die Arbeit des Deutschtums in der Nachkriegszeit. Er untersucht die Ortsgruppen der NSDAP in Bezug auf das Deutschtum vor allem in Blumenau und Rio de Janeiro.

22 João Klug: Imigração e Luteranismo em Santa Catarina. A comunidade Alemã de Desterro – Florianópolis. Florianópolis 1994. Klug ist Professor an der UFSC in Florianópolis, die Bundesuniversität des Bundeslandes SC. Sein Werk betrifft die Jahre zwischen 1868 und 1933 und beginnt mit einer historischen Einführung in die Einwanderung der Deutschen in SC. Er betrachtet die wichtigsten Regionen, in die Deutsche einwanderten, sein Hauptaugenmerk ist aber Florianópolis und dem bleibt er treu auch wenn er über die lutherischen Kirche des Bundeslandes schreibt. Als wissenschaftliches Werk verwundert es, dass der Autor ein so weitgreifendes Thema für eine so lange Zeit auswählte, in Brasilien ist das aber nicht unüblich. Leider betrachtete der Wissenschaftler nur das Material, das in vier brasilianischen Archiven vorhanden ist: in Blumenau, Florianópolis, Joinville und São Paulo. Es wurden keine deutschen Archive herangezogen, was nicht unbedingt fehlerhaft sein muss, was aber bedeutet, dass die Arbeit vor allem bei den kirchlichen Auseinandersetzungen sich nicht auf Quellen berufen kann, die nach Deutschland oder sogar in die USA geschickt worden sein könnten.

23 Martin Norberto Dreher: Kirche und Deutschtum in der Entwicklung der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien. Göttingen 1978. Der Autor analysiert anhand von triftigen Quellen und Sekundärliteratur die Deutsche Einwanderung in Brasilien, sowie die Assimilation und Marginalisierung der Einwanderer. Er behandelt Brasilien in Bezug auf die Entstehung der Gemeinden, die Einstellung der Pastoren, die kirchlichen Vereine und Gesellschaften sowie die verschiedenen Einstellungen zur Erhaltung des Deutschtums in Brasilien. Außerdem betrachtet er den Kirchenkampf, der im Süden des Landes entstand und die Entwicklung der Beziehungen zwischen den deutschen Kirchenbehörden und den brasilianischen Gemeinden und Synoden.

24 Hans-Jürgen Prien: Evangelische Kirchenwerdung in Brasilien. Von den deutsch-evangelischen Einwanderergemeinden zur Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien. Gütersloh 1989. Auch dieser Autor lässt sein Werk im 19. Jahrhundert mit dem sozio-ökonomischen, politischen und kulturellen Kontext Deutschlands und Brasiliens beginnen, sowie mit den Anfängen des deutschen evangelischen „Diaspora-Volkskirchentums“ in Brasilien. Er betrachtet die regionale evangelische und lutherische Kirchwerdung in RS, SC, PR und einigen anderen Bundestaaten Brasiliens. Danach beschäftigt er sich mit der Zeit vom Ersten Weltkrieg bis hin zu den 30er Jahren und dem Zweiten Weltkrieg. Er schließt den Bogen mit der nationalen evangelisch-lutherischen Kirchwerdung in Brasilien nach dem letzten Weltkrieg bis zur Schaffung des Lateinamerikanischen Kirchenrates 1982. Die Forschung für die 640 Seiten dieses Buches fand in verschiedenen Archiven in verschiedenen Städten sowohl Brasiliens als auch Deutschlands statt.

25 Emilio Willems: A Aculturação dos Alemães no Brasil: Estudo antropológico dos imigrantes alemães e seus descendentes no Brasil. Überarb. u. erw. São Paulo 21980. In diesem Werk setzte der Autor sich mit der Sozialisation, Assimilation, Akkommodation und Akkulturation der Deutschen auseinander. Er begann mit der regionalen Herkunft und Kultur der Immigranten. Er betrachtete die Aspekte der Kolonisation und die Charakteristik der deutschbrasilianischen Gesellschaft und Kultur, um dann bestimmte Aspekte in einer Untergliederung zu beleuchten.

26 André Fabiano Voigt: A Invenção do Teuto-Brasileiro. Diss. His. Florianópolis 2008. Bei ihm findet man eine aktuelle Liste der wichtigsten Literatur zum Thema Deutschtum in Brasilien. Seine Schlussfolgerung kann ich nicht ohne weiteres akzeptieren, aber sein Konzept ist erwähnenswert, auch wenn es sich mit den Jahren zwischen 1940 und 2005 beschäftigt, denn er versucht es darzustellen, wie sich die Diskussion um den Begriff „Deutschbrasilianisch“ im Laufe der Jahre entwickelte.

27 Revista Espaço Plural. Jahr 9, Bd. 19. Marechal Cândido Rondon 2008. Herausgeber ist der Núcleo de Pesquisa e Documentacao sobre o Oeste do Paraná, der die UNIOESTE – Landesuniversität des westlichen PR – untergeordnet ist. Für diese Zeitschrift tragen nicht nur brasilianische Wissenschaftler bei, sondern für diese bestimmte Ausgabe auch Deutsche. Es sind überwiegend Professoren und Assistenten aus beiden Ländern, die sich des Phänomens der Auswanderung und ihrer Auswirkungen und Wahrnehmungen im diesseits und jenseits des Ozeans widmen. Die Themen kreisen um Deutschtum, Identität, Religion, Literatur, Immigration, Sprache und Begriffe. Dazu noch: Telmo Lauro Müller: Nacionalização e Imigração Alemã. X Simpósio de História da Imigração e Colonização Alemãs – São Leopoldo, set. de 1992. São Leopoldo 1994. Dort geht es im Allgemeinen um die Städte des südlichsten brasilianischen Bundeslandes RS, vor und während der brasilianischen Diktatur. Leider sind Quellen nicht immer zu finden, da viel von den eigenen Immigranten vernichtet wurde, um die polizeilichen Aktionen während der nacionalização no Estado Novo, also der Nationalisierungsprozess während der Ära Vargas zu entgehen. Oder sie wurden durch die Polizei beschlagnahmt, teilweise sogar vernichtet. Allgemein anerkannt ist heute die Oral History, aufgrund derer sich teilweise bestimmte Vorgänge und Auswirkungen rekonstruieren lassen. Auch die Colóquios de Estudos Teuto-Brasileiros sind wichtig für die Forschung über die Kolonisatoren und ihre Nachkommen.

28 Diese Liste – mit Kommentaren versehen – ist im Anhang 9.5. ersichtlich, ich habe sie aber nicht in der Literaturliste angeführt, da sie nur einen Überblick für denjenigen ermöglichen soll, der sich intensiver damit beschäftigen will. In der Arbeit werden sie aber überhaupt nicht in Anspruch genommen. Nicht zuletzt sei noch Elisiana Castro genannt: http://elisianacastro.wordpress.com/artigos-publicados/. Der Seite der Zeitung Jornal de Santa Catarina http://www.clicrbs.com.br/jsc/sc/impressa/4,186,3095362,15815 ist zu entnehmen, dass sie Mitglied der Associação Brasileira de Estudos Cemiteriais ist und schon mehr als 100 Friedhöfe besuchte. Ich führe sie hier an, um diesen in Brasilien noch als recht ungewöhnlich angesehenen Teil des Kulturerbes in die Forschung mit einzubeziehen.

29 Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 300-303.

30 Frederick Luebke: Germans in the New World. Essays in the history of immigration. Urbana and Chicago 1990, S. 117.

31 Ingrid Schulze Schneider: Alemania y América. La llamada del Nuevo Mundo: 500 años de presencia alemana en América. Madrid 1995, S. 151.

32 Nelson de Senna: Was Brasilien der deutschen Kultur und Mitarbeit verdankt, in: Franz Termer (Hrsg.): Die Bedeutung deutscher Kultur und deutscher Arbeit in Brasilien von Professor Dr. Nelson de Senna in Bello Horizonte. Übers. von E. A. Scheibe. Würzburg 1933, S. 25-51, hier: S. 43.

33 Fouquet: Einwanderer und Nachkommen 1974, S. 65-67. Er begann seine Erklärung des Begriffes indem er das 13. Jahrhundert als Zeitraum festlegte, in dem die politische Einheit des deutschen Volkes verloren ging. Diese Ansicht würde sich heute nicht halten, aufgrund des Umfanges dieser Arbeit kann dies nicht weiter ausgeführt werden, ich lehne mich trotzdem teilweise an seine weitere Ausführung an. Er meinte, die Behörden klassifizierten die Einwanderer nach ihrer Staatsangehörigkeit. Diese Aussage hält sich nicht, denn man kann heute nicht mehr wissen, ob die Angaben der Einwanderer stimmten. Auch die Antragsformulare für die Zulassung änderten sich im Laufe der Zeit, die Frage nach Volkszugehörigkeit oder Ethnie tauchte selten auf.

34 Luebke: Germans in the New World, S. XIII.

35 Fröschle: Einst und jetzt, S. 3: Im Vorwort.

36 Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 299-301.

37 Voigt: A Invenção do Teuto-Brasileiro, S. 11. Dennoch kann ich mich seiner Gesamtschlussfolgerung nicht anschließen. Die Gründe dafür können hier nicht angeführt werden, denn das würde vom Thema abweichen. Der oben angegebenen Darstellung stimme ich jedoch zu.

38 Rene Ernaini Gertz: O Perigo alemão. Porto Alegre 1991. S. 32: In diesem Werk analysiert der Forscher die politischen Zitaten von Autoren, Gelehrten, Intellektuellen und Journalisten vom 18. Jahrhundert bis in den 1940er Jahren und stellt noch ein Ausblick bis in den 1970er Jahren dar. Das Thema der Analyse ist das Deutschtum und die „Brasilianität“ in der brasilianischen Politik, in der Ideologie einer „Deutschen Gefahr“ und in dem Nationalsozialismus in RS und die daraus entstandenen Konflikte.

39 Dagmar Estermann Meyer: Cultura Teuto-Brasileiro-Evangélica no Rio Grande do Sul: “Conteúdos” e “Movimentos” da Articulação de Gênero com Raça, Classe, Nação e Religião. Online: http://www.desafio.ufba.br/ gt4.html S. 3: nach der ausgedruckten Version.

40 Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 289. Teilweise übernahm die Autorin einen Text, der schon vorher von ihr verfasst worden war. Die Schöpfer der Idee der Kolonisation irrten, als sie dachten die Einwanderer würden dazu neue Techniken mitbringen.

41 Dies.: Imigração e cultura, S. 66.

42 Ibid., S. 14.

43 Dies.: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 279.

44 Prien: Evangelische Kirchenwerdung, S. 41-46.

45 Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 284: So wanderten in den Tal des Itajaí in SC und in Ijuí in RS z.B. auch Leute unterschiedlicher Nationalität ein.

46 Tulio Halperin Donghi: Geschichte Lateinamerikas von der Unabhängigkeit bis zur Gegenwart. Übers. von Elke Wehr. Frankfurt am Main 1991, S. 464.

47 Ibid., S. 464. Hervorhebung im Original.

48 Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 306-311.

49 Gertz: Cidadania e Nacionalidade, S. 23.

50 Sérgio Buarque de Holanda (Hrsg.): História Geral da Civilização Brasileira. Tomo II O Brasil Monárquico. 3.̊ Volume Reações e Transações. São Paulo 1967. S. 229.

51 Arthur Rabuske: A Nacionalização e a Igreja Católica, in: Telmo Lauro Müller (Hrsg.): Nacionalização e Imigração Alemã. X Simpósio de História da Imigração e Colonização Alemãs – São Leopoldo, set. de 1992. São Leopoldo 1994, S. 157-188, hier: S. 157.

52 Hugo Zöller: Die Deutschen im Brasilianischen Urwald. Bd. 2, S. 106.

53 Méri Frotscher: Identidades Móveis: Práticas e discursos das elites de Blumenau (1929–1950). Blumenau 2007, S. 30.

54 Willems: A Aculturação dos Alemães, S. 385. Siehe zu Willems auch: João Baptista Borges Pereira: Emílio Willems e Egon Schaden na história da Antropologia, in: Estudos Avançados. 8/22 (1994), S. 249-253, hier: S. 249 und 251; sowie Voigt: A Invenção do Teuto-Brasileiro, S. 71: Emilio Willems hat eine interessante akademische Karriere im Fach Anthropologie an der USP, eine Universität in SP, gemacht. Egon Schaden wurde sein erster Assistent.

55 Peter Marschalck: Deutsche Überseewanderung im 19. Jahrhundert. Ein Beitrag zur soziologischen Theorie der Bevölkerung. Stuttgart 1973, S. 56-59 und 71: „Nur die politischen und sozialen Auswanderer gehörten ganz dem behandelten Zeitraum an.“

56 Ibid., S. 54f. und 60f.: Siehe dort die Werke, auf die er sich beruft. Siehe auch: Holanda: História Geral da Civilização Brasileira. Tomo II O Brasil Monárquico. 3.̊ Volume Reações e Transações. São Paulo 1967, S. 224. Zum Rückgang der Sterblichkeit siehe: Frank Thistlethwaite: Europäische Überseewanderung im 19. und 20. Jahrhundert, in: Wolfgang Köllmann und Peter Marschalck (Hrsg.): Bevölkerungsgeschichte. Köln 1972, S. 323-355, hier: S. 343: „Es sieht jedoch so aus, als ob ein Rückgang der Sterbeziffer ohne eine kompensierende Reduktion der Geborenenziffer zu einer Steigerung der natürlichen Zuwachsrate führte, wobei der Prozeß in Nordwesteuropa einsetzte und sich in dem Maße nach Osten und Süden bewegte, wie die Gemeinden von Fortschritt in der Medizin und Ernährung beeinflußt wurden.“ Die ländliche Bevölkerung, an den Rand der Existenz gedrängt, war bereit auszuwandern.

57 Stephan Görisch: Information zwischen Werbung und Warnung. Die Rolle der Amerikaliteratur in der Auswanderung des 18. und 19. Jahrhunderts. Darmstadt und Marburg 1991, S. 87.

58 Ibid., S. 34.

59 Luebke: Germans in the New World, S. 97.

60 Ibid., S. 99.

61 Marschalck: Deutsche Überseewanderung, S. 12.

62 Görisch: Information zwischen Werbung und Warnung, S. 58f.

63 Marschalck: Deutsche Überseewanderung, S. 14.

64 Gerhard Brunn: Deutschland und Brasilien (1889-1914). Köln und Wien 1971, S. 127.

65 B. H. Moltmann: Deutsche Siedelung in Süd-Brasilien. Ein erfolgreiches Jahrhundert deutscher überseeischer Siedelungsarbeit. S.l. 1918 . S. 17f.: „Ein offener Brief des Geheimen Regierungsrates Kunst in der Ostseezeitung bewog den Preußischen Handelsminister v. d. Heydt zum Einschreiten. Er regte Anfang 1858 bei dem Minister des Innern an, die Zulassung zur Überfahrt nach Brasilien zu verweigern und die Agenturen, die sich mit der Vermittlung der Auswanderung dorthin befaßten, zurückzunehmen. Der Minister des Innern forderte ein Gutachten des Zentralvereins, der die beabsichtige Maßregel billigte, wenn er sich auch keinen großen Erfolg versprach. Auch der preußische Geschäftsträger in Rio de Janeiro stimmte der in Aussicht genommenen Anordnung bei; nachdem dann auch der Minister des Äußern sich einverstanden erklärt hatte, schloß der Erlaß vom 3. November 1859 die fast zweijährigen Verhandlungen ab.“ Dazu auch: Hartmut Bickelmann: Auswanderungsvereine, Auswandererverkehr und Auswandererfürsorge in Deutschland 1815-1930, in: Agnes Bretting und ders. (Hrsg.): Auswanderungsagenturen und Auswanderungsvereine im 19. und 20. Jahrhundert. Stuttgart 1991, S. 91-262, hier: S. 192: nach den Jahresberichten des Frankfurter Vereins zum Schutze der Auswanderer: „Bei Brasilien wurde das Halbpachtsystem verurteilt, die geringe rechtliche Absicherung der Siedler kritisiert und auf die besonderen Schwierigkeiten hingewiesen, denen Auswanderer protestantischer Konfession dort ausgesetzt waren. Eine etwas günstigere Darstellung fanden allerdings die in Südbrasilien bereits existierenden deutschen Siedlungskolonien.“

66 Reinhardt Wagner: Deutsche als Ersatz für Sklaven: Arbeitsmigranten aus Deutschland in der brasilianischen Provinz São Paulo 1847-1914. Frankfurt am Main 1995. S. 156: Hervorhebungen im Original. Siehe auch: Brunn: Deutschland und Brasilien, S. 129: Hinzu kam noch, dass es „Gegensätze zwischen der kaiserlichen Regierung, die sich um Kolonisation bemühte, und den Pflanzern [gab], die nur an Arbeitskräften für ihre Plantagen interessiert waren.”

67 Débora Bendochi Alves: Cartas de imigrantes como fonte para o historiador: Rio de Janeiro – Turíngia (1852-1853), in: Revista Brasileira de História 23/45 (2003), S. 155-184, hier: S. 155. Auf S. 168 analysiert die Autorin Anhand von Briefen, dass die Deutschen isoliert lebten und so ihre Sprache, Kultur, Sitten und Bräuche bewahren konnten, was auch den deutschen Intellektuellen gefiel und in dieser Arbeit noch mehrmals angesprochen werden wird.

68 Holanda: História Geral, S. 256: Siehe dagegen: Brunn: Deutschland und Brasilien, S. 69 u. 131: der meint, dass „nur die Zulassung von Auswanderungsagenten für Brasilien und die Werbung für die Auswanderung dorthin verbot.“ Siehe auch: Schneider: Alemania y América, S. 147: meint, dass die Werbung der Agenten in Preußen damit verboten wurde und das sollte fast 40 Jahre gültig bleiben. Siehe auch: Alfred Funke: Die Besiedlung des östlichen Südamerika mit besonderer Berücksichtigung des Deutschtums. Halle a.S. 1903 S. 33: In diesem Werk beschreibt der Autor den Grund für den Rückgang der Einwanderung in Blumenau. Ab diesem Zeitpunkt kamen relativ gesehen mehr Italiener in das Gebiet.

69 Marschalck: Deutsche Überseewanderung, S. 44: Siehe dort Literatur zum Thema. Siehe auch: Brunn: Deutschland und Brasilien, S. 144: Nach Brunn hatte das Reskript seine Berechtigung, wegen der organisatorischen Unordnung beim Empfang der Einwanderer, den Täuschungsmanöver der brasilianischen Behörden, mit denen sie Auswanderer als Plantagenarbeiter zu gewinnen versuchten, und den oft mörderischen Anfangsbedingungen.

70 Agnes Bretting: Funktion und Bedeutung der Auswanderungsagenturen in Deutschland im 19. Jahrhundert, in: Dies. und Bickelmann, Hartmut (Hrsg.): Auswanderungsagenturen und Auswanderungsvereine im 19. und 20. Jahrhundert. Stuttgart 1991, S. 11-90, hier: S. 39; und Bickelmann: Auswanderungsvereine, Auswandererverkehr und Auswandererfürsorge, hier: S. 105: Der bisherige Verlauf der Auswanderung wurde ständig kritisiert, sie sollte organisiert werden, die sozialen Bedingungen der Reise sollten sich verbessern und in Gebiete geleitetet werden, „wo Deutsche ihre Nationalität bewahren und der ehemaligen Heimat als Produzenten wie auch als Konsumenten weiterhin dienlich sein könnten.“

71 Brunn: Deutschland und Brasilien, S. 140: Siehe dort die zum Thema angegebenen Quellen.

72 Bretting: Funktion und Bedeutung der Auswanderungsagenturen, hier: S. 31. Siehe auch: Fouquet: Einwanderer und Nachkommen 1974, S. 72.

73 Brunn: Deutschland und Brasilien, S. 145. Siehe auch: Schneider: Alemania y América, S. 150: “una intervención estatal en la dirección de los flujos emigratorios a determinados países, y un apoyo oficial a aquellas personas que siguiesen las directrices oficiales.”

74 Moltmann: Deutsche Siedelung in Süd-Brasilien, S. 2f.

75 Marschalck: Deutsche Überseewanderung, S. 55.

76 Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 275.

77 Käte Harms-Baltzer: Die Nationalisierung der deutschen Einwanderer und ihrer Nachkommen in Brasilien als Problem der deutsch-brasilianischen Beziehungen 1930-1938. Berlin 1970, S. 11.

78 Hugo Zöller: Die Deutschen im Brasilianischen Urwald. Bd. 1, S. 153.

79 Fröschle: Einst und jetzt, S. 6 und Peter Whitfield: Städte der Welt. In historischen Karten. Übers. von Erwin Fink. Stuttgart 2006, S. 157.

80 Dreher: Kirche und Deutschtum, S. 23: nach von ihm eingesehener Literatur.

81 Rudolph Hehl: Die Entwicklung der Einwanderungsgesetzgebung in Brasilien, in: Schriften des Vereins für Socialpolitik 72 (1896), S. 273-302, hier: S. 277f.

82 Nelson de Senna: Was Brasilien der deutschen Kultur und Mitarbeit verdankt, in: Franz Termer (Hrsg.): Die Bedeutung deutscher Kultur und deutscher Arbeit in Brasilien von Professor Dr. Nelson de Senna in Bello Horizonte. Übers. von E. A. Scheibe. Würzburg 1933, S. 25-51, hier: S. 26; und Schneider: Alemania y América, S. 145. Senna versuchte, eine Liste mit deutschen Namen der Geschichte der Eroberung, Entwicklung und des Fortschritts Brasiliens aufzustellen. Es werden sowohl Werke als auch Personen angeführt, Reisende, Gelehrte, Wissenschaftler, Naturforscher oder Fürsten, nicht zu vergessen Musiker, Maler, Schriftsteller, oder Deutsche, die sich im industriellen, kirchlichen, Siedlungs- oder Handelsbereich hervortaten. Es ist ein Werk über die deutsche Kultur und Arbeit in Brasilien oder Leute, die sich mit Brasilien beschäftigten. Die Liste enthält veröffentlichte Werke und Taten von der Kolonialzeit bis in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts. Der Autor selbst meint es sei eine einfache Wiedergabe der deutschen Namen.

83 Ibid., hier: S. 26; Moltmann: Deutsche Siedelung in Süd-Brasilien, S. 5: das Dekret vom 25. April 1818 sollte Gelder bereitstellen, um den europäischen Einwanderern Mittel zur Verfügung zu stellen; und weiter Seyferth: Imigração e cultura, S. 9 und 14: Der Urwald in den Flusstälern nahe an der Küste in ES, SC und RS sollte besiedelt werden.

84 Holanda: História Geral, S. 222; Siehe auch: Hehl: Einwanderungsgesetzgebung in Brasilien, hier: S. 278; und Schneider: Alemania y América, S. 145.

85 Luebke: Germans in the New World, 1990. S. 104.

86 Müller: Sobrevoando nossa história, hier: S. 14; und Schneider: Alemania y América, S. 141: La boda “supuso un importante fortalecimiento de las relaciones entre Brasil y el área germánica de Centroeuropa. [...] La emperatriz austriaca atraerá a numerosos científicos, artistas y también soldados y colonizadores germanos a la antigua colonia portuguesa.”

87 Hehl: Einwanderungsgesetzgebung in Brasilien, hier: S. 278.

88 Bretting: Funktion und Bedeutung der Auswanderungsagenturen, hier: S. 19: zitiert nach Klaus Richter. Dazu auch: Brunn 1971. S. 3: „So kamen bis 1830, dem vorläufigen Ende der Einwanderung, ca. 6000 Deutsche ins Land.“ Dazu auch: Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 277: Schaeffer war Arzt, Naturforscher und Major. Er warb Söldner im Ausland an, um für die Zentralregierung in Brasilien zu kämpfen. Erst danach soll er in den hanseatischen Städten Deutschlands Immigranten für die Kolonien im Süden angeworben haben. Siehe auch: Funke: Das östliche Südamerika, S. 34: Der dahingegen meint, dass Schäffer manches schlimme Element in Brasilien einführte. Siehe dazu auch: Oberacker, Beitrag zum Aufbau, S. 158-161: Er soll in wenigen Jahren 2000 Soldaten und 5000 Bauer und Handwerker angeworben haben. Hier S. 159.

89 Müller: Sobrevoando nossa história, hier: S. 17.

90 Fröschle: Einst und jetzt, S. 9; und Martin Dreher: O Estado Novo e a Igreja Evangélica Luterana, in: Telmo Lauro Müller (Hrsg.): Nacionalização e Imigração Alemã. X Simpósio de História da Imigração e Colonização Alemãs – São Leopoldo, set. de 1992. São Leopoldo 1994, S. 87-110, hier: S. 101: die Kolonisten dienten auch als Arbeiter für den Bau von Straßen.

91 Oberacker: Beitrag zum Aufbau, S. 162, 18f.: Also gab es auch wirtschaftliche Gründe für die Einwanderung: Landwirtschaft, Handwerk und Industrie.

92 Nelson de Senna: Was Brasilien verdankt, hier: S. 30f. Siehe dazu auch: Oberacker: Beitrag zum Aufbau, S. 232-236 und 247-250: Mehr Informationen zum Krieg gegen Argentinien und später gegen Paraguay.

93 José Ferreira da Silva: História de Blumenau. Blumenau 1950, S. 21; und Konder Reis, Antônio Carlos: Em defesa da colonização alemã. Florianópolis 1949, S. 12: Konder Reis gibt die Zahl von 77 Freiwillige, die für Brasilien in den Krieg zogen, an.

94 Hermann Faulhaber: Deutschtum in Südbrasilien, in: Beiträge zur Kolonialpolitik und Kolonialwirtschaft 1 (1899-1900). S. 435-438, Zitat hier: S. 437.

95 Hehl: Einwanderungsgesetzgebung in Brasilien, hier: S. 279f..

96 Schneider: Alemania y América, S. 144.

97 Hugo Zöller: Die Deutschen im Brasilianischen Urwald. Bd. 1, S. 155.

98 Hehl: Einwanderungsgesetzgebung in Brasilien, hier: S. 278f.

99 Gilberto Freyre: Nós e a Europa Germânica, S. 38, 41 und 45: Er betont die Anwesenheit von Deutschen in SC, die einen hohen Beitrag für die Kultur leisteten, indem sie Musik, Folklore, Tänze, Festlichkeiten, Essen und Frömmigkeit wertschätzten. Er ist der Meinung, dass die Deutschen sich anpassen könnten und dass die gegenteilige Behauptung ein Mythos sei.

100 Gilberto Freyre: Uma Cultura ameaçada: a luso-brasileira. Recife 1940. Online: http://prossiga.bvgf.fgf.org.br/portugues/obra/opusculos/uma_cultura_ameacada.htm, S. 1-3, 7-11 und 14: nach der ausgedruckten Version. Für die Portugiesen war die „Vermischung der Rassen“ nie ein Problem, denn die „Vielfalt des Blutes“ bedeutete eine „Pluralität der Fähigkeiten“.

101 Hehl: Einwanderungsgesetzgebung in Brasilien, hier: S. 284-288.

102 Prien: Evangelische Kirchenwerdung, S. 116.

103 João Klug: Imigração e Luteranismo, S. 87f. und 91. Siehe dort die entsprechenden Quellen.

104 Hehl: Einwanderungsgesetzgebung in Brasilien, hier: S. 294f.

105 Lazzari, Beatriz Maria. Imigração e ideologia: Reação do Parlamento Brasileiro à política de colonização e imigração (1850-1875). Porto Alegre und Caxias do Sul 1980, S. 8f.: So Lazzaris Meinung, die behauptet, dass die Parlamentarier ihren Großgrundbesitz, Herrschaft und Privilegien absichern wollten.

106 Holanda: História Geral, S. 245.

107 Seyferth: Imigração e cultura, S. 15. Siehe auch: Hehl: Einwanderungsgesetzgebung in Brasilien, hier: S. 276: Nach dem Gesetz zum Verbot der Sklaverei im Mai 1888 wurde von der Regierung und von privater Seite versucht, freie Arbeiter einzuführen, da die Plantagen plötzlich ohne Arbeiter waren. Der Autor ist allerdings mit Vorsicht zu betrachten, da manchmal Belege fehlen, Rückschlüsse unerklärlich gezogen werden und keine genaueren Angaben gemacht werden, einige sogar falsch sind wie S. 282, wo angegeben wird, dass Blumenau 1851 gegründet wurde. Zur Gründung später mehr.

108 Brunn: Deutschland und Brasilien, S. 11. Siehe dazu auch: Oberacker, Beitrag zum Aufbau, S. 324.

109 Donghi: Geschichte Lateinamerikas, S. 399.

110 Wettstein: Brasilien und die Kolonie Blumenau, S. 236.

111 Brunn: Deutschland und Brasilien, S. 22. Siehe dort die dazu angegebene Literatur. Siehe dazu auch: Oberacker: Beitrag zum Aufbau, S. 326.

112 Brunn: Deutschland und Brasilien, S. 201 und 209.

113 Luebke: Germans in the New World, S. 114.

114 Dreher: O Estado Novo e a Igreja Evangélica Luterana, hier: S. 100.

115 Holanda: História Geral, S. 223. Sein Werk beschreibt die Politik Brasiliens im 19. Jahrhundert und die Auseinandersetzungen in Südamerika, die Sklaverei und die Kolonisation durch Europäer. Letztere kamen nach Südamerika, um die freie Arbeit zu entrichten. Nur die Portugiesen sahen sich nicht als Ausländer und waren der Ansicht nicht arbeiten zu müssen. Auch Wissenschaft, Kunst und Literatur werden angesprochen.

116 Luebke: Germans in the New World, S. 124.

117 Brunn: Deutschland und Brasilien, S. X: Im Vorwort.

118 Ibid., S. 283.

119 Willems: A Aculturação dos Alemães, S. 261.

120 Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 290f.

121 Willems: A Aculturação dos Alemães, S. 264.

122 Egon Schaden: O estudo sócio-antropológico da aculturação dos alemães no Brasil. S.l. 1973, S. 114.

123 Willems: A Aculturação dos Alemães, S. 370f. und 386: Selbst im Artikel 97, 3 und im Artikel 141 der Verfassung vom 25. März 1824 und der Verfassung des Reiches wurden sie als Ausländer, die eingebürgert wurden, bezeichnet. Auf S. 385: Auch Artikel 6 meinte, dass alle eingebürgerten Ausländer brasilianische Bürger wären, ganz gleich welche Religion sie angehörten. Aber Artikel 91 sah einen Unterschied zwischen brasilianische Bürger, die alle politischen Rechte haben und den eingebürgerten Ausländern.

124 Schaden: O estudo sócio-antropológico da aculturação, S.114: Die meisten Immigranten kannten die Politik im eigentlichen Sinne nicht, denn für diese Landleute war es eine Aktivität für höher Gestellten, wie sie es in Deutschland gekannt hatten.

125 Willems: A Aculturação dos Alemães, S. 386.

126 Fröschle: Einst und jetzt, S. 6: Angaben dort entnommen.

127 Willems: A Aculturação dos Alemães, S. 40f.

128 Luebke: Germans in the New World, S. 93. Siehe auch: Thistlethwaite: Europäische Überseewanderung, hier: S. 326: der I. Ferenczi zitiert, indem er 55 Millionen Europäer angibt, die zwischen 1821 und 1924 nach Übersee auswanderten, von denen 33 Millionen in die USA gingen.

129 Seyferth: Imigração e cultura, S. 11.

130 Dies.: A Colonização Alemã no Brasil, S. 275.

131 Moltmann: Deutsche Siedelung in Süd-Brasilien, S. 1f.: Wegen sozialer und wirtschaftlicher Not, Wanderlust, politischen Verhältnissen, da die Industrie dieses Wachstum nicht auffangen konnte.

132 Thistlethwaite: Europäische Überseewanderung, S. 329: zitiert nach I. Ferenczi.

133 Seyferth: Imigração e cultura, S. 12.

134 Dies.: A colonização alemã no Vale do Itajaí-Mirim: um estudo de desenvolvimento econômico. Porto Alegre 1974, S. 29.

135 Dies.: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 274f. Auch: Dies. Imigração e cultura, S. 9: Dort kommt das gleiche Thema vor, denn sie meint, dass die Autoren zu verschiedenen Ergebnissen kommen, was die Zahl der Einwanderer – sei es die Gesamtzahl oder pro Nationalität – betrifft.

136 Moltmann: Deutsche Siedelung in Süd-Brasilien, S. 43.

137 Seyferth: Vale do Itajaí-Mirim, S. 29.

138 Blumenau 1851 : Leitende Anweisungen, Zitat hier: S. 202.

139 Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 277.

140 Dreher: O Estado Novo e a Igreja Evangélica Luterana, hier: S. 101: Das sollte in den Jahren des Estado Novo als Gefahr angesehen werden. Hervorhebung im Original. Siehe auch: Seyferth: Imigração e cultura, S. 15: Die meint, dass im 20. Jahrhundert die europäischen Einwanderer und ganze Familien von RS und SC nach PR oder in die großen Städten gingen.

141 Hehl: Einwanderungsgesetzgebung in Brasilien, hier: S. 277.

142 Seyferth: Imigração e cultura, S. 9.

143 Dies.: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 276.

144 Ibid., S. 276f.

145 Schneider: Alemania y América, S. 143.

146 Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 279.

147 Schneider: Alemania y América, S. 144. Siehe auch: Hehl: Einwanderungsgesetzgebung in Brasilien, hier: S. 282: Die Gründung Dr. Blumenaus, „kann wohl als der erfolgreichste aller bis jetzt dagewesenen kolonisatorischen Erfolge in Brasilien bezeichnet werden, denn es entstand unter den ungünstigsten Bedingungen, mitten im Urwalde und in nicht unbedeutender Entfernung von einem kleinen Exporthafen, mit dem die Örtlichkeit durch einen Fluß von sehr zweifelhafter Schiffbarkeit verbunden war.“ Hier erscheint das Jahr 1851 als Gründungsdatum, auf das ich noch zurückkommen werde, aber vorab klarstellen möchte ich, dass diese Jahresangabe falsch ist. Dazu auch: Holanda: História Geral, S. 234: Der Apotheker Dr. Blumenau aus Braunschweig, sei einer der größten Kolonisatoren Südamerikas gewesen. Er meint auch, die besten Ergebnisse der Kolonisation in SC seien durch die kleinen Landwirtschaften in Blumenau, Brusque und Dona Francisca - später Joinville genannt – erzielt worden. Und zuletzt: Moltmann: Deutsche Siedelung in Süd-Brasilien, S. 17: meint auch, dass er der bedeutendste und erfolgreichste deutsche überseeische Kolonisator gewesen sei.

148 Max Tavares D’Amaral: Contribuição à história da colonização alemã no Vale do Itajaí. São Paulo 1950, S. 71.

149 Seyferth: A Colonização Alemã no Brasil, hier: S. 282.

150 Dies.: Vale do Itajaí-Mirim, S. 81: Hier in Bezug auf Brusque.

151 Moltmann: Deutsche Siedelung in Süd-Brasilien, S. 39.

152 Seyferth: Vale do Itajaí-Mirim, S. 56f.: So schildert die Forscherin die Lage in Brusque. Es mag sein, dass die Auswanderer oft nicht in Berührung mit der einschlägigen Literatur kamen, aber d.h. noch längst nicht, dass es sie nicht gab. Denn von Blumenaus Werken kann man nicht behaupten, dass sie die Lage und das Leben in der Kolonie Blumenau beschönigten.

153 Luebke: Germans in the New World, S. 101.

154 Cynthia Machado Campos: A política da língua na era de Vargas. Proibição do falar alemão e resistências no sul do Brasil. Campinas 2006, S. 88: Das Verhalten der Nachfahren der Immigranten als seien sie etwas Besseres, soll zu ihrer Absonderung geführt haben.

155 Voigt: A Invenção do Teuto-Brasileiro, S. 208.

156 Willems: A Aculturação dos Alemães, S. 105.

157 Dreher: O Estado Novo e a Igreja Evangélica Luterana, hier: S. 102.

158 Ibid.

159 Brunn: Deutschland und Brasilien, S. 125.

160 Campos: A política da língua na era de Vargas, S. 145.

161 Ibid., S. 148. Dieses Thema wird später noch intensiver behandelt.

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Résumé des informations

Titre
Die Deutsche Einwanderung in Brasilien im 19. und 20. Jahrhundert
Sous-titre
Das Leben der Einwanderer und deren Nachkommen in Südbrasilien: Pastor Faulhaber als Beispiel eines Werdegangs
Université
LMU Munich  (Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften - Historisches Seminar)
Cours
Hausarbeit zur Erlangung des Magistergrades
Note
2,0
Auteur
Année
2012
Pages
129
N° de catalogue
V281278
ISBN (ebook)
9783656754909
ISBN (Livre)
9783656754916
Taille d'un fichier
1300 KB
Langue
allemand
Mots clés
Deutschland, Brasilien, Einwanderung, Auswanderung, Kirche, Pastor Faulhaber, Blumenau
Citation du texte
Elisangela Leitzke (Auteur), 2012, Die Deutsche Einwanderung in Brasilien im 19. und 20. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/281278

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