Der Eingriff der deutschen Bundeswehr unter dem Oberkommando der NATO in den Kosovokonflikt war der erste Kampfeinsatz einer deutschen Armee seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Er war dementsprechend auch nicht unumstritten, zumal er in den Augen nicht weniger Betrachter gegen das Grundgesetz verstieß, in welchem geschrieben steht: "Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen" (Grundgesetz, Art. 26, Abs.1).
Erschwerend kam hinzu, dass für den militärischen Eingriff der NATO in den Kosovokonflikt kein Mandat der Vereinten Nationen vorlag, der Krieg somit einigen Beobachtern nicht nur
als grundgesetzwidrig, sondern auch als unvereinbar mit Völkerrecht gewertet wurde. Auch nicht unproblematisch war der historische Hintergrund, da die deutsche Wehrmacht auf dem Balkan insbesondere gegen Serbien sehr gewaltsam vorgegangen war.
Gleichwohl wurde der Eingriff der Bundesrepublik Deutschlands in den Kosovokonflikt begleitet von einem in Medien und Politik vorherrschenden Tenor, wonach der militärische Eingriff in den Kosovokonflikt eine humanitäre Aktion darstelle, die ausschließlich dem Schutz der kosovarischen Zivilbevölkerung diene, welche von ethnischen Säuberungen bedroht sei und einem Völkermord entgegen schauen müsse. So wird der damalige deutsche Außenminister Joschka Fischer zitiert mit den Worten: „Ich habe nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg. Ich habe auch gelernt: Nie wieder Auschwitz“.
Der Politikwissenschaftler Ullrich von Alemann schrieb folglich noch während des Krieges: „Es herrscht die paradoxe Situation, daß Schriftsteller und Dichter mehr Völkerrechtsdoktrinen, UNO-Resolutionen, Verfassungsgesetzartikel und Menschenrechtscharta in den Debatten beschwören als die Regierungen und ihre Rechtsexperten, die mehr von Moral, Menschenrechten und humanitärer Intervention reden.“
Worin bestand nun die juristische Kritik am Eingreifen und wie haben politische Entscheidungsträger dieses normativ gerechtfertigt?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Entwicklung bis zur militärischen Intervention
- Die politische Rhetorik
- Die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Einsatzes
- Die Folgen der Intervention
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Kritik am militärischen Einsatz der Bundeswehr im Kosovokonflikt aus juristischer Sicht. Zudem beleuchtet sie die Verteidigung des Eingreifens vor dem Hintergrund der normativen Erklärungen der politischen Entscheidungsträger und der medialen Darstellung.
- Rechtmäßigkeit des deutschen militärischen Einsatzes im Kosovokonflikt
- Die Rolle der politischen Rhetorik in der Rechtfertigung des Einsatzes
- Die Bedeutung von Menschenrechten im Kontext internationaler Interventionen
- Die Folgen des militärischen Eingriffs für den Kosovo und die Bundesrepublik Deutschland
- Die Herausforderungen für die deutsche Außenpolitik im Kontext internationaler Konflikte
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt den historischen Kontext des Kosovokonflikts dar und skizziert die zentrale Fragestellung der Hausarbeit. Sie beleuchtet die kontroversen Debatten um den Einsatz der Bundeswehr im Kosovokonflikt und stellt die normative Dimension der Intervention in den Vordergrund.
- Das Kapitel "Die Entwicklung bis zur militärischen Intervention" zeichnet die Geschichte des Konflikts nach, von der Auflösung Jugoslawiens bis zum Beginn der NATO-Intervention. Es beleuchtet die politischen und sozialen Ursachen des Konflikts sowie die Rolle der Kosovarischen Befreiungsarmee (UCK) und die Reaktion der internationalen Gemeinschaft.
- Das Kapitel "Die politische Rhetorik" analysiert die mediale und politische Darstellung des Kosovokonflikts und beleuchtet die Argumentationsstrategien der politischen Entscheidungsträger. Es zeigt, wie die Intervention als humanitäre Mission dargestellt wurde und welche Rolle die Einbindung von Menschenrechten spielte.
Schlüsselwörter
Kosovokonflikt, Bundeswehr, NATO-Intervention, Völkerrecht, Menschenrechte, humanitäre Intervention, politische Rhetorik, normative Begründung, historische Entwicklung, UCK, Milosevic, Schröder.
- Citation du texte
- Jan Vahlenkamp (Auteur), 2012, Völkerrecht gegen Menschenrechte? Der Eingriff der deutschen Bundeswehr in den Kosovokonflikt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/281470