Die philosophische Diskussion über das Selbst steht in einer langen geistesgeschichtlichen Tradition und hat wohl auch heutzutage kaum etwas von ihrer Brisanz verloren. Gegenteilig könnte man gar behaupten, dass durch die New Age Bewegung des späten 20. Jahrhunderts und die damit verbundene holistische Weltanschauung gerade dieses Thema zum Ausgangspunkt für allerlei mögliche Überlegungen, von Spiritualität bis hin zu Medizin, geworden ist. Doch was verstehen wir allgemein unter dem „Selbst“? Es scheint fast so zu sein, dass bereits der Begriff „Selbst“ kognitiv nicht greifbar ist, da sich eine eigenartige Leere im Kopf einstellt, so bald man versucht, diesen Begriff mental zu repräsentieren. Oder haben wir die Vorstellung vom Selbst verloren? Mystiker und Esoteriker würden etwa behaupten, dass das Selbst nur in Isolation, Stille, Schweigen oder Mediation erfahrbar ist. Andernfalls wäre es aufgewirbelt durch die Zerstreuungen der Moderne und brauche eine gewisse Zeit und Ruhe, um wieder auf den Boden des Bewusstseins zu sinken. Doch warum sollte man noch weitergehen und nach einer Auflösung des Selbst trachten, wenn es doch schon so schwierig zu sein scheint, sich das Selbst überhaupt bewusst zu machen? Der vorliegende Essay hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit Hilfe von Nietzsches Schriften und seiner Denkart eine Antwort auf die oben berührten Fragen zu geben. Eine definitionsbetonte, psychologisierende Auffassung des Selbst wird dabei nicht in Betracht gezogen, da diese zum einen nicht weitreichend genug an Nietzsches Gedanken herankommen würde und andererseits die möglichen philosophischen Explikationen von vornherein beschneiden würde. Es gilt daher, zunächst eine allgemeine Antwort auf die Frage nach dem Sein des Selbst zu geben und anschließend zu erörtern, wie dieses erkennbar, bzw. erfahrbar gemacht werden kann. Erst hiernach wird es möglich sein, aus den textimpliziten ethischen Anschauungen Nietzsches herauszustellen, warum sich nach diesen das Selbst mit einer gewissen Notwendigkeit auflöst oder gar der Imperativ besteht, dass sich dieses auflösen sollte. Abschließend wird diskutiert werden, unter welchen Kriterien diese Dissoziation des Selbst tatsächlich möglich
sein kann und welche weiteren Konsequenzen sich daraus ergeben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Was das Selbst ist
- Wie das Selbst erfahrbar ist
- Wie das Selbst auflösbar wird
- Die Kindwerdung
- Wann ist Selbstdissoziation sinnvoll?
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Essay beschäftigt sich mit der philosophischen Frage nach dem Selbst und analysiert, wie dieses nach Nietzsches Verständnis auflösbar wird. Er erörtert die Bedeutung des Selbst als Essenz und die Rolle der Selbsttäuschung in der Selbsterfahrung. Darüber hinaus wird die Bedeutung der Selbstdissoziation als Mittel zur Erneuerung und Potenzierung des Lebens beleuchtet.
- Die Essenz des Selbst
- Die Rolle der Selbsttäuschung
- Die Bedeutung der Selbstdissoziation
- Die Kindwerdung als Ausdruck der Selbstauflösung
- Die Grenzen und Gefahren der Selbstdissoziation
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik des Selbst ein und legt dar, dass dieses nicht als Einheit, sondern als Ganzheit zu betrachten ist. Es wird auf die Unterscheidung zwischen Selbst und Ich hingewiesen. Im zweiten Kapitel werden die verschiedenen Aspekte der Selbsterfahrung erörtert. Es wird hervorgehoben, dass die Selbsttäuschung eine wichtige Rolle spielt, während das tatsächliche Selbst im Einklang von Erkenntnis und Handlung liegt. Das dritte Kapitel untersucht, wie sich das Selbst auflösen kann. Die Diskussion um die Selbstdissoziation als Mittel zur Selbsterneuerung und Steigerung des Lebens wird eingeleitet. Im dritten Kapitel werden die Gefahren und Grenzen der Selbstdissoziation beleuchtet. Es wird darauf hingewiesen, dass ein solcher Prozess nicht für jeden geeignet ist und dass es notwendig ist, die psychologischen Risiken zu berücksichtigen.
Schlüsselwörter
Dieser Essay behandelt zentrale Begriffe und Themen wie Selbst, Selbsttäuschung, Selbstfindung, Selbstdissoziation, Kindwerdung, dionysische Kräfte, apollinische Kräfte, freier Geist, Übermensch, Lebenswert, und ewiger Wiederkehr des Gleichen. Im Mittelpunkt stehen Nietzsches Gedanken zur Selbstüberwindung und die Relevanz der Auflösung des Selbst für die Potenzierung des Lebens.
- Citar trabajo
- Markus Uehleke (Autor), 2011, Nietzsche und das Selbst, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/281995