Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Innere Faktoren des Weges zur Berufsfindung
3. Die Entwicklung der Berufswahl, früher und heute
4. Identitätsentwicklung im familiären Umfeld
5. Die Rolle der Eltern bei der Berufswahl
5.1. Der Berufsfindungsprozess unter Mitwirkung der Eltern
5.2. Welche besondere Rolle spielen die Eltern nun im Prozess der Berufsorientierung
6. Umsetzung in der Praxis
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Schüler und Schülerinnen werden bereits in der Oberstufe mit der Berufswahl konfrontiert. Sie beschäftigen sich mit den Fragen, „ Wie geht es nach der Schule weiter? Was kommt auf mich zu? Von wem bekomme ich Unterstützung und welche Berufsmöglichkeiten stehen mir zur Wahl?“
An dieser Stelle übernimmt die Schule eine wichtige Aufgabe. Sie bietet den SuS[1] die Möglichkeit, sich langsam in die Phase der Berufsfindung einzufinden und deren verbundene Problematik kennenzulernen.
Vorgesehene Praktikumsphasen gewähren ihnen einen kleinen Einblick in die Berufswelt. Ihnen bietet sich die Möglichkeit, sich im kleinen Rahmen mit der hiesigen Berufswelt vertraut zu machen.
Doch diese Berufserfahrungen, die die SuS in diesem Zeitraum machen können, werden gegenüber der großen Anzahl von Berufsmöglichkeiten und der Berufswahl und Berufswunsch nicht vollumfänglich gerecht. Da sich die Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt auch in einer Entwicklungsphase befinden, können sie leicht überfordert sein jetzt schon eine Entscheidung zu fällen, wo sie sich später beruflich im Leben sehen.
An dieser Stelle ist es besonders wichtig, Unterstützung zu erhalten. Unterstützung erfahren sie seitens der Schule, Lehrkräfte, Berufsberatung und dem weiteren sozialen Umfeld. Doch diese Personen sind „fremde“ Personen. Vertrauen und Urteilskraft erhalten sie von ihren Eltern, deshalb spielen die Eltern als Vertrauensperson eine sehr große Rolle.
Die SuS befinden sich nicht nur in der Phase der Berufsfindung ebenso auch in der Phase der Ichfindung. Diese Phase ist kein einmaliger Prozess sondern ein Prozess, der sich über einen längeren Zeitraum erstreckt.
Sie entwickeln ein Bewusstsein eigener Wahrnehmung ihres Selbst und die bewusste Auseinandersetzung mit der Berufsfindung. Beides vereinen zu können, werden sie dabei durch Anregungen der Lehrer unterstützt. Sie geben den Impuls, die SuS zu motivieren, ihnen Wege zu zeigen, wie sie sich mit ihren Fähigkeiten und Interessen bewusster auseinandersetzen können. Sie zeigen ihnen Wege auf, wie sie sich verwirklichen können. Doch die Eltern nehmen trotzdem die größere Rolle ein. In diesem Bewusstwerdeprozess brauchen die Jugendlichen besonders viel Vertrauen, Beratung und Aufmerksamkeit der Eltern.
Inwiefern die Eltern als Unterstützung wahrgenommen werden und deren Unterstützung berücksichtigt wird, wird nun im weiteren Sinne eingegangen.
2. Innere Faktoren des Weges zur Berufsfindung
Der Weg zur Berufsfindung eines heranwachsenden Zöglings[2] ist ein vielschichtiger und komplizierter Prozess, auf den verschiedene Faktoren einwirken. Bevor äußere Einflüsse auf den Jugendlichen einwirken, beginnt der Prozess der Ichfindung.
„ Der Jugendliche lernt „sich selbst anzunehmen und seine Entscheide zu verantworten, er wird berufswahlreif.“ [3]
Zum Heranreifen der Individualität eines Jugendlichen gilt es nicht ihm eine Antwort auf seine Fragen zu geben, sondern ihm die Möglichkeiten zu zeigen und ihn zu bestärken, seinen Weg zur Berufswahl zu finden.
Die Berufswahlreife findet niemals zu einem bestimmten Zeitpunkt statt. Sie ist selbstbestimmend und entwickelt sich mit dem Prozess der Selbstfindung des Jugendlichen, daher ist sie immer individuell.
In der Einleitung wurde kurz darauf eingegangen, dass die Auseinandersetzung mit der Berufswahl erstmalig bzw. ernsthaft in der Oberstufe beginnt. Hier wird der Heranwachsende über viele Fragen stolpern, die seine Berufswahl begleiten:
„Woher weiß ich welcher Beruf zu mir passt?
„An welchem Beruf werde ich Spaß haben?“
„Was muss ich heute lernen?“
„Welcher Beruf hat in der heutigen Zeit Zukunft?“
„Eine Vielzahl von Berufen, woher weiß ich ob ich den richtigen wähle?“
„Genügt mein Bildungsabschluss für meinen Wunschberuf?“
„Was passiert, wenn ich scheitere?“
Diese Fragen sprechen verschiedene Aspekte an, die tatsächlich einen Jugendlichen beschäftigen.
Wie orientiert sich nun ein Schüler in diesem Fragedschungel? Unbewusst finden sich hier nun erste Ansätze des Berufswahlprozesses und der Ich-Findung statt.
3. Die Entwicklung der Berufswahl, früher und heute
Zu den Zeiten der Zunftwirtschaft, war die Wahl eines Berufes eher schicksalhaft gebunden. Abhängig davon in welche Familie man hineingeboren wurde, so war auch die Wahl des Berufes schon vorbestimmt. Es galten nicht die Interessen und Fähigkeiten eines Zöglings, oder die Berücksichtigung der Individualität. Der Sohn hatte somit automatisch den Beruf des Vaters übernommen.[4]
Dies stellt zur heutigen Zeit eine großartige Entwicklung dar. Die damals fehlende Orientierung und bewusste Auseinandersetzung oder gar die Beratung durch Mithilfe von Außenstehenden musste nicht bedacht werden. Der Beruf wurde also in die „Wiege gelegt“. An dieser Entwicklung lässt sich erkennen, welche Verantwortung und Anforderungen an einen Jugendlichen im Entwicklungsstatus heutzutage gestellt werden.
Auf der einen Seite ist die Art wie zu damals die Berufswahl stattgefunden hat ein sicherer Weg oder auch ein einfacher Weg gewesen, denn die Identität hat man bereits als Kleinkind schon erworben; „wie der Vater so der Sohn“. Es ging um die typische Rollenverteilung. Die Familie fungierte als Gruppenbewusstsein, der Unterhalt musste gesichert sein, um dessen der Vater die Rolle übernahm, während die Mutter die Kinder hütete.
Heute dagegen ist die Berufswelt viel komplexer und leider auch unsicherer. Getreu dem Motto: „ Wer die Wahl hat, hat die Qual “. Und genau hier liegt nun der Fokus.
Ein Jugendlicher, der sich noch in seinem Werdegang in der Schullaufbahn befindet, wird nun ins kalte Wasser geworfen und vor die große Frage gestellt : „Wo willst du hin? Ob du willst oder nicht, du musst! Denn wovon kannst du sonst leben?!“
Das letztere ist das Einzige, was die Zunftwirtschaft und die heutige Zeit noch gemeinsam hält. Somit lastet heute eine große Verantwortung auf den Schultern eines jungen Heranwachsenden.
Früher wurde aus traditionellen Gründen entschieden, heute muss der Heranwachsende für sich selbst entscheiden und Eigenverantwortung übernehmen. Individualität trägt einen großen Beitrag zur Berufswahl bei.
Aber wir sollten die Individualität auch positiv beleuchten. Es handelt sich hier um eine neue Wende in der Lebensabschnittsentscheidung.
Wir bestimmen unser eigenes Schicksal des Berufswerdeganges und somit auch den weiteren Verlauf unseres Lebens. In unserer Selbstentscheidung liegt die Zukunft in der Berufswahl. So können wir auch keiner Person gegenüber einen Vorwurf machen, dass eine Berufswahl möglichweise die Falsche war.
Eher im Gegenteil, wir können uns für die Unterstützung bedanken, die wir von allen Außenstehenden erhalten. Zudem haben wir auch noch die Wahl wer bei der Berufswahl mitwirkt.
Doch leider erschwert das wirtschaftliche Nützlichkeitsdenken dem Heranwachsenden seinen Weg in die Berufswelt. Denn die Bildungsziele werden auch danach ausgelegt. Die Gesellschaft erwartet viel mehr als nur Verwirklichung im Beruf eines Individuums, dessen Fähigkeiten und Interessen ausgebildet und zum Nutzen der Gemeinschaft genutzt werden. Das Arbeitsleben entwickelt sich immer weiter, es wird technologisierter und globaler.[5]
Dem Heranwachsenden muss auch hier verständlich gemacht werden, dass er nicht nur die Fähigkeit erlangt, sich mit seinem Beruf und dessen Status zu identifizieren. Ihm muss deutlich gemacht werden, welchen Stellenwert der Beruf im Leben einnimmt und dessen Aufgaben und Pflichten er zu erfüllen hat.
Somit können wir sagen, wenn Bildung nicht mehr nur noch berufsbezogen stattfindet, so hat der Heranwachsende gute Voraussetzungen den Grundanforderungen in der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden. Er muss die Fähigkeit erlangen, autonome Handlungsfähigkeiten[6] zu erwerben sowie soziale Kompetenzen[7] und personale Kompetenzen[8] zu erwerben. All diese Kompetenzen erleichtern den Jugendlichen den Weg in das moderne Arbeitsleben.
Es befähigt ihn sich an der Wertehaltung der Gesellschaft zu orientieren und somit unvorhergesehene Niederlagen zu verkraften und nicht als persönliche Niederlage wahrzunehmen. Im Selbstwerdeprozess hat er gelernt, auf seine Kompetenzen zu vertrauen, an sich und seine Fähigkeiten zu glauben.
Und wenn ein Weg nicht funktioniert hat, gibt es einen anderen Weg. Denn das heutige Bildungssystem bietet heute unzählige Möglichkeiten, nicht nur auf einem Weg zu bleiben, sondern auch vom Weg abzugehen und sich weiterbilden zu können.
[...]
[1] SuS, Schüler und Schülerinnen
[2] Zögling- Jugendlicher, http://de.wiktionary.org/wiki/Z%C3%B6gling
[3] Seinen beruflichen Weg finden, Erich Hunziker,Schulverlag 2006, S.12
[4] Seinen beruflichen Weg finden, Erich Hunziker,Schulverlag 2006, S.46
[5] S.47
[6] Autonome Handlungsfähigkeit umfasst die Fähigkeiten, die man benötigt, um Aufgaben im Arbeits- und Lebensbezug eigenständig bewältigen und Verantwortung für die eigene Lebensgestaltung übernehmen zu können; http://talent.asw-trier.de/index.php?id=111
[7] Soziale Kompetenz (englisch social skills), ist die Gesamtheit individueller Einstellungen und Fähigkeiten,(…), eigene Handlungsziele mit den Einstellungen und Werten einer Gruppe zu verknüpfen und (…) das Verhalten und die Einstellungen dieser Gruppe zu beeinflussen.; http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Kompetenz
[8] Personale Kompetenz umfasst Sozialkompetenz und Selbstständigkeit. Sie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln und das eigene Leben eigenständig und verantwortlich im jeweiligen sozialen, kulturellen bzw. beruflichen Kontext zu gestalten.; http://www.kompetenzbilanz-online.de/glossar/glossar/Personale_Kompetenz//P/