Der Begriff der Gerechtigkeit (dikaiosýne) ist seit Jahrtausenden Gegenstand philosophischer Diskussionen. Bis in die Moderne bleibt die Frage nach der Gerechtigkeit kontrovers. Sie wird als Grundnorm menschlichen Zusammenlebens erachtet und dient Staaten als Legitimationsbasis für ihre Judikative. Das Lexikon der philosophischen Begriffe definiert Gerechtigkeit als „eine grundlegende Tugend und ein Grundprinzip des Rechts und des sittlichen Handelns.“ Welche Handlungs- und Rechtsnormen sich daraus ableiten können, bleibt jedoch umstritten.
Wie Gerechtigkeit in einer gesellschaftlichen Ordnung wirksam werden soll wurde schon vor Platon diskutiert, dessen Werke noch bis heute sehr großen Einfluss in die Philosophie haben. Gerechtigkeit ist zentral in seinen Schriften über den Staat mit denen er Überlegungen vieler nachfolgender Denker fundamental prägte. Aus der Sicht des Philosophen Sokrates, dem Lehrer Platons, wird dort in Dialogform die Entstehung einer gerechten Staats- und Gesellschaftsform diskutiert.
1971 leitete John Rawls eine „Renaissance der Gerechtigkeit“ ein und rückte mit seinem Buch Theory of Justice der Begriff der dikaiosýne wieder in den Focus der politischen und Moralphilosophie. Das Thema war jedoch „nicht dem Vergessen entrissen, sondern der Vermutung der Bedeutungslosigkeit für die Gesellschaftstheorie.“
Beide Denker beschäftigen sich mit der Frage was eine gerechte Gesellschaft ausmacht und wie man diese umsetzen kann. Jedoch trennen beide fast zweieinhalbtausend Jahre. Diese Arbeit versucht zu ergründen worin die Unterschiede und Gemeinsamkeiten dieser beiden Gerechtigkeitskonzeptionen liegen – Wie viel Platon steckt in Rawls?
Um diese Frage zu beantworten wird eine vergleichende Analyse beider Denkansätze herangezogen. Dies soll die Möglichkeit bieten, Parallelen in der Auffassung von Gerechtigkeit aufzuzeigen, sowie Abweichungen oder konträre Ansichten darzulegen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Philosophenkönig
- Eine Theorie der Gerechtigkeit
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Gerechtigkeitskonzeptionen von Platon und John Rawls im Vergleich. Es wird untersucht, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in ihren Ansätzen bestehen und wie sich Platons Ideen auf die moderne Gerechtigkeitsdebatte auswirken.
- Die Entstehung einer gerechten Gesellschaft
- Platons Idee des Philosophenkönigs
- Rawls' Gerechtigkeitsgrundsätze
- Der Urzustand in beiden Theorien
- Die Rolle von Gleichheit und Freiheit
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Arbeit stellt die Relevanz des Begriffs der Gerechtigkeit in der Philosophie dar und zeigt den Einfluss von Platon auf die Gerechtigkeitsdiskussion bis in die Moderne. Es werden die Werke von Platon und John Rawls vorgestellt, die als Ausgangspunkt für die vergleichende Analyse dienen.
Der Philosophenkönig: Dieses Kapitel analysiert Platons Gerechtigkeitsvorstellungen anhand seines Werks "Politeia". Es wird die Entwicklung eines gerechten Staates durch Sokrates in der Dialogform dargestellt, wobei die verschiedenen Definitionen von Gerechtigkeit durch Kephalos, Polymarchos und Thrasymachos diskutiert werden. Abschließend wird die Rolle des Philosophenkönigs als Garant für die Gerechtigkeit in Platons Staat erläutert.
Eine Theorie der Gerechtigkeit: Dieses Kapitel behandelt John Rawls' "Theory of Justice". Es wird sein Gerechtigkeitsgrundsatz der Fairness als Alternative zum Utilitarismus vorgestellt. Die beiden Grundprinzipien von Rawls, das Prinzip der Freiheit und das Unterschiedsprinzip, werden erläutert. Der Urzustand als Gedankenexperiment und der Schleier des Nichtwissens werden beschrieben.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Begriffen der politischen Philosophie: Gerechtigkeit, Staat, Gesellschaftsvertrag, Philosophenkönig, Gleichheit, Freiheit, Urzustand, Schleier des Nichtwissens, Differenzprinzip, und die Werke von Platon und John Rawls.
- Citation du texte
- Stefan Raß (Auteur), 2014, Antike Philosophie in der Moderne? Gerechtigkeitskonzeptionen nach Platon und John Rawls, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/282153