Kaum ein Thema der neuesten Geschichte ist so intensiv journalistisch aufgearbeitet
worden wie die Entwicklung der Raketenwaffen in Peenemünde. Betrachtet man die
Sekundärliteratur, so kann man den Eindruck bekommen, dass der Gegenstand unter allen
wesentlichen Gesichtspunkten dargestellt worden ist - von der Faszination technischer
Entwicklungen in Adalbert Bärwolfs „Es begann in Peenemünde“ über den Vorwurf einer
unmoralischen Verschwörung in Linda Hunts „Secret Agenda“ bis zur These einer
Hetzjagd in Franz Kurowskis „Unternehmen Paperclip, Alliierte Jagd auf deutsche
Wissenschaftler“.
Der Technologietransfer, der als eine Voraussetzung für alle späteren Entwicklungen der
Raketentechnik gelten kann, ist bei diesen Darstellungen allerdings immer in den
Hintergrund getreten. Zwischen Technik und Moral steht Organisation, ein oft nicht
beachtetes Bindeglied menschlichen Handelns. Die Organisation bestimmt, wie mit
Mensch und Maschine verfahren wird, ob die Technologie im Sinne der zivilen Forschung,
z.B. der Weltraumfahrt, oder der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen, z.B. der
Atomraketen, eingesetzt wird.
Die Organisation eines Transfers von Mensch, Gedankengut und Material darzustellen, ist
der leitende Gedanke der vorliegenden Arbeit.
Die Grundidee für die Arbeit entstand im Jahre 2001 während eines Aufenthaltes am
Amerikanischen Nationalarchiv. Bei einem Praktikum für das Magisterhauptfach
Bibliothekswissenschaften kam der Autor in Berührung mit den sog. Technical
Intelligence Reports der alliierten Streitkräfte. Diese Berichte waren verfasst worden, um
einen übergreifenden Eindruck vom Fortschritt der deutschen Rüstungsforschung während
des zweiten Weltkrieges zu gewinnen. Ohne Zweifel dienten sie auch der Beantwortung
der Frage, ob sich das eroberte Material bei einer Übernahme in die eigene Forschung als
nützlich erweisen könnte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Ursprünge des Kochel-Windkanals
- Chronologische Entwicklung der Windkanäle in Deutschland
- Das Aerodynamische Institut der Heeresversuchsstelle Peenemünde
- Organisatorische Gliederung des Personals des Al an der HVP
- Der Luftangriff der RAF vom 17. - 18. August 1943
- Die Verlagerung des Al nach Kochel
- Die Vorbereitungen der USA auf die Technischen Missionen
- Die Entstehung von CIOS
- Die Entstehung von FIAT
- Die Naval Technical Mission in Europe (NavTech MisEu)
- Das Eintreffen der Amerikaner Mai 1945
- Schutz der Dokumente
- Die Übergabe der WVA
- Sicherung der Anlage und Eintreffen der Spezialisten
- Technischer Entwicklungsstand der Windkanalanlagen 1945
- Die 40 x 40 cm-Messstrecken
- Die 18 x 18 cm-Messstrecke
- Projekt „A“
- Beurteilung durch die amerikanischen Dienststellen
- Transfer und Weiterführung der Projekte in den USA
- Die Verlagerung der Anlage
- Ausnutzung des Archivs
- Anwendungsbeispiele in der Amerikanischen Rüstung nach 1945
- Naval Ordnance Laboratory in White Oak, Maryland
- Das Arnold Engineering and Development Center
- Zusammenfassung und Beurteilung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Technologietransfer im Bereich der Windkanaltechnologie vom Nachkriegsdeutschland in die USA, am Beispiel der Kochel-Windkanalanlage. Ziel ist es, den Transferprozess von Mensch, Gedankengut und Material zu beleuchten und die organisatorischen Aspekte dieses Transfers zu analysieren.
- Der Technologietransfer von Deutschland in die USA nach dem Zweiten Weltkrieg
- Die Rolle der Organisation im Technologietransfer
- Die Entwicklung und der Einsatz von Windkanälen in der deutschen und amerikanischen Rüstung
- Die Bedeutung der Kochel-Windkanalanlage im Kontext des Technologietransfers
- Die Bewertung des technischen Entwicklungsstands der Windkanalanlagen 1945
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt den Forschungsstand zum Technologietransfer im Kontext der Raketenentwicklung in Peenemünde und begründet die Notwendigkeit einer fokussierten Untersuchung des organisatorischen Aspekts des Transfers, speziell am Beispiel der Kochel-Windkanalanlage. Die Arbeit entstand aus der Auseinandersetzung mit alliierten Technical Intelligence Reports im amerikanischen Nationalarchiv und wählte die Kochel-Windkanalanlage als Fallbeispiel aufgrund der verfügbaren Dokumentationen.
Die Ursprünge des Kochel-Windkanals: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung der Windkanaltechnologie in Deutschland, beginnend mit den frühen Arbeiten im 20. Jahrhundert und der Bedeutung der Grenzschichttheorie. Es beschreibt den Einfluss des Ersten Weltkriegs, die Entwicklung der Überschallwindkanäle in Aachen, deren Rolle in der deutschen Rüstung und die anschließende Verlagerung der Anlage nach Kochel aufgrund der Bombardierung von Peenemünde. Die Kapitel thematisiert den Wettbewerb internationaler Grundlagenforschung und die Bedeutung der Aerodynamik für die Entwicklung von Waffen.
Das Eintreffen der Amerikaner Mai 1945: Dieses Kapitel beschreibt die Übernahme der Kochel-Windkanalanlage durch die Amerikaner im Mai 1945. Es detailliert die Maßnahmen zum Schutz der Dokumente und der Anlage, sowie die Ankunft amerikanischer Spezialisten. Der technische Entwicklungsstand der Anlage im Jahr 1945 wird analysiert, einschließlich der verschiedenen Messstrecken und des Projekts „A“. Der Bericht beinhaltet eine amerikanische Bewertung der Anlage und ihrer Bedeutung im Vergleich zum amerikanischen Stand der Technik.
Transfer und Weiterführung der Projekte in den USA: Dieses Kapitel beschreibt den Transfer der Technologie und die weitere Entwicklung der Projekte in den USA. Es untersucht, wie die Amerikaner das Archiv der Kochel-Windkanalanlage auswerteten und die gewonnenen Erkenntnisse in ihre eigenen Forschungsprojekte integrierten. Die Verlagerung der Anlage und die Ausnutzung des Archivs werden detailliert erläutert.
Anwendungsbeispiele in der Amerikanischen Rüstung nach 1945: Das Kapitel beleuchtet die Anwendung der aus Deutschland gewonnenen Erkenntnisse und Technologien in der amerikanischen Rüstung nach 1945. Es konzentriert sich auf Beispiele wie das Naval Ordnance Laboratory in White Oak, Maryland, und das Arnold Engineering and Development Center, um den Einfluss des deutschen Technologietransfers aufzuzeigen.
Schlüsselwörter
Technologietransfer, Windkanalanlage, Kochel, Peenemünde, Aerodynamik, Überschall, Nachkriegsdeutschland, USA, Rüstung, Heeresversuchsstelle, CIOS, FIAT, NavTech MisEu, alliierte Streitkräfte, Technische Aufklärung, Organisationsstrukturen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Technologietransfer der Kochel-Windkanalanlage
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht den Technologietransfer im Bereich der Windkanaltechnologie vom Nachkriegsdeutschland in die USA, speziell am Beispiel der Kochel-Windkanalanlage. Sie beleuchtet den Transferprozess von Mensch, Gedankengut und Material und analysiert die organisatorischen Aspekte dieses Transfers.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt den Technologietransfer von Deutschland in die USA nach dem Zweiten Weltkrieg, die Rolle der Organisation im Technologietransfer, die Entwicklung und den Einsatz von Windkanälen in der deutschen und amerikanischen Rüstung, die Bedeutung der Kochel-Windkanalanlage in diesem Kontext und die Bewertung des technischen Entwicklungsstands der Windkanalanlagen 1945. Sie untersucht die Ursprünge des Kochel-Windkanals, einschließlich der Entwicklung der Windkanaltechnologie in Deutschland, der Rolle des Aerodynamischen Instituts der Heeresversuchsstelle Peenemünde und der Beteiligung amerikanischer Organisationen wie CIOS, FIAT und NavTech MisEu.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Arbeit basiert auf der Auseinandersetzung mit alliierten Technical Intelligence Reports im amerikanischen Nationalarchiv. Die Kochel-Windkanalanlage wurde als Fallbeispiel aufgrund der verfügbaren Dokumentationen ausgewählt.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in Kapitel unterteilt, die die Einleitung, die Ursprünge des Kochel-Windkanals, das Eintreffen der Amerikaner im Mai 1945, den Transfer und die Weiterführung der Projekte in den USA, sowie Anwendungsbeispiele in der amerikanischen Rüstung nach 1945 behandeln. Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Zusammenfassung der relevanten Ereignisse und Entwicklungen.
Welche Bedeutung hatte die Kochel-Windkanalanlage?
Die Kochel-Windkanalanlage diente als Schlüsselbeispiel für den Technologietransfer nach dem Zweiten Weltkrieg. Ihre Übernahme durch die Amerikaner und die Auswertung der gewonnenen Erkenntnisse und Technologien hatten einen signifikanten Einfluss auf die Weiterentwicklung der Windkanaltechnologie und der amerikanischen Rüstung.
Welche Organisationen waren am Technologietransfer beteiligt?
Der Technologietransfer umfasste die Beteiligung verschiedener Organisationen, darunter das Aerodynamische Institut der Heeresversuchsstelle Peenemünde, CIOS, FIAT, NavTech MisEu, das Naval Ordnance Laboratory in White Oak, Maryland und das Arnold Engineering and Development Center.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind Technologietransfer, Windkanalanlage, Kochel, Peenemünde, Aerodynamik, Überschall, Nachkriegsdeutschland, USA, Rüstung, Heeresversuchsstelle, CIOS, FIAT, NavTech MisEu, alliierte Streitkräfte, Technische Aufklärung und Organisationsstrukturen.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit zieht Schlussfolgerungen über den Prozess des Technologietransfers, die Bedeutung der Organisation und die Auswirkungen auf die Entwicklung der Windkanaltechnologie und der Rüstung sowohl in Deutschland als auch in den USA. Die detaillierte Analyse der Kochel-Windkanalanlage ermöglicht eine differenzierte Betrachtung des komplexen Technologietransfers nach dem Zweiten Weltkrieg.
- Arbeit zitieren
- Sebastian Klapdor (Autor:in), 2004, Der Technologietransfer Deutschland. USA nach dem Zweiten Weltkrieg am Beispiel der Kochel Windkanalanlage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28223