Erdosains Umgang mit und sein Verständnis von Sünde in Roberto Arlts Roman "Los lanzallamas"


Ausarbeitung, 2014

18 Seiten, Note: 2,0

Anonym (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Was ist Sünde?
2.1 Bedeutung des Begriffs pecado
2.2 Sünde im theologischen Sinn
2.2.1 Begrifflich
2.2.2 Sündenerkenntnis
2.2.3 Sündenvergebung
2.2.4 Sünde als Form menschlichen Verhaltens
2.2.5 Ausmaß von Sünde
2.3 Sünde aus religionsphilosophischer Sicht
2.4 Sünde aus Sicht christlicher Ethik

3 Erdosains Umgang und Verständnis von Sünde
3.1 Demütigung
3.2 Sünde
3.3 Gleichstellung mit Gott

4 Resümee

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Hauptfigur des Romans Los lanzallamas, Remo Erdosain, beschreibt in einem Kapitel, dass er eine Sünde begangen habe, die nicht benannt werden kann. Auch wird er gleich zu Beginn des Romans von dem Zuhälter Haffner zur Rede gestellt ein überaus schreckliches Verbrechen begangen zu haben. Der Roman selbst gibt keine weiteren Hinweise zu dieser von Erdosain begangenen Sünde, jedoch einige Indizien zu seinem Verständnis von Sünde und wie er mit ihr umgeht.

Um dies aufzuschlüsseln wird im ersten Teil dieser Arbeit geklärt, was unter Sünde überhaupt zu verstehen ist. Dabei wird erst einmal der spanische Begriff pecado näher definiert. Anschließend soll der Begriff Sünde aus der theologischen Sicht erläutert werden, sowie religionsphilosophischer und aus der Perspektive der christlichen Ethik.

Daran schließt sich die Untersuchung entsprechender Textstellen aus dem Roman Los lanzallamas an, aufgeschlüsselt nach den Kategorien Demütigung, Sünde und Gleichstellung mit Gott, worauf ein abschließendes Resümee folgt.

2 Was ist Sünde?

In diesem ersten Teil soll erläutert werden, wie Sünde überhaupt zu verstehen ist. Dies soll dann als Grundlage für die Untersuchung von Erdosains Verständnis und Umgang mit der Sünde dienen.

2.1 Bedeutung des Begriffs pecado

Der spanische Begriff pecado ist vom lateinischen Begriff peccātum abzuleiten, der so viel wie Vergehen, Sünde, Irrtum, Versehen oder auch Fehler bedeutet. Dies beinhaltet sowohl eine sittliche Verfehlung als auch einen bloßen Fehler oder einen Irrtum.

Seit dem 8. Jahrhundert beschreibt der Begriff „rel[igiöse] bzw. kirchl[iche] Verfehlungen“[1], daher ist von einer eher theologischen Bedeutung auszugehen. Somit ist der Begriff pecado aus katholischer Sicht auch als Verstoß gegen ein religiöses Gebot zu verstehen[2], dies aber nicht nur in Form eines aktiven Verstoßes, sondern auch im Fall einer Unterlassung[3].

Unter pecado ist laut des Gran diccionario de la lengua española auch eine bloße Schuld zu verstehen, genauso wie die übertriebene Beschreibung von Fehlern und Übertretungen sowie von Verschwendung bzw. Vergeudung oder ähnliches. Außerdem wird es im übertragenen Sinn für Teufel und Satan verwendet.[4]

Das Dic. actual beschreibt die Sünde nicht bloß als einen Fehler oder eine begangene Straftat, sondern auch als einen Zustand, in dem sich jemand befindet, der eine Sünde begangen hat. Außerdem werden auch besondere Formen der Sünde definiert, wie z.B. pecado nefando, die Sodomie und pecado solitario, die Masturbation sowie das Leben in Sünde, wodurch ein uneheliches Zusammenleben definiert wird.[5]

2.2 Sünde im theologischen Sinn

2.2.1 Begrifflich

Begrifflich gesehen bezeichnet Sünde den Bruch des Verhältnisses zwischen Gott und Mensch von Seiten des Menschen.[6] Somit bezieht sich Sünde also nicht nur auf moralisch falsches Verhalten auf der Welt, sondern zeichnet sich auch durch Unglauben aus.[7] Eine Abwendung von Gott nimmt auf ganzen Menschen Einfluss, so ist gemäß Römer 6,23 die Folge dieser Abwendung der Tod.[8]

Sünde kann auch als Schuld bezeichnet werden, denn der Mensch missbraucht die ihm von Gott überlassene Handlungsvollmacht aus Genesis Kapitel 3 Vers 5, da er selbst Gott sein will.[9] Zu differenzieren sind dabei die im Einzelnen begangen werden Tatsünden, in denen sich die grundlegende falsch ausgerichtete Lebensweise des Menschen zeigt.[10] Die Ursünde hingegen nimmt den Menschen ganz ein und er unterliegt dem Bösen durch die Abwendung von Gott.[11] Dafür gibt es auch keine Entschuldigung, da der Mensch sich immer wieder für sündige Taten entscheidet und sich somit selbst in eine selbstzerstörerische Sphäre begibt, aus der er sich nicht eigenständig befreien kann. Alle Menschen unterliegen also der sogenannten Erbsünde gemäß Genesis Kapitel 3. Aber dadurch, dass Gott sich dem Menschen durch Jesus annähert, kommt ihm seine Gnade zuteil. Weshalb der Mensch auf Vergebung durch Gott angewiesen ist. Das Ausmaß der Sünde erkennt der Menschen aber erst durch den Glauben an einen Gott der Sünde vergibt. Aus soteriologischer Sicht kann allein Gott dem Menschen die Sünde nehmen, indem er im Menschen den Glauben an ihn erweckt.

2.2.2 Sündenerkenntnis

Der Mensch erkennt seine Sündhaftigkeit durch Gottes Gesetz.[12] Gemäß dem katholischen Verständnis erlangt ein Mensch die Erkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit allein durch die Gnade Gottes.

2.2.3 Sündenvergebung

Dadurch dass Gott seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus auf die Welt schickte und sterben ließ, hat dieser die Sünden der Menschen, zur Befreiung von ihrer Schuld, auf sich genommen. Doch um als Mensch diese Gnadentat Gottes annehmen zu können, muss er aus dogmatischer Sicht die von Jesus eingesetzten Sakramente annehmen, was eine Verbildlichung der Annahme seines Wortes darstellt und einen Glauben an ihn voraussetzt. Denn allein durch seinen Glauben an die Hinwegnahme der Sünde durch Jesus Christus, kann die Gottesbeziehung erneut hergestellt werden.[13] Trotzdem bleibt der Mensch ein sündiges Geschöpf, so dass er, wenn er ein „Leben in der Heiligung“[14] führen will, Gottes Gebote zu befolgen hat. Doch auch dies fällt dem sündigen Menschen schwer. Obwohl er in seiner Taufe bereits geheiligt ist, hat der Mensch auf der Welt in ständiger Buße Gott gegenüber zu leben, um immer wieder Gottes Vergebung zu erfahren. Diese Buße setzt natürlich den bereits erwähnten Glaube voraus, so wie die Erkenntnis der Sünde und eine aufrichtige Reue.[15]

2.2.4 Sünde als Form menschlichen Verhaltens

Die Sündhaftigkeit eines Menschen zeigt sich vor allem darin, dass der er selbstgerecht und selbstüberheblich Gott gegenüber ist und dem was er dem Menschen an Möglichkeiten gegeben hat, denn der Mensch strebt immer mehr eine Gottgleichheit an. Die Sünde kann sich sowohl aktiv als auch passiv äußern. Dies bezieht sich zum einen auf eine auflehnende Haltung, die der Mensch gegenüber Gott hat, weil er danach strebt selbstbestimmt zu leben. Zum anderen spielt es auf eine Trägheit an, die den Mensch resignieren lässt. Die Wechselwirkung beider Faktoren hindert den Menschen schließlich daran das zerbrochene Gottesverhältnis wieder herzustellen. Daher wirkt auch jeder Versuch eines Menschen, sich selbst aus der Sünde zu befreien eher kontraproduktiv.[16]

2.2.5 Ausmaß von Sünde

In Bezug zur Erbsünde ist zu erwähnen, dass eine Sünde die jemand vererbt bekommen hat, schwer eine in eigener Verantwortung betriebene Schuld sein. Mit der Erbsünde lässt sich aber die Macht, die von der Sünde ausgeht, angemessen ausdrücken. Betrachtet man den Menschen aus gesellschaftlicher Sicht, so wird dieser in eine Welt hineingeboren, die von den Sünden früherer Generationen bestimmt wurde.

Aber auch wenn der Mensch als Sünder zu verstehen ist, ist er dennoch ein Kind Gottes und ist nicht als „Ebenbild des Teufels“[17] zu verstehen. Trotzdem wird das Leben der Menschen vom Bösen, also aus theologischer Sicht vom Teufel, bestimmt. Welcher eine Gewalt darstellt, der der Mensch nicht standhalten kann. Auch wenn ein Mensch selbst nicht erkennt, dass er sündhaft ist, so ist er es vor Gott trotzdem. Darunter ist auch das Leben fern von der Transzendenz Gottes zu verstehen. So ist der Mensch auch ein Sünder, wenn er in der Welt Gutes vom Bösen unterscheiden kann und eventuell auch das Gute wählt, so ist er aufgrund seiner Gottesferne trotzdem ein Sünder.

2.3 Sünde aus religionsphilosophischer Sicht

Im griechischen reicht die Bedeutung des Begriffs Sünde von einem „unabsichtlichen Versehen“[18] bis hin zu einem „Verbrechen“[19]. Der Philosoph Ludwig Feuerbach sieht in der Sünde die Einschreckung eines Menschen, seine eigenen Fähigkeiten und Perspektiven wahrzunehmen.[20] Nietzsche hingegen versteht die Sünde als eine Abwertung und Beeinträchtigung der menschlichen Lebenserfahrungen.[21]

Heutzutage werden als Sünde eher kleinere Verstöße angesehen, die ein Mensch eigenständig wieder gut machen kann.[22] Der Mensch handelt eigenmächtig, losgelöst von einer Gottesbeziehung, was sich in Zwischenmenschlichen Beziehungen zerstörerisch widerspiegelt.[23]

Da der Mensch durch die Sünde im Unglauben ist, kann er seine Schuld nicht verstehen, da diese erst im Glauben erkannt werden kann,[24] so kann der Mensch diese erst mit Hilfe der Sündenvergebung durch Gott verstehen

Die Religionsphilosophie erklärt den Drang der Selbstzerstörung, der von der Sünde ausgeht, mit der fehlenden Transzendenz, in der Gott für den Menschen erkennbar wird. Wenn Menschen sich von der Transzendenz Gottes distanzieren oder sie gar nicht zulassen, versucht er sich selbst weltlich zu erklären. So kommt es dazu, dass der Mensch sich lediglich auf sich selbst konzentriert.

2.4 Sünde aus Sicht christlicher Ethik

Betrachtet man nun die Sünde aus Sicht der christlichen Ethik, ist erst einmal klarzustellen, dass der Mensch immer aus einem ethischen Bewusstsein heraus agiert. Dieses ethische Bewusstsein, geht aus dem Glauben an Gott, der die Sünde vergibt, hervor.[25] Dieses Bewusstsein liegt in der Verantwortung des Menschen selbst, ist also auch anfällig für die Sünde und kann somit von dieser beeinträchtigt werden. Mit Hilfe der christlichen Ethik wird diese „Bedrohung“[26] erkennbar, so dass der Mensch in einer entsprechenden Situation auf sein ethisches Bewusstsein, das auf dem Vergebungsgedanken der menschlichen Schuld basiert, zurückgreifen kann. Da die Vergebung Gottes aus dessen Liebe zu den Menschen entspringt, wächst das ethische Bewusstsein eines Menschen aus der Liebe heraus. So beschäftigt sich die christliche Ethik in Bezug auf die Schuld und dessen Vergebung mit zwischenmenschlichen Beziehungen.

Nimmt man den Schuld-Begriff unserer Gesellschaft in den Blick, der aus der Rechtsordnung hervorgeht, stellt er die „Verletzung einer Rechtsnorm“[27] dar. So hat ein Mensch, der gegen eine Rechtsnorm verstoßen hat, mit einer Sanktion zu rechnen. Diese Sanktion wird aber immer gemäß der „Schuldfähigkeit, [dem] Schuldvorsatz und [dem] Schuldbewusstseins“[28] verhängt. Diese Handhabung entspricht dem Gedanken der christlichen Ethik, wodurch das Leben in der Gesellschaft und der Mensch selbst, vor der in der Welt herrschenden Sünde geschützt werden. So kommt der Sanktion die Funktion zu dem Menschen, der sich an etwas oder jemanden schuldig gemacht hat, die Chance zu geben sich in seinem Verhalten zu bessern. Ob der schuldig gewordene Mensch diese Möglichkeit wahrnimmt, hängt ganz von seiner Bereitschaft zur Reumütigkeit und von dem Drang der „Wiedergutmachung“[29] ab. Dies betrifft natürlich nicht nur Situationen, in denen ein Mensch mit dem Gesetz in Konflikt gerät, sondern auch solche die im Alltag mit den Mitmenschen aufkommen. So kann die Vergebung einer Schuld zwischen zwei Menschen nur dann stattfinden, wenn der geschädigte Mensch bereit ist dem anderen zu vergeben und wenn der schuldige Mensch wiederum eine Vergebung zulässt. Das Einverständnis zu einer Vergebung kann von beiden Parteien aber nur dann stattfinden, wenn dies die „ethische Grundhaltung“[30] der beiden Menschen zulässt.

Ein weiteres Phänomen stellt die Kollektivschuld dar. Dabei kann es einerseits vorkommen, dass eine Schuld einer ganzen Gesellschaft zuzuschreiben ist und sich somit der Einzelne kaum schuldig fühlt, obwohl auch ihm diese Schuld zuzurechnen wäre. Andererseits kann dies aber auch dazu führen, dass jemand aus der Gesellschaft sich trotz mangelnder Schuld, verantwortlich für ein Vergehen fühlt. Womöglich fühlt er sich auch noch an Stelle derer schuldig, die die Verantwortung der Schuld eigentlich zu tragen haben.[31] Die Folge dieser Belastung wäre die erschwerende Erlangung der Heiligung, um dann von Sünden befreit zu werden, da die Schuldigen sich keiner Schuld bewusst sind.

Ein weiterer Aspekt, der die Heiligung zu verhindern droht, ist gar das mangelnde Empfinden über die eigene Schuld gegenüber einem Mitmenschen. Dies würde den schuldigen Menschen daran hindern sich selbst als solcher wahrzunehmen, um die erforderliche Reue zu entwickeln. Dies kann auch so gedeutet werden, dass es dem schuldig gewordenen Menschen selbst an der Fähigkeit des Vergebens mangelt und er sich daher seiner eigenen Schuld nicht bewusst wird. Zusätzlich wird es dem Menschen schwerfallen, an dem er sich schuldig gemacht hat, ihm Vergebung zu schenken. So kann er selbst auch keine Vergebung erfahren, um dann seine Schuldhaftigkeit zu erkennen.

Somit ist es ein Anliegen der christlichen Ethik, dass der Mensch ein ethisches Bewusstsein entwickelt. Denn ein Mensch kann sich erst dann selbst annehmen, wenn er seine Schuld erkannt hat um sich dann von ihr zu distanzieren. Dank dieser Distanzierung wird der Mensch dann von seiner Schuld befreit und kann wieder voller Achtung vor sich selbst und gegenüber anderen sein Leben bestreiten.

[...]


[1] Axt-Piscalar, Chr.: Sünde, S. 598.

[2] Vgl. Sánchez, A.: pecado, S. 1445.

[3] Vgl. Seco, M.: pecado, S. 3440.

[4] Vgl. Sánchez, A.: pecado, S. 1445.

[5] Vgl. Seco, M.: pecado, S. 3440.

[6] Vgl. Krötke, W.: Begrifflichkeit, Sp. 1867.

[7] Vgl. ebd., Sp. 1868.

[8] Vgl. ebd.

[9] Vgl. ebd.

[10] Vgl. ebd.

[11] Vgl. ebd.

[12] Vgl. Krötke, W.: Dogmatisch, Sp. 1888.

[13] Vgl. ebd., Sp. 1890.

[14] Ebd., Sp. 1891.

[15] Vgl. ebd.

[16] Vgl. ebd., Sp. 1890.

[17] Ebd., Sp. 1889.

[18] Axt-Piscalar, Chr.: Sünde, Sp. 598.

[19] Ebd.

[20] Vgl. Krötke, W.: Religionsphilosophisch, Sp. 1872.

[21] Vgl. ebd.

[22] Vgl. ebd.

[23] Vgl. ebd.

[24] Vgl. ebd.

[25] Vgl. Krötke, W.: Ethisch, Sp. 1891f.

[26] Ebd., Sp. 1892.

[27] Ebd., Sp. 1892.

[28] Ebd., Sp. 1892.

[29] Ebd., Sp. 1892.

[30] Ebd., Sp. 1892.

[31] Vgl. ebd., Sp. 1893.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Erdosains Umgang mit und sein Verständnis von Sünde in Roberto Arlts Roman "Los lanzallamas"
Hochschule
Universität Osnabrück
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
18
Katalognummer
V282461
ISBN (eBook)
9783656817161
ISBN (Buch)
9783656807032
Dateigröße
457 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
erdosains, umgang, verständnis, sünde, roberto, arlts, roman
Arbeit zitieren
Anonym (Autor:in), 2014, Erdosains Umgang mit und sein Verständnis von Sünde in Roberto Arlts Roman "Los lanzallamas", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/282461

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