Sprachförderung im Bereich Semantik und Wortschatzbildung bei Kindern mit Down Syndrom


Hausarbeit, 2013

26 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Spracherwerb
2.1 Die Stufen kindlicher Sprachentwicklung
2.1.1 Die prosodisch-phonologische Ebene
2.1.1.1 Die phonologische Bewusstheit
2.1.2 Die semantisch-lexikalische Ebene
2.1.3 Die morphologisch-syntaktische Ebene
2.2 Voraussetzungen und Einflussfaktoren des Spracherwerbs
2.2.1 Biologische Voraussetzungen
2.2.2 Der Einfluss der sozialen Interaktion

3 Förderung von Kindern mit Down Syndrom
3.1 Das Down Syndrom
3.1.1 Sprachentwicklung beim Down Syndrom
3.1.2 Orofaziale Beeinträchtigungen
3.1.3 Sprachstörungen
3.2 Förderansätze
3.2.1 Gebärdenunterstützende Kommunikation
3.2.2 Psychomotorische Sprachentwicklungsförderung

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Tabellarische Übersicht der frühen Entwicklung von Kindern mit D. S. und von nicht behinderten Kindern.

Abbildung 2: Beispiel GuK Bildkarten.

1 Einleitung

Sprache ist das zentrale Kommunikationsmittel des Menschen. Doch wie geht man damit um, wenn körperliche und/oder geistige Einschränkungen die Möglichkeiten des Erwerbs und der Anwendung von Sprache erschweren?

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, werden im folgendem die Grundlagen des Spracherwerbs dargestellt. Dabei werden die drei wichtigsten Ebenen des Spracherwerbs sowie biologische Voraussetzungen und soziale Einflüsse erläutert.

Des Weiteren wird eine Form der körperlich- und geistigen Einschränkung, die des Down- Syndroms, beschrieben, welche eine inhaltliche Grundlage für das weitere Verständnis dieser Arbeit schafft.

Beeinträchtigungen sowie deren Folgen im Sprachentwicklungsprozess, welche mit dem Down Syndrom einhergehen können, werden in den im Anschluss beschriebenen Förderprogrammen berücksichtigt.

Im Zuge des Inklusionsgedanken ist das Ziel dieser Arbeit theoretisches Hintergrundwissen über die Besonderheit der Sprachförderung bei Kindern mit Down Syndrom zu erlangen, um dies als Grundlage für ein zukünftiges Projekt in diesem Bereich zu nutzen.

2 Der Spracherwerb

Die Fähigkeit eine Sprache zu erlernen ist einzig dem Menschen vorbehalten. Hierzu bedarf es eine Reihe kognitiver, biologischer sowie sozialer Voraussetzungen welche im Folgenden beschrieben werden.

2.1 Die Stufen kindlicher Sprachentwicklung

Der Erwerb der Sprache vollzieht sich bei Kindern in einem raschen Tempo. So gelingt es ihnen die Zielsprache, ihre Muttersprache, innerhalb von wenigen Jahren zu erlernen. Hierbei werden die Sprachentwicklungsprozesse im Allgemeinen in drei wesentliche Ebenen unterteilt: Die phonetisch-phonologische Ebene (Lautstruktur und Betonung), die semantisch-lexikalische Ebene (Wort-, Satz- und Inhaltsbedeutung) und die morphologisch-syntaktische Ebene (Wort- und Satzbildung). Diese drei Ebenen bedingen sich im Verlauf des Spracherwerbs gegenseitig und sind eng miteinander verknüpft (vgl. Oskaar 1987, S. 5).

2.1.1 Die prosodisch-phonologische Ebene

Die Phonologie beschreibt die Lautstruktur einer Sprache, in denen Phoneme die kleinsten bedeutungsunterscheidenden Lautklassen bilden. So hat jede Sprache ihr eigenes Repertoire an Phonemen. Diese wiederum lassen sich in Konsonanten (p; m) und Vokale (a; u) trennen (vgl. Kienbaum & Schuhrke 2010, S. 97f.). Diese Ebene des Spracherwerbs wird häufig auch als „Feinheit der Artikulation“ bezeichnet und bildet eine besonders hohe Anforderung an ein Kind im Sprachentwicklungsprozess (vgl. Dittmann 2010, S. 11).

Als Prosodie bezeichnet man den Rhythmus und die Melodie einer Sprache, wie etwa unterschiedliche Variationen der Betonung, Lautstärke oder Akzente. Die Prosodie eines Satzes hängt wesentlich mit dessen grammatischer Struktur zusammen. So hebt der Sprecher in der deutschen Sprache bei einer Frage ganz automatisch am Ende die Stimme, wohingegen dies bei Aussagen nicht der Fall ist. Hierbei wird deutlich, wie eng die Prosodie mit dem Ausdruck von Gefühlen zusammenhängt (vgl. Jampert 2009, S. 22).

Laut Kiehnbaum und Schuhrke verfügen Babys bereits sehr früh über die Möglichkeit menschliche Sprachlaute differenzieren zu können. So können Babys bereits während der pränatalen Phase erste Merkmale ihrer Muttersprache wahrnehmen und unmittelbar nach der Geburt wesentliche prosodische Charakteristika, wie beispielsweise die menschliche Sprache von anderen Geräuschen, unterscheiden. Diese Differenzierungsmöglichkeit engt sich jedoch bereits ab dem zehnten Monat ein Von nun an konzentriert sich ein Baby auf die typischen Differenzen seiner Muttersprache, welche es gegenüber anderen Kommunikationsformen bevorzugt (vgl. Kiehnbaum & Schuhrke 2010, S. 98f.).

Die normale Höhe der Frequenz eines Säuglingsschreis liegt bei 400Hz. Laut Kiehnbaum und Schuhrke (vgl. 2010, S. 99) lassen sich anhand von Abweichungen der Grundfrequenz bereits erste Hinweise auf eine Entwicklungsstörung ableiten. Dieses Muster spiegelt sich auch in der sogenannten Lallphase wider.

Säuglinge können sich bereits von Geburt an durch Schreien, Lachen und Prusten ausdrücken. Dies ist nicht nur Ausdruck von Gefühlen, sondern wird auch als eine Art Training der Stimme bezeichnet (vgl. Kienbaum&Schuhrke 2010, S. 97f.). Bereits in den ersten Monaten beginnt die erste Lallphase, bei der taktile Reize im Mundraum dem Säugling so große Freude bereiten, dass es gar nicht mit dem Lallen aufhören möchte. Diese Reaktion lässt sich auch bei Hörgeschädigten beobachten. In der zweiten Phase des Lallens wird jedoch deutlich, wie wichtig das Hören bei der Sprachentwicklung ist. Diese Phase wird durch auditive Reize gesteuert. Es hat sich gezeigt, dass Hörgeschädigte in dieser Zeit verstummen (vgl. Biedermann, K. in http://www.sprachheilberater.de/Sprachentwicklung.htm).

Der Zusammenhang des Hörens und der gesunden Sprachentwicklung ist jedoch nicht angeboren sondern wird erlernt. So vermuten Forscher, dass in diesem Entwicklungsprozess Spiegelneuronen taktile und auditive Signale zusammenfassen, welche das Kind aufnimmt und später in der Lautproduktion heranzieht (vgl. Springer & Schrey-Dern 2010, S. 81).

Neben dem Hören ist das Sehvermögen ein weiterer wichtiger Aspekt, In dem sich ein Säugling durch die Beobachtung von Gestiken und Mimiken seines Gegenübers, wichtige Begriffe einer Sprache aneignet. In diesem Zusammenhang lassen sich Sprachentwicklungsverzögerungen bei Kindern mit Sehbeeinträchtigung ableiten (vgl. Biedermann, K. in http://www.sprachheilberater.de/Sprachentwicklung.html).

Den Höhepunkt der Lallphase bildet das kanonische Lallen zwischen dem 5. und 10. Lebensmonat, in der sich ein Baby erstmals mit Lautspielen wie „dadada“ äußert (vgl. Kienbaum & Schuhrke 2010, S. 100). Die Silbe gilt hierbei als erste sprechmotorische Einheit, die ein Kind während dieses Verlaufes der Sprachentwicklung erwirbt (vgl. Springer & Schrey-Dern 2010, S. 4). Beginnt die Lallphase erst ab dem 10.-12. Monat, lässt sich beobachten, dass bei diesen Kindern häufiger sensorische, kognitive und sprachliche Beeinträchtigungen entstehen, als bei Kindern mit gesundem Sprachverlauf. Laut Springer und Schrey-Dern (2010, S. 81 f.) bildet die zweite Lallphase außerdem eine wichtige Grundlage für prosodische Muster im weiteren Spracherwerb. Ab circa dem dritten Lebensjahr ist das phonologische System, also die Organisation von Sprachlauten, der Zielsprache eines Kindes vollständig entwickelt (vgl. Kienbaum & Schuhrke 2010, S. 100).

2.1.1.1 Die phonologische Bewusstheit

Die phonologische Bewusstheit beschreibt die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit rein auf formale Eigenschaften von Wörtern zu legen. Dadurch ist es uns möglich, uns vom Inhalt der Bedeutung zu lösen und ausschließlich über die lautliche Ebene, also den Klang von Wörtern nachzudenken.

So befähigt uns die phonologische Bewusstheit im weiteren Sinne, Reime zu erkennen, selbst zu bilden und außerdem Wörter in Silben zu teilen (Kin-der-gar-ten). Diese Fähigkeit entwickelt sich in der Regel spontan im Vorschulalter ohne Anleitung Erwachsener. (vgl. Jampert, K. 2009, S. 23).

Um die Beziehung zwischen der Laut- und der Schriftsprache erkennen zu können benötigen wir die phonologische Bewusstheit im engeren Sinne. Diese wird, im Gegensatz zu der Bewusstheit im weiteren Sinne, üblicherweise unter Anleitung bzw. im Verlauf des Schriftspracherwerbs erlangt. Sie lässt uns einzelne Laute (Phoneme) aus einem Wort heraushören und andersrum aus Lauten Wörtern zusammensetzten (vgl. Jampert, K. 2009, S. 23).

2.1.2 Die semantisch-lexikalische Ebene

Unter diesem Aspekt versteht man den Erwerb von Bedeutungen und Inhalten einer Sprache.

Eine Voraussetzung der semantischen Entwicklung (Satzbedeutung) stellt die Fähigkeit, phonologische Sequenzen zu filtern, und einer Person oder einem Objekt zuordnen zu können, dar (vgl. Kiehnbaum & Schuhrke 2010, S. 100). Einen maßgeblichen Anteil an der Ausbildung des semantischen Denkens, trägt hierbei die kognitive Fähigkeit der Objektpermanenz oder auch Personenpermanenz bei. Die Objektpermanenz beschreibt die Kompetenz, der Vorstellung von Objekten bzw. Personen, auch wenn diese sich außerhalb des eigenen Wahrnehmungsfeldes befinden. Diese Erkenntnis, dass Objekte, selbst getrennt von ihnen, permanent existieren, erlangen Kinder in den ersten beiden Lebensjahren. Einen weiteren Teil des semantischen Denkens bildet die sogenannte verschobene Nachahmung. Dies spiegelt sich häufig in kindlichen „So tun als ob“ Spielen wider, in der Kinder eine zuvor beobachtete Situation in einen neuen Kontext übertragen. Daraus wird deutlich, wie wichtig wesentliche kognitive Entwicklungsschritte für das Erkennen von Bedeutungen einer Sprache sind (vgl. Sazgun 2006, S. 76).

Die lexikalische Entwicklung (Wortbedeutung) eines Kindes beschreibt das Wortschatzwachstum sowie den Ausbau und die Vernetzung von Wörtern. Auf Grund der Ergebnisse einiger Studien kommt man zu dem Schluss, dass ein Baby mit etwa zehn Monaten seine ersten zehn Wörter verstehen und mit ca. 14 Monaten auch selbst produzieren kann. Das Verständnis der ersten 50 Wörter wird auf 13,5 Monate und die Produktion auf ca. 18 Monate datiert. Ab dem 18. Lebensmonat steigt der Erwerb von Wörtern rasch an, so dass Kinder im Alter von 2,5 Jahren bereits über einen Wortschatz von ca. 525 Wörtern verfügen.

Dieser schnelle Zuwachs lässt sich auf die bereits genannten kognitiven Fortschritte zurückführen. Mit sechs Jahren verfügt ein Kind über einen aktiven Wortschatz von etwa 5000 Wörtern, in dem nach Schuleintritt durchschnittlich 3000 neue Wörter pro Jahr hinzukommen (vgl. Kienbaum & Schuhrke 2010, S.100).

Neben dem quantitativen Aufbau des Wortschatzes lässt sich die qualitative Entwicklung in drei wesentliche Phasen aufteilen. Die erste Phase wird hierbei durch pragmatische Funktionswörter wie „Hallo“ oder „ja“, handlungsbezogene Wörter wie „mehr“ oder „auch“ und Wörter wie „da“ geprägt um auf inhaltliche Gemeinsamkeiten der Aufmerksamkeit hinzuweisen. Außerdem wird in dieser Zeit die Bildung erster Nomen festgestellt, welche sich in der zweiten Phase erheblich ausweitet. Diese beginnt ab dem zweiten Lebensjahr. Auffällig hierbei sind der Rückgang der vorherigen Merkmale und der Zuwachs an Nomen. Diese beziehen sich zumeist auf die Erfahrungswelt des Kindes, wie etwa Spielzeuge oder aber bewegte Objekte (z.B. Tiere). Darüber hinaus spricht ein Kind in dieser Phase erste allgemeine Verben wie zum Beispiel das Wort „machen“. In der dritten Phase, welche mit Mitte des dritten Lebensjahres beginnt, geht die Nomenbildung wieder zurück, gleichzeitig sind jedoch ein Anstieg der Verbenbildung sowie der Beginn der Äußerung von Adjektiven zu verzeichnen. Dem Erwerb der Verbbildung wird laut Kauschke (1999 S. 152 f.) eine erhebliche Bedeutung zugeschrieben, da diese die Schnittstelle zwischen Semantik und Grammatik bildet.

Es wird deutlich, wie veränderbar das Lexikon im Verlauf der semantisch-lexikalischen Entwicklung ist. Es strukturiert sich im fortlaufenden Prozess immer wieder neu und gewinnt mit zunehmendem Alter der Kinder mehr und mehr an Genauigkeit und Geschwindigkeit. Nicht zuletzt ist diese Tatsache auf die Wiederholung und Übung des Gesprochenen zurückzuführen (vgl. Kauschke 1999, S. 152 f.).

2.1.3 Die morphologisch-syntaktische Ebene

Das morphologisch-syntaktische Wissen ist ein Teil der Grammatik und beschäftigt sich mit den Regeln der Wort- und Satzbildung, welche sich Kinder im Alter von zwei Jahren und sechs Monaten bzw. drei Jahren aneignen (vgl. Kienbaum & Schuhrke 2010, S. 103).

Ein Morphem setzt sich aus Phonemen zusammen und bildet hierbei die kleinste und zugleich primäre Einheit in der Grammatik. Ein Wort kann aus einem oder mehreren Morphenen (Schuh/Schuh-e) bestehen. Hierbei bildet also der Wortstamm (Schuh) die lexikalische Bedeutung des Wortes und das „e“ den Plural. Genauso kann durch die Zusammensetzung zweier Morpheme (Kinder-garten) ein neues Wort kombiniert werden (vgl. Szagun, G. 2013, S.26).

Die Syntax ist ein weiterer Teil der Grammatik und beschäftigt sich damit, aus Wörtern größere Einheiten, wie etwa einen Satz zu bilden. Unter Berücksichtigung von Aufbau, Struktur, Muster und Regeln eines Satzes sind hier unendlich viele Varianten möglich. Um eine Sprache korrekt beherrschen zu können hat die syntaktische Ebene daher einen erheblichen Einfluss in der Sprachentwicklung eines Kindes (vgl. Dittmann, J. 2002, S.12).

Laut Kiehnbaum und Schuhrke (2010, S. 104) können Kinder zwischen einem Jahr und 18 Monaten bereits erste Ein-Wort-Äußerungen bilden, welche sich zwischen dem 18. Monat und zwei Jahren und drei Monaten in Zwei-Wort-Äußerungen ausweiten. Mit zwei bis vier Jahren fangen Kinder dann schließlich mit drei und Mehrwort-Äußerungen an und können zum Teil bereits komplexe Strukturen wie zum Beispiel die Passivform bilden (vgl. Kienbaum & Schuhrke 2010, S. 104). In dieser Zeit werden alle wesentlichen Regelsysteme der deutschen Syntax erworben. Neben der Kompetenz der Bildung von Haupt- und Nebensätzen werden außerdem Plural und Tempusbildung erlernt. Die syntaktisch-morphologische Ebene ist zum Schuleintritt weitestgehend abgeschlossen (vgl. Wildegger-Lack, E. 2011, S. 27).

2.2 Voraussetzungen und Einflussfaktoren des Spracherwerbs

Neben den bereits erwähnten kognitiven Entwicklungsschritten bilden biologische Voraussetzungen und äußere Einflussfaktoren, wie soziale Interaktionen einen ebenso wichtigen Teil bei dem Erwerb einer Sprache. Die Bedeutsamkeit des Hörens und Sehens wurde bereits in Punkt 2.1 dargestellt, jedoch reichen diese Voraussetzungen für einen erfolgreichen Sprachentwicklungsprozess allein nicht aus. Sprachlicher Input, verknüpft mit altersgerechten Interaktionen durch die Bezugspersonen, ist hierbei eine unerlässliche Bedingung (vgl. Kiehnbaum & Schuhrke 2010, S. 108).

2.2.1 Biologische Voraussetzungen

Um eine erfolgreiche Entwicklung der Sprache gewährleisten zu können, bedarf es der Funktion verschiedener biologischer Systeme. Das Gehirn zum Beispiel spielt hierbei eine zentrale Rolle. Um etwa eine Äußerung tätigen zu können, müssen gewisse Anteile des Gehirns alle ausführenden Organe wie Lunge, Kehlkopf, Gaumen, Zunge und Lippen ansteuern. Es fungiert also als Schaltstelle bei der Verarbeitung und Steuerung von Sprachimpulsen (vgl. Keilmann, A. 2008, S. 13). Laut Keilmann (2008, S. 13) kann sich das Sprachzentrum des Gehirns nur dann weiterentwickeln, wenn eine Sprache wirklich praktiziert wird.

Neben der Funktion des Gehirns, erwähnt Keilmann die Wichtigkeit der Atmung, welche in diesem Kontext der Lauterzeugung dient. Die Atmung sorgt für ein Zusammenspiel von Lunge, Zwerchfell, Kehlkopf und Stimmlippen. So hat sich gezeigt, dass eine gesunde Atmung im weiteren Verlauf zu einer deutlichen und kräftigen Stimme führt.

Sind die oben genannten ausführenden Organe nicht richtig ausgebildet, etwa bei einer Lähmung des Kehlkopfes oder der Lippen, kann eine Sprache nicht richtig ausgebildet werden (vgl. Keilmann, A. 2008, S. 14).

Durch die Freisetzung kinästhetischer Reize beim Saugen und Schmatzen, trainiert ein Säugling erstmals die Lippen- und Zungenmuskulatur. Ebenso bildet das kindliche Schreiben eine Übung der Atmung sowie der Stimmgebung (vgl. Wilken, E. 2000, S. 58 f.)

2.2.2 Der Einfluss der sozialen Interaktion

Eine generelle Motivation zum Sprechen ist uns angeboren, jedoch muss jedem Kind auch die Möglichkeit gegeben werden seine sprachlichen Fähigkeiten ausprobieren zu können. Wird dies unterdrückt oder von den Eltern nicht unterstützt, können sich erhebliche Sprachentwicklungsverzögerungen im weiteren Verlauf abzeichnen. Eine solche Interaktionsmöglichkeit bietet zum Beispiel der Aufbau von Blickkontakt, das Verdeutlichen von Interesse an Kommunikation und der Förderung von sozial-emotionalen Fähigkeiten (vgl. Wildegger-Lack, E. 2011, S. 15).

Scheinbar intuitiv verwenden Erwachsene und insbesondere die Eltern eines Kindes, die sogenannte Ammen- oder Babysprache in der Kommunikation mit einem Säugling. Diese zeichnet sich durch eine höhere durchschnittliche Grundfrequenz, kurze Aussagen, längere Pausen sowie prosodische Veränderungen der Stimme aus und bildet optimale Voraussetzungen auf kindliche Lernbedürfnisse. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass Säuglinge hohe Stimmfrequenzen zu tieferen bevorzugen. Durch die Veränderung der Prosodie können Eltern ebenfalls den Gefühlszustand des Kindes unterstützen. So geht eine Mutter typischerweise mit fallender Stimmfrequenz auf ihr Kind ein, um es zu beruhigen (vgl. Kiehnbaum & Schuhrke 2010, S. 109).

Im voranschreitenden Alter des Säuglings ändert sich auch die Ansprache Erwachsener zum Kind. So wandelt sich die anfängliche Ammensprache ab dem zweiten Lebensjahr in eine unbewusst, lehrende Art der Kommunikation. Eltern lenken ihre Kinder darauf, dass Personen und Objekte Namen haben. Mit Hilfe von Wortspielen unterstützen sie den Aufbau des Wortschatzes (auch stützende Sprache genannt). Dies wird ab dem dritten Lebensjahr durch grammatikalische Verbesserungen, in der sogenannten „Lehrenden Sprache“ (engl. motherese), noch weiter verstärkt. Zur Förderung der Sprachfreude ist hierbei jedoch zu beachten, dass Erwachsene das Kind nicht über seine Fehler belehren, sondern stattdessen den Satz aufgreifen und korrekt wieder geben (vgl. Kiehnbaum & Schuhrke 2010, S. 111). Darüber hinaus kann ein zusätzlicher Aspekt in den Satz eingebaut werden, welcher dem Kind das Gefühl gibt, dass das Gesprochene beim Zuhörer ernst genommen wird. Ein Beispiel für das sogenannte „Corrective Feedback“ könnte hierbei sein: Kind: "Das Auto war znell!" Erwachsener: "Oh ja, das war ein besonders schnelles Auto. Das hast Du gut gesehen!"

Nicht zuletzt sind Fürsorge, Wärme und Akzeptanz seitens der Familie und die tägliche Kommunikation, unerlässliche Baustein der Sprachentwicklung eines Kindes (vgl. Wildegger-Lack, E. 2011 S.16).

3 Förderung von Kindern mit Down Syndrom

Im folgenden Absatz wird die allgemeine Sprachentwicklung auf das Down Syndrom bezogen. Hierbei wird zunächst das Down Syndrom als solches, sowie die Besonderheiten, welche sich für Sprachentwicklung und Förderung ergeben erläutert. Schließlich werden zwei Förderansätze dargestellt, welche sich für die Sprachförderung bei Kindern mit Down Syndrom und somit für das Sprachförderprojekt eignen können.

3.1 Das Down Syndrom

Das Down Syndrom, auch bekannt unter den Begriffen wie (Langdon) Down(`s)- Syndrom, Down Anomalie, Morbus Down, Trisomie 21 oder Mongolismus, wurde erstmalig in den 1960er Jahren von Langdon Down untersucht und schriftlich festgehalten. Der Begriff Mongolismus wird inzwischen abgelehnt, da dieser als rassische Diskriminierung verstanden werden kann. Vielmehr wird in der aktuellen Literatur der Begriff Down Syndrom oder- seit die genetische Ursache erkannt wurde – Trisomie 21 verwendet. Bei dem Down Syndrom handelt es sich um einen Symtomenkomplex mit schwerwiegenden Entwicklungsstörungen, welcher durch eine Fehlverteilung der Chromosomen verursacht wird. Durch diese Fehlverteilung ist das Chromosom 21 demnach zumeist dreifach (statt regulär zweifach) in jedem Zellkern vorhanden (vgl. http://universal_lexikon.deacademic.com/35109/Down-Syndrom Zugriff: 25.08.2013). Die Ursachen dafür können unterschiedlich sein. Zum einen können Genmutationen wie bei der freien Trisomie 21, der Mosaikstruktur oder der Translokation das Down Syndrom verursachen (somit ist das Down Syndrom auch vererbbar), zum anderen können ätiologische Faktoren wie das Alter der Mutter oder die Familiensituation eine Rolle spielen. Die unterschiedlichen Arten der Trisomie werden in der ICD-10 mit den Codes Q90 bis Q99 angegeben. Trotz der verschiedenen Ursachen, sind die Symptome bei allen Varianten ähnlich. “Als Folge der Trisomie tritt eine tief greifende Veränderung des genetischen Gleichgewichts auf, die zu vor- und nachgeburtlichen Entwicklungsstörungen mit Fehlbildungen und vorzeitiger Alterung führt“ (http://universal_lexikon.deacademic.com/35109/Down-Syndrom Zugriff: 25.08.2013). Dabei kann die individuelle Entwicklung in den einzelnen Entwicklungsbereichen der Kinder mit Down Syndrom sehr unterschiedlich verlaufen – meist sind die Unterschiede sogar größer als bei nicht behinderten Kindern.

Da die Fehlentwicklung bereits bei der Befruchtung festgelegt ist und sich durch den Verlauf der Schwangerschaft nicht mehr beeinflussen lässt, wirkt sich das Down Syndrom bereits pränatal, zu Beginn der embryonalen Entwicklung auf den Säugling aus. Ab diesem Zeitpunkt entwickeln sich für die Kinder mit Down Syndrom die typischen morphologisch-funktionell Besonderheiten, wie ihre äußere Ähnlichkeit. Sie sehen “anderen Menschen mit der gleichen genetischen Veränderung ähnlich wie Geschwistern und unterscheiden sich von ihren leiblichen Geschwistern und Familienangehörigen […] zum Teil erheblich“ (Stengel-Rutkowski, 1990, S.31). Hierbei ist zu erwähnen, dass die folgenden Ähnlichkeiten sowie Symptome zwar als syndromtypisch, nicht aber als krankheitsspezifisch betrachtet werden.

Die geistige und körperliche Entwicklung schreitet bei Kindern mit Down Syndrom insgesamt langsamer voran als bei nicht behinderten Kindern. Schon im Kleinkindalter wird deutlich, dass Kinder mit Down Syndrom häufig kleiner sind als gleichaltrige andere Kinder. Im erwachsenen Alter liegt der Unterschied durchschnittlich bei 15- 20 cm. (vgl. http://www.lebenshilfe.de/wData/downloads/themen-fachliches/entwicklung.pdf Zugriff: 25.08.2013).

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Sprachförderung im Bereich Semantik und Wortschatzbildung bei Kindern mit Down Syndrom
Hochschule
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Note
1,3
Jahr
2013
Seiten
26
Katalognummer
V282468
ISBN (eBook)
9783656818601
ISBN (Buch)
9783656818656
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachförderung, Down Syndrom, Semantik, Lexikon, Kinder, Spracherwerb, semantische ebene, phonologische Bewusstheit, morphologisch syntaktische Ebene, Sprachentwicklung, orofaziale Beeinträchtigung, Sprachstörungen, Förderansätze, Gebärdenunterstützende Kommunikation, GuK, Sprachentwicklungsförderung
Arbeit zitieren
Anonym, 2013, Sprachförderung im Bereich Semantik und Wortschatzbildung bei Kindern mit Down Syndrom, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/282468

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