Amerikanisierung der westdeutschen Jugendkultur in den 1950er Jahren

Sind alle Jugendlichen in dieser Zeit gleichermaßen beeinflusst worden?


Hausarbeit, 2014

23 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition „Amerikanisierung“ in Abgrenzung zur „Westernisierung“
2.1 „Amerikanisierung“
2.2 „Westernisierung“

3. Die Gesamtgesellschaft Westdeutschlands in den 1950er-Jahren

4. Überblick über die Jugend- und Subkultur der 1950er-Jahre

5. Beschreibung der Subkulturen der Halbstarken "Exis"
5.1 Die Halbstarken
5.2 Die Exis(-tentiellen)/Existentialisten

6. Vergleichende Analyse der beiden Subkulturen
6.1 Halbstarkenbewegung
6.2 Die "Exis[tentiellen]"
6.3 Vergleich der Merkmale beider Strömungen

7. Exkurs "Mädchen junge Frauen"

8. Schlussbetrachtung

9. Literaturverzeichnis
9.1 Sekundärliteratur
9.2 Zeitschriften
9.3 Internetquellen

1. Einleitung

Mit der Aufteilung Deutschlands durch die Alliierten nach Beendigung der Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges, nahm der Einfluss der Siegermächte in den jeweils besetzten Gebieten deutlich zu.

Die Vereinigten Staaten von Amerika waren für den westdeutschen Bereich nicht nur eine reine Besatzungsmacht, vielmehr galten die stationierten Truppen als wichtige Impulsgeber für eine durch Krieg, Hunger, Angst und Diktatur gezeichnete deutsche Bevölkerung. Die Menschen waren auf der Suche nach einer neuen Identität und folglich wurden demokratische Gesellschaften zum Vorbild der Bevölkerung der noch jungen Bundesrepublik auserwählt.

Die amerikanischen Truppen in den besetzten westdeutschen Gebieten lebten der ansässigen Bevölkerung stets ihren „American Way of Life“ vor, doch nicht nur ihre materielle Präsenz, sondern auch deren „Wohlgenährtheit“, ihre technisch überlegene Ausrüstung, die mitgeführten Nahrungsmittel sowie die stets souveräne Lässigkeit, um nur ein paar Beispiele zu nennen, waren es, die die deutsche Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, an den Besatzungstruppen faszinierten (vgl. Henke, 1995).

Durch die amerikanische Präsenz und die gewollte gesellschaftliche „Umerziehung“ wurde die Alltagswelt der Bevölkerung in den 1950er-Jahren durch zahlreiche Importe von US-Populärkultur und -Produkten regelrecht überflutet, wodurch die Vereinigten Staaten von Amerika in relativ kurzer Zeit zu einer Leitfigur für die westdeutschen Bürger und speziell für die Kinder und Jugendlichen aufstieg (vgl. Wuermeling, 1981).

Viele Familien wurden durch den Krieg getrennt: Frauen verloren ihre Ernährer, Kinder wuchsen ohne ihre Väter auf, da diese entweder im Krieg gefallen waren oder als vermisst galten und nicht mehr zurückkehrten. Diese Kinder waren nicht nur auf der Suche nach neuen Vorbildern, sondern vielmehr nach ihrer eigenen Identität.

Diese Hausarbeit wird im Gesamtkontext des Moduls G6 im Kurs „Einführung in die politische Kulturgeschichte“ verfasst, in der die neuere deutsche Geschichte einen besonderen Schwerpunkt dieser Hausarbeit bilden soll.

Die Begriffe „Symbolizität“ und „Soziabilität“ spielen im Hinblick auf die Fragestellung dieser Hausarbeit ebenfalls eine essenzielle Rolle: Es wird mithilfe dieser Termini in dieser Arbeit zuerst eruiert, inwieweit die Bewegungen der „Halbstarken“ und der "Exis[tentiellen]" in den 1950er-Jahren durch Amerikanisierung entstanden und dann gegenübergestellt, inwiefern sich diese Bewegungen in einzelnen Bereichen unterschieden, um Rückschlüsse auf den Grad der Amerikanisierung ziehen zu können.

Die vergleichende Analyse der beiden genannten Gruppierungen soll die Grundlage bilden, die Kernfrage dieser Hausarbeit eindeutig beantworten zu können: „Sind alle Jugendlichen der 1950er-Jahre durch den 'American Way of Life' gleichermaßen beeinflusst worden?“.

Es erfolgt nun eine ausführliche Definition der beiden Begriffe der "Amerikanisierung" und "Westernisierung", deren Verständnis für das weitere Vorgehen in dieser Arbeit unabdingbar sein wird.

2. Definition „Amerikanisierung“ in Abgrenzung zur „Westernisierung“

Zunächst müssen die Begrifflichkeiten „Amerikanisierung“ sowie „Westernisierung“ beleuchtet und voneinander abgegrenzt werden, da diese zwar miteinander verwandt sind, sich jedoch deutlich voneinander unterscheiden.

Ein erster Berührungspunkt lässt sich laut Doering-Manteuffel in der zeitlichen Einordnung der Ausdrücke finden: Bei einer synchronen Betrachtung in seinem Artikel zur Zeitgeschichte konstatiert er, dass der Zeitraum, in dem von "Amerikanisierung" und "Westernisierung" zu sprechen ist, die beiden Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg betreffen, deren Ursprung jedoch viel weiter zurückliegt (vgl. Doering-Manteuffel, 1999). Beide Begrifflichkeiten reichen mindestens bis in die Zeit der Zwischenkriegszeit (1918-1939) zurück (ebd.).

Unstrittig ist laut Doering-Manteuffel das Ende der beiden Begriffe: Er spricht von einem Ende der Amerikanisierung nach Beendigung des Ost-Westkonflikts, während die Westernisierung ihr Ende mit der Zeit der Entspannungspolitik um 1970 findet.

2.1 „Amerikanisierung“

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bezeichnete der Begriff „Amerikanisierung“ einen Versuch der Vereinigten Staaten aus dem durch Einwanderung entstandenen Völkergemisch eine homogene Nation zu formen, welche die Wertvorstellungen amerikanischer Ideale besaß (vgl. Maase, 1992).

Dieser Terminus wandelte sich jedoch Anfang des 20. Jahrhunderts spürbar, sodass die neue Bedeutung nunmehr die zunehmende „Überschwemmung“ von Amerikanismen in sämtliche Lebensbereiche beinhaltete: Zu nennen sind hier bspw. Güter, Leitbilder, Institutionen, Ideologien sowie amerikanische Ideen (vgl. BpB, 2002).

Philipp Gassert präzisiert diese Definition: Ihm zufolge impliziert der Begriff „Amerikanisierung“ den Transfer von Amerikanismen, also Produkte, Institutionen, Normen, Werte, Gebräuche, Verhaltensweisen und Verfahrensnormen, Symbole und Bilder, die vermeintlich oder tatsächlich aus den USA übernommen worden oder als amerikanisch empfunden worden waren (vgl. Gassert, 1999).

2.2 „Westernisierung“

Der "Amerikanisierung" steht nun die "Westernisierung" (oder auch der Begriff „Verwestlichung“) gegenüber.

Wie bereits beschrieben, ist der Begriff der "Westernisierung" eng mit dem der "Amerikanisierung" gekoppelt. Die "Westernisierung" bzw. "Verwestlichung" ist ein Schlagwort zur Charakterisierung von gesellschaftlichen Prozessen, die die Übernahme politischer Ideologien und wirtschaftlicher Strukturen aus der westlichen Welt zeigen. Zu nennen wären hier die Übernahme westlicher Traditionen in die Jurisdiktion sowie westlicher Technologie und

(Konsum-)Gütern (vgl. Freenet.de, 2014).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Begriff "Amerikanisierung" einer direkten Übernahme US-amerikanischer Verhaltensweisen hinsichtlich Trends, Gütern – kurz dem „American Way of Life“ – gleicht, während die "Westernisierung" eine Orientierung an der westlichen Welt in Bezug auf Politik und Wirtschaft ist.

Bevor die Kernfrage hinsichtlich der Amerikanisierung der Jugendkultur beantwortet werden kann, muss zunächst grob die Gesamtgesellschaft Westdeutschlands in dem ersten Nachkriegsjahrzehnt beleuchtet werden.

3. Die Gesamtgesellschaft Westdeutschlands in den 1950er-Jahren

Wie in der Einleitung dieser Hausarbeit bereits erwähnt wurde, nahm der Einfluss der Siegermächte in den besetzten Gebieten des geteilten Deutschlands deutlich zu. In den durch die Amerikaner besetzten Gebiete, wurde der Bevölkerung kontinuierlich das Bild des „American Way of Life“ suggeriert, das die durch Krieg, Hunger und Verlust geprägte Bevölkerung faszinierte.

Im Zuge der Entnazifizierung, Entmilitarisierung und Demokratisierung erhielten die Massenmedien, die sich mit dem Bild der deutschen Demokratietradition versuchten zu verschränken und stets den amerikanischen Liberalismus vermittelten, die höchste Aufmerksamkeit (vgl. Hurwitz, 1972).

Die amerikanischen Truppen „installierten“ zudem als ein weiteres Mittel die sogenannten „Amerikahäuser“: Diese galten als ein wichtiges Instrument der amerikanischen Kulturoffensive. Hier konnte die Bevölkerung tiefe Einblicke in das amerikanische Kulturverständnis bekommen. Fünf bis sieben Prozent der Bevölkerung der deutschen Städte zählten durchschnittlich zum Besucherkreis dieser Häuser (vgl. Hein-Kremer, 1996).

Ein weiteres Mittel für den Transfer amerikanischer Ideologien waren die CARE-Pakete privater, amerikanischer Hilfsorganisationen: Im Zeichen von Hunger und Armut zeigte ihr Inhalt – wie z. B. Kaffee, Zigaretten und Schokolade – die breite Palette des amerikanischen Konsumangebots (vgl. Sommer, 1999).

Eine weitere Unterstützung war das 1947/48 einsetzende European Recovery Programme (ERP), auch als Marshall-Plan, bezeichnet. Symbolisch für politische und wirtschaftliche Hilfe wurde zwischen West- und Ostberlin die Luftbrücke errichtet und mit ERP-Mitteln der Wiederaufbau Deutschlands begonnen.

In "Politik und Zeitgeschichte" schreibt Schildt treffend dazu: „In Architekturdebatten, aber auch in Diskursen über die Bildende [sic!] Kunst wurde die Moderne in den fünfziger Jahren in starkem Ausmaß ausschließlich mit Amerika identifiziert.“ (BpB, 2002).

Um den Deutschen die amerikanische Kultur noch näher zu bringen, wurden der Bevölkerung mehrwöchige oder -monatige Besuchsprogramme in den Vereinigten Staaten ermöglicht. Diese Programme konzentrierten sich jedoch vornehmlich auf den einflussreichen Teil der bildungsbürgerlichen Öffentlichkeit, der allerdings zur damaligen Zeit nicht die Mehrheit der Bevölkerung ausmachte: So hatten jüngere Vertreter der Funktionseliten die Möglichkeit die USA kennenzulernen. Axel Schildt spricht von ca. 10.000 Personen, die zwischen 1948 und 1953 an einem solchen Programm teilgenommen haben (vgl. Schildt, 1995).

Zu Beginn der Konsumgesellschaft Mitte der 1950er-Jahre schien, laut Schildt, der amerikanische Einfluss in mancher Hinsicht zurückzugehen:

„Die Besucherprogramme für westdeutsche Funktionseliten liefen allmählich aus, etliche Amerikahäuser wurden geschlossen und deren Service – etwa englischer Sprachunterricht – wurde nicht selten von lokalen Volkshochschulen übernommen; von amerikanischer Seite betreute Jugendzentren gingen in die Hände deutscher Stellen über, mancherorts mit einer Rückkehr zu autoritärer Reglementierung verbunden – 'Gesellschaftstanz' zu amerikanischen Platten wurde dort untersagt, deutsche Volksmusik erhielt zum Unwillen vieler Jugendlicher wieder das Monopol.“(vgl. BpB, 2002)

Im letzten Drittel der fünfziger Jahre kam der entscheidende Schub, der dem amerikanischen Einfluss Massenpopularität verlieh: Deutschland stand an der Schwelle zur Konsumgesellschaft. Wenn auch die Wirkung der ersten Amerikanisierungswelle abzuklingen vermochte, hatte sie trotzdem ihre Wirkung – speziell auf Jugendliche – nicht verfehlt.

Es folgte eine zweite "Welle", welche als "Seismograph" für kommende Entwicklungen empfunden wurde (vgl. Grotum, 1994) .

Amerikanische Produkte wie Jeans, Hollywoodfilme und der Rock 'n' Roll hielten Einzug bei den deutschen Jugendlichen, genauso wie die Lässigkeit und die demonstrative Vulgarität bezüglich Kleidung und Verhalten gegenüber den einstigen Autoritäten wie Eltern, Lehrern und der älteren Gesamtgesellschaft.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Amerikanisierung der westdeutschen Jugendkultur in den 1950er Jahren
Untertitel
Sind alle Jugendlichen in dieser Zeit gleichermaßen beeinflusst worden?
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Kulturwissenschaften)
Veranstaltung
Modul G6
Note
2,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
23
Katalognummer
V283576
ISBN (eBook)
9783656832850
ISBN (Buch)
9783656829607
Dateigröße
572 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Jugendkultur, Subkultur, Deutschland, 1950er-Jahre, Halbstarke, Existentielle, Abgrenzung, Amerikanismus, Amerikanisierung, Sartre, Bewegung, Westernisierung, Weltkrieg
Arbeit zitieren
Philipp-Alexander Eilhard (Autor:in), 2014, Amerikanisierung der westdeutschen Jugendkultur in den 1950er Jahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/283576

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