Die Einführung der sozialen Pflegeversicherung (PV) gilt in weiten Kreisen als „Meilenstein“ bei der Lösung des Problems der Sicherung des Pflegebedürftigkeitsrisikos in Deutschland. Trotz hoher Zufriedenheitswerte bei Umfragen bei Betroffenen und trotz internationaler Anerkennung des Erreichten, ist die Pflegeversicherung gesellschaftlich und politisch nicht unumstritten. Die Finanzierung ist langfristig nicht sicher gestellt und der im Sozialgesetzbuch (SGB) XI verankerte Pflegebedürftigkeitsbegriff sorgt für Diskussionsbedarf. Durch eine Verengung der zu einem Leistungsanspruch führenden Kriterien auf körperliche Bedarfe, werden bestimmte Personengruppen, wie unter Demenz leidende, psychisch kranke und behinderte Menschen, von Leistungen der Pflegeversicherung ausgeschlossen. Diese Exklusion ist ein Ergebnis politisch kontroverser Auseinandersetzungen im Vorfeld der Einrichtung der Pflegeversicherung. Die von verschiedenster Seite vorgebrachte Kritik wurde 2006 von der damaligen Regierungskoalition aufgegriffen und sollte zu einer Revision des Pflegebedürftigkeitsbegriffs führen. Dazu ist es, trotz ausgearbeiteter Entwürfe einer Expertenkommission, bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht gekommen. Zwar gab es in den letzten Jahren einzelne Reformvorhaben, die auch positive Ansätze in Richtung Verbesserung der Situation für Pflegebedürftige und deren Angehörigen mit sich brachten, der Pflegebedürftigkeitsbegriff mit seinen impliziten Ausschlusskriterien blieb jedoch dabei stets unberührt. Wie ist dieses Politikergebnis zu erklären? In der Wohlfahrtsstaatforschung wird u.a. der Erklärungsansatz der Pfadabhängigkeit verwendet um die Schwerfälligkeit einmal eingeführter, wohlmöglicher ineffizienter wohlfahrtsstaatlicher Institutionen gegenüber Reformen und Wandel zu erklären. Mithilfe dieser Theorie wird in der vorliegenden Hausarbeit untersucht, warum der Pflegebedürftigkeitsbegriff im Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) nicht reformiert wurde und stattdessen nur ein inkrementeller Wandel bezüglich der Ausweitung von Leistungen und des Personenkreises zu beobachten war.
Im zweiten Kapitel wird die soziale Pflegeversicherung näher beschrieben. Dabei wird auf die Einführung, das Leistungsspektrum und die Struktur eingegangen. Im darauffolgenden Kapitel werden der aktuelle Pflegebedürftigkeitsbegriff nach SGB XI und die Pflegebedürftigkeitsstufen dargestellt. Das vierte Kapitel beinhaltet eine kurze Erläuterung des Pfadabhä
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einführungsgründe, Aufbau, Merkmale und Leistungsspektrum der sozialen Pflegeversicherung
- Der Pflegebedürftigkeitsbegriff
- Der Pfadabhängigkeitsansatz
- Die Entwicklung der Pflegeversicherung
- Der Diskurs im Vorfeld der Einführung – Dominanz der Teilleistungsidee
- Die Kritik am Pflegebedürftigkeitsbegriff
- Die Reformen in der sozialen Pflegeversicherung
- Diskussion und Fazit
- Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit dem Thema der Pfadabhängigkeit in der Pflegeversicherung und analysiert, warum der Pflegebedürftigkeitsbegriff im Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) trotz Kritik nicht grundlegend reformiert wurde. Die Arbeit untersucht, wie die Entwicklung der Pflegeversicherung in Deutschland von den initialen Bedingungen und Entscheidungen beeinflusst wurde und welche Auswirkungen diese auf die Gestaltung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und die Reformbemühungen hatten.
- Die Entwicklung der Pflegeversicherung in Deutschland
- Der Einfluss des Pfadabhängigkeitsansatzes auf die Reformträgheit
- Die Kritik am Pflegebedürftigkeitsbegriff im SGB XI
- Die Herausforderungen der Finanzierung und Gestaltung der Pflegeversicherung
- Mögliche Lösungsansätze für eine zukunftsfähige Pflegeversicherung
Zusammenfassung der Kapitel
Das zweite Kapitel liefert einen Überblick über die Einführung der sozialen Pflegeversicherung, ihre Leistungsspektrum und strukturellen Merkmale. Der aktuelle Pflegebedürftigkeitsbegriff im SGB XI und die entsprechenden Pflegebedürftigkeitsstufen werden im dritten Kapitel erläutert. Das vierte Kapitel stellt den Pfadabhängigkeitsansatz vor und erklärt ihn anhand von Beispielen. Im fünften Kapitel wird die Entwicklung der Pflegeversicherung mit ihren Reformschritten, der Kritik am Pflegebedürftigkeitsbegriff und dem im Reformdiskurs verwendeten Alternativbegriff dargestellt.
Schlüsselwörter
Pflegeversicherung, Pfadabhängigkeit, Pflegebedürftigkeitsbegriff, Reformträgheit, Sozialgesetzbuch XI (SGB XI), Teilleistung, Demenz, psychische Erkrankung, Behinderung, Finanzierung, sozialpolitischer Diskurs, Wohlfahrtsstaatforschung, Deutschland.
- Quote paper
- Mario Schröder (Author), 2013, Pfadabhängigkeit in der Pflegeversicherung. Analyse der Reformträgheit bei der Gestaltung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/284003