Diese Arbeit behandelt die Führung chinesischer Mutterunternehmen von deutschen Tochter-unternehmen. Sowohl Akquisitionen als auch greenfield Investments chinesischer Unternehmen in Deutschland werden betrachtet. Ziel ist es für die chinesischen Muttergesellschaften eine Empfehlung zur Führung ihrer deutschen Tochterunternehmen zu entwickeln. Hierzu wird ins-besondere auf die Koordination der Mutter-Tochter-Beziehung sowie die kulturbedingten Führungsherausforderungen abgestellt. Zu Beginn wird eine theoretische Grundlage zur Führung von insbesondere ausländischen Tochterunternehmen gelegt. Danach werden die Internationalisierungsziele chinesischer Unternehmen allgemein und speziell in Deutschland identifiziert. Anhand der Ziele werden drei Fälle von chinesischen Engagements in Deutschland unterschieden. Die allgemein identifizierten Ziele werden diesen Fällen unterschiedlich stark zugeordnet. Darauf begründet sich ihre Rolleneinteilung. Aus der Rolleneinteilung wird die Empfehlung zur Führung- bzw. Koordination entwickelt. Anhand von Fallstudien schließt sich eine Betrachtung der Führungspraxis chinesischer Muttergesellschaften von ihren deutschen Tochterunternehmen an. Abschließend wird die Empfehlung mit den Erkenntnissen aus der Führungspraxis abgeglichen und anhand dessen ein Vorschlag für weitere Untersuchungen getätigt. Anlass zu dieser Thematik geben die zunehmenden Unternehmensgründungen und Akquisitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland. Deutschland ist für chinesische Unter-nehmen ein wichtiger Standort (vgl. Ernest & Young, 2012). Eine erfolgreiche Führung deutscher Gesellschaften stellt jedoch für chinesische Mutterunternehmen ebenso eine erhebliche Herausforderung dar (vgl. Tirpitz, Groll & Ghane, 2011, p. 30). Daher scheint eine Führungsempfehlung Praxisrelevanz zu besitzen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Führung von Tochterunternehmen
2.1 Definition der Unternehmensführung
2.2 Koordinationsinstrumente
2.3 Führungsstil - Managerial Grid
2.4 Führung von ausländischen Tochterunternehmen
2.4.1 Profil ausländischer Tochterunternehmen
2.4.2 Rollen ausländischer Tochterunternehmen
2.4.2.1 Rollen nach White und Poynter
2.4.2.2 Rollen nach Bartlett und Ghoshal
2.4.3 Idealtypische Koordination von MNU
3. Internationalisierung Chinas
3.1 Verlauf der Internationalisierung
3.2 Chinesische Internationalisierungsziele
3.2.1 Strategische Internationalisierungsziele nach Dunning
3.2.2 Internationalisierungstheorie des oligopolistischen Parallelverhaltens
3.2.3 Wirtschaftspolitik Chinas
3.2.4 Internationalisierungsziele chinesischer Unternehmen
3.2.5 Zielabgleich
3.3 Ziele chinesischer Unternehmen in Deutschland
3.3.1 Ziele anhand von Expertenaussagen
3.3.2 Ziele aus der Befragung der Bertelsmannstiftung
3.3.3 Ziele aus der Befragung von Ernest amp; Young
3.3.4 Ziele aus der Befragung des German Center for Market Entry
3.3.5 Auswertung der Befragungsergebnisse
3.3.6 Zielfassung chinesischer Unternehmen in Deutschland
4. Führung chinesischer Tochterunternehmen in Deutschland
4.1 Rollen der chinesischen Tochterunternehmen
4.1.1 Zielorientierte Rolleneinteilung
4.1.2 Rolleneinteilung nach White und Poynter
4.1.3 Erweiterungsbedarf der Zielberücksichtigung
4.1.4 Rolleneinteilung nach Launer
4.2 Idealtypische Koordination nach Rolleneinteilung
4.3 Koordinationsempfehlung
4.4 Kulturorientierte Führung
4.4.1 Kulturelle Unterschiede zwischen Chinesen und Deutschen
4.4.2 Führungsstilempfehlung
4.4.3 Kulturbedingte Führungsimplikationen
5. Fallstudien chinesischer Unternehmen in Deutschland
5.1 Die Übernahme von Waldrich Coburg durch Beijing No. 1 Machine Tool Plant
5.2 Die Übernahme von Hubert durch Tianglong
5.3 Minmetals Einstieg in Deutschland
6. Abgleich der Theorie mit den Fallstudien
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Internetquellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Managerial Grid nach Blake und Mouton
Abbildung 2: Rollen von Tochtergesellschaften nach White und Poynter
Abbildung 3: Rollenmodell von MNU
Abbildung 4: Idealtypischer Einsatz der Koordinationsinstrumente
Abbildung 5: Auswärtige Direktinvestitionen Chinas von 1982 bis 2011
Abbildung 6: Markteintrittsmotive chinesischer Unternehmen in Deutschland
Abbildung 7: Die attraktivsten deutschen Branchen
Abbildung 8: Ziele der geplanten Investitionen in Deutschland bei Ernest amp; Young
Abbildung 9: Branchenzugehörigkeit der befragten Unternehmen
Abbildung 10: Geplante bzw. getätigte Investitionsvolumina
Abbildung 11: Bevorzugte Markteintrittsmodi
Abbildung 12: Ziele des Markteintritts in Deutschland
Abbildung 13: Zielorientierte Rolleneinteilung
Abbildung 14: Einteilung nach Rollentypologie von White und Poynter
Abbildung 15: Einteilung der chinesischen Direktinvestitionen bei Launer
Abbildung 16: Idealtypische Koordination der chinesischen Direktinvestition nach Rolleneinteilung
Abbildung 17: Koordinationsempfehlung für chinesische Direktinvestitionen
Abbildung 18: Kulturabhängige Informationsübermittlung
Abbildung 19: Führungsstil für deutsche und chinesische Mitarbeiter
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Chinas Exportstellung 1990 und 2010
Tabelle 2: Weltexporte
Tabelle 3: Zusammensetzung der befragten Unternehmen bei Ernest amp; Young
Tabelle 4: Mitarbeiterzahlen der befragten Unternehmen
Tabelle 5: Zielübersicht aus den Befragungen
Tabelle 6: Zielübereinstimmung bei den Befragungen
Tabelle 7: Zielbedeutung für die Direktinvestition
1. Einleitung
Diese Arbeit behandelt die Führung chinesischer Mutterunternehmen von deutschen Tochterunternehmen. Sowohl Akquisitionen als auch greenfield Investments chinesischer Unternehmen in Deutschland werden betrachtet. Ziel ist es für die chinesischen Muttergesellschaften eine Empfehlung zur Führung ihrer deutschen Tochterunternehmen zu entwickeln. Hierzu wird insbesondere auf die Koordination der Mutter-Tochter-Beziehung sowie die kulturbedingten Führungsherausforderungen abgestellt. Zu Beginn wird eine theoretische Grundlage zur Führung von insbesondere ausländischen Tochterunternehmen gelegt. Danach werden die Internationalisierungsziele chinesischer Unternehmen allgemein und speziell in Deutschland identifiziert. Anhand der Ziele werden drei Fälle von chinesischen Engagements in Deutschland unterschieden. Die allgemein identifizierten Ziele werden diesen Fällen unterschiedlich stark zugeordnet. Darauf begründet sich ihre Rolleneinteilung. Aus der Rolleneinteilung wird die Empfehlung zur Führung- bzw. Koordination entwickelt. Anhand von Fallstudien schließt sich eine Betrachtung der Führungspraxis chinesischer Muttergesellschaften von ihren deutschen Tochterunternehmen an. Abschließend wird die Empfehlung mit den Erkenntnissen aus der Führungspraxis abgeglichen und anhand dessen ein Vorschlag für weitere Untersuchungen getätigt. Anlass zu dieser Thematik geben die zunehmenden Unternehmensgründungen und Akquisitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland. Deutschland ist für chinesische Unternehmen ein wichtiger Standort (vgl. Ernest amp; Young, 2012). Eine erfolgreiche Führung deutscher Gesellschaften stellt jedoch für chinesische Mutterunternehmen ebenso eine erhebliche Herausforderung dar (vgl. Tirpitz, Groll amp; Ghane, 2011, p. 30). Daher scheint eine Führungsempfehlung Praxisrelevanz zu besitzen.
2. Führung von Tochterunternehmen
2.1 Definition der Unternehmensführung
Der Begriff „Unternehmensführung“ ist nicht einheitlich definiert. Allgemein ist Führung zur Erreichung von angestrebten Zielen erforderlich. Hierzu müssen das Handeln von Personen, Sach- mittel und immaterielle Güter koordiniert werden (vgl. Macharzina amp; Wolf, 2008, p. 35f.).
Kern der Führung von Tochterunternehmen ist die Abstimmung und Koordination der MutterTochter-Beziehung. Dies beinhaltet die strategische Rolle der Tochterunternehmen und den Einsatz von Steuerungs-, bzw. Koordinationsinstrumenten (vgl. Büter, 2010, p. 214).
Unter Tochterunternehmen werden hier die Direktinvestitionen chinesischer Muttergesellschaften subsumiert.
2.2 Koordinationsinstrumente
Koordinationsinstrumente sind administrative Instrumente, die der Integration zwischen Organisationsteilen dienen (vgl. Martinez amp; Jarillo, 1989, p. 490).
Strukturelle Koordinationsinstrumente sind auf die Integration des internationalen Engagements in die formale Organisationsstruktur ausgerichtet. Die Verteilung der Entscheidungsautorität zwischen Unternehmenszentrale und Tochterunternehmungen ist ein wesentliches strukturelles Koordinationsinstrument(vgl. Macharzina amp; Oesterle, 2002, p. 712).
Unter technokratischen Koordinationsinstrumenten wird die Planung, Standardisierung, Formalisierung und die Ergebniskontrolle subsumiert (vgl. Kieser amp; Walgenbach, 2003, p. 115ff. ; Zentes, Swoboda amp; Morschett, 2004, p. 278ff.). Die Muttergesellschaft kann das Verhalten und die Aktivitäten der Auslandseinheiten über dauerhafte konkrete Vorgaben lenken (Planung) (vgl. Welge amp; Holtbrügge, 2003, p. 165f.). Die Planung kann in ihrem Detaillierungsgrad und ihrem Integrationsgrad von der Muttergesellschaft variiert werden (vgl. Macharzina amp; Wolf, 2008, p. 985). Formalisierung beschreibt die schriftliche Fixierung von Regeln, Prozeduren, Verfahrensrichtlinien und Ähnlichem. Damit soll das Entscheidungsverhalten gelenkt werden (vgl. Hedlund, 1981, p. 25ff.). Statt auf den Prozess zielt die Standardisierung auf die Vereinheitlichung von Ergebnissen ab. Sie ist zum Beispiel zur Sicherstellung der Produktqualität relevant, wenn Tochtergesellschaften für die Muttergesellschaft Vorprodukte fertigen (vgl. Welge amp; Holtbrügge, 2006, p.181).
Die Sozialisation umfasst die kognitive, affektive und verhaltensbezogene Assimilation der Mitarbeiter durch wiederholte, bewusste und unbewusste psychische Beeinflussung (vgl. Welge amp; Holtbrügge, 2006, p.183). Mit der Sozialisation werden weltweit einheitliche Werte und Einstellungen verfolgt um damit weltweit ähnliche Entscheidungsstrukturen im Unternehmen sicherzustellen (vgl. Kieser amp; Walgenbach, 2003, p. 129ff.; Kieser amp; Kubicek, 1992, p. 118ff.).
Die Etablierung eines Systems von gemeinsamen Werten, Zielen und Ansichten (vgl. Birkinshaw amp; Morrison, 1995, p. 738; Ghoshal amp; Nohria, 1993, p. 28) bzw. einer Unternehmenskultur dient der Gewährleistung von ähnlichen Handlungsabläufen, der Einhaltung von Handlungsspielräumen und der gegenseitigen Rücksichtnahme (vgl. Wolf, 1997, p. 359; Welge amp; Holtbrügge, 2006, p.183). Informale Netzwerke von Mitarbeitern verschiedener Organisationseinheiten unterstützen die Sozialisation. Die Bildung von Teams, Arbeitsgruppen und Komitees über die Grenzen von Organisations- oder Unternehmenseinheiten hinweg sowie deren Selbstabstimmung ohne Einbezug hierarchisch übergeordneter Stellen ist eine weitere Maßnahme zur Sozialisation (vgl. Morschett, 2007, p. 173; Welge amp; Holtbrügge, 2006, p.183). Der Vorteil von Sozialisation besteht in ihrer impliziten Koordinationswirkung. Sie eignet sich zur Abstimmung von ungewissen, komplexen und innovativen Aufgaben und reduziert den formalen Kontrollauf- wand (vgl. Schreyögg, 2003, p. 473ff.). Sie ist jedoch auch mit hohen Kosten verbunden (vgl. Welge amp; Holtbrügge 2003, p. 168f.).
2.3 Führungsstil- Managerial Grid
Blake und Mouton entwickelten aus empirischen Untersuchungen ein Konzept unterschiedlicher Führungsstile (vgl. Hammann, 2008, p. 101).
Die „Betonung der Produktion“ beschreibt die Orientierung einer Führungskraft an betrieblichen Zielen. „Betonung des Menschen“ steht für den Umgang einer Führungsperson mit den Untergebenen. Die Bemühung bei den Mitarbeitern Vertrauen und ein Zugehörigkeitsgefühl gegenüber dem Unternehmen zu wecken, wird hierunter eingeordnet. Aus unterschiedlichen Ausprägungen dieser Dimensionen wurden die folgenden fünf Führungsstile entwickelt (vgl. Hammann, 2008, p. 102).
-Interesse an Mitarbeiterbedürfnisse ist hoch -Dezentrale Entscheidungen -Gemeinschaftliche Lösungen -Selbständiges Arbeiten der Mitarbeiter -Keine detaillierten oder standardisierten Aufgaben
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Managerial Grid nach Blake und Mouton
Quelle: in Anlehnung an Blake/Mouton (1982b, p. 23ff.)
2.4 Führung von ausländischen Tochterunternehmen
2.4.1 Profil ausländischer Tochterunternehmen
Ausländische Tochterunternehmen unterscheiden sich z.B. in ihren individuellen Fähigkeiten, ihrer Größe, der Autonomie, ihrem Anteil am Gesamtunternehmenserfolg oder ihrer unternehmerischen Eigeninitiative etc.(vgl. Hoffman, 1994, p. 70; Birkinshaw, 1997, p. 208f.; Delany, 2000, p. 221f.). Es besteht kein einheitliches Profil von ausländischen Tochtergesellschaften, sie können unterschiedliche Rollen einnehmen. Diese individuelle Ausrichtung der Tochterunternehmungen muss entsprechend auch in der Führung berücksichtigt werden (vgl. Macharzina amp; Oesterle, 2002, p. 712; Bufka, 1997, p. 79).
2.4.2 Rollen ausländischer Tochterunternehmungen
2.4.2.1 Rollen nach White und Poynter
White und Poynter unterscheiden bei ihrer Rollentypologie nach „Product Scope“, „Market Scope“ und „Value Added Scope“ (vgl. White amp; Poynter, 1984, p. 59f.). Product Scope beschreibt das Ausmaß der Erschließung neuer Produktbereiche (vgl. Rank, 2000, p. 13). Market Scope beschreibt die geographische Marktabdeckung (vgl. Schmid, Bäurle amp; Kutschker, 1998, p. 11). Value Added Scope beschreibt den Grad und die Breite der selbständigen Durchführung von Wertschöpfungsaktivitäten (vgl. Schmid, Bäurle amp; Kutschker, 1998, p. 12).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Rollen von Tochtergesellschaften nach White und Poynter
Quelle: Rank (2006, p. 14)
Dies soll zur Erkenntnis unterschiedlicher Ausprägungsformen von Auslandseinheiten genügen.
Allerdings definierten White und Poynter die unterschiedlichen Typen durchaus konkreter (vgl. White amp; Poynter, 1984, p. 59ff.).
Mit dieser Rollentypologie können Tochterunternehmen im Wesentlichen nach ihrem Leistungsspektrum eingestuft werden und werden damit eher für sich alleine betrachtet. Eine Rolle der Tochterunternehmung innerhalb der Gesamtunternehmung geht aus dieser Rollentypologie nicht direkt hervor.
2.4.2.2 Rollen nach Bartlett und Ghoshal
Bartlett und Ghoshal entwickelten ein Modell, das multinationale Unternehmen (MNU) nach ihrer strategischen Orientierung unterscheidet. Sie wählen die Kräfte der nationalen Anpassung bzw. Differenzierung und die Integration bzw. die Kräfte der globalen Koordination als Unterscheidungsmerkmale. Aus der Einteilung bezüglich dieser Dimensionen, definieren Bartlett und Ghoshal multinationale Organisationen, internationale Organisationen, globale Organisationen und transnationale Organisationen (vgl. Bartlett amp; Ghoshal,1989, p. 438).
Aus der strategischen Orientierung der Gesamtunternehmung bzw. des MNUs geht die Ausrichtung der Tochtergesellschaften dieser Gesamtunternehmung hervor. Damit liefert dieses Modell unterschiedliche Rollen für Tochterunternehmen. Diese Rollen spiegeln weniger das Leistungsspektrum (vgl. 2.4.2.1) als die Stellung der ausländischen Tochterunternehmen im Gesamtunternehmen und gegenüber der Muttergesellschaft wider. Die nachfolgende Abbildung geht im Wesentlichen auf Bartlett und Ghoshal zurück. Launer variierte sie mit den Globali- sierungs-, und Lokalisierungsvorteilen.
niedrig hoch
Lokalisierungsvorteile / Differenzierung
Rollenmodell von MNU Quelle: Launer (2006, p. 57)
Bei MNU internationaler Ausrichtung werden die Auslandseinheiten nicht systematisch in den Gesamtunternehmensverbund integriert. Die Anpassung an lokale Gegebeneneinheit ist nur schwach ausgeprägt. Auslandseinheiten dienen der Generierung kurzfristiger Profite (vgl. Bartlett amp; Ghoshal, 1989, p. 15) und sind relativ stark von Ressourcen der Muttergesellschaft abhängig (vgl. Launer, 2006, p. 55).
Globale Organisationen versuchen Kostenvorteile über economies of scale zu gewinnen. So verfolgen sie eine effiziente Produktion für den Weltmarkt. Die Fabriken sind meist im Stammland lokalisiert und es wird exportiert (vgl. Pla-Barber, 2002, p. 145). Die Zentrale verfügt über die wichtigsten Vermögenswerte, Ressourcen und Verantwortlichkeiten des Unternehmens. Die Tochtergesellschaften setzen die Strategie der Muttergesellschaft in ihrem Markt um und dienen der Muttergesellschaft als Distributionskanäle. Die Aktivitäten sind weltweit stark integriert (vgl. Bartlett amp; Ghoshal, 1990, p. 75).
Bei der multinationalen Organisation sind die Erfordernisse der Märkte bestimmend für die jeweilige Ausrichtung von Produkten und der Unternehmensleitungen in den Unternehmenseinheiten. Die Tochtergesellschaften verfügen über hohes Know-how (vgl. Bartlett amp; Ghoshal, 1990, p.
74f.). Die Unternehmung ist dezentral über Auslandseinheiten mit relativ hoher Unabhängigkeit aufgestellt (vgl. Pla-Barber, 2002, p. 145).
Die transnationale Organisation strebt eine lokale Anpassung und eine hohe Produktionseffizienz über economies of scale gleichzeitig an. Die Unternehmenseinheiten verfügen alle über spezialisierte Ressourcen und Verantwortungen. Dies bedingt zwischen der Zentrale und den Auslandseinheiten eine reziproke Interdependenz. Die Tochtergesellschaften haben unterschiedliche, zum Teil strategisch bedeutende Rollen (vgl. Andersson amp; Forsgen, 1995, p. 74ff.). Zwischen den Auslandseinheiten besteht ein starker Austausch von Produkten, Mitarbeitern und Informationen. Die Abschöpfung von Ideen, die in den einzelnen Auslandseinheiten entwickelt wurden, gelingt weltweit gut (vgl. Pla-Barber, 2002, p. 145).
2.4.3 Idealtypische Koordination von MNU
Für die dargestellten Rollen des Modells von Bartlett und Ghoshal (vgl. 2.4.2.2) sind auch die idealtypischen Koordinationsinstrumente zur Führung beschrieben.
Bei der internationalen Organisation erfolgen zentrale Vorgaben. Die weltweite Umsetzung dieser in den Auslandseinheiten wird von der Zentrale kontrolliert. Dies erfordert einen hohen Koordinationsaufwand. Die Entscheidungsautonomie der Tochterunternehmen ist entsprechend gering. Die Koordination erfolgt wesentlich über technokratische Instrumente. So werden formale Planungs- und Kontrollsysteme eingesetzt um die Tochterunternehmen zu binden. Sozialisation wird kaum eingesetzt. Die Geschäftsführung ist stark auf die Muttergesellschaft ausgerichtet (vgl. Bartlett amp; Ghoshal, 1990, p. 74f.).
Bei der globalen Organisation macht die formale Standardisierung von Strukturen, Verfahren, Systemen, Prozessen und Ressourcen einen der wesentlichen Wettbewerbsvorteile aus (vgl. Mascarenhas, 1984, p. 91ff.). Strategische Entscheidungen werden zentral getroffen (vgl. Bartlett amp; Ghoshal, 1990, p. 75). Die Umsetzung von Entscheidungen, der Ressourceneinsatz und der Informationsfluss werden stark von der Zentrale kontrolliert (vgl. Garnier, 1982, p. 893ff.; Welge, 1982, p. 812ff.). Die Sozialisation der Mitarbeiter ist eher niedrig (vgl. Launer, 2006, p. 56).
Bei multinationalen Organisationen sind Koordination und Interaktion zwischen den einzelnen Gesellschaften schwach ausgeprägt. Die Sozialisation der Geschäftsführer der Tochterunternehmen ist das wichtigste Koordinationsinstrument. Es werden Stammhausdelegierte entsendet um sicherzustellen, dass die Tochterunternehmen gemäß der Vorstellungen der Zentrale ausgerichtet sind. Die Rekrutierung des Managements erfolgt lokal. Deshalb wird die Sozialisation als mittelmäßig eingestuft (vgl. Bartlett amp; Ghoshal, 1990, p. 73). Die Zentralisierung und die Formalisierung sind gering (vgl. Hedlund, 1981, p. 25ff.; Launer, 2006, p. 55). Die Tochtergesellschaften werden vor allem über persönliche Beziehungen zwischen den Geschäftsführern kontrolliert und koordiniert.
Die transnationale Organisation ist nicht eindeutig zentral oder dezentral geführt (vgl. Bartlett, 1986, p. 367ff.). So bestehen regionale Headquarter, die für ihre Region zentral entscheiden (vgl. Willke, 1989, p. 66ff.). Die Muttergesellschaft entscheidet hingegen nicht zentral, weil sie sich hierfür zu großer Dynamik, Heterogenität und Diskontinuität der Umweltentwicklungen gegenüber sieht (vgl. White amp; Poynter, 1990, p. 99). Hierarchische Strukturen werden vermieden (vgl. Welge amp; Böttcher, 1991, p. 444). Insbesondere die Sozialisation wird stark eingesetzt. Darüber wird die Handlung nach einer gemeinsamen Vision sichergestellt (vgl. Hennart, 1991, p. 75ff.; Baliga amp; Jäger, 1984, p. 28ff.). Es bestehen umfassende Informationssysteme samt Informationsbeziehungen (vgl. Kieser amp; Kubicek, 1992, p. 291). Wenn die Zentrale keine Kompetenzen oder Know-how für Koordinationsprozesse besitzt, werden diese dezentral anhand zahlreicher Mechanismen durchgeführt (vgl. Welge amp; Böttcher, 1991, p. 442; Launer, 2006, p. 56f.).
Zusammenfassend kann der idealtypische Einsatz von Koordinationsinstrumenten für die unterschiedlichen strategischen Orientierungen folgender Abbildung entnommen werden (vgl. Launer, 2006, p. 54f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Idealtypischer Einsatz der Koordinationsinstrumente Quelle: Launer (2006, p. 57)
3. Internationalisierung Chinas
3.1 Verlauf der Internationalisierung
Seit 1978 nimmt der Export Chinas stark zu (vgl. Faust amp; Yang, 2012, p. 8). Seit 1999 fördert die Go Global Politik chinesische Auslandsinvestitionen (vgl. Buckley, Voss amp; Cross, 2011, p. 134). Auch der WTO-Beitritt 2001 bewirkte ein starkes Wachstum der auswärtigen Direktinvestitionen (vgl. Schmid amp; Heilmann, 2012, p.76). Der Verlauf der Internationalisierung Chinas wird nachfolgend anhand des Exportes und den auswärtigen Direktinvestitionen verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Chinas Exportstellung 1990 und 2010
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Weltexporte
Quelle: Germany Trade and Invest. (2012)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Auswärtige Direktinvestitionen Chinas von 1982 bis 2011
Quelle: UNCTADSTAT (2012)
3.2 Chinesische Internationalisierungsziele
3.2.1 Strategische Internationalisierungsziele nach Dunning
Dunning definierte grundlegende strategische Internationalisierungsziele (vgl. Singh, 2012, p. 403). Unter market seeking fällt der Zugang zu neuen Märkten und Absatzchancen (vgl. Morschett, 2007, p. 312) Es wird ein Ausbau der Position im Auslandsmarkt angestrebt (vgl. Dunning, 1993, p. 82f.). Mit resource seeking wird der Zugang zu kritischen Ressourcen als Ziel definiert (vgl. Rugman amp; Verbeke, 2001, p. 158). Hiermit soll eine höhere Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden (vgl. Dunning, 1993, p. 82f.). Unter efficiency seeking lassen sich die Erzielung von Verbundvorteilen, Skaleneffekten und eine Risikodiversifikation subsumieren (vgl. Dunning, 1993, p. 82ff.). Zum strategic asset seeking zählt beispielsweise das
Streben nach einem Zugang zu lokalem Wissen und die Gewinnung eines Informationsvorsprung (vgl. Bartlett amp; Ghoshal, 2000, p. 8).
3.2.2 Internationalisierungstheorie des oligopolistischen Parallelverhaltens
Ausgehend von der Existenz von einem Oligopol bietet die Theorie zwei Ansätze zur Erklärung warum Unternehmen Direktinvestitionen im Ausland tätigen. Die gemeinsame Ursache ist die Störung des oligopolistischen Gleichgewichts. Direktinvestitionen werden durchgeführt um wieder die Gleichgewichtssituation zu erreichen (vgl. Kutschker amp; Schmid, 2011, p. 419). Es wird zwischen dem „Follow-the-Leader-Verhalten“ und dem „Cross-Investment-Verhalten“ unterschieden (vgl. Knickerbocker, 1973, p. 5ff.).
Die „Follow-the-Leader-These“ geht von einem nationalen Oligopol aus. Das Gleichgewicht zwischen den nationalen Wettbewerbern wird durch die Auslandsinvestition eines der Wettbewerber gestört. Grund hierfür ist, dass dieser Leader neue Vorteile gegenüber seinen Wettbewerbern gewinnen kann. Ein besserer Kundenservice für die Auslandskunden aufgrund der lokalen Präsenz, die Aneignung von nutzbringenden Erfahrungen oder die Generierung von Größenvorteile können beispielsweise durch die Auslandstätigkeit erreicht werden (vgl. Kutschker amp; Schmid, 2011, p.420). Die Follow-the-Leader-These besagt, dass die anderen Wettbewerber auf diese Situation als Follower mit eigenen Auslandsinvestitionen reagieren, um damit das gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen (vgl. Swoboda, 2002, p. 62).
Nach der „Cross-Investment-These“ folgen ausländische Direktinvestitionen eines Oligopolisten auf die Aufnahme von Aktivitäten eines ausländischen Wettbewerbers in dem Oligopolmarkt. Das internationale Gleichgewicht ist damit gestört. Zur Wiederherstellung des Gleichgewichtes werden Gegeninvestitionen im Heimatland des Investors vorgenommen (vgl. Stein, 1992, p. 65).
Die Verteidigung bzw. die Sicherung der Marktstellung sind jeweils als Motiv für die Durchführung von Auslandsinvestitionen identifizierbar (vgl. Braun, 1988, p. 148 f.).
3.2.3 Wirtschaftspolitik Chinas
Chinesische Unternehmen müssen sich Auslandsinvestitionen vom Handelsministerium genehmigen lassen (vgl. Wong, 2010, p. 4). Daneben setzt die chinesische Führung den chinesischen Unternehmen gezielt Anreize um sicherzustellen, dass die politischen Wirtschaftsziele erreicht werden (vgl. Voss, 2007, p. 80). Daher können auch die politischen Ziele Chinas für die Internationalisierung chinesischer Unternehmen von Bedeutung sein.
Die chinesische Regierung will China bis 2049 zu einer Technologiemacht ausbauen und eine führende wissenschaftliche Stellung Chinas erlangen. Auch die Entwicklung von Innovationen wird als Ziel postuliert (vgl. Sandner et al., 2012, p. 4). Neben der Werkzeugmaschinenindustrie sollen viele weitere Wirtschaftsbereiche ihre technologischen Fähigkeiten ausbauen (vgl. APCO worldwide, 2010, p. 1; Wirtschaftswoche, 2012). Die Regierung plant hierzu große Investitionen in die Wissenschaft, den Technologiesektor und die Forschung und Entwicklung (vgl. APCO world-wide, 2010, p. 3).
Zudem wird die Sicherstellung der Versorgung mit natürlichen Ressourcen angestrebt. Deshalb werden Rohstofferschließungsprojekte im Ausland unterstützt (vgl. Buckley et al., 2006; Voss, 2007, p. 80). Auch Projekte, die den Export chinesischer Technologien, Produkte und Arbeitskräfte anregen, werden gefördert. Somit ist auch der Zugang zu ausländischen Märkten relevant (vgl. UNCTAD, 2006, p. 210; Tirpitz, Groll amp; Ghane, 2011, p. 23). Außerdem zählen die Produktdifferenzierung und die Qualitätsverbesserung der Produkte sowie die Generierung neuer Finanzierungsquellen für den nationalen Markt zu den wesentlichen Zielen der „Going Global“ Politik (vgl. Wong, 2010, p. 4). Die politische Führung unterstützt Auslandsinvestitionen chinesischer Unternehmen über günstige Kreditkonditionen etc. um die Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Unternehmen zu stärken (vgl. UNCTAD, 2006, p. 210).
Die Unternehmen sollen eigene Marken aufbauen und deren Bekanntheit global ausweiten (vgl. Sandner et al., 2012, p. 4). Es wird speziell der Aufbau von nationalen Champions der Industrie angestrebt (vgl. Lunding, 2006, p. 5). Die Förderung, die Anreizsetzung, die Lenkung und die Kontrolle der chinesischen Auslandsinvestitionen sollen insgesamt der Erfüllung der politischen Wirtschaftsziele dienen (vgl. Wong, 2010, p. 4).
3.2.4 Internationalisierungsziele chinesischer Unternehmen
Nach Buckley et al. Sind die internationalen Aktivitäten chinesischer Unternehmen auf die Erschließung neuer Absatzmärkte, die Erschließung natürlicher Ressourcen, die Erschließung strategischen Know-hows über fremde Märkte, Managementmethoden und Technologien und die Erschließung von Effizienzpotentialen ausgerichtet (vgl. Buckley et al., 2008, p. 735ff.). Damit werden die grundlegenden strategischen Internationalisierungsziele nach Dunning (vgl. 3.2.1) für die chinesischen Unternehmen bestätigt. Allerdings sind chinesische Auslandsinvesti- tionen eher selten bzw. nur geringfügig durch efficiency-seeking motiviert. Effizienzziele werden hauptsächlich mit Investitionen in Entwicklungsländer verfolgt (vgl. Wu amp; Sia, 2002; Voss, 2007, p. 83) Der Zugang zu Rohstoffen bzw. Energieressourcen gilt als bedeutendes Ziel chinesischer FDIs (vgl. Schmidt amp; Heilmann, 2012, p. 81; Lunding, 2006, p. 1). Nach Deng wird dieses Ziel insbesondere von Staatsunternehmen über Akquisitionen verfolgt (vgl. Deng, 2003). Als ein übergeordnetes Ziel gilt die Stärkung der Marktposition bzw. der Wettbewerbsfähigkeit weltweit und speziell im Heimatmarkt (vgl. Heidel, 2010, p. 12). Einzelziele sind der Zugang bzw. der Aufbau fortschrittlicher Technologie und die Gewinnung neuer Famp;E-Kompetenzen (vgl. Schmidt amp; Heilmann, 2012, p. 81; Erten amp; Ly, 2011, p. 17; Lunding, 2006, p. 1ff.). Technology seeking wird von chinesischen Unternehmen hauptsächlich mit Übernahmen oder Gründungen von Tochtergesellschaften in fortschrittliche Industrieländern verfolgt (vgl. Voss, 2007, p. 81). Damit streben die chinesischen Unternehmen eine Differenzierung an. Diese soll bei der Erschließung von Auslandsmärkten helfen (vgl. Gattai, 2010; Ebbers amp; Zhang, 2010, p. 192; Schmidt amp; Heilmann, 2012, p. 81). Mit. greenfield Investments wird eine Anpassung an den lokalen Markt mit den lokalen Bedürfnissen verfolgt (vgl. Ge, 2011, p. 39). Entsprechend sollen die FDIs chinesischer Unternehmen auch der Etablierung internationaler Marken und der Gewinnung von Management und Marketing Know-how dienen (vgl. Child amp; Rodrigues, 2005, p. 390ff.; Lunding, 2006, p. 1). Übernahmen ausländsicher Unternehmen wird die Absicht zugeschrieben schnell einen Zugang zu etablierten Distributionsnetzwerken zu gewinnen (vgl. Schmidt amp; Heilmann, 2012, p. 81). Die Erschließung von Finanzierungsquellen für den Einsatz im Heimatland (vgl. Cai, 1999; Erten amp; Ly, 2011, p. 18) sowie die Umgehung von Handelsschranken können weitere Motive sein (vgl. Lunding, 2006, p. 4; Salidjanova, 2011, p. 10).
Nach einer UNCTAD Statistik zählen die Gewinnung von High-Tech Humankapital sowie die Ausnutzung von Mengeneffekten in Anhäufungen von Industrien zu relevanten Zielen chinesischer Internationalisierungstätigkeit. Nach diesen Ergebnissen wird insbesondere mit Mamp;As die Absicht fortgeschrittene Produktionen, Technologien sowie Fachkenntnisse im Management zu erlangen, verbunden (vgl. China Briefing, 2012).
Das IBM Institute for Business Value ermittelte über eine Umfrage von 60 chinesischen Unternehmen die Erschließung neuer Märkte sowie die Aneignung von fortschrittlichen Technologien und Management-Kompetenzen als die Hauptmotive für chinesische FDIs (vgl. Lunding, 2006, p. 4f.).
Heidel fasst Steuervermeidung als Hauptmotivation vieler FDIs chinesischer Unternehmen auf (vgl. Heidel, 2010, p. 11).
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