Mit Einführung des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) am 1. Januar 2006 hat der Gesetzgeber das Prinzip der Aktenöffentlichkeit eingeführt und somit die öffentliche Hand zu besonderer Transparenz verpflichtet. Vom Grundsatz des Aktengeheimnisses hin zum voraussetzungslosen Informationsanspruch für jedermann; ein Paradigmenwechsel, der im Vergaberecht zu gewissen Spannungen führt. Auch wenn die Ziele des IFG, das Verwaltungshandeln des Bundes transparenter zu machen und die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger zu stärken, grundsätzlich zu begrüßen sind, lässt sich ein grenzenloser Informationsanspruch kaum mit den vergaberechtlichen Prinzipien des unverfälschten Wettbewerbs und der Geheimhaltung vereinbaren.
Auch die vergaberechtlichen Informations- und Akteneinsichtsansprüche stehen grundsätzlich Geheimhaltungsinteressen anderer Verfahrensbeteiligter diametral entgegen. Während Antragsteller zur Begründung effektiven Rechtschutzes im Vergabeverfahren und im Vergabenachprüfungsverfahren großes Interesse an uneingeschränkter Akteneinsicht haben, versuchen andere Verfahrensbeteiligte einer Offenlage durch die Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse entgegenzuwirken.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- I. Im Spannungsverhältnis zwischen Geheimhaltung und Transparenz
- II. Ziel und Gang der Arbeit
- B. Auf dem Weg zu mehr Transparenz
- I. Von der haushaltsrechtlichen zur wettbewerbsrechtlichen Lösung
- II. Das IFG – Informationsanspruch für jedermann
- C. Vergaberechtlicher Regelungsrahmen
- I. Kartellvergaberecht
- 1. Vergabeverfahren
- a) § 19 EG I, II, IV VOB/A
- b) § 14 EG I, VII, VIII VOB/A
- c) §§ 22 EG I, II, 17 EG I, II, III VOL/A
- d) §§ 14 V, 10 V, 8 III VOF
- e) Die Informationspflicht aus § 101a GWB
- f) Nebeneinander von §§ 101a GWB und Verdingungsordnungen
- 2. Vergabenachprüfungsverfahren – § 111 GWB
- a) Tatbestandsvoraussetzungen
- b) Umfang des Akteneinsichtsrechts
- c) Versagung der Akteneinsicht aufgrund von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
- d) Interessenabwägung
- II. Unterschwellenvergabe
- III. Zwischenergebnis
- D. Regelungsrahmen des IFG
- I. Informationsanspruch gem. § 1 I 1 IFG
- II. Beschränkung der Auskunftsrechte
- III. Zwischenergebnis
- E. Zum Nebeneinander von Informationsansprüchen nach dem IFG und vergaberechtlichen Akteneinsichts- und Informationsansprüchen
- I. Auskunftsansprüche hinsichtlich fiskalischen Verwaltungshandelns
- II. Subsidiarität des IFG
- III. Parallele Anwendung des IFG im Vergabeverfahren
- 1. Das Urteil des VG Stuttgart vom 17.05.2011 – 13 K 3505/09
- a) Spezialitätsverhältnis
- b) Vergaberechtsvorschriften als speziellere Rechtsvorschriften
- 2. IFG und Verdingungsordnungen
- 3. IFG und § 101a GWB
- 4. IFG und Geheimhaltungsvorschriften des Vergaberechts
- 5. Zwischenergebnis
- IV. Parallele Anwendung des IFG im Nachprüfungsverfahren
- a) Vergabekammer als gerichtsähnliche Institution?
- b) Spezialitätsverhältnis
- c) Vergleich mit § 29 VwVfG
- d) Beschleunigungsgrundsatz, § 113 GWB
- e) Zwischenergebnis
- V. IFG und Unterschwellenvergabe
- VI. Die Lage nach Abschluss des Vergabeverfahrens
- VII. Gesamtergebnis
- F. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Seminararbeit beschäftigt sich mit den Akteneinsichts- und Informationsansprüchen, die das Vergaberecht und das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) bieten. Es wird untersucht, wie diese Vorschriften die Interessenkollision zwischen Geheimhaltung und Transparenz im Vergabeverfahren und im Vergabenachprüfungsverfahren bewältigen.
- Untersuchung der Akteneinsichts- und Informationsansprüche im Vergaberecht
- Analyse des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) und dessen Einschränkungen
- Konkurrenzprüfung zwischen den Informationsansprüchen des IFG und den vergaberechtlichen Regelungen
- Beurteilung der Anwendung des IFG in verschiedenen Stadien des Vergabeverfahrens
- Bewertung der Bedeutung des IFG für die Transparenz und die demokratische Beteiligung im Vergaberecht
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel A: Einleitung - Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung des IFG und die Herausforderung, die es im Vergaberecht mit seinen Prinzipien des unverfälschten Wettbewerbs und der Geheimhaltung darstellt. Sie skizziert zudem das Ziel und den Aufbau der Arbeit.
- Kapitel B: Auf dem Weg zu mehr Transparenz - Dieses Kapitel gibt einen kurzen geschichtlichen Überblick zur Entwicklung des Vergaberechts und zeigt die Verschiebung vom Fokus auf haushaltsrechtliche Aspekte hin zu wettbewerbsrechtlichen Prinzipien. Des Weiteren wird die Einführung des IFG und dessen Zielsetzung zur Förderung von Transparenz erläutert.
- Kapitel C: Vergaberechtlicher Regelungsrahmen - Kapitel C beschreibt den rechtlichen Rahmen des Vergaberechts, insbesondere die Unterscheidung zwischen Oberschwellenbereich (Kartellvergaberecht) und Unterschwellenbereich. Im Kartellvergaberecht werden verschiedene Akteneinsichts- und Informationsrechte im Vergabeverfahren und im Vergabenachprüfungsverfahren vorgestellt.
- Kapitel D: Regelungsrahmen des IFG - Dieses Kapitel erläutert den Regelungsrahmen des IFG, insbesondere den voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen des Bundes und die Einschränkungen, die zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gelten.
- Kapitel E: Zum Nebeneinander von Informationsansprüchen nach dem IFG und vergaberechtlichen Akteneinsichts- und Informationsansprüchen - Kapitel E stellt die Normenkollision zwischen IFG und Vergaberecht in den Vordergrund. Es wird diskutiert, ob das IFG vergaberechtliche Informationen erfasst und in welchem Verhältnis die Vorschriften zueinander stehen. Hierbei wird zwischen den verschiedenen Stadien des Vergabeverfahrens (Vergabeverfahren, Vergabenachprüfungsverfahren) und dem Ober- und Unterschwellenbereich unterschieden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themenfeldern des Vergaberechts und des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) im Kontext von Akteneinsichts- und Informationsansprüchen. Im Mittelpunkt stehen die Themen Transparenz, Geheimhaltung, Wettbewerbsrecht, Akteneinsichtsrecht, Informationsfreiheit, Vergabeverfahren, Vergabenachprüfungsverfahren, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Subsidiarität und Normenkollision.
- Quote paper
- Irina Harant (Author), 2014, Akteneinsichts- und Informationsansprüche im Vergabeverfahren und im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285003