Hungern als Prophylaxe für ein langes Leben?

Auswirkungen der Nahrungsrestriktion auf die Lebensspanne von Modellorganismen und Menschen


Thesis (M.A.), 2014

120 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Alterung und ernährungsbedingte Krankheiten
2.1 Evolutionäre Theorien des Alterns
2.2 Molekulare Alterungsprozesse
2.3 Krankheit und Altern
2.4 Ernährung und Typ-2-Diabetes

3. Kalorien- und Nahrungsrestriktion
3.1 Lebenserwartung und maximale Lebensspanne
3.2 Physiologische Wirkungen der Nahrungsrestriktion
3.2.1 S. cerevisiae
3.2.2 C. elegans
3.2.3 D. melanogaster
3.2.4 Nagetiere
3.2.5 Rhesusaffen
3.2.6 Mensch
3.3 Vergleichende Analyse von Meta-Studien und NR-Analoga
3.3.1 Speziesübergreifende Meta-Analysen
3.3.2 NR-analoge Bedingungen; Einwohner Okinawas

4. Molekulare Mechanismen der Nahrungsrestriktion
4.1 Evolutionär konservierte Signalstoffe und Signalwege
4.2 Funktion von Insulin bei Mensch und Modellorganismen
4.3 Molekularer Ablauf der nahrungssensitiven Signalkaskade
4.4 Effekte der TOR-Hemmung
4.4.1 TOR und Proteinsynthese
4.4.2 TOR und Autophagie
4.5 Effekte der FOXO-Aktivierung

5. Potential der Nahrungsrestriktion aus evolutionärer Sicht
5.1 Lebenszyklusstrategien: Verteilung der Ressourcen
5.2 Anpassungen an extreme Umweltbedingungen
5.3 Insulinsignalweg als Multitool
5.4 Anpassungen des Menschen, Thrifty Geno-/Phenotype
5.5 Einfluss von Hungerperioden
5.6 Übertragbarkeit von Studien an Modellorganismen

6. Zusammenfassung der Ergebnisse und Resümee
6.1 Aus Kapitel 2: Alterung und ernährungsbedingte Krankheiten
6.2 Aus Kapitel 3: Kalorien- und Nahrungsrestriktion
6.3 Aus Kapitel 4: Molekulare Mechanismen der Nahrungsrestriktion
6.4 Aus Kapitel 5: Potential der Nahrungsrestriktion aus evolutionärer Sicht
6.5 Resümee

7. Diskussion und Aussicht
7.1 Das Insulin-Paradox
7.2 Problem BMI: Übergewicht oder Nahrungsrestriktion?
7.3 Nahrungsrestriktion als Ernährungsrichtlinie

8. Literaturverzeichnis

9. Abbildungsverzeichnis

10. Tabellenverzeichnis

11. Abkürzungsverzeichnis

12. Eidesstattliche Erklärung

1. Einleitung

Der Idee der Nahrungsrestriktion unterliegt die Grundannahme, dass Nahrungs-mangel für Organismen im Prinzip gesünder ist als Nahrungsüberschuss. Denn während der Evolution waren alle Organismen überwiegend mit dem Problem des Nahrungsmangels konfrontiert, wodurch sie zu dessen Bewältigung bestimmte Adaptationen erlangten.

Von dieser Annahme ausgehend ist das zentrale Anliegen dieser Magisterarbeit die Beantwortung der Frage, auf welche Art die Nahrungsrestriktion (NR) als Präven-tionsmaßnahme die Alterungsprozesse des Menschen positiv beeinflusst und ob sie seine Lebensspanne nachweislich erhöhen kann. Zur Erlangung dieses Ziels wird untersucht, welche Effekte die Nahrungsrestriktion auf nahrungssensible Signalwege, physiologische Parameter und molekulare Alterungsprozesse bei Modellorganismen, Rhesusaffen und Menschen hat. Mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen wird dann eingegrenzt, wie groß der Einfluss der Nahrungsrestriktion auf die Lebensspanne des Menschen ist.

Die dazu vorgenommene Untersuchung besteht aus der Verknüpfung der Erkenntnisse aus Gebieten der Evolution und Physiologie und ihrer molekularen und zellulären Mechanismen.

Im 2. Kapitel werden dazu zunächst die molekularen Mechanismen der Alterung und ihr Zusammenhang mit alters- und ernährungsbedingten Krankheiten wie Typ-2-Diabetes und Arteriosklerose vorgestellt. Damit wird der gegenwärtige, über-wiegend in Industriestaaten bestehende Gesundheitszustand und mögliche Ansatzstellen für die Nahrungsrestriktion als potentielle Präventionsmaßnahme aufgezeigt.

Im 3. Kapitel werden Ergebnisse aus Einzelstudien und Meta-Analysen (Laborstudien) sowie Erkenntnisse aus der Forschung zu Menschen die unter NR-analogen Bedingungen leben (Langzeitstudie: The Okinawan diet), hinsichtlich der Auswirkungen der NR auf Physiologie, Gesundheit, Pathologie, Alterung und Lebensspanne von Modellorganismen wie Hefen, Nematoden, Fliegen und Nagetiere sowie von Rhesusaffen und Menschen vorgestellt und verglichen. Diese Vergleiche sollen dabei helfen einzuschätzen, welches Ausmaß eine NR auf die Gesundheit und Lebensspanne des Menschen haben kann.

Im 4. Kapitel werden die bei Modellorganismen, Rhesusaffen und Menschen durch eine NR aktivierten Signalstoffe und Signalwege beschrieben und miteinander verglichen. Am Beispiel der Säugetiere wird der molekulare Ablauf der Signalkaskade und ihrer Implikationen für die Alterung anhand des nahrungs-sensiblen Insulin/IGF-1-Signalwegs (IIS) und seiner Ziele wie TOR (target of rapamycin) und FOXO (forkheat box O) detailliert geschildert. Damit wird der Einfluss der nahrungssensiblen Signalwege auf die molekularen und physiologischen Mechanismen der Alterung ersichtlich.

Im 5. Kapitel werden Hypothesen erörtert, welche die evolutionäre Entstehung der Nahrungssignalwege mithilfe von Hungerperioden, der Ressourcenverteilung (resource allocation) und Lebenszyklusstrategien (life history strategies) begründen. Diese Analyse soll zusätzlich klären, ob die bei unterschiedlichen Spezies unter NR beobachteten physiologischen Effekte, auf molekular gleichen Strukturen und Funktionen basieren. Denn erst wenn dies zutrifft, können die bei Tieren beobachteten Auswirkungen einer Nahrungsrestriktion auf die Lebensspanne evidenzbasiert auf das Ausmaß einer NR auf die Lebensspanne beim Menschen übertragen werden. Die Untersuchung der molekularen Mechanismen und evolutionären Faktoren stellt somit eine Absicherung für die Einschätzung dar, welches Potential eine NR für die Gesundheit hat und letztlich welcher prozentuale Anstieg für die Lebensspanne des Menschen zu erwarten ist.

Die Resultate aus diesem Gesamtkomplex werden im 6. Kapitel zusammengefasst und es wird ein Resümee für die Beantwortung der Ausgangsfrage, ob die Nahrungsrestriktion die Lebensspanne des Menschen erhöhen kann, gezogen. Abschließend werden im 7. Kapitel Probleme wie das Insulin-Paradox und Aussichten der Nahrungsrestriktion als Präventionsmaßnahme diskutiert.

2. Alterung und ernährungsbedingte Krankheiten

Im Folgenden werden zunächst evolutionäre Theorien und molekulare Mechanismen der Alterung vorgestellt. Damit wird die Grundlage geschaffen, um im weiteren Verlauf zu veranschaulichen, welche Zusammenhänge zwischen primären zellulären Alterungsmechanismen und alterungs- und ernährungsbedingten Krank-heiten bestehen. Abschließend wird eine Überleitung zu den gegenwärtigen Gesundheitsproblemen der einkommensstarken Länder vorgenommen.

2.1 Evolutionäre Theorien des Alterns

Das biologische Phänomen der Alterung ist ein nach wie vor nicht vollständig verstandenes Problem der biologischen Wissenschaften. Schon 1957 deutete Georg C. Williams auf ein scheinbares Paradox hin: „Es ist wirklich verwunderlich, dass – nachdem das Wunderwerk der Embryogenese vollbracht ist – ein komplexes Metazoon an der viel simpler erscheinenden Aufgabe scheitert, einfach das zu erhalten, was schon geschaffen ist.“ (Williams 1957). Für den Menschen bedeutet dies, dass im ersten Schritt aus der Zusammenkunft einer Ei- und Samenzelle ein funktionsfähiger Körper mit der riesigen Anzahl von ca. 3,72x1013 Zellen entsteht (Bianconi et al. 2013), welche Organe, verschiedene Gewebetypen, viele verschiedene Proteine und selbst eine große Anzahl an Schutz-, Instandhaltungs-, und Reparaturmechanismen bilden, der Organismus diesen erst so aufwendig aufgebauten Körper im zweiten Schritt dann aber einfach nicht mehr instand halten kann. Aus Sicht der Physik besteht die Entwicklung von Organismen darin, Ordnung zu erhalten, indem sie Energie durch Nahrung aufnehmen und somit Entropie „exportieren“[1]. Warum die unterschiedlichen Spezies verschieden lange Lebens-spannen besitzen, könnte man dann mit deren unterschiedlichen Fähigkeit „Ordnung zu halten“ erklären.

Tatsächlich unterliegen bis auf wenige Ausnahmen alle Organismen Alterungsprozessen und sterben nach einer für sie biologisch mehr oder weniger festgelegten Zeit[2].

Um den Vorgang der Alterung zu erklären, existieren Schadenstheorien wie z. B. die Rate-of-living-Theory (Pearl 1928), die Theorie der freien Radikale (Harman 1956) und die Telomer-Hypothese (Hayflick, Moorhead 1961) sowie einige Theorien, die den Vorgang in einen evolutionären Zusammenhang stellen (Rensing, Rippe 2014, S. 17). Infolge Raymond Pearls Rate-of-Living-Theory (1928) wurde z. B. noch lange ein Zusammenhang zwischen einem niedrigen Stoffwechsel und der lebens-verlängernden Wirkung einer geringeren Nahrungsaufnahme vermutet. Die Metabolismusrate einer ad libitum gefütterten Maus ist zwar tatsächlich höher als die einer hungernden Maus, doch konnte McCarter et al. (1985) nachweisen, dass der Umsatz pro Gramm Körpergewicht sich bei Tieren mit reduzierter Kalorienaufnahme nicht reduzierte, sondern sich sogar häufig erhöhte (Kirkwood, 2000, S. 208). Brzek et al. (2012) haben schließlich ermitteln können, dass die initiale Metabolismusrate für die späteren Auswirkungen auf eine Nahrungs-restriktion entscheidend ist. So reagierten z. B. Mäuse stärker auf eine Nahrungsrestriktion, wenn ihre Umsatzrate bei Beginn der Fastenphase höher lag. Des Weiteren fanden sie keinen Zusammenhang zwischen der Höhe der Metabolismusrate und der Anfälligkeit oder dem Schutz vor oxidativem Stress. Nach Kirkwood ist nicht der Grundumsatz, sondern der Anteil der für Wartung und Instandhaltung des Körpers aufgewendete Energiebetrag maßgeblich, denn kleine Vögel hätten zwar einen höheren Umsatz wie manche kleine Säuger, würden aber in der Regel länger leben als diese (Kirkwood 2000, S. 207).

Evolutionäre Theorien der Alterung versuchen Entwicklungs- und Alterungsprozesse sowie die speziesspezifische Verteilung der Alterungsraten im Zusammenspiel mit Prozessen der Mutation und Selektion zu erklären (Ljubuncic, Reznick 2009). Eine der ersten biologischen Theorien, die den Vorgang des Alterns erklärte, wurde von August Weismann aufgestellt. Ihm zufolge sollte das Älterwerden von Organismen eine altruistische evolutionäre Anpassung darstellen, um zu verhindern, dass die Nachkommen mit ihren Eltern um knappe Ressourcen konkurrieren (Weismann 1892). Der von Weismann implizierte Mechanismus der Gruppenselektion war jedoch durch den von Williams entstandenen und Dawkins weiter verbreiteten Gedanken des Gen-Egoismus nicht mehr haltbar. Von Peter B. Medawar und William D. Hamilton wurde deshalb angenommen, dass die mit fortschreitendem Alter einsetzende Seneszenz aus der postreproduktiven Abnahme darwin’scher Selektionskräfte resultiere. Medawars Idee, dass es mit zunehmendem Alter zu einer Akkumulation von Mutationen kommt, welche durch die natürliche Selektion nicht zu verhindern ist (weil postreproduktiv), entwickelte Hamilton weiter zu seiner Theorie der antagonistischen Pleiotropie. Diese besagt, dass sich Gene in der Population ausbreiten, wenn sie sich in präreproduktiven Phasen noch positiv auf Wachstum und Reproduktion auswirken, aber erst in fortgeschrittenem Alter nachteilige Effekte auf die Lebensdauer haben. Und da nur wenige Individuen ein hohes Alter erreichen und sich in höherem Alter seltener fortpflanzen, können Gene, die erst in höherem Alter schädlich sind, nicht ausselektiert werden und akkumulieren schließlich in der Population[3] (Fabian, Flatt 2011).

Speziesspezifische intrinsische Alterungsprozesse spiegeln deshalb direkt ihre extrinsische Mortalität wieder. Die intrinsischen Prozesse sind aber das Ergebnis einer Anpassung an spezifische extrinsische Faktoren wie Nahrungsverfügung, Fressfeinde, Prädatoren, Krankheiten etc., welche durch eine Optimierung der Verteilung begrenzter Ressourcen vorgenommen wird. Auf diesen Vorstellungen aufbauend entwickelte Kirkwood die Disposable-Soma-Theory. Diese besagt, dass Zellen prinzipiell zwar beliebig exakt arbeiten können (Bsp.: Hydra, Keimbahn), aufgrund von begrenzten Ressourcen aber eine Aufteilung der vorhandenen Energie in Keim- oder Somabahn vorgenommen wird. Da der einzige biologische Imperativ das Überleben der Gene ist, lohnt es nicht in die Erhaltung des Körpers zu investieren, wenn dieser sowieso früher oder später durch Unfälle, Krankheiten oder Predatoren getötet werden kann (Kirkwood 1977). Kirkwood und Holliday griffen dann auf die Mutations-Akkumulations-Theorie und die Theorie der antagonistisch pleiotropen Gene zurück und zeigten, dass die Energieverteilung dazu führt, dass in der Keimbahn aufgrund mehr Energieressourcen wiederum mehr Energie für Reparatur- und Instand-haltungsmechanismen verwendet wird und es so zu einer geringeren Ansammlung von Schäden gegenüber der Somabahn kommt. Dadurch beschränkt sich der größte Teil der angesammelten Schäden auf die Körperzellen der Eltern, während die Nachkommen mit relativ fehlerfreiem Genmaterial aufwachsen (Kirkwood, Holliday 1979). Damit verbindet die Disposable-Soma-Theory mechanistische und evolutionäre Theorien der Alterung und legt dar, dass Alterung nicht programmiert, sondern ein „…genetisches Pseudo-Programm, ein Schatten des Entwicklungs-Wachstums“ ist (Blagosklonny 2013). Der mit der Entstehung der Metazoa evolvierte Mechanismus der Ressourcenverteilung in Keim- und Somabahn ist ein während der Evolution festgelegtes Programm, das innerhalb eines Individuallebens nicht verändert werden kann. Damit Individuen aber flexibler auf sich ändernde Umweltbedingungen reagieren können, existieren viele weitere Mechanismen, welche z. B. die Anzahl an Nachkommen und die Langlebigkeit auf die zur Verfügung stehende Nahrungsenergie abstimmen. Die Entstehung, Bedeutung und molekularen Mechanismen der Ressourcenverteilung sind für die vorliegende Arbeit von zentraler Bedeutung und werden in Kapitel 4 und Kapitel 5 ausführlicher behandelt.

2.2 Molekulare Alterungsprozesse

Seitens der Biogerontologie wird die Alterung heute definiert als eine mit dem Alter fortschreitende Degeneration der intrinsischen physiologischen Funktionen, die zu einer Erhöhung der altersspezifischen Mortalitätsrate und einer Abnahme der altersspezifischen Reproduktionsrate führen (Flatt 2012). Unter Seneszenz kann spezifisch die Abnahme der physiologischen Funktionalität und unter Senilität der Komplex der pathologischen Entwicklungsprozesse von altersbedingten Krankheiten verstanden werden (Monaco, Silveira 2009). Im Zusammenhang mit dem Zellzyklus spricht man zusätzlich von Zell-Seneszenz, wenn man Zellen bezeichnet, die sich in einem Zellzyklus-Arrest befinden (Campisi et al. 2007).

Der menschliche Körper besteht aus 3,72 x 1013 Zellen (Bianconi et al. 2013) und durchläuft während seines Lebens ca. 1016 Zellteilungen (Alberts et al. 1994). Multipliziert man die Gesamtzahl der Körperzellen mit der Anzahl der durch-schnittlich in einer Zelle enthaltenen Proteine[4], Lipide und Mitochondrien[5], liegt die Vermutung nahe, dass Prozesse zur Erhaltung der DNA und anderer Zellbestandteile von hoher Relevanz für die Erhaltung der Zellen und letztlich des gesamten Organismus sind. Dementsprechend werden als wichtigste zentrale Ursachen der Alterung die oxidative Schädigung von DNA, Proteinen, Lipiden und Mitochondrien, die Telomerverkürzung sowie Gendefekte an DNA-Reparaturmechanismen an-gesehen (Rensing, Rippe 2014, S. 47).

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Abb. 1: Die funktionale Verbindung der Hauptfaktoren der Alterung (López-Otín et al. 2013).

Diese integriert in einen Gesamtkomplex ergeben nach López-Otín et al. (2013) neun Faktoren[6], die sich miteinander verknüpft hierarchisch in drei Kategorien einteilen lassen (siehe Abb. 1):

a. Die Hauptverursacher von Zellschäden

Genominstabilität (Genomic instability), Telomerverkürzung (Telomere attrition), epigenetische Veränderungen (Epigenetic alterations) und der Verlust der Protein-Beständigkeit (Loss of proteostasis) sind die primären Hauptverursacher von Zellschäden. Zur Genominstabilität zählt man die lebenslange Akkumulation von genetischen Schäden. Diese werden ausgelöst durch exogene physikalische, chemische und biologische Noxen sowie durch endogene Verursacher wie DNA-Replikations- und Reparaturfehler, hydrolytische und oxidative Schädigungen (López-Otín et al. 2013). Bezüglich der Frage zu welchem Anteil freie Radikale Alterungsprozesse beeinflussen und ob sie überhaupt negativ oder positiv auf diese wirken, bestehen innerhalb der mitochondrialen Theorie der freien Radikale (Mitochondrial free radical theory of aging, MFRTA) einige Kontroversen (Schiavi, Ventura 2014). Während z. B. viele Studien nachweisen konnten, dass die Überexpression von antioxidativ wirkenden Enzymen die Lebensspanne der betroffenen Organismen verlängerte, bestand in anderen Studien eine positive Korrelation zwischen höherem oxidativem Stress und einer längeren Lebens-spanne[7]. Von Relevanz für die vorliegende Arbeit und ein Pro-Argument für die MFRTA ist, dass die Nahrungsrestriktion zu erhöhter Langlebigkeit führt, indem sie oxidativen Stress durch die Aktivierung der Superoxid-Dismutase (SOD) reduziert (Qiu et al. 2010). Zentrale kontrovers diskutierte Zweifel an der MFRTA nach Schiavi, Ventura (2014):

1. Es besteht eine fehlende Korrelation zwischen der ROS-Intensität und der Langlebigkeit bei einigen Spezies (Chen et al. 2007).
2. Antioxidantien lassen in Einzelfällen in verschiedenen Spezies von C. elegans bis hin zum Menschen schädliche Effekte erkennen (Ernst et al. 2013).
3. Die Deletion von antioxidativ wirkenden Enzymen zusammen mit der Verabreichung von Oxidantien führte nicht zu einer Verkürzung der Lebensspanne, sondern sogar zu lebensverlängernden Effekten (Schmeisser et al. 2013).
4. Die Reduzierung der Mitochondrientätigkeit besaß in einigen Fällen lebens-verlängernde Effekte (Copeland et al. 2009).
5. Nicht-toxische ROS-Mengen aktivierten protektive, interzelluläre Mechanis-men wie z. B. die Autophagie und verlängerten so die Lebensspanne (Ferraro et al. 2014).

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Abb. 2: Korrelation zwischen Lebensspanne und mitochondrialen Schäden, ROS und Autophagie (Schiavi, Ventura 2014).

Ein Prinzip, das die positiven Effekte von schädlichen Substanzen, solange sie in gemäßigten Dosen vorliegen, erklären kann, ist die Hormesis (Calabrese 2013). Demnach werden durch milde mitochondriale Schäden und nicht-toxische ROS-Pegel Schutzmechanismen wie die Autophagie[8] aktiviert, welche die Akkumulation von interzellulären Schäden verhindert oder verringert und so positive Aus-wirkungen auf die Langlebigkeit haben kann. Darüber hinaus weiter ansteigende mitochondriale Schäden oder noch höhere ROS-Pegel können zu inadäquater oder exzessiver Aktivierung der gleichen Mechanismen führen, welche dann aber in einer erhöhten Entwicklung von Krankheiten oder zu einer beschleunigten Alterung führen (Schiavi, Ventura 2014).

Einen speziellen Bereich der genetischen Schäden stellt die Telomerverkürzung dar. Da die meisten Somazellen bei Säugetieren keine Telomerase exprimieren, findet eine fortschreitende Verkürzung der telomerischen „Schutzkappen“ statt. Die auch als replikative Seneszenz oder Hayflick-Limit bekannte limitierte Zellteilungs-Fähigkeit geht auf die Verkürzung der Telomere zurück (López-Otín et al. 2013).

b. Antagonistische Faktoren

Sekundäre, kompensatorische oder antagonistische Faktoren haben die Fähigkeit, die Auswirkungen der primären Schädigungen zunächst in Grenzen zu halten, wirken sich also vorteilig aus. Die „gemäßigte“ Zell-Seneszenz stellt z. B. zunächst ein Schutz gegen Krebs dar, wogegen übermäßige Zell-Seneszenz zu vorschneller Alterung führt. Die sekundären Faktoren werden unter Deregulated nutrient sensing, Mitochondrial dysfunction und Cellular senescence zusammengefasst. Liegen die primären Schädigungen aber über einen längeren Zeitraum vor oder verstärken sich noch, haben die sekundären Faktoren ebenfalls weitere schädliche Auswirkungen auf den Gesamtkomplex.

c. Integrative Faktoren

Als dritte Kategorie und letztlich für die funktionelle am Phänotyp zu beobachtende Degeneration verantwortlich sind die Stem cell exhaustion und die Altered intercellular communication (López-Otín et al. 2013).

Aus molekularen Schäden entstehen also zunächst zelluläre und zuletzt den ganzen Organismus betreffende physiologische Schäden. Für die vorliegende Arbeit ist besonders die Erkenntnis von Bedeutung, dass die Alterungsrate zum Teil durch evolutionär konservierte biochemische Signalwege und genetische Prozesse kontrolliert wird. Zu welchem Anteil dies bei den unterschiedlichen Spezies geschieht, ist Gegenstand des 3. Kapitels. Welchen Einfluss die NR durch den Insulinsignalweg auf die molekularen Mechanismen, Physiologie und Alterung der unterschiedlichen Spezies hat, wird im 4. Kapitel dargelegt.

2.3 Krankheit und Altern

In diesem Kapitel wird kurz erläutert, welcher Zusammenhang zwischen molekularen Schäden, Krankheit und Alterung beim Menschen besteht. Die oben beschriebenen molekularen Mechanismen der Alterung stellen die primären Risikofaktoren für Pathologien wie Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf- und neuro-degenerative Krankheiten dar. Mit diesem Kapitel wird erstens eine Brücke von den im vorigen Kapitel besprochenen molekularen Alterungsmechanismen zu den tatsächlichen Todesursachen gelegt und zweitens wird der Status quo des Gesundheitszustands aufgezeigt, dem die physiologischen Wirkungen einer Nahrungsrestriktion als potentielle Präventionsmaßnahme entgegenstehen.

Der Prozess der Alterung selbst ist keine Krankheit, begünstigt jedoch deren Entstehung. Die Ursachen dafür, dass im Alter ein häufigeres Auftreten mehrerer chronischer, sich wechselseitig beeinflussender Krankheiten (Multimorbidität) zu beobachten ist, liegt in einer erhöhten Empfindlichkeit für Erkrankungen durch molekulare Degenerationsprozesse (Zeyfang et al. 2013, S. 64-65), welche einhergehen mit verringerter Widerstands- und Anpassungsfähigkeit sowie erhöhter Störanfälligkeit (Branden-burg, Domschke 2007, S. 69). Degenerierende Zellschäden beruhen u. a. auf den durch ROS (Reactive Oxigen Species) erzeugten DNA-, Protein- und Lipidschäden. Diese gehen meist von Mitochondrien in postmitotischen Geweben aus, welche im Alter nicht mehr durch Mitophagie entsorgt werden und so zum seneszenten Zustand der Zelle führen. Im weiteren Verlauf werden dadurch zelluläre Fehlfunktionen oder Apoptose ausgelöst, was gegenüber einem unkontrollierten weiteren Wachstum noch den günstigeren Fall darstellt (Rensing, Rippe 2014, S. 35).

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Abb. 3: Verlauf der Entstehung von Krankheit und Alterung ausgehend von molekularen Schäden (Rensing, Rippe 2014).

Mitochondriale Dysfunktionen stehen mit altersbedingten Krankheiten wie Alzheimer, Arteriosklerose, Vorhofflimmern, Diabetes, Taubheit, Muskelatrophie und Retina-degeneration in Zusammenhang. Da es sich um langsam verlaufende Langzeitprozesse handelt, sind die genauen Wirkmechanismen dieser Zell-degenerationen aber noch nicht genügend geklärt (Finch 2007, S. 37). Im Falle der Diabetes ist jedoch validiert, dass Glukose und andere reduzierende Zucker Proteine oxidieren und über weitere chemische Reaktionen Vernetzungen mit Lysin- und Arginin-Seitenkette eingehen (Monnier et al. 2005). Diese als AGEs (Advanced glycation endproducts) bezeichneten Addukte akkumulieren in extrazellulärer Matrix und verringern die Gefäß- und Hautelastizität. Diabetes beschleunigt auf diese Weise die Verhärtung der Aorten und führt so zu einer Erhöhung des Blutdrucks (Finch 2007, S. 38).

Krankheiten, die auf zelluläre Dysfunktionen insbesondere im Gehirn oder Herz zurückgeführt werden können, sind z. B. Morbus Huntington und Multiple Sklerose, neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Alzheimer und Morbus Parkinson, Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose und Herzinfarkt sowie rheumatoide Arthritis, chronische Entzündungen und Typ-2-Diabetes (T2D) (Rensing, Rippe 2014, S. 35). Die altersabhängige Zunahme der Krebs-wahrscheinlichkeit basiert auf einer langen Entwicklungsdauer akkumulierender somatischer Mutationen mit Überwindung der inneren Antikrebsmechanismen. Dazu zählt z. B. die auf der Verkürzung der Telomere beruhende replikative Seneszenz. Proliferieren einige Zellen über dieses Stadium hinaus, kann sich zwar die Anzahl der Apoptosen erhöhen, doch gelingt es einigen Zellen ihre Telomerasen wieder zu aktivieren, womit es im weiteren Verlauf zu der ungebremsten und undifferenzierten Wucherung kommt (Rensing, Rippe 2014, S. 269).

Die Arteriosklerose ist die häufigste pathologische Veränderung, welche als Grunderkrankung verantwortlich für Folgeerkrankungen mit weltweit häufigster Mortalitätsrate ist. Dabei kommt es während des Alterungsprozesses in der obersten Schicht der Arterien, der Intima, zu einer Dickenzunahme der Arterien-wand. Infolge der Dickenzunahme durch Anlagerungen entsteht ein Verlust an Elastizität der Arterien, der mit einer Erhöhung des Blutdrucks einhergeht. Erhöhter Blutdruck in Verbindung mit Arteriosklerose ist für einen großen Teil der kardiovaskulären Erkrankungen, die zu einem Schlaganfall oder Herzinfarkt führen, verantwortlich (Arking 2006, S. 64). Mit den kardiovaskulären Risikofaktoren steigen außerdem auch die Risiken für neurodegenerative Erkrankungen, wie Thies und Bleiler (2011) belegen.

Auch bei unseren nächsten Verwandten sind Herzerkrankungen für die häufigste Todesursache verantwortlich. Bei in Gefangenschaft lebenden erwachsenen Schimpansen waren zwar zwischen 1970-1990 noch Infektionen der Grund für die häufigste Todesursache, verzeichneten aber infolge vermehrten Einsatzes von Impfungen und Antibiotika einen deutlichen Rückgang. Darauf folgten zum Herzinfarkt führende Herzerkrankungen als häufigste Todesursache. Während der zum Herzinfarkt führende pathologische Prozess beim Menschen aber hauptsächlich auf eine Koronararteriosklerose zurückgeht, liegt bei Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans eine Herzrhythmusstörungen verursachende myokardiale Fibrose vor (Varki et al. 2009). Zwei von der WHO ausgegebene Graphiken verdeutlichen die Unterschiede der häufigsten Todesursachen zwischen einkommensschwachen und einkommensstarken Ländern.

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Abb. 4: Die 10 häufigsten Todesursachen in einkommensschwachen Ländern (http://who.int/mediacentre/factsheets/fs310/en/index1.html). Diese sind z. B.: Afghanistan, Bangladesch, Benin, Burkina Faso, Burundi, Kambodscha, Zentralafrikanische Republik, Tschad, Komoren, Dem. Republik Kongo, Eritrea, Äthiopien, Gambia. Zur vollständigen Liste vgl. World Bank list of economies (July 2012). Protein energy maln= Protein energy malnutrition. Birth asphyxia and= Birth asphyxia and birth trauma.

Die weltweite durchschnittliche Lebenserwartung für den Menschen hat im 21. Jahrhundert 66 Jahre erreicht. Das Minimum liegt mit 39 Jahren in Zambia, das Maximum mit 82 Jahren in Japan. In den letzten 160 Jahren hat die durchschnittliche Lebenserwartung relativ linear um 3 Monate pro Jahr zugenommen (Gurven, Kaplan 2007). Die mittlere Lebenserwartung in entwickelten Ländern wie z. B. im westeuropäischen Raum, USA, Kanada und Japan liegt heute bei 77 Jahren (Omodei, Fontana 2011).

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Abb. 5: Die 10 häufigsten Todesursachen in einkommensstarken Ländern (http://who.int/mediacentre/factsheets/fs310/en/index1.html). Diese sind z. B.: Australien, Österreich, Belgien, Kanada, Kroatien, Tschechien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Irland, Israel, Italien, Japan, England, USA. Zur vollständigen Liste vgl. World Bank list of economies (July 2012). Trachea bronchus, lu= Trachea bronchus, lung cancers. Alzheimer disease and= Alzheimer disease and other dementias. Colon rectum cance= Colon rectum cancers. COPD= Chronic Obstructive Pulmonary Disease. Mit der chronischen obstruktiven Lungenerkrankung bezeichnet man die Kombination bestehend aus einer chronisch-obstruktiven Bronchitis und eines Lungenemphysems. Als häufigste Ursache einer COPD gilt das Zigarettenrauchen (www.who.int/respiratory/copd/en/).

Trotz erheblicher Zunahme der Lebenserwartung hat sich jedoch der Gesundheitszustand von älteren Menschen und somit ihre „gesunde“ Lebensspanne nicht verlängert. Im Durchschnitt leiden 80% der über 65-Jährigen mindestens an einer, 50% der über 65-Jährigen mindestens an zwei der folgenden Krankheiten: abdominale Fettleibigkeit, T2D, chronische untere Atemwegserkrankung (CLRD; Chronic Lower Respiratory Diseases), Alzheimer, Herz- und zerebrovaskuläre Krankheiten und Krebs (Omodei, Fontana 2011). Gemäß der International Diabetes Federation (IDF) erkrankten an T2D im Jahre 2010 weltweit 285 Millionen Menschen, wovon über 70% aus entwickelten Ländern stammten, für 2030 wird eine Zunahme auf über 400 Millionen Betroffene geschätzt (Rawal et al. 2012).

T2D und äußere Einflüsse wie chronischer Stress, Rauchen, Alkoholkonsum, Essgewohnheiten und Bewegungsmangel gelten als wichtigste Ursachen für die mit fortschreitendem Alter zunehmende systolische Hyperthonie[9] (Rensing, Rippe 2014, S. 109). Stott und Bowman (2000) konnten nämlich zeigen, dass der Blutdruck von älteren Menschen aus ländlichen Regionen oder unterentwickelten Ländern keine erhöhten Werte zeigte. Ebenso stellten sie fest, dass der Blutdruck von Menschen, die aus unterentwickelten in entwickelte Länder migrierten, einen deutlichen Anstieg verzeichnete, was die Autoren auf eine Veränderung der Ernährung, Bewegungsreduktion und erhöhten Stress zurückführen.

2.4 Ernährung und Typ-2-Diabetes

Cordain et al. (2005) führen einen Großteil der in „Überflussgesellschaften“ auftretenden „Zivilisationskrankheiten“[10], auf einen Zwiespalt zwischen evolutionär erworbener genetischer Anpassung und den heutigen Aktivitäts- und Ernährungsmuster zurück. Insbesondere die heutige industrielle Herstellung und Modifikation von Nahrungsmitteln hätte zu erheblichen Veränderungen von 1) Zuckergehalt, 2) Fettsäure-Zusammensetzung, 3) Makronährstoff-Zusammen-setzung, 4) Gehalt an Mikronährstoffen, 5) Säure-Base-Gleichgewicht, 6) Natrium-Kalium-Gleichgewicht und 7) Ballaststoffgehalt geführt. Diese erst seit dem Neolithikum und der industriellen Fertigung vor 10.000/100 Jahren einsetzende Umweltveränderung ergäbe einen zu kurzen Zeitraum, um evolutionäre Anpassungen daran zeigen zu können, und resultiere heute in einem hohen Auftreten von Übergewicht, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Cordain et al. 2005).

Slyper (2013) diskutiert in einem Übersichtsartikel basierend auf den Ergebnissen von Meta-Studien den Einfluss der Kohlenhydratqualität auf kardiovaskuläre Krankheiten, Übergewicht und Typ-2-Diabetes. Darin konnten deutliche Belege dafür angeführt werden, dass die Qualität von Kohlenhydraten durch Faktoren wie Ballaststoffgehalt, Vollkornbasis, glykämischer Index[11], Gehalt an Antioxidantien und Fruktosegehalt erhebliche Einflüsse auf kardiovaskuläre Krankheiten, Typ-2-Diabetes und Fettleibigkeit haben. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch die ebenfalls auf vielen Einzel- und Meta-Studien basierenden Auswertungen von Khazrai et al. (2014) und Merlotti et al. (2014). Hohe Evidenzen für präventive Ernährungsmaßnahmen gegen Typ-2-Diabetes messen sie z. B. der mediterranen[12], vegetarischen oder veganen Ernährung bei. Neben der Empfehlung für sportliche Betätigung und der Reduzierung des Körpergewichts werden ähnliche Ernährungsrichtlinien von der American Diabetes Association (ADA), der Diabetes and Nutrition Study Group (DNSG), der European Association for the Study of Diabets (EASD), der Diabetes UK (Khazrai et al. 2014) und von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) herausgegeben (Nationale Versorgungsleitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes, DDG).

„Wenn Sie einem Bauern, der in Navrongo oder jeder anderen ähnlich armen Region der Welt Subsistenzwirtschaft betreibt, erklären wollten, wer hungere, lebe länger, dann hätten Sie im besten Falle ein mitleidiges Kopfschütteln zu erwarten.“

Tom Kirkwood, Zeit unseres Lebens

3. Kalorien- und Nahrungsrestriktion

Aufbauend auf verschiedenen Entdeckungen des frühen 20. Jahrhundert hat sich in den letzten 20-30 Jahren der Bereich der Forschung um die Kalorienrestriktion enorm ausgeweitet[13]. 1994 bildete sich sogar eine „Calorie Restriction Society International“ mit inzwischen ca. 7.000 Mitgliedern (gemäß der CR-Society wird geschätzt, dass weltweit ca. 100.000 Menschen diese Diät-Form praktizieren), die ihre Ernährungs- und Lebensweise gemäß den Forschungsergebnissen der Kalorien-restriktion an Modellorganismen gestalten. Auslöser für die Entwicklungen in diesem Bereich waren z. B. die Entdeckungen der verschiedenen Effekte des intermittierenden Fastens bei Drosophila von Stefan Kopeć im Jahre 1928. Er konnte zeigen, dass intermittierende Hungerphasen die Lebensspanne der Fliegen verlängerte (Kopeć 1928). Auch wenn seine fastenden Fliegen nur um 2% länger lebten, trugen seine Experimente zu einer weiteren Entwicklung des heutigen Forschungsbereichs bei. 1935 berichtete Clive McCay davon, dass seine intermittierenden Fütterungsversuche an Ratten die Lebensspanne dieser fast auf das Doppelte verlängerte (McCay 1935). Seitdem konnten ähnliche Ergebnisse in weiteren Studien mit ähnlichen Verfahren bestätigt werden. Inzwischen wurden vergleichbare Effekte bei vielen anderen Organismen darunter Hefen, Würmern, Spinnen, Käfern, Fischen, Mäusen und Hunden entdeckt (Gems, Partridge 2013).

Unter Kalorienrestriktion versteht man allgemein die reduzierte Aufnahme von Kalorien aus Kohlenhydraten, Fetten oder Proteinen unter Beibehaltung einer adäquaten Vitamin- und Mineralstoffzufuhr (Speakman, Mitchell 2011).

Eine an molekularen Effekten beim Menschen ausgerichtete Definition besagt, dass die Kalorienrestriktion zu einer Verminderung der Insulin/IGF-1-Pegel im Blutserum führt, wodurch AMP-Kinasen aktiviert werden, welche die Erhöhung der NAD-Level und die Produktion von SIRT1 initiieren (Rafaeloff-Phail et al. 2004). Das künstliche Nährstoffdefizit erzeugt speziesübergreifend einen katabolen Stoffwechsel der z. B. ein langsameres und geringeres Zell- und Körperwachstum und eine optimierte Energieeffizienz bewirkt (Gerhart-Hines et al. 2011).

Der Energiebetrag einer normokalorischen Ernährung liegt für den durch-schnittlichen menschlichen Erwachsenen bei 2000 Kcal/Tag und beruht auf einer von der WHO im Jahre 1985 ausgegebenen Ernährungsempfehlung (WHO 1985). Als Fasten bezeichnet man im Allgemeinen eine kurzzeitig stark reduzierte Ernährung mit maximal 500 Kcal/Tag, und als Kalorienrestriktion eine länger anhaltende aber mildere Ernährungsphase mit 500-1500 Kcal/Tag, wodurch der Körper gezwungen ist, sich seiner Reserven zu bedienen (Boschmann, Michalsen 2013; Wilhelmi de Toledo et al. 2013).

Das Standardverfahren der Kalorienrestriktion bei Modellorganismen ist die ad libitum (AL) Fütterung der Kontrollgruppe und eine davon um ca. 20-40% reduzierte Fütterung der Restriktionsgruppe (Piper, Bartke 2008). Das Ernährungsprotokoll für Nagetiere und Rhesusaffen gestaltet sich somit unproblematisch, da pro Tier und Tag abgewogene Futterrationen verabreicht werden können. Das Ernährungs-protokoll für Fliegen unterscheidet sich jedoch von diesem. Erstens werden Fliegen wegen der hohen Individuenzahlen in Restriktionsstudien nicht einzeln gehalten und zweitens konnte gezeigt werden, dass ähnliche Fütterungsverfahren bei Fliegen bezüglich einer Verlängerung der Lebensspanne keine Veränderungen zeigten (Le Bourg, Medioni 1991). Einen ersten Erfolg brachte erst die Verdünnung des Nährmediums, welches den Fliegen permanent zur Verfügung steht. Kritiker dieser Methode vermuteten aber, dass die Fliegen verdünnte Nahrung einfach durch eine höhere Aufnahme derselben kompensierten. Eine dazu angefertigte Studie erfasste die tatsächlich konsumierte Nahrungsmenge der Fliegen anhand der Anzahl markierter Ausscheidungsprodukte. Ihren Beobachtungen nach kompensierten die Fliegen die Verdünnung der Nahrung durch höheren Konsum jedoch nicht (Min, Tatar 2006). Für Bass et al. (2007) liegt ein weiterer Beweis dafür darin, dass die Reproduktionsraten von Fliegen auf verdünnten Nährmedien entsprechend ihrem Verdünnungs-grad niedriger ausfallen.

Für C. elegans existieren acht verschiedene Methoden der Kalorienrestriktion, die seine Lebensspanne alle unterschiedlich beeinflussen. Standardmäßig wird seine Futterquelle bestehend aus E. coli Bakterien verdünnt, aber es kommen auch genetische Mutationen (eat-2) zum Einsatz, die bewirken, dass sich die pharyngeale Pumpleistung verringert und somit die Nahrungsaufnahme des Wurms nachlässt (Greer, Brunet 2009). Ob es sich um verdünnte Nährmedien oder rationierte Futtermengen handelt, bei allen Ernährungs-protokollen wird darauf geachtet, dass die Tiere ständig mit den für sie wichtigen Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen versorgt sind. Seit den Versuchen von McCay ging man zwar davon aus, dass die lebensverlängernden Effekte nur auf die Reduzierung der Gesamtkalorienzahl zurückgehen, seit jüngerer Zeit nimmt man aber an, dass nicht die Kohlenhydrat- oder Fettreduktion[14] sondern die Proteinreduktion[15] sich positiv auf die Lebensspanne, zumindest bei Nagetieren und Insekten, auswirkt (Trepanowski et al. 2011). Für diese beiden Gruppen wurde nämlich nachgewiesen, dass für die Effekte bei Fliegen (Grandison et al. 2009) und Nagetieren (Miller et al. 2005a; Caro et al. 2009) nur die Aminosäure Methionin und bei Ratten nur Tryptophan (Ooka et al. 1988) an der Modellierung der Lebensspanne und der Fertilität beteiligt sind[16]. Des Weiteren fanden Libert und Pletcher (2007), dass alleine schon die Manipulation der olfaktorischen Neuronen oder Geschmacksneuronen, unabhängig des Nahrungskonsums, die Lebensspanne von Nematoden und Fliegen verlängern konnte. Libert et al. (2007) vermuten, dass chemosensorische Reize ebenfalls in den Insulinsignalweg integriert werden.

Eine weitere Form der Nahrungsrestriktion ist das intermittierende oder alternierende Fasten[17] (every-other-day-feeding). Je nach Spezies und Versuchs-protokoll können die Fütterungsrhythmen in Zeitabständen von mehreren Stunden oder Tagen variieren. Obwohl die Tiere während der Fütterungsphasen in manchen Fällen soviel Nahrung zu sich nehmen, dass sie am Ende einer Woche die gleiche oder in manchen Fällen sogar eine höhere Kalorienmenge als die Kontrollgruppe aufgenommen haben, zeigen sich trotzdem Hungerstress-bedingte gesundheitlich positive und lebensverlängernde Effekte (Piper, Bartke 2008).

Ein wichtiges Kriterium bei der Wahl einer als Modellorganismus dienenden Spezies ist ihre Kurzlebigkeit. So ist z. B. der Prachtgrundkärpfling Nothobranchius furzeri aufgrund seiner nur wenige Monate dauernden Lebensspanne zum Modell-organismus für Vertebraten avanciert. Vorwiegend in Kalorienrestriktionsstudien verwendet werden noch weitere kurzlebige Spezies wie C. elegans (2-3 Wochen), Drosophila (1-2 Monate), Mäuse oder Ratten (ca. 3 Jahren). Im Gegensatz dazu gestalten sich Studien, wie die seit 1987 laufende Primatenstudie am National Institute on Aging (NIA), als extrem langwierig und kostspielig (Colman et al. 2014)[18]. Langzeitstudien an Menschen können experimentell kaum realisiert werden. Neben dem Kosten- und Gesundheitsaspekt ist auch z. B. wegen geschlechts- und altersspezifisch enorm divergierender Stoffwechselraten unklar, welche Reduktionen für Menschen angemessen sind (Lee et al. 2001). Neben der Möglichkeit, Analogieschlüsse aus Ergebnissen mit Modellorganismen zu bilden, bietet es sich auch an, Erkenntnisse aus NR-ähnlichen (historisch oder klimatisch bedingten) Gegebenheiten (Kapitel 3.3) zur Bestimmung der Auswirkungen einer NR beim Menschen heranzuziehen. Solche können z. B. sein: Hungersnöte, Leben in nördlichen Breiten, the Okinawan diet oder der bis zu sieben Jahre langen Studien aus Selbstversuchen der CR-Society-Mitglieder. Auch liegen bereits einige Daten aus Kurzzeitstudien mit Erfassung vieler relevanter physiologischer und krinologischer Werte vor.

Weil der Insulin/IGF-1-Signalweg als Energie- oder Kaloriensensor eine zentrale Rolle für Wachstum, Reproduktion und Langlebigkeit bei Säugetieren einnimmt, wird in Verbindung mit Studien am Menschen meist der Ausdruck Kalorien-restriktion (caloric restriction) verwendet. Da aber noch nicht für alle Spezies abschließend geklärt ist, welche Kalorienträger und sonstigen Nahrungsbestandteile im Speziellen für die Effekte der Kalorienrestriktion verantwortlich sind, wird in Verbindung mit Modellorganismen eher der Ausdruck Nahrungsrestriktion gebraucht (Masoro 2006). Aus diesen Gründen wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit der Ausdruck Nahrungsrestriktion (dietary restriction) statt Kalorienrestriktion für alle Spezies verwendet[19].

3.1 Lebenserwartung und maximale Lebensspanne

Im Allgemeinen bezeichnet man mit dem Begriff der maximalen Lebensspanne den arttypischen und biologisch determinierten Zeitraum, der unter Ausschluss von Umweltfaktoren maximal erreichbar ist (Thieme 2008, S. 213). Viele Erkenntnisse über den Einfluss bestimmter Gene und ihrer Produkte auf Stoffwechsel-mechanismen bei Modellorganismen wurden durch das gezielte Kreuzen oder durch Gene-Targeting, bei dem die Expression bestimmter Gene ausgeschaltet (knock-out) oder erhöht wird (knock in), gewonnen. Dadurch konnten viele der an den Mechanismen der Nahrungsrestriktion beteiligten Gene, ihrer Enzyme und Hormone entdeckt und so die Kaskade der Signalwege erklärt werden (vgl. Fontana et al. 2010; Gems, Partridge 2013; Kenyon 2010). Mutationen an einigen dieser Bestandteile führen jedoch oft zu enorm verlängerten Lebensspannen der betroffenen Modellorganismen (vgl. Abb. 6 S. 28 und Oliveira-Arantes et al. 2003) über ihre natürlich evolvierte Lebensspanne hinaus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Vergleich Verlängerung der Lebensspanne durch Nahrungsrestriktion bei unterschiedlichen Spezies (Fontana et al. 2010).

Die unter Laborbedingungen durchgeführte Nahrungsrestriktion simuliert Umwelt-bedingungen mit Nahrungsknappheit. Die Modellorganismen reagieren auf die NR mit spezifisch für ihre Art adaptierten physiologischen Reaktionen, nämlich mit der Verlängerung der mittleren Lebensspanne zum Überdauern der Hungerperiode und einer akuten Minderung der Reproduktionsrate. Es kann aber immer nur eine Verlängerung höchstens bis hin zur speziesspezifisch biologisch festgelegten, maximalen Lebensspanne gemeint sein. Der Ausdruck „Verlängerung der Lebensspanne“ wird in den entsprechenden Studien aber gleichermaßen verwendet, seine Bedeutung ergibt sich dann nur aus dem Zusammenhang[20].

Der Begriff „maximale Lebensspanne“ ist ein evolutionär plastischer Begriff. Veränderte Umweltbedingungen wie die NR haben das Potential andere Phäno-typen zu „wecken“, können die evolutionäre Anpassung der Spezies mit ihrer gegebenen maximalen Lebensspanne aber nicht verändern. Genetische Interventionen oder die Evolution selbst können die maximale Lebensspanne sehr wohl verlängern, denn sie haben das Potential den Genotyp zu verändern und damit die Adaptation selbst zu beeinflussen[21].

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Abb. 7: Die Evolution der Lebensspanne von Homo sapiens (Gems 2014).

Innerhalb von NR-Studien ist man deshalb dazu übergegangen von einer Verlängerung der mean lifespan oder der healthy lifespan zu sprechen. Die maximale Lebensspanne ergibt sich aus der durchschnittlichen Lebensdauer von 10% derjenigen Tiere, die am ältesten werden (Metaxakis, Partridge 2013). Wird durch eine NR eine Erhöhung der mittleren Lebensspanne erreicht, erhöht sich somit dann natürlich auch die so definierte maximale Lebensspanne. Wenn im Folgenden von einer Verlängerung der Lebensspanne oder der maximalen Lebensspanne die Rede ist, so ist dieser Gebrauch immer im Sinne von der von Metaxakis und Partridge (2013) benutzten Definition zu verstehen. Diese Definition unterscheidet sich von dem Begriff der Lebenserwartung. Gemäß dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB) gibt die Lebenserwartung an, „…wie viele Jahre ein Mensch unter den Sterblichkeitsverhältnissen des betreffenden Kalenderjahres im Durchschnitt noch zu leben hat“. In dieser Arbeit wird der Begriff Lebensspanne nach Metaxakis und Partridge (2013) bevorzugt für Modell-organismen verwendet, wogegen der Begriff Lebenserwartung eher im Zusammenhang mit dem Menschen benutzt wird.

Ein zentraler Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist, dass die verschiedenen Spezies an Hungerperioden angepasst sind und eine Nahrungsrestriktion ihre arttypischen Reaktionen hervorbringt. So kann die Nahrungsrestriktion als Anpassungsmerkmal evolutionsmethodisch untersucht werden. Aufgrund dessen werden in der vorliegenden Arbeit meistens nur die durch Nahrungsrestriktion ausgelösten physiologischen und molekulargenetischen Effekte besprochen. Die durch Mutationen oder andere genetische Interventionen hervorgebrachten Effekte, welche u. a. dazu dienen, Umwelteinflüsse zu simulieren und dadurch helfen, verantwortliche Gene oder deren Produkte ausfindig zu machen und so ihre Regelkreise zu verstehen, sollen nicht weiter besprochen werden.

3.2 Physiologische Wirkungen der Nahrungsrestriktion

Die von den meisten Spezies geteilten kurz- bis langfristigen Auswirkungen der Nahrungsrestriktion lassen sich im Prinzip in vier Kategorien aufteilen:

1. Verlängerung der Lebensspanne,
2. Reduzierung altersbedingter Krankheiten,
3. Reduktion der Reproduktionsrate,
4. Erhöhung der Stressresistenz.

Die Verlängerung der Lebensspanne und viele andere physiologische Auswirkungen der Nahrungsrestriktion konnten bei den unterschiedlichen Spezies nachgewiesen werden. Doch erst in der Gruppe der Säugetiere lassen sich deutliche, für den Menschen relevante Auswirkungen der Nahrungsrestriktion erkennen, die einen größeren Komplex der Gesundheit betreffen. In diesem Kapitel soll ein Überblick über die verschiedenen physiologischen Auswirkungen der Nahrungsrestriktion bei unterschiedlichen Spezies aufgezeigt werden. Die molekularen Mechanismen der einzelnen, durch eine Nahrungsrestriktion aktivierten oder gehemmten Signalwege (Insulin, FOXO, TOR), werden im Kapitel 4 besprochen.

3.2.1 S. cerevisiae

Die einzellige, eukaryotische Hefe S. cerevisiae ist wegen ihrer kurzen Lebensdauer und einfachen Haltung ein geeigneter Modellorganismus und ist genetisch und metabolisch leicht zu manipulieren. Eine Nahrungsrestriktion wird bei der Hefe entweder durch die Reduktion von Glukose oder durch die Reduktion von Aminosäuren durchgeführt. Durch eine Reduzierung der Glukosemenge der Nahrung von 2% auf 0,5% verlängert sich die replikative und chronologische Lebensspanne der Hefe (Jiang et al. 2000). Die chronologische Lebensspanne verlängert sich dabei bis zu dem dreifachen (Fabrizio, Longo 2003). Unter der replikativen Lebensspanne bezeichnet man die Anzahl der von einer Mutterzelle produzierten Tochterzellen, bevor eine seneszenzbedingte Ruhephase erreicht wird. Diese Zuteilung gilt für mitotisch aktive Hefezellen. Mit der chronologischen Lebensspanne bezeichnet man die Länge der Zeit, die eine Mutterzelle in einer nicht-teilenden, postmitotischen Phase überlebt (Steffen 2009). Allgemein durchlaufen Bakterien, Hefen und Metazoen-Zellen in ihren Anfangsphasen die replikative Alterung und in späteren Phasen die chronologische Alterung (Balázsi 2010).

Wichtige Gene und Hormone, die zur Verlängerung der Lebensspanne der Hefe Beitragen, sind SIR2, HST2, TOR, PKA und SCH9 (SCH9 ist eine Proteinkinase und ortholog zur S6K-Proteinkinase bei Würmern, Fliegen und Säugetieren) (Masoro, Austad 2011, S.12). Während einer Nahrungsrestriktion führt die Abnahme der TOR-, PKA- und SCH9-Kinasenaktivität zu einer Minderung der Ribosomen-Biogenese und des Zellwachstums. Dagegen erhöht die Nahrungsrestriktion die Autophagie und die Aktivität der Stressreaktions-Signalwege, zu denen die FRSE (free radical scavenging enzymes) gehören (Steinkraus et al. 2008). Ein weiterer physiologischer Effekt der Nahrungsrestriktion, der wesentlich an der Verlängerung der Lebensspanne bei der Hefe und auch bei anderen Organismen wie C. elegans, Nagetieren und beim Menschen beteiligt ist, ist die erhöhte Effizienz des Sauerstoff-Metabolismus, der wiederum auf eine Erhöhung der Mitochondrienbiogenese zurückgeht (Tahara et al. 2013). Tahara konnte zeigen, dass die Nahrungsrestriktion bei der Hefe einen früher einsetzenden, schnelleren und effizienteren Metabolismus der an der Zellatmung beteiligten Einheiten fördert, was als zentraler Mechanismus für die Verlängerung der Lebensspannen bei den unterschiedlichen Organismen angesehen wird (Tahara et al. 2013).

3.2.2 C. elegans

Anders als bei der einzelligen Hefe besteht bei Metazoen wie dem Nematoden C. elegans die Möglichkeit, die Effekte einer Nahrungsrestriktion in unterschiedlichen Zellverbänden oder Organen, wie z. B. im Nerven- oder Verdauungssystem, zu untersuchen. Für C. elegans existieren mindestens acht unterschiedliche Verfahren der Nahrungsrestriktion, welche seine Lebensspanne zu unterschiedlichen Anteilen verlängern (Greer, Brunet 2009) Aber auch bei allen anderen Modellorganismen konnte gezeigt werden, dass verschiedene NR-Verfahren zur Aktivierung unter-schiedlicher Signalwege führen (Masoro, Austad 2011, S.14). Unter gewöhnlichen Bedingungen wird C. elegans bis zu 3 Wochen alt. Im Alter zeigt der Wurm eine Abnahme der Mobilität, der Chemotaxis, der Reproduktivität und eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Infektionen (Kaletsky et al. 2010). Setzt man die Nematoden durch Verdünnung ihres Nährmediums (mit E. coli besetztes Agarmedium) unter Nahrungsrestriktion, verlängert sich ihre Lebensspanne um das zwei- bis dreifache. Lässt man die Würmer ab dem achten Tag nach Erreichen des Erwachsenenalters unter einer „0-Diät“ hungern, verlängert sich ihre Lebensspanne immer noch um 50%, während ihre Fertilität, ganz im Gegensatz zu anderen Organismen, kaum eingeschränkt ist (Kaeberlein et al. 2006). Reduziert man die Aktivität des II-Signals von C. elegans während der L1- bis L2-Phase seiner Entwicklung, z. B. durch Nahrungsrestriktion, Hitze oder zu hoher Populationsdichte verfällt er in eine Diapause, die man „Dauer“ nennt. Während dieses Stadiums ist seine Geschlechtsreife verzögert und seine Stressresistenz erhöht (Kaletsky et al. 2010). Des Weiteren werden Wachstum und Zellteilung gehemmt und der Wurm ist hochgradig resistent gegen oxidativen Stress und Hitzestress und kann so einige Monate ohne Nahrung überleben (Flatt, Heyland 2013, S. 285).

Bei C. elegans unter NR kann auch das Auftreten neurodegenerativer Erkrankungen und altersbedingter Krankheiten, wie z. B. Krebs, verringert werden (Jia, Levine 2007). Außerdem konnten Kauffman et al. (2010) zeigen, dass durch die NR eine Abnahme der Leistungsfähigkeit von Thermotaxis und Chemotaxis bei alternden Individuen verlangsamt wurde. Ebenso fanden sie heraus, dass die Abnahme des Erinnerungsvermögens bei adulten Individuen durch eine NR vermindert wird.

3.2.3 D. melanogaster

Ein Vorteil von Drosophila als Modellorganismus liegt darin, dass bei den Fliegen eine höhere Anzahl an differenzierteren Gewebetypen und zusätzlich Geschlechts-unterschiede vorliegen. So können bei Drosophila z. B. auch die Effekte der Nahrungsrestriktion auf die Fertilität der Weibchen untersucht werden. Aus bisher unbekannten Gründen verlängert die NR die Lebensspanne von Weibchen stärker als die Lebensspanne von Männchen, weswegen für die meisten DR-Protokolle Weibchen als Versuchstiere eingesetzt werden (Fontana et al. 2010). Bei Drosophila wie auch bei anderen Organismen wird beobachtet, dass die Nahrungsrestriktion zwar zu einer höheren Lebensspanne, dafür aber auch zu einer geringeren Fertilität führt (Partridge et al. 2005). Weitläufig besteht deshalb die Annahme, dass eine Nahrungsrestriktion in einer Umverteilung der Nährstoffe (adaptive reallocation) resultiert. Bei Nahrungsmangel investiert der Stoffwechsel statt in viele Nachkommen in verbesserte Instandhaltungs- und Schutzmechanismen des Körpers, wodurch die beobachteten längeren Lebensspannen zustande kommen (Holliday 1989).

Grandison et al. (2009) konnten aber zeigen, dass die Lebensspanne und die Fertilität bei Drosophila nur mit der Aminosäure Methionin beeinflusst werden kann. Dazu fügten sie der Nahrung der hungernden Fliegen Methionin bei. Die Fertilität erreichte daraufhin wieder das gleiche Niveau wie bei Fliegen unter ad libitum Fütterung. Die Länge der Lebensspanne blieb jedoch auf dem gleich hohen Niveau wie bei herkömmlicher Nahrungsrestriktion. Da das gemeinsame Vorkommen von längerer Lebensspanne und hoher Fertilität nicht mit der „Umverteilungs-Theorie“ konsistent ist[22], gehen die Autoren eher davon aus, dass für eine lange Lebensspanne inklusive hoher Fertilität die Ausgewogenheit aller Nährstoffe und die Konzentration bestimmter Nährstoffe maßgeblich ist (Grandison et al. 2009).

Drosophila dient auch als Modellorganismus zur Untersuchung von neuro-degenerativen Erkrankungen. So untersuchte Burger z. B. ob das im Alter abnehmende Lernvermögen bei Drosophila durch eine Nahrungsrestriktion gebremst werden kann. In der Studie zeigte sich aber als einziger positiver Effekt, dass sich zwar das 60-Minuten-Mittelzeitgedächtnis bei 5-Tage alten Fliegen verbesserte, dasjenige der 50-Tage alten Fliegen sich aber nicht veränderte (Burger et al. 2010). In einer weiteren Studie mit zwei Alzheimer-Mutanten wurde ebenfalls gezeigt, dass die zugrundeliegende molekulare Pathologie nicht verändert werden konnte und sich die neuronale Dysfunktion nicht verbesserte (Kerr et al. 2011). Burger hält es aber noch für möglich, dass sich ein Effekt mit anderen Lern-Studien, Restriktionsprotokollen oder anderen Fliegen-Stämmen zeigen könnte. Doch auch in weiteren Funktions- und Verhaltensstudien, z. B. bezüglich negativer Geotaxis (Bhandari et al. 2007) und der Resistenz gegen Kältestress (Burger et al. 2007), konnte gezeigt werden, dass die Nahrungsrestriktion hier keine messbaren Auswirkungen hat. Zusätzlich gehen Burger et al. (2009) bezüglich einer von Miwa et al. (2003) durchgeführten Studie zwar davon aus, dass eine NR die Produktion von ROS (reactive oxygen species) nicht beeinflusst, Zheng et al. (2005) zeigten aber, dass die NR die Konzentration von HNE (4-Hydroxynonenal), einem Marker von oxidativen Schäden in Lipiden, im perizerebralen Fettkörper verringern konnte.

Burger et al. (2010) bezweifeln aufgrund ihrer Ergebnisse, dass die Effekte auf eine Nahrungsrestriktion bei den unterschiedlichen Spezies einer evolutionären Konservierung unterliegen. Sie vermuten, dass entweder die Anpassung an Hungerperioden in unterschiedlichen Taxa einer konvergenten Evolution unterlag oder, dass die Nahrungsrestriktion zwar im Endeffekt die Lebensspanne der Organismen verlängert, die einzelnen Schritte dorthin, ihre funktionellen Phänotypen und zugrundeliegenden Mechanismen aber durchaus unterschiedlich sein könnten (Burger et al. 2010).

3.2.4 Nagetiere

Studien an Invertebraten liefern wichtige Hinweise zu homologen Gen- und Zellelementen bei Säugetieren, sind aber für Vergleiche bezüglich der Entwicklungsbiologie und der Biologie des Alterns wegen der großen evolutionären Distanz nur eingeschränkt nutzbar. Dagegen zeigen Nagetiere als Modellorganismen zwar eine größere Nähe zum Menschen, jedoch sind sie wegen der deutlich längeren Lebenszeiten von bis zu 3 Jahren (Mus musculus) für Nahrungsrestriktions-Studien auch erheblich kostspieliger, weshalb an ihnen oft nur die Kurzzeiteffekte einer Nahrungsrestriktion studiert werden. Maus und Ratte sind bis jetzt die einzigen Säugetiere, bei denen infolge einer NR eine Verlängerung der maximalen Lebensspanne nachgewiesen werden konnte.

Durch eine NR von 30-60% kann die Lebensspanne der Nagetiere um ca. 30-60% verlängert werden. Dabei ist es ausschlaggebend, dass die Restriktion kurz nach dem Abstillen erfolgt und für mindestens 6 Monate aufrecht erhalten bleibt. Erfolgt die Restriktion erst viel später nach dem Abstillen, zeigen sich erheblich geringere Auswirkungen auf die Lebensspanne (Fontana, Klein 2007). Entsprechend sind Mäuse und Ratten unter NR erheblich kleiner und leichter als ad libitum gefütterte Tiere, wenn mit der Intervention bereits kurz nach der Entwöhnungsphase begonnen wird (Kirkwood 2000, S.205). Die Verlängerung der Lebensspanne ist darauf zurückzuführen, dass das Auftreten altersbedingter und chronischer Krankheiten durch die Nahrungsrestriktion verzögert wird. Demzufolge sterben 28% der hungernden Tiere ohne einen Hinweis auf irgendwelche Organpathologien, wogegen es bei den ad libitum-Tieren nur knapp 6% sind (Fontana 2010). Methionin hat bei Nagetieren eine den von Drosophiliden gezeigte entgegen gesetzte Wirkung. Bei Ratten und Mäusen führt allein die Reduzierung von Methionin zu einer ca. 40%igen Verlängerung der Lebensspanne. Diese Tiere zeigen zu NR-Tieren insgesamt vergleichbare Phänotypen mit niedrigeren Insulin-, Glukose-, Thyroidhormon T4- und IGF-1-Pegel im Serum (Sun et al. 2009).

Neben den von Weindruch bereits 1996 beschriebenen physiologischen Effekten, wie niedrigere Blutglukosewerte, niedrigere Insulinpegel, höhere Insulinsensitivität und niedrigere Körpertemperatur (Weindruch 1996), sind bis heute besonders auf dem Gebiet der Krebs- und neurodegenerativen Erkrankungen weitere Auswirkun-gen erfasst worden. Bereits 1942 zeigte Albert Tannenbaum in seiner Studie „The Genesis and Growth of Tumors“, dass die unter Kalorienrestriktion gehaltenen Mäuse deutlich weniger Tumore bekamen und diese erst zu einem späteren Zeitpunkt auftraten als in der ad libitum gefütterten Kontrollgruppe (Tannenbaum 1942). Inzwischen ist die NR als Präventions- und Therapiemaßnahme gegen die Nebenwirkungen der Chemotherapie beim Menschen im Gespräch. Um die bereits durch eine Chemotherapie unter Gewichtsverlust leidenden Patienten keinem weiteren Gewichtsverlust auszusetzen, wurden die Effekte einer Kurzzeitrestriktion an Nagern untersucht. Safdie et al. (2009) konnten zeigen, dass die gesunden Zellen der fastenden Mäuse bereits bei einer Fastendauer von 48-60 Stunden einen erhöhten Schutz vor den Nebenwirkungen des Chemotherapiemittels ETOPOSIDE aufwiesen, die Krebszellen selbst aber keinen erhöhten Schutz erhielten. Die Autoren erwägen die Möglichkeit, dass in Zukunft die durch viele Nebenwirkungen belastenden Chemotherapiemittel reduziert und mit einer Fastentherapie ergänzt werden können. 2012 bestätigten Lee et al. die positive Wirkung der Verbindung von kurzzeitigem Fasten und Chemotherapiemittel an Mäusen mit Neuroblastomen. Es zeigte sich, dass in gesunden Zellen, nicht aber in Krebszellen, aufgrund der Therapiemaßnahmen eine Umschaltung auf erhöhte Körperschutzfunktionen gegen oxidativen Stress und DNA-Schädigungen stattgefunden hatte, denn anders als in gesunden Zellen verhindern Onkogene der Tumorzellen die Aktivierung von Stressresistenzmechanismen (Lee et al. 2012).

Auch die Auswirkungen der NR auf kognitive Fähigkeiten und neurodegenerative Erkrankungen sind gut untersucht. Nagetiere unter NR schneiden gegenüber ihren ad libitum gefütterten Artgenossen im Alter deutlich besser in Lern-, Gedächtnis- und sensomotorischen Koordinations- und Verhaltenstests ab. In den Gehirnen der hungernden Tiere werden deutlich weniger oxidative DNA- und Protein-Schäden gefunden (Hermannstädter 2013, S. 9). Auch konnten die Symptome der Alzheimer-Krankheit durch die Nahrungsintervention verringert werden. So zeigte Wang, dass die Ablagerungen von Beta-Amyloid-Proteinen im Gehirn, welche man auch als senile Plaques bezeichnet, durch das Hungern reduziert werden (Wang et al. 2005).

Insgesamt zeigten Studien zur Nahrungsrestriktion an Nagetieren, dass sich das Auftreten von chronischen und altersbedingten Krankheiten wie Diabetes, Arteriosklerose, Kardiomyopathie, Autoimmunschwäche, Nieren- und Lungen-leiden, Krebs, Alzheimer, Parkinson und Schlaganfall verringerte (Fontana, Klein 2007).

[...]


[1] „Alles, was in der Natur vor sich geht, bedeutet eine Vergrößerung der Entropie jenes Teils der Welt, in welchem es vor sich geht. Damit erhöht ein lebender Organismus ununterbrochen seine Entropie - oder, wie man auch sagen könnte, er produziert eine positive Entropie - und strebt damit auf den gefährlichen Zustand maximaler Entropie zu, die den Tod bedeutet. Er kann sich ihm nur fernhalten, d. h. leben, indem er seiner Umwelt fortwährend negative Entropie entzieht - welches etwas sehr Positives ist.“ (Erwin Schrödinger in: Moore 2012).

[2] Der Süßwasserpolyp Hydra vulgaris zeigt keine nachweisbare Seneszenz und ist potentiell unsterblich. Auch in Hydra wird der Transkriptionsfaktor FoxO über den Insulinsignalweg aktiviert. Nahrungsrestriktion bei Hydra verändert aber, im Gegensatz zu allen anderen Organismen, nur die FoxO-Expressionmuster epithelialer Zellen (Martínez, Bridge 2013).

[3] Neben p53 wird auch mTOR als ein Beispiel für ein antagonistisch pleiotropes Gen angesehen. mTOR ist auch Teil des später genauer besprochenen Insulinsignalwegs. mTOR ist für die frühe Entwicklung und das Wachstum notwendig aber später für die Zellalterung verantwortlich (Blagosklonny 2010).

[4] Genaktivitäten und andere an der DNA stattfindenden oder von dieser ausgehenden Prozesse sowie Stoffwechselprozesse können noch dazu addiert werden.

[5] Ein Mitochondrium enthält mehrere DNA-Ringe, ihre Gesamtzahl im menschlichen Körper erhöht sich in der Berechnung noch mal um einen durchschnittlichen Faktor von 5.

[6] Diese gelten speziesübergreifend, das Hauptaugenmerk legten die Autoren jedoch auf den Menschen (vgl. López-Otín et al. 2013).

[7] Die MFRTA-unterstützende Studien sind nach Schiavi, Ventura (2014): Maynard et al. 2009; Sohal et al. 1994; Trifunovic et al. 2004; Schriner et al. 2005; Qiu et al. 2010. MFRTA-widerlegende Studien sind: Chen et al. 2007; Ernst et al. 2013; Miller et al. 2005; Schmeisser et al. 2013a; Van Raamsdonk, Hekimi 2009, 2012; Copeland et al. 2009; Dell'agnello et al. 2007; Dillin et al. 2002; Lee et al. 2003; Ferraro et al. 2014; Pietsch et al. 2011; Ristow, Schmeisser 2011; Ristow, Zarse 2010.

[8] Autophagie im Sinne der MFRTA bezeichnet einen Komplex aus Mitophagie, mitochondrialer Biogenese, mitochondrialer Proteasen und dem Ubiquitin-Proteasom-System. Dieser Komplex stellt einen speziellen interzellulären Mechanismus dar um beschädigte Mitochondrien oder mitochondriale Proteine durch ihren Abbau zu verringern, wodurch gewährleistet wird, dass eine angemessene Anzahl an funktionstüchtigen Mitochondrien vorhanden ist (Schiavi, Ventura 2014).

[9] Zwischen dem 30. und 80. Lebensjahr kommt es zu einer Erhöhung des systolischen Blutdrucks (Isolierte systolische Hyperthonie). Der diastolische Blutdruck zeigt eine Erhöhung bis zum 50. Lebensjahr, sinkt dann aber zwischen dem 60. bis 80. Lebensjahr langsam wieder ab (Pinto 2007).

[10] Betroffen sind 50-65% der adulten Population der Industriestaaten, während unter heute lebenden Jäger- und Sammlergesellschaften und weniger „westlich beeinflussten“ Bevölkerungsgruppen keine oder wenige der sogenannten „Zivilisationskrankheiten“ auftreten (Cordain et al. 2005).

[11] Der glykämische Index (GI) gibt an, wie stark kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel den Blutzuckerspiegel im Vergleich zu Glukose erhöhen (Jochum 2013).

[12] Mediterrane Ernährung basiert auf Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Gemüse, Früchten, einfach ungesättigten Fettsäuren (Olivenöl), geringen Mengen an Geflügel, Fisch, Milchprodukten, Rotwein und sehr geringen Mengen an rotem Fleisch (Khazrai et al. 2014).

[13] Vgl. Gutwald 2009 S. 59; Stichwort „caloric restriction“ ergab in PubMed am 5.7.2009 1.509 Veröffentlichungen. Am 16.04.2014 waren es 5.845 Veröffentlichungen.

[14] Vgl.: Sanz et al. 2006a; Sanz et al. 2006b

[15] Vgl.: Pamplona, Barja 2006

[16] Jede Spezies muss die für sie spezifischen essenziellen Aminosäuren aus ihrer Nahrung beziehen. Unzureichende Mengen nur einer essenziellen Aminosäure in der Nahrung kann die Proteinsynthese sowie enzymatische und Transportfunktionen stören. Der erwachsene Mensch muss z. B. die acht essenziellen Aminosäuren: Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin mit seiner Nahrung zu sich nehmen. Die Stoffwechselstörung der Phenylketonurie, hier liegt eine erhöhte Konzentration der Aminosäure Phenylalanin vor, weist darauf hin, welche Auswirkungen der Überschuss einer einzigen Aminosäure haben kann (Sadava et al. 2011, S. 1414-1415).

[17] Die in der vorliegenden Arbeit diskutierten Effekte der Kalorienrestriktion basieren hauptsächlich auf Versuchsprotokollen mit dauerhafter 20-40%iger Restriktion.

[18] Mit der Studie von Colman (2014) liegt das derzeit aktuellste Update der Ergebnisse seit Beginn der Studie vor.

[19] In Anlehnung an Flatt, Heyland 2013, S. 180

[20] Vgl. z. B. Oliveira-Arantes et al. (2003) “...mutations, can double the life-span of the animal” oder “…this life-span extension is not a result of sterility” und Fontana et al. (2010) “…dietary restriction, a reduction in food intake without malnutrition, extends lifespan of diverse organisms”.

[21] Die evolutionär festgelegte, maximale Lebensspanne beträgt für rezente Orang-Utans 58,7 Jahre, für Gorillas 54 Jahre, für Bonobos 50 Jahre, für Schimpansen 53,4 Jahre und für unseren letzten gemeinsamen Vorfahren wird sie auf 45-50 Jahre geschätzt (Robson, Wood 2008). Eine theoretische Schätzung der maximalen Lebensspanne des rezenten Menschen liegt bei 126 Jahren (Weon, Je, 2009).

[22] Die Resource-Allocation-Theory und weitere Mechanismen, welche die Methionin-Kontroverse diskutieren, werden ausführlicher in Kapitel 5.1. besprochen.

Excerpt out of 120 pages

Details

Title
Hungern als Prophylaxe für ein langes Leben?
Subtitle
Auswirkungen der Nahrungsrestriktion auf die Lebensspanne von Modellorganismen und Menschen
College
Johannes Gutenberg University Mainz  (Institut für Anthropologie)
Course
Anthropologie
Grade
1,0
Author
Year
2014
Pages
120
Catalog Number
V285073
ISBN (eBook)
9783656850342
ISBN (Book)
9783656850359
File size
3074 KB
Language
German
Keywords
auswirkungen, nahrungsrestriktion, lebensspanne, modellorganismen, menschen, hungern, prophylaxe, leben
Quote paper
Bernd Herberth Schelker (Author), 2014, Hungern als Prophylaxe für ein langes Leben?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285073

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