Im Jahr 2007 löste eine durch einen drastischen Anstieg von Zahlungsausfällen verursachte Krise auf dem US-Markt für Hypothekenkredite mit geringer Bonität (sogenannte „Subprime-Krise“) eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise aus, die auch den Euro-Raum schwer traf . Die Staatsschulden und Refinanzierungskosten in einigen Euro-Ländern stiegen dermaßen an, dass bei ungehindertem Geschehensablauf die ernsthafte Gefahr von Staatsinsolvenzen bestand. Nachdem die Gewährung erster bilateraler Hilfen (in Deutschland umgesetzt durch das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz) keine Beruhigung der angespannten Situation auf den Finanzmärkten für die betroffenen Mitgliedstaaten brachte, sahen sich die Mitgliedstaaten zu weiterem Handeln gezwungen. Daher wurde auf einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs vom 07. bis 09.05.2010 der Europäische Stabilisierungsmechanismus (sogenannter „Euro-Rettungsschirm“) beschlossen. Dieser Mechanismus wurde auf einer außerordentlichen Sitzung des Rats für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN-Rat) am 09.05.2010 näher präzisiert und setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen: Der erste Bestandteil ist ein vorrangig in Anspruch zu nehmender finanzieller Beistand der Europäischen Union in Form von Darlehen und Kreditlinien bis zu einer Höhe von ca. 60 Mrd. Euro, der in Gestalt der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 vom 11.05.2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) auf der Grundlage von Art. 122 Abs. 2 AEUV beschlossen wurde. Den zweiten Bestandteil stellen diesen Mechanismus unterstützende Finanzhilfen der anderen Staaten der Euro-Zone in Höhe von aktuell bis zu 780 Mrd. Euro dar, die auf zwischenstaatlicher Ebene durch die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Euro-Zone vereinbart wurden. Zur Ausreichung der Hilfen wurde am 07.06.2010 eine Zweckgesellschaft in Form einer luxemburgischen Aktiengesellschaft mit der Bezeichnung „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“ (EFSF) gegründet. Neben diese Hilfen treten als dritter Bestandteil noch Kreditlinien des Internationalen Währungsfonds in Höhe von bis zu 250 Mrd. Euro.
Ziel dieser Arbeit ist es die Vereinbarkeit der ersten beiden Bestandteile des Europäischen Stabilisierungsmechanismus mit den Vorschriften des Europarechts zu klären.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Rechtliche Grundlage und Konstruktion von EFSM und EFSF
- C. Europarechtliche Bewertung des EFSM
- I. Verordnung (EU) Nr. 407/2010
- 1. Art. 122 Abs. 2 AEUV als Rechtsgrundlage
- 2. Voraussetzungen des Art. 122 Abs. 2 AEUV
- a) Naturkatastrophe oder außergewöhnliches Ereignis
- b) Unkontrollierbarkeit des außergewöhnlichen Ereignisses
- c) Betroffensein von Schwierigkeiten
- d) Kausalität zwischen außergewöhnlichem Ereignis und Schwierigkeiten
- 3. Verhältnis des Art. 122 Abs. 2 AEUV zu Art. 125 Abs. 1 AEUV
- 4. Verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Verordnung
- a) Prüfung der Voraussetzungen des Art. 122 Abs. 2 AEUV
- b) Anleihekompetenz
- 5. Ergebnis
- II. Bisherige Hilfeleistungen des EFSM
- III. Ergebnis
- I. Verordnung (EU) Nr. 407/2010
- D. Europarechtliche Bewertung der EFSF
- I. Unzulässigkeit aus Kompetenzgründen
- II. Verstoß gegen Art. 123 und 124 AEUV
- 1. Gegenstand der Bestimmungen
- 2. Kollision der EFSF mit Art. 123 und 124 AEUV
- 3. Ergebnis
- III. Verstoß gegen Art. 125 Abs. 1 AEUV
- 1. Gegenstand der Bestimmung
- 2. Kollision der EFSF mit Art. 125 Abs. 1 AEUV
- a) Grammatische Auslegung
- aa) Verbot freiwilliger Unterstützung
- bb) „Eintreten“ in eine Verbindlichkeit
- b) Systematische Auslegung
- aa) Existenz des Art. 122 Abs. 2 AEUV
- bb) Regelung der Art. 143 und 144 AEUV
- cc) Der neue Art. 136 Abs. 3 AEUV
- c) Historische Auslegung
- d) Teleologische Auslegung
- aa) Sinn und Zweck
- bb) Teleologische Reduktion
- e) Ergebnis
- a) Grammatische Auslegung
- 3. Rechtfertigung der Kollision mit Art. 125 Abs. 1 AEUV
- a) Unionsnotstand
- b) Solidaritätsprinzip
- 4. Ergebnis
- IV. Ergebnis
- E. Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese wissenschaftliche Hausarbeit befasst sich mit der europarechtlichen Bewertung des Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) und der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF). Die Arbeit untersucht die rechtlichen Grundlagen und die Konstruktion dieser Mechanismen, analysiert ihre Vereinbarkeit mit den relevanten europarechtlichen Bestimmungen und beleuchtet ihre Bedeutung im Kontext der europäischen Finanzkrise.
- Rechtliche Konstruktion des EFSM und der EFSF
- Europarechtliche Bewertung des EFSM, insbesondere im Hinblick auf Art. 122 AEUV
- Europarechtliche Bewertung der EFSF, insbesondere im Hinblick auf Art. 123, 124 und 125 AEUV
- Die Rolle von Solidarität und Unionsnotstand im Kontext der europäischen Finanzstabilität
- Die Bedeutung des EFSM und der EFSF für die Zukunft der Europäischen Währungsunion
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Kontext der europäischen Finanzkrise und die Bedeutung des EFSM und der EFSF für die Bewältigung dieser Krise beleuchtet. Kapitel B untersucht die rechtlichen Grundlagen und die Konstruktion der beiden Mechanismen. Kapitel C befasst sich mit der europarechtlichen Bewertung des EFSM, insbesondere im Hinblick auf Art. 122 AEUV, der als Rechtsgrundlage für den EFSM dient. Kapitel D widmet sich der europarechtlichen Bewertung der EFSF, wobei insbesondere die Vereinbarkeit mit Art. 123, 124 und 125 AEUV im Mittelpunkt steht. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick auf die Zukunft der Europäischen Währungsunion und die Bedeutung des EFSM und der EFSF für die Bewältigung zukünftiger Krisen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt Themen wie Europarecht, Finanzstabilisierungsmechanismen, EFSM, EFSF, Art. 122 AEUV, Art. 123 AEUV, Art. 124 AEUV, Art. 125 AEUV, Unionsnotstand, Solidaritätsprinzip, Europäische Währungsunion, Finanzkrise.
- Arbeit zitieren
- Timon Backes (Autor:in), 2012, Europarechtliche Bewertung des Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) und der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285553