Die konstantinische Wende. Religiöse Bekehrung oder strategische Kalkulation?


Dossier / Travail de Séminaire, 2014

16 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Konstantin auf dem Weg zur Alleinherrschaft

3. Die Schlacht an der milvischen Brücke

4. Das Mailänder Edikt von 313

5. Die konstantinsche Wende

6. Schlussbetrachtung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Flavius Valerius Constantius (272/285-337 n-Chr.) war ein römischer Kaiser, der den Aufstieg des Christentums zur wichtigsten Religion im römischen Reich vorantrieb. Die Persönlichkeit Kaiser Konstantins ist schon lange Gegenstand einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung.

Zur Diskussion steht, ob Konstantin durch eine christliche Bekehrung oder aus machtpolitischem Interesse den Vormarsch des Christentums unterstützte. Althistoriker und Theologen vertreten in dieser Debatte verschiedene Positionen, die im Verlauf dieser Arbeit herausgearbeitet und gegenüber gestellt werden sollen. Es ist aufgrund des Umfangs der Arbeit nicht möglich ein endgültiges Resultat hervor zu heben. In der Schlussbetrachtung am Ende dieser Arbeit werde ich meine persönlichen Gedanken zu diesem Diskurs erörtern und versuchen, ein Ergebnis zu formulieren.

Zunächst werde ich einen kurzen Abriss über das Leben Konstantins bis zur Schlacht an der Milvischen Brücke geben. Im Anschluss werde ich analysieren, inwieweit die Darstellungen des Ereignisses bei der Milvischen Brücke im Jahr 312 christlich geprägt wurden. Im weiteren Verlauf setze ich mich mit dem Mailänder Edikt aus dem Jahr 313 auseinander. Hier soll untersucht werden, ob das Edikt von Mailand wirklich den Charakter eines Ediktes besitzt. Abschließend werde ich die konstantinische Wende in Bezug auf religiöse und politische Motive untersuchen. In alle Kapitel fließen Autorenmeinungen ein, die gegen-übergestellt und diskutiert werden.

Ich beschränke mich auf die Quellen von Laktanz und Eusebius, deren Zeugnisse die bedeutendsten Schriften der konstantinischen Epoche sind.

2. Konstantin auf dem Weg zur Alleinherrschaft

Diokletian, der das Kaiseramt bekleidete, erkannte im 3. Jahrhundert, dass das römische Reich zu groß war, um von ihm allein beherrscht zu werden. Um den Staat zu erhalten, reformierte er die Befugnisse über das Reich und entschloss sich, das Reich in West und Ost aufzuteilen. Jeweils ein Augustus und ein Caesar regierten einen Teil des Reiches. Nach der Amtszeit von 10 Jahren sollten die Caesaren die Positionen der Augusti einnehmen, die dann neue Caesaren ernannten.

Das System der Tetrarchie, in der Constantius I. und Galerius ebenfalls zu Mitkaisern ernannt wurden, entstand einige Jahre später.[1] 303 veranlasste Diokletian die Christenverfolgung, die von Constantius nicht durchgeführt wurde. Diese Toleranz prägte einen Mann, der die Geschichte des Christentums fundamental verändert hat. Flavius Valerius Constantinus – Sohn des Constantius – sorgte für den Aufstieg des Christentums zur Staatsreligion im Imperium Romanum.

Nachdem 305 Diokletian und Maximian vertragsgemäß zurückgetreten waren, ernannte Diokletian, treu seinem System nicht die Kaisersöhne Konstantin und Maxentius sondern Maximinus Daja und Severus als Caesaren. Konstantin floh aus Rom und unterstützte seinen Vater beim Feldzug gegen Britannien. Er besaß nach dessen Tod 306 so viel Macht, dass er später den Caesarennamen von Galerius (Augustus) erhielt. Severus wurde Augustus, war jedoch im Reich sehr unbeliebt und wurde durch einen Putsch von Maximian abgelöst. Im Jahr 307 erkannten sich Konstantin und Maximian gegenseitig als Augusti an.

Um die alte Tetrarchie wieder aufzubauen, wurde Licinius auf einer Konferenz im Jahre 308 zum Augustus berufen und Galerius bestätigt. Konstantin und Maxentius (Sohn des Maximian) wurden zu Caesaren ernannt und waren damit nicht zufrieden. Beide legten sich den Augustusnamen selbst zu. Nach Galerius Tod standen sich Konstantin und Maxentius im Westen und Licinius und Maximinius Daja im Osten gegenüber. Zur Erhaltung seiner Machtposition musste Konstantin in einen Krieg gegen Maxentius ziehen und begab sich daher 312 mit seinen Truppen, ca. 40.000 Mann, über die Alpen in Richtung Rom.[2]

Die berühmte Schlacht an der Milvischen Brücke wurde im selben Jahr ausgetragen. Diesen entscheidenden Kampf gewann Konstantin am 28. Oktober 312.[3] Die Relevanz dieser Auseinandersetzung in Bezug auf die Sympathie Konstantins zum Christentum soll nun im weiteren Verlauf dieser Arbeit analysiert werden.

3. Die Schlacht an der milvischen Brücke

Im Folgenden wird die Frage behandelt, inwiefern die Darbietung der Geschehnisse an der milvischen Brücke im Jahr 312 von christlicher Natur geprägt waren. Grundlage der Erörterung ist die Vision Konstantins, die die Verwendung des monogrammatischen Kreuzes in der Schlacht begründete.

Die Vision wird von verschiedenen Autoren in diversen Fassungen beschrieben. Mittelpunkt der forschungsgeschichtlichen Diskussion sind die drei Zeugnisse von Laktanz („Divinae institutiones“) und Eusebius (der ältere aus „Kirchengeschichte“ [lat. Historia ecclesiae]; der jüngere aus der „Vita Constantini“).[4]

Obwohl alle drei Aussagen zur Vision treffen, haben sie lediglich die Hinwendung Konstantins zum christlichen Gott und dessen Beistand in der Schlacht gemeinsam. Dabei muss jedoch betont werden, dass die Geschichtsschreiber selbst Christen waren und somit nicht ersichtlich ist, ob und inwiefern Konstantins Bild subjektiv theologisiert wurde.

Zunächst soll der Bericht des Laktanz betrachtet werden. Er beschreibt Maxentius zahlenmäßige Überlegenheit und Konstantins zaghafte Angriffsversuche. Als dieser jedoch „seinen Mut befestigt hatte, [zog er alle Truppen in die Nähe der Stadt und belagerte die Milvische Brücke]“.[5] In einer Vision, beziehungsweise in einem Traum, sei ihm nachts durch eine Lichtgestalt aufgetragen worden, den Buchstaben „X“ umzulegen und zu einem Symbol zu formen, sodass ein Kreuz entstanden war. Dies symbolisiert den griechischen Buchstaben „Chi“, der Anfangsbuchstabe des Namen Christi. Außerdem sollte der obere Arm des „Chi“ umgebogen werden, sodass ein „Rho“ entstand, der zweite Buchstabe des Namen Christi. Zusammen ergab dies das monogrammatische Kreuz, ein Symbol der Christenheit.[6] Dieses sollte er auf allen Schildern seiner Soldaten anbringen, um so Gottes Beistand in der Schlacht zu erhalten. Nachdem Maxentius die sybillinischen Bücher über den Ausgang der Schlacht befragt hatte und diese offenbarten, dass „an jenem Tage ein Feind der Römer vernichtet werden solle“[7], verließ er die schützende Stadt, ritt in die Schlacht und wurde nach heftigen Kämpfen samt seiner Truppen zurückgedrängt und in den Tiber geschoben, da die Brücke zuvor von Konstantins Heer zerstört worden war.[8]

Ein weiterer Bericht von Konstantins Vision stammt von Eusebius. In dem Werk „Vita Constantini“ berichtet er davon, dass Konstantin über der Sonne ein Zeichen in Form eines Kreuzes gesehen habe. An diesem hing der Schriftzug „Darin siege“[9]. Bei Eusebius ist es, anders als bei Laktanz, bei Tag und nicht in der Nacht erschienen. Christus sei Konstantin in der folgenden Nacht im Traum zusammen mit dem Kreuzsymbol erschienen und befahl ihm, dieses nachzubilden und es „bei den Begegnungen mit den Feinden als Schutzzeichen zu gebrauchen“.[10] Wie in der Erzählung des Laktanz veranlasste Konstantin auch hier die Verwendung des Zeichens zum Schutz der Truppen. Diese detaillierte Darstellung der Ereignisse wurde von vielen Wissenschaftlern angezweifelt, da der Text einerseits eine große Distanz zum eigentlichen Geschehen aufweist und andererseits immense Ausschmückungen der Theophanie von Eusebius vorgenommen wurden.[11] Diskutiert man die historische Authentizität der Quellentexte, dann ist die inhaltlich knappe und sachliche Schilderung des Laktanz eher als glaubwürdig einzustufen, zumal sie zeitnaher am eigentlichen Ereignis verfasst wurde.[12]

Des Weiteren stellt Laktanz nicht in den Vordergrund, dass das Zeichen dem christlichen Gott gewidmet sei. Daraus kann man schließen, dass diese Ereignisschilderung noch nicht vollkommen christianisiert wurde. Eusebius‘ Quelle hingegen zeigt eine Vermischung von Realität und Legende:

„[…], weil der Bericht von der Vision später zu einer Bekehrungslegende ausgestaltet und ganz im Legendenstil überliefert wurde.“[13]

Zudem hat Eusebius das Leben des Kaisers bis zum Tod miterlebt und war sich daher des Wandels Konstantins im Hinblick auf das Christentum bewusst.

Man könnte letztendlich die Quelle des Eusebius als eine interpretierende Legende auffassen und weniger als historischen Bericht.[14]

Im Zentrum beider Quellen steht die Beschreibung des himmlischen Zeichens. Für die Althistoriker Eberhard Horst und Jochen Bleicken ist die Wahl des Chi-Rho-Christogramms ein Indiz für die Authentizität der Berichte. Dieses Zeichen war zu jener Zeit sehr ungewöhnlich für das Gebiet an der Milvischen Brücke und spricht somit gegen ein willkürliches Erfinden der Vision.[15]

4. Das Mailänder Edikt von 313

Das Toleranzedikt von Mailand 313 bezeichnet eine Vereinbarung bezüglich der Festlegung der Grundlinien der künftigen Politik, die Kaiser Konstantin mit Kaiser Licinius getroffen hat. Sie besiegelt die freie Religionswahl aller Bürger im Römischen Reich.

In diesem Abschnitt soll der Frage nachgegangen werden, ob das Edikt von Mailand wirklich die Merkmale eines Ediktes besitzt, da der heutige Forschungsstand den Begriff „Edikt“ vermeidet. Stattdessen verwendet man die Bezeichnungen „Protokoll“ oder „Mailänder Vereinbarung“ bzw. „Abkommen“. Die Untersuchung des Abkommens soll die besondere christliche Prägung im Vergleich zum Galerius-Edikt herausstellen.[16]

Als Quellen dienen in diesem Fall die Berichte des Eusebius und des Laktanz. Beide Autoren geben Schreiben des Licinius an die Stadthalter eroberter Gebiete wieder. Wie auch schon bei der Beschreibung der Schlacht an der milvischen Brücke decken sich die Berichte inhaltlich nur in ihren Grundzügen.

Bericht des Eusebius:

„[...] dass die Freiheit der Gottesverehrung nicht verweigert werden [darf]“.[17]

[...]


[1] Vgl. Keil, Volkmar: Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Großen. Darmstadt 1989, S. 22

[2] Vgl. Keil, Volkmar: Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Großen. Darmstadt 1989, S. 23

[3] Vgl. Dörries, Hermann: Konstantin der Große. Stuttgart 1958, S. 28

[4] Vgl. Keil, Volkmar: Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Großen. Darmstadt 1989, S. 42

[5] Ebenda S.43

[6] Vgl. Dörries, Hermann: Konstantin der Große. Stuttgart 1958, S. 30f

[7] Maier, Franz Georg: Die Verwandlung der Mittelmeerwelt. Frankfurt am Main 2000 Bd. 9, S.28

[8] Vgl. Keil, Volkmar: Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Großen. Darmstadt 1989, S. 45

[9] Ebenda S.49

[10] Ebenda S.49ff

[11] Vgl. Dörries, Hermann: Konstantin der Große. Stuttgart 1958, S. 32f

[12] Vgl. Horst, Eberhard: Konstantin der Große. Eine Biographie. Hildesheim 1993, S. 154ff

[13] Kraft, Heinz: Kaiser Konstantins religiöse Entwicklung. Tübingen 1955, S. 15

[14] Vgl. Weiß, Peter: Die Vision Constantins. in: Colloquium aus Anlass des 80. Geburtstages von Alfred Heuß, Bleicken, Jochen (Hrsg.), Kallmünz 1993, S. 146

[15] Vgl. Bleicken, Jochen: Constantin der Große und die Christen. Überlegungen zur konstantinischen Wende. München 1992, S. 26

[16] Vgl. Keil, Volkmar: Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Großen. Darmstadt 1989, S. 58f

[17] Ebenda S.63

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Die konstantinische Wende. Religiöse Bekehrung oder strategische Kalkulation?
Université
University of Münster  (Alte Kirchengeschichte)
Cours
Grundthemen und Methoden der Kirchengeschichte: Die Konstantinische Wende
Note
1,3
Auteur
Année
2014
Pages
16
N° de catalogue
V285833
ISBN (ebook)
9783656860679
ISBN (Livre)
9783656860686
Taille d'un fichier
432 KB
Langue
allemand
Mots clés
Konstantinische Wende, Konstantin, Wende, Kalkulation, Kalkül, Machtpolitik, Bekehrung, historische Theologie, Kirchengeschichte, Milvische Brücke, Mailänder Edikt
Citation du texte
Christoph Niemann (Auteur), 2014, Die konstantinische Wende. Religiöse Bekehrung oder strategische Kalkulation?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285833

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