Im Jahr 2012 belief sich die Anzahl gesetzlicher Betreuungsverfahren in Deutschland auf 1.325.013. Der Anteil von Betreuungsgerichten bestellter beruflicher Betreuer betrug dabei 39,51 %. Ein Grund dafür, warum in fast 40 % aller Betreuungsfälle professionelle und damit für den Betroffenen meist unbekannte Betreuer tätig werden, ist ein weitverbreiteter Irrtum in der Bevölkerung. Ein Großteil der Gesellschaft geht nachwievor davon aus, dass im „Betreuungsfall“ nahe Familienangehörige bzw. Ehe- oder Lebenspartner ohne weiteres dazu berechtigt seien, für den Betroffenen stellvertretend tätig werden zu dürfen. Dies ist so nicht richtig. Angehörige können zwar im Bedarfsfall für den zu Betreuenden nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677 ff BGB handeln, eine Vertretungsmacht entsteht hierdurch allerdings nicht. Reicht diese Art der Tätigkeit – ohne Vertretungsmacht - nicht aus, um die Interessen des Betroffenen zu wahren, besteht seit dem Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes am 1. Januar 1992 gem. § 1896 Abs. 1 S. 1 die Möglichkeit, dass das Betreuungsgericht einen gesetzlichen Betreuer für den Betroffenen bestellt. Im gleichen Zuge wurde in § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB geregelt, dass statt eines Betreuers ein von der betroffenen Person selbst ausgewählter Bevollmächtigter für den Betroffenen stellvertretend im Krankheitsfall tätig werden könne. Der Aufgabenbereich eines gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Stellvertreters erstreckt sich von vermögensrechtlichen bis zu persönlichen Angelegenheiten. Durch das am 1.1.1999 in Kraft getretene Betreuungsänderungsgesetz hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 1904 BGB klargestellt, dass eine Vollmacht i.S.d. § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB auch sogenannte „Gesundheitsangelegenheiten“ umfassen kann. Im Rahmen einer Vollmacht in Bezug auf solche Angelegenheiten ergeben sich zahlreiche Fragen und Probleme. Die vorliegende Arbeit zu dem Thema „Die Gesundheitsvollmacht“ möchte einen Überblick über die Voraussetzungen einer solchen „Gesundheitsvollmacht“ geben. In diesem Zusammenhang wird vor allem auf die Aufgaben des Bevollmächtigten, den Umfang und das zeitliche Wirksamwerden der Vollmacht und die damit verbundenen Probleme eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Die Gesundheitsvollmacht
- I. Die Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten
- 1. Sinn und Zweck einer Gesundheitsvollmacht
- 2. Das Verhältnis von gesetzlicher Betreuung und Bevollmächtigung
- 3. Abgrenzung und Verhältnis der Gesundheitsvollmacht zur Patientenverfügung
- II. Voraussetzungen einer wirksamen Gesundheitsvollmacht
- 1. Zulässigkeit einer Vollmacht in Gesundheitsangelegenheiten
- 2. Wirksame Erteilung der Gesundheitsvollmacht
- a) Keine Einwilligungs- und Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers
- b) Form und Inhalt der Gesundheitsvollmacht
- c) Die Person des Bevollmächtigten
- 3. Widerrufbarkeit einer Gesundheitsvollmacht
- III. Das Rechtsverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten
- IV. Die Tätigkeit eines Bevollmächtigten bei Gesundheitsangelegenheiten
- 1. Aufgaben, Rechte und Entscheidungsumfang des Bevollmächtigten
- a) Bindung an das Vorsorgeverhältnis
- b) Ermittlung des Patientenwillens
- c) Grenzen einer Gesundheitsvollmacht
- 2. Voraussetzungen für ein Handeln des Bevollmächtigten
- a) Untersuchung des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder sonstige ärztliche Eingriffe
- b) Der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Gesundheitsvollmacht
- aa) Der Zeitpunkt der Vornahme von Handlungen des Bevollmächtigten i.S.d. § 1904 Abs. 1 und 2 BGB
- bb) Der Zeitraum zwischen Erteilung einer Gesundheitsvollmacht und dem Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit
- (1) Die Vollmachterteilung unter der aufschiebender Bedingung der Handlungsunfähigkeit des Vollmachtgebers
- (2) Unbedingte Erteilung der Vollmacht
- C. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit zielt darauf ab, einen umfassenden Überblick über die Gesundheitsvollmacht im deutschen Recht zu geben. Sie untersucht die Voraussetzungen für eine wirksame Vollmacht, die Aufgaben und Rechte des Bevollmächtigten sowie den zeitlichen Geltungsbereich der Vollmacht. Besonderes Augenmerk liegt auf den Herausforderungen und Problemen, die im Zusammenhang mit der Gesundheitsvollmacht auftreten können.
- Voraussetzungen für eine wirksame Gesundheitsvollmacht
- Rechte und Pflichten des Bevollmächtigten
- Zeitlicher Geltungsbereich und Wirksamwerden der Vollmacht
- Abgrenzung zur Patientenverfügung und gesetzlicher Betreuung
- Probleme und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Gesundheitsvollmacht
Zusammenfassung der Kapitel
A. Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die hohe Anzahl an Betreuungsverfahren in Deutschland und den damit verbundenen Bedarf an Vorsorgevollmachten. Sie führt in das Thema der Gesundheitsvollmacht ein und skizziert die zentralen Fragestellungen der Arbeit, insbesondere die Voraussetzungen einer wirksamen Vollmacht, die Aufgaben des Bevollmächtigten und das zeitliche Wirksamwerden.
B. Die Gesundheitsvollmacht: Dieses Kapitel bietet einen detaillierten Einblick in das Thema Gesundheitsvollmacht. Es analysiert die Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten, die Voraussetzungen für eine wirksame Erteilung, das Rechtsverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten, und die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Detail. Die Ausführungen gehen tief in die rechtlichen Grundlagen ein und diskutieren verschiedene Aspekte wie die Bindung an das Vorsorgeverhältnis, die Ermittlung des Patientenwillens, sowie die Grenzen der Vollmacht. Ein wichtiger Punkt ist die Betrachtung des Zeitpunktes des Wirksamwerdens, inkl. der Unterscheidung zwischen bedingter und unbedingter Erteilung.
Schlüsselwörter
Gesundheitsvollmacht, Patientenverfügung, gesetzliche Betreuung, Bevollmächtigter, Einwilligungsfähigkeit, Vorsorgevollmacht, ärztliche Behandlung, Rechtsfähigkeit, BGB, Betreuungsrecht.
Häufig gestellte Fragen zur Gesundheitsvollmacht
Was ist der Inhalt dieses Dokuments?
Dieses Dokument bietet eine umfassende Übersicht über die Gesundheitsvollmacht im deutschen Recht. Es beinhaltet ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Zusammenfassungen der Kapitel und Schlüsselwörter. Der Fokus liegt auf den Voraussetzungen für eine wirksame Vollmacht, den Rechten und Pflichten des Bevollmächtigten, dem zeitlichen Geltungsbereich und der Abgrenzung zu Patientenverfügung und gesetzlicher Betreuung.
Welche Themen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt ausführlich die Gesundheitsvollmacht, einschließlich der Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten, der Voraussetzungen für eine wirksame Erteilung (Einwilligungsfähigkeit, Form, Inhalt, Person des Bevollmächtigten), des Rechtsverhältnisses zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem, und der Tätigkeit des Bevollmächtigten (Aufgaben, Rechte, Entscheidungsumfang, Grenzen). Besonderes Augenmerk liegt auf dem zeitlichen Geltungsbereich der Vollmacht, insbesondere dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens (bedingte vs. unbedingte Erteilung) und der Abgrenzung zur Patientenverfügung und gesetzlichen Betreuung.
Welche Voraussetzungen muss eine wirksame Gesundheitsvollmacht erfüllen?
Eine wirksame Gesundheitsvollmacht erfordert die Einwilligungsfähigkeit des Vollmachtgebers zum Zeitpunkt der Erteilung. Die Vollmacht muss zudem die erforderliche Form wahren und einen eindeutigen Inhalt aufweisen. Die Person des Bevollmächtigten muss geeignet sein. Das Dokument erläutert diese Voraussetzungen detailliert.
Welche Rechte und Pflichten hat der Bevollmächtigte?
Der Bevollmächtigte hat das Recht, im Namen des Vollmachtgebers Entscheidungen in Gesundheitsangelegenheiten zu treffen. Seine Pflichten umfassen die Berücksichtigung des Patientenwillens und die Einhaltung der Grenzen der Vollmacht. Das Dokument beschreibt die Aufgaben, Rechte und den Entscheidungsumfang des Bevollmächtigten im Detail.
Wann wird eine Gesundheitsvollmacht wirksam?
Der Zeitpunkt des Wirksamwerdens einer Gesundheitsvollmacht hängt davon ab, ob sie bedingt (z.B. unter der aufschiebenden Bedingung der Handlungsunfähigkeit des Vollmachtgebers) oder unbedingt erteilt wurde. Das Dokument erklärt diesen Unterschied und die jeweiligen Konsequenzen.
Wie unterscheidet sich die Gesundheitsvollmacht von der Patientenverfügung und der gesetzlichen Betreuung?
Das Dokument beschreibt die Unterschiede zwischen der Gesundheitsvollmacht, der Patientenverfügung und der gesetzlichen Betreuung. Es klärt die Abgrenzungen und das Verhältnis dieser drei Instrumente.
Welche Probleme und Herausforderungen können im Zusammenhang mit der Gesundheitsvollmacht auftreten?
Das Dokument benennt und diskutiert potentielle Probleme und Herausforderungen, die im Zusammenhang mit der Gesundheitsvollmacht entstehen können.
Welche Schlüsselwörter sind mit dem Thema Gesundheitsvollmacht verbunden?
Schlüsselwörter umfassen: Gesundheitsvollmacht, Patientenverfügung, gesetzliche Betreuung, Bevollmächtigter, Einwilligungsfähigkeit, Vorsorgevollmacht, ärztliche Behandlung, Rechtsfähigkeit, BGB, Betreuungsrecht.
- Quote paper
- Dipl. iur. Nikolaus von Bar (Author), 2014, Die Folgen und Probleme der Gesundheitsvollmacht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286198