Meist werden bei der Betrachtung der Person Machiavellis seine Ausführungen zum Krieg und Militär nur am Rande behandelt, obwohl sie einen Großteil seiner Schriften ausmachen. Dieser Essay soll sich deshalb Machiavelli als militärischem Denker widmen und legt besonderen Wert auf die Darstellung seiner kriegsphilosophischen Sichtweise.
Zur Fragestellung
Machiavelli- Ein Denker für unsere Zeit? Hinter den Seminartitel einfach ein Fragezeichnen zu setzen erscheint prädestiniert um das gesamte Seminar und die eigene Lese- und Denkerfahrung nochmal zu hinterfragen. Lohnt es für einen Menschen der im Hier und Jetzt lebt, überhaupt noch die Theorien Machiavellis zu lesen und zu verstehen zu suchen. Hat Machiavelli nicht einfach nur seine Zeit beschrieben. Seine Lektüre hat allenfalls historisches Interesse. Aber sollen wir nicht aus Historie für unsere Zeit lernen, Prozesse zu verstehen und Fehler zu vermeiden. Ein erster Zugang zu Machiavelli mag, die historische Analyse seiner Zeit sein. Man kann die schwierigen politischen Balanceakte der Stadtstaaten erkennen und damit Machiavellis Wunsch nach Stabilität nachvollziehen. Man kann sein Leben betrachten und daraus die Entstehung der Werke besser verstehen. Man kann sich in die Rezeptionsgeschichte stürzen und erkennen, dass ein jeder nur das sehen wollte was in seine Weltsicht und Zeit zu passen schien. Doch macht es schon einen modernen Denker unserer Zeit aus, dass sich kontinuierlich mit ihm beschäftigt wurde. Ich glaube nein. Die verschiedenen Interpretationsverfahren die wir anwenden, vermögen es verschiedene Perspektiven einzunehmen, aber sie vermögen nicht eine Antwort auf die Aktualität der Theorie zu geben. Ich werde nun den Versuch wagen (ein Essay schreiben) aufzuzeigen warum Machiavelli für mich ein aktueller Denker ist, dessen Lektüre immer noch gewinnbringend ist. Ich wähle dazu ein Thema, welches man bei einer solchen Fragestellung vielleicht wenig erwarten würde. Ich widme mich Machiavelli als militärischem Denker, weniger als Kriegsstratege sondern vielmehr seiner kriegsphilosophischen Sichtweise. Dies ist auf zweierlei Weise ungewöhnlich, zum einem weil Machiavellis Ausführungen zum Krieg und Militär meist nur am Rande behandelt werden, obwohl sie einen Großteil seiner Schriften ausmachen und zum anderen weil ich als Grüner und überzeugter Verweigerer durch Machiavelli zum ersten Mal einen Zugang zur Kriegsphilosophie bekommen habe.
2. Essay
Es ist Krieg, nur keiner nennt ihn so. Die derzeitige Weltpolitische Lage ist geprägt von humanitären Einsätzen, Friedensmissionen, einem Kampf gegen den Terror und diversen bürgerkriegsähnlichen Situationen. Und wenn ein Einsatz den Zusatz Krieg bekommt, so wie der „war on terrorism“, so hat dieser wenig mit dem klassischen Kriegsbegriff zu tun. Machiavelli analysierte die instabilen politischen Machtsysteme im Italien des 15.Jahrhunderts. Beruflich war sein Leben von einer jahrzehntelangen Arbeit im Rat geprägt, er war zuständig für die Aufstellung des Florentiner Heeres. Sein größter Erfolg war dabei die Rückeroberung Pisas. Lassen sich seine militärischen Überlegungen auf unsere heutige Zeit übertragen?
In seinem Werk „Dell'Arte della Guerra“ beschäftigt er sich eingehend mit dem römischen Militärwesen und überträgt dessen Ideale und Taktiken auf seine eigene Zeit. Einen wichtigen Faktor für den Untergang der römischen Republik sieht er in der stetigen Bildung von stehenden Heeren. Wurden aus den römischen Bürgern und Bauern anfangs nur in Kriegszeiten Soldaten, die danach zu ihrer eigentlichen Tätigkeit zurückkehrten, so wuchs mit dem Imperium der Bedarf nach ständig einsetzbaren Kräften. Diese Professionalisierung führte aber zu einer Machtkonzentration auf Seiten der Befehlshaber, welche sich in rivalisierenden Machtkämpfen ergingen und die Republik zum Kaiserreich machten. Solche Militärputsche stellten und stellen die Realität vieler süd-und mittelamerikanischer Staaten sowie der Afrikanischen und mancher Asiatischen Staaten dar. Ein stehendes Heer welches sich nicht mehr dem Staat verpflichtet fühlt, vor allem wenn dieser nicht in der Lage ist für ausreichenden Sold zu sorgen, sondern sich hinter die Machtinteressen seiner Generäle stellt. Ein ehrgeiziges und anspruchsvolles Heer war schon oft der Tod der republikanischen Idee. So gesehen lässt sich Machiavellis Analyse auch auf unsere Zeit übertragen. Dazu stellt Kayser-Eichberg fest: „Armeen nämlich, die zu stehenden Einrichtungen werden, verwandeln sich in soziale Organismen und haben füglich mit allen Sozialorganismen gemein, dass sie von ihrer Bedeutung durchdrungen und auf ihre Geltung bedacht sind.“1 Im Weiteren spricht Machiavelli davon, dass man einen solchen Machtmissbrauch dadurch verhindern könne, wenn man ein rotierendes System einführte. Ein Gedanke der starke Ähnlichkeit mit basisdemokratischen Ideen hat. Im Fürsten (Kapitel 12) stellt Machiavelli fest, dass "Die stärksten Fundamente alter neuer und vermischter Staaten (.) gutes Militär und gute Gesetze(sind)."2 Er sieht also im Militär nicht nur einen destabilisierenden Faktor sondern einen Grundpfeiler der Stabilität. Er prägt die Idee, dass die Aufstellung eines Nationalheeres die Einheit des Staates fördern würde. Dazu stellt König kritisch fest „Man baut keine Ordnung auf, indem man das Volk in die Organisation des Heeres zwingt. Wohl aber gibt die vorausgesetzte Ordnung dem Heere seinen Halt“3. Machiavelli ist der Überzeugung, dass allein aus dem gemeinsamen Kampf für etwas, das Gefühl entspringt dieses etwas zu bewahren. Er meint das erst aus dem militärischen Kampf, die guten Gesetze entspringen, welche dann die Stabilität des Staates bringen. Ein Gedanke der wenn man die Geschichte von Revolutionen und Republiken betrachtet durchaus einiges an Plausibilität aufweist.
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1 Kayser-Eichberg 1958, S.117
2 Siehe auch Discorsi 1,4: „… dass da, wo man ein gutes Heer hat, auch eine gute staatliche Ordnung sein muss…“; Discorsi 3,32: „Ich habe zwar andernorts schon hervorgehoben, dass der Grundpfeiler eines jeden Staates ein gutes Kriegswesen ist, und dass, wo dieses fehlt, weder die Gesetze noch irgendwas anders gut sein können.“
3 König 1941, S.314
- Arbeit zitieren
- Tillmann Grüneberg (Autor:in), 2009, Machiavelli und die Aktualität seines kriegsphilosophischen Denkens für die Moderne, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286256
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