Reales Geschehen und fiktive Welt: Handkes Schreibmotivation
Peter Handkes Erzählung „Wunschloses Unglück“ nimmt den Tod seiner Mutter Ende des Jahres 1971 zum Anlaß, der Geschichte dieser in den starren Formen österreichisch-kleinbürgerlichen Lebens verhafteten Frau nachzuspüren. Der Autor geht dabei von der lapidaren Zeitungsmeldung unter der Rubrik „Vermischtes“ aus, durch welche in dürren Worten vom Selbstmord der 51jährigen Hausfrau berichtet. Gleichsam als Gegenposition hierzu steht der Entschluß Handkes, ihre wahre Lebensgeschichte als eine Darstellung der sie prägenden äußeren Bedingungen und inneren Zwänge niederzuschreiben. Handkes Versuch, sich durch den Prozeß des Schreibens auch vom eigenen Entsetzen zu befreien, stellt sich am Ende als erfolglos heraus. Der Erzählzusammenhang löst sich in Erinnerungsfetzen und Assoziationen auf, am Ende steht der Vorsatz: „Später werde ich über das alles Genaueres schreiben.“1
Vier Jahre nach Herausgabe der biographisch-autobiographischen Erzählung „Wunschloses Unglück“ erscheint 1976 Handkes Erzählung „Die linkshändige Frau“, die aus dem Drehbuch zum gleichnamigen, 1977 fertiggestellten Film hervorgegangen ist.2 Es ist die Emanzipationsgeschichte einer Frau, die von einem Tag zum anderen ihre Ehe aufgibt, um zu ihrem Selbst zu finden. Im Gegensatz zum vorher genannten Werk handelt es sich hier jedoch um eine rein fiktive Frauengestalt, zu der Peter Handke nach eigenen Aussagen deshalb die geistige Energie habe aufbringen können, weil er „Wunschloses Unglück“, und damit die Lebens- und Todesbeschreibung seiner Mutter hinter sich hatte.3
Inhaltsverzeichnis
- Reales Geschehen und fiktive Welt: Handkes Schreibmotivation
- Namengebung und sozio-kultureller Hintergrund der Frauenfiguren
- Lebensumstände als Relikte des 19. Jahrhunderts
- „Middle Class“ Perfektion des 20. Jahrhunderts
- Minimalvoraussetzungen der Emanzipation
- Eigentum als „verdinglichte Freiheit“
- Bildung und Ausbildung als Grundlage der Existenz
- „Ein Zimmer für sich allein“
- Kommunikation und zwischenmenschlicher Bereich
- Sprachliche Kommunikation mit der Vaterfigur
- Sprache und Rollenverhalten in Männerbeziehungen
- Rückzug zur Einsamkeit
- Handkes Rolle als Erzähler
- Gratwanderung zwischen Identifikation und Distanz in „Wunschloses Unglück“
- Filmische Darstellung in „Die linkshändige Frau“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die Frauendarstellungen in Peter Handkes Erzählungen „Wunschloses Unglück“ und „Die linkshändige Frau“. Der Fokus liegt dabei auf dem Vergleich der beiden Figuren und ihrer Lebensumstände, um die Schreibmotivation Handkes und seine Intentionen in Bezug auf die Darstellung von Frauen zu erforschen.
- Vergleich der Lebensumstände und -entwicklungen der beiden Frauenfiguren
- Analyse der sozio-kulturellen Bedingungen, die die Frauen prägen
- Bedeutung der Sprache und Kommunikation im Kontext der Frauendarstellungen
- Handkes Rolle als Erzähler und seine Gestaltung der Figuren
- Die Bedeutung der „linkshändigen Frau“ im Kontext von Handkes „wunschlosem Unglück“
Zusammenfassung der Kapitel
Reales Geschehen und fiktive Welt: Handkes Schreibmotivation
Die Hausarbeit beginnt mit einer Analyse der beiden Erzählungen „Wunschloses Unglück“ und „Die linkshändige Frau“ im Kontext von Handkes Schreibmotivation. „Wunschloses Unglück“ entstand als Reaktion auf den Tod seiner Mutter und beleuchtet ihr Leben in der österreichisch-kleinbürgerlichen Welt. „Die linkshändige Frau“ hingegen ist eine fiktive Erzählung, die aus dem Drehbuch zu einem gleichnamigen Film entstand. Handke stellt die beiden Figuren bewusst gegenüber und verdeutlicht seinen Wunsch, die „geträumte Frau“ leben und überleben zu lassen.
Namengebung und sozio-kultureller Hintergrund der Frauenfiguren
Der zweite Abschnitt untersucht die Namensgebung der Figuren, die deutliche Parallelen zu Handkes Familienleben aufweist. Die Lebensumstände der Mutter werden als Relikte des 19. Jahrhunderts beschrieben, geprägt von Armut und eingeschränkten Möglichkeiten. Im Gegensatz dazu steht die „linkshändige Frau“, die sich in einem modernen Umfeld befindet und mehr Freiheiten besitzt.
Minimalvoraussetzungen der Emanzipation
Hier werden die Bedingungen für Emanzipation im 20. Jahrhundert untersucht. Handke zeigt, wie Besitz, Bildung und Selbstständigkeit die Möglichkeiten von Frauen beeinflussen. Die „linkshändige Frau“ verfügt über mehr Freiheiten und kann ihren eigenen Weg wählen, während die Mutter in ihrem Leben stark eingeschränkt ist.
Kommunikation und zwischenmenschlicher Bereich
Dieser Abschnitt widmet sich der Kommunikation der Figuren und ihren Beziehungen zu Männern. Die Mutter ist in ihren sprachlichen Interaktionen und ihrem Rollenverständnis stark von der patriarchalischen Gesellschaft geprägt, während die „linkshändige Frau“ selbstbestimmter und unabhängiger agiert.
Handkes Rolle als Erzähler
Der letzte Abschnitt der Hausarbeit betrachtet die Rolle Handkes als Erzähler. Er analysiert, wie er in „Wunschloses Unglück“ zwischen Identifikation und Distanz zur Mutterfigur jongliert. In „Die linkshändige Frau“ hingegen verwendet er eine filmische Darstellung, um die Emanzipationsgeschichte der Protagonistin zu erzählen.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit befasst sich mit den Themen Frauendarstellung, Lebensumstände, Emanzipation, Sprache, Kommunikation, Familienbeziehungen und die Rolle des Erzählers in Peter Handkes Erzählungen.
- Arbeit zitieren
- Cornelia Peters (Autor:in), 1998, Frauendarstellungen in Peter Handkes Erzählungen "Wunschloses Unglück" und "Die linkshändige Frau", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28709