Das Bild des Neurotikers im Film wurde durch kaum einen anderen Filmschaffenden mehr geprägt als durch Woody Allen. Als Regisseur, Autor und Schauspieler zeichnete er über mehr als fünf Dekaden hinweg zahlreiche Charaktere, die sich in einem Punkt begegnen: Sie stecken in einer Identitätskrise. Sie verfluchen das Leben, weil sie sich innerhalb dessen Begrenzungen eingeengt und inadäquat vorkommen und andererseits, weil sie sich einer diffusen Allmacht gegenüber unterlegen fühlen. Sie sind verunsichert darüber, wer sie sind, in welchem Verhältnis sie zu ihrem Körper und auch zu Anderen stehen. In Zelig behandelt Allen den schwierigen Umgang mit einer Vielzahl von Rollenselbsten. In verschiedenen Kontexten und Beziehungen verwandelt sich die Hauptfigur in unterschiedliche Persönlichkeiten und löst ein Medienspektakel aus. Das Thema der narrativen Identität ist Dreh- und Angelpunkt in Deconstructing Harry. Allen hinterfragt, was geschieht, wenn sich eine Person nicht mehr erzählen kann. In Melinda and Melinda geht es anhand zweier Versionen der Protagonistin um die möglichen Selbste mit besonderem Fokus auf Identitätsentwicklung in Liebesbeziehungen.
Die genannten Charaktere gehen durch schwere Identitätskrisen aufgrund der abrupten Auslöschung einer Lebensperspektive wie beispielsweise der Wegfall sozialer Anerkennung (Zelig), der Verlust von Arbeit (Deconstructing Harry) oder das Ende einer Beziehung (Melinda and Melinda). Hierbei ist anzumerken, dass die Probleme in der Identitätsarbeit in den Figuren Allens so universell gezeichnet sind, dass quasi alle genannten Themen und zerstörten Lebensperspektiven auf jeden der drei Filme anwendbar sind.
Die Filme Allens werfen die Frage auf, ob die Postmoderne eine Zeit der Identitätsdiffusion einleitet und wie das Subjekt auf dieses innere Chaos reagiert? Steht es ihnen ohnmächtig gegenüber oder gibt es Strategien zur Bewältigung dieses Zustandes, der einer postmodernen Neurose gleicht?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Postmoderne Identität, Identität in der Postmoderne
- Identitätsvorstellungen von der Moderne zur Postmoderne
- Postmoderne Umbruchserfahrungen und ihr Wirken auf die Identitätsarbeit
- Being Leonard Zelig: Mediale Repräsentationen von Identität und Identitätsstörung in Zelig (1983)
- Do the chameleon! - Zeligs Person und Zeligs Persönlichkeiten
- Built through editing - Die Mockumentary als postmodernes Genre?
- Community is watching you - Zelig auf der Suche nach einem Selbst
- Zelig und Popkultur
- Celebrities
- Ich performe, also bin ich - Identität und Medien
- The Trouble with Harry: Unscharfe Identität in Deconstructing Harry (1997)
- Harry dekonstruiert
- Wiederholungen
- Jump Cuts
- Unschärfe - Fakt und Fiktion verschwimmen
- Harry interpretiert - Auflösung in seine Zeichen
- Harry eingefügt - Fiktionalisierung des Selbsts
- Harry überarbeitet - Narrative Identität
- Harry dekonstruiert
- Two of a kind: Ich und der Andere in Melinda and Melinda (2005)
- Zwei Melindas, Zwei Episoden – Postmoderne Multidimensionalität
- Kann es nur eine geben?
- What's love got to do with it? - Identität und Intimität
- Liebe und Narration - Wie erzählt Melinda Liebe?
- Keine Zweiheit ohne Einheit - Paarbeziehung und Identitätsarbeit
- Abschlussbetrachtung - Two heads are better than one
- Quellen
- Bibliographie
- Internetquellen
- Filmquellen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert drei Filme Woody Allens, Zelig (1983), Deconstructing Harry (1997) und Melinda and Melinda (2005), um die Frage nach der Identitätsarbeit in der Postmoderne zu untersuchen. Die Arbeit zielt darauf ab, die Herausforderungen der Identitätsfindung in einer Zeit der Pluralität, des Medienüberflusses und der Auflösung traditioneller Werte zu beleuchten.
- Identitätskonstruktionen in der Postmoderne
- Die Rolle der Medien in der Identitätsbildung
- Narrative Identität und die Bedeutung von Erzählungen
- Identitätsarbeit in Liebesbeziehungen
- Die Grenzen der Psychotherapie bei Identitätskrisen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Identitätskrisen in Woody Allens Filmen ein und stellt die drei ausgewählten Filme vor. Sie beleuchtet die zentralen Fragen der Arbeit und skizziert den theoretischen Rahmen.
Kapitel Zwei bietet einen Überblick über die Identitätsvorstellungen in der Moderne und Postmoderne. Es werden die wichtigsten Umbruchserfahrungen der Postmoderne und deren Auswirkungen auf die Identitätsarbeit diskutiert.
Kapitel Drei analysiert den Film Zelig und beleuchtet die Identitätsstörung der Hauptfigur. Es wird untersucht, wie Zeligs Geschichte filmisch inszeniert wird und welche Rolle die Medien in seiner Identitätsarbeit spielen.
Kapitel Vier widmet sich dem Film Deconstructing Harry und untersucht die Dekonstruktion der Identität des Protagonisten. Es wird analysiert, wie Allen verschiedene filmische Mittel einsetzt, um Harrys innere Konflikte sichtbar zu machen.
Kapitel Fünf betrachtet den Film Melinda and Melinda und analysiert die multidimensionale Narration und die Bedeutung von Liebe und Identität in der Beziehung der Protagonisten.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Postmoderne, Identität, Identitätskrise, Identitätsarbeit, Medien, Narration, Liebe, Beziehung, Woody Allen, Zelig, Deconstructing Harry, Melinda and Melinda.
- Quote paper
- Irina Kirova (Author), 2013, Postmoderne Identitätskonstruktion und Identitätsstörung in Woody Allens "Zelig", "Deconstructing Harry" und "Melinda and Melinda", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287534