Die Novellen „Fräulein Else“ und „Traumnovelle“ von Arthur Schnitzler waren bereits zu Zeiten ihrer Publikation große Erfolge und zählen auch heute noch zu den bekanntesten Werken der sogenannten „Wiener Moderne“. Beide Werke, so unterschiedlich die Handlungen auch sind, rekurrieren auf besondere Weise auf die Diskurse ihrer Zeit und haben es gleichzeitig geschafft auch heute noch aktuell zu sein.
Diese Mischung aus Zeitlosigkeit und Moderne entstand vor allem durch den Bezug zur Psychoanalyse, die viele Werke Schnitzlers geprägt hat. Obwohl Freud und Schnitzler nie in engem persönlichem Kontakt miteinander standen, ist ihr Interesse aneinander und ihrer Arbeit durch viele Dokumente belegt. Anfang des 19. Jahrhunderts gab es wohl insgesamt wenig Literatur, die nicht durch Freuds Theorien beeinflusst wurde, aber Arthur Schnitzler kann wohl zurecht als Freud literarischer Doppelgänger bezeichnet werden. In seinen Werken lässt sich das vor allem an den Frauenfiguren erkennen. Es wird Wert auf die Psychologisierung der Frauen und ihren Stand in der Gesellschaft gelegt und dass nicht nur bei „Fräulein Else“, dem Buch, das als Geschichte einer Hysterie-Patientin gilt. Schnitzler greift aber in dieser Novelle vor allem Freuds Theorien des Unbewussten auf, indem er die Form des inneren Monologs wählt. Ebenso beeinflussend waren für ihn wohl auch Freuds Traumdeutungstheorien, die sich natürlich besonders in der „Traumnovelle“, aber auch in „Fräulein Else“ widerspiegeln.
Es soll nun gezeigt werden, dass beide Bücher nicht nur durch ihre Nähe zur Psychoanalyse verbunden sind, sondern auch gerade durch ihre Abgrenzung zu Freud, die sich besonders auf die Entwicklung der Frauenfiguren auswirkt. Schnitzler, so beeinflusst sein Werk von der Psychoanalyse auch ist, hat dennoch einige Kritik an Freuds Theorien geäußert, die nicht nur durch Tagebucheinträge und Briefwechsel, sondern auch in seiner Literatur bemerkbar ist. Abgesehen von der Ablehnung von Freuds späteren Sexualtheorien auf die teilweise in „Fräulein Else“ Bezug genommen wird , spricht Schnitzler vor allem dem Individuum eine größere Autonomie zu, indem er viele psychische Prozesse nicht im unzugänglichen Unterbewusstsein verortet, sondern den Begriff des „Mittelbewusstseins“ kreiert, in dem das dort Gespeicherte durchaus noch bewusstseinsfähig ist.
Inhaltsverzeichnis
- A) Der Einfluss der Psychoanalyse aus Schnitzlers Werk und Frauenfiguren
- B) Die Frauenfiguren Schnitzlers im Spiegel seiner Zeit
- I. Sexualmoral und stereotype Frauenrollen um 19. Jahrhundert
- II. Die Weiterentwicklung der Frauen in Schnitzlers Werk
- C) Nacktheit als Ausbruch aus der Gesellschaft
- I. Die Nacktszenen und ihre Konsequenzen
- II. Der Eintritt in anti-bürgerliche Welten
- III. Das Opfer für die Selbstständigkeit
- IV. Der Aspekt der Anonymität
- D) Nacktheit als Demaskierung der patriarchischen Gesellschaft
- E) Die selbstbestimmten Frauen als Gefahr für die Gesellschaft
- F) Lösungsansatz in Traumnovelle
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Nacktszenen in Arthur Schnitzlers „Fräulein Else“ und „Traumnovelle“ im Kontext der Wiener Moderne. Es wird untersucht, inwiefern diese Szenen als Ausdrucksformen des Selbst und der Gesellschaft verstanden werden können, und wie Schnitzlers Werke die Diskurse der Zeit reflektieren, insbesondere hinsichtlich der Rolle der Frau und der Einflüsse der Psychoanalyse.
- Der Einfluss der Psychoanalyse auf Schnitzlers Werke und die Darstellung von Frauenfiguren
- Die Bedeutung der Nacktheit als Ausdruck von Freiheit und Rebellion gegen gesellschaftliche Normen
- Die Dekonstruktion patriarchaler Strukturen und die Darstellung der Frau als selbstbestimmtes Individuum
- Die Ambivalenz der Nacktheit als Akt der Selbstentblößung und der Demaskierung der Gesellschaft
- Die Rolle der Nacktszenen in der Gestaltung der Handlung und Charakterentwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
A) Der Einfluss der Psychoanalyse aus Schnitzlers Werk und Frauenfiguren
Dieses Kapitel befasst sich mit dem Einfluss der Psychoanalyse auf Schnitzlers Werk und insbesondere auf die Darstellung von Frauenfiguren. Es wird die Nähe und Abgrenzung Schnitzlers zu Freuds Theorien diskutiert, insbesondere die Betonung des „Mittelbewusstseins“ gegenüber dem „Unbewussten“.
B) Die Frauenfiguren Schnitzlers im Spiegel seiner Zeit
I. Sexualmoral und stereotype Frauenrollen um 19. Jahrhundert
Hier wird die soziale und kulturelle Situation der Frauen um 1900 beleuchtet, mit Fokus auf die gesellschaftlichen Erwartungen und die herrschende Sexualmoral. Es wird die Doppelmoral des Bürgertums und die daraus resultierenden Spannungen für Frauen aufgezeigt.
II. Die Weiterentwicklung der Frauen in Schnitzlers Werk
Dieses Unterkapitel analysiert, wie Schnitzler in seinen Werken die Rolle der Frau neu interpretiert. Es wird die Abkehr von Stereotypen und die Darstellung komplexer Figuren betont, die sich ihrer gesellschaftlichen Position bewusst sind und nach Selbstbestimmung streben.
C) Nacktheit als Ausbruch aus der Gesellschaft
I. Die Nacktszenen und ihre Konsequenzen
Dieses Unterkapitel beleuchtet die Nacktszenen in den beiden Novellen und ihre Bedeutung für die Figuren und die Handlung. Es wird untersucht, wie die Nacktheit mit den Themen Freiheit, Rebellion und Selbstentblößung verbunden ist.
II. Der Eintritt in anti-bürgerliche Welten
Hier wird die Nacktheit als Akt des Austritts aus den gesellschaftlichen Normen und Konventionen interpretiert. Es wird der Bezug zur anti-bürgerlichen Stimmung der Wiener Moderne hergestellt.
III. Das Opfer für die Selbstständigkeit
Dieses Unterkapitel untersucht die Folgen der Nacktheit für die Figuren und die damit verbundenen Opfer, die sie bringen müssen, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
IV. Der Aspekt der Anonymität
Hier wird der Aspekt der Anonymität in den Nacktszenen beleuchtet und seine Bedeutung für die Darstellung der Figuren und die Auflösung von gesellschaftlichen Rollen und Erwartungen betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Nacktheit, Sexualität, Frauenfiguren, Psychoanalyse, Wiener Moderne, Selbstbestimmung, Gesellschaft, patriarchale Strukturen, Doppelmoral und dem Werk Arthur Schnitzlers.
- Quote paper
- Sophie Strohmeier (Author), 2013, Die Nacktszenen in „Fräulein Else“ und „Traumnovelle“. Desmaskierung des Selbst oder der Gesellschaft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287841