Mit Etablierung der volkssprachlichen Sangspruchdichtung im deutschen Mittelalter und deren schriftlicher Tradierung in Handschriften sind auch immer wieder sogenannte lyrische Sängerkriege überliefert worden. In diesen werden namentlich genannte oder ungenannte Dichter und sogar ganze Dichterkollektive kritisiert bis grob beschimpft. Einerseits kann man die polemischen Texte durchaus ernst nehmen, immerhin wurden die dazugehörigen Texte vor Publikum vorgetragen und für wichtig genug befunden, um aufgeschrieben zu werden. Andererseits ist eine persönliche Feindschaft zwischen zwei Autoren doch eher unwahrscheinlich und auch in der bekanntesten Dichterfehde, der zwischen Walther von der Vogelweide und Reinmar dem Alten, geht die neuere Forschung eher von einem literarischen Spiel zwischen den Dichtern und einer Gegenüberstellung von zwei Meinungen in einer Performanz-Situation aus. Besonders gut kann man das an den Nachrufen vermeintlich verfeindeter Dichter aufeinander sehen, beispielsweise dem von Walther auf Reinmar. Dort werden die Fähigkeiten und Verdienste, des vorher kritisierten Dichters, schließlich doch respektiert und sogar gelobt. Doch inwieweit man allen polemischen Strophen, abgesehen vielleicht von denen, wo bloße Beschimpfung das Thema ist, ihre Ernsthaftigkeit absprechen kann, wird wohl aufgrund von Informationsmangel Gegenstand ewiger Spekulationen bleiben.
Inhaltsverzeichnis
- Fehden zwischen Sangspruchdichtern
- Der Meißner gegen den Marner
- Der Spruch des Marners in der Physiologus-Tradition
- Der Spruch des Meißners und seine Änderungen
- Art und Intention der Kritik des Meißners
- Die Quellen der beiden Dichter
- Meißners zweiter Spruch gegen den Marner
- Verbesserung als Polemik und Selbstinszenierung
- Fegfeuers Eingriff in die Fehde
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Thesenpapier analysiert die Polemik zwischen den Sangspruchdichtern Meißner und Marner, die sich in mehreren Sprüchen gegenseitig kritisieren. Es untersucht die Art und Intention der Kritik des Meißners, die sich auf einen bestimmten Spruch des Marners bezieht, der die Physiologus-Tradition aufgreift. Die Arbeit beleuchtet die Quellen der beiden Dichter, die Unterschiede in ihren Darstellungen und die Rolle der Verbesserung als Mittel der Polemik und Selbstinszenierung.
- Die Polemik zwischen Sangspruchdichtern im Mittelalter
- Die Physiologus-Tradition in der Sangspruchdichtung
- Die Kritik des Meißners am Spruch des Marners
- Die Rolle der Verbesserung als Mittel der Polemik
- Die Selbstinszenierung der Dichter in ihren Sprüchen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Entstehung und Verbreitung von Sängerkriegen in der mittelhochdeutschen Lyrik. Es wird erläutert, dass diese Invektiven zwar ernstzunehmen sind, aber nicht unbedingt auf eine persönliche Feindschaft zwischen den Dichtern schließen lassen. Das zweite Kapitel analysiert die Invektive des Meißners gegen den Marner, die sich auf einen bestimmten Spruch des Marners bezieht, der die Physiologus-Tradition aufgreift. Es wird gezeigt, dass der Marner in seinem Spruch die typologischen Eigenschaften verschiedener Tiere darstellt, die allegorisch auf das Buch Gottes verweisen. Der Meißner kritisiert den Marner in einem eigenen Spruch, indem er die naturkundlichen Beschreibungen der Tiere korrigiert und die Ausdeutung des Marners als unzureichend darstellt. Das dritte Kapitel untersucht die Art und Intention der Kritik des Meißners. Es wird gezeigt, dass der Meißner sich als Meisterarzt präsentiert, der das Publikum durch seine Berichtigungen über die Eigenschaften der Tiere sozusagen kurieren kann. Die Verbesserung der Darstellung der Tiere dient ihm als Mittel der Polemik und Selbstinszenierung. Das vierte Kapitel beleuchtet den Eingriff des Dichters Fegfeuer in die Fehde zwischen Meißner und Marner. Es wird gezeigt, dass Fegfeuer die Kritik des Meißners unterstützt und den Marner ebenfalls angreift.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Sangspruchdichtung, die Physiologus-Tradition, die Polemik zwischen Dichtern, die Kritik des Meißners am Marner, die Verbesserung als Mittel der Polemik und Selbstinszenierung, sowie die Rolle der Quellen in der Interpretation der Texte.
- Citar trabajo
- Sophie Strohmeier (Autor), 2012, Polemik durch Verbesserung. Der Meißner gegen den Marner, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287850