Nationale gewerbliche Schutz- und Immaterialgüterrechte beziehen sich auf rechtliche Instrumente,
die gewerbliche und kommerzielle Rechtspositionen schützen sollen.1
In dieser Funktion stehen sie wesensmäßig in Spannung zu zwei zentralen Materien, die eine
Regelung im europäischen Gemeinschaftsrecht finden.
Zum einen ist dies die Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit gem Art 28 und 29 EGV
und Art 49 EGV, zum anderen die Freiheit des unternehmerischen Wettbewerbs, insofern
immaterialgüterrechtliche Lizenzverträge wettbewerbsrechtliche Beschränkungen enthalten.
Dies betrifft insbesondere Art 81 EGV und Art 82 EGV.
Im Bereich der Warenverkehrsfreiheit bestimmt Art 30 EGV unter anderem, dass die Bestimmungen
der Art 28 und 29 EGV nationalen Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten
bzw entsprechenden Beschränkungen nicht entgegenstehen, die aus Gründen des gewerblichen
und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen
dürfen allerdings weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte
Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.
Nach der Rechtsprechung des EuGH fallen unter das gewerbliche und kommerzielle Eigentum
das Patentrecht2, das Markenrecht (Warenzeichenrecht)3, das Urheberrecht4, das Geschmacks-
und Gebrauchsmusterrecht sowie die Ursprungsbezeichnung5 und geographische
Herkunftsangabe.6 Ausprägung und Wirkung der Rechte steht weiterhin in der Kompetenz der
Mitgliedstaaten.7
Durch die Ausübung genannter Rechte besteht die Gefahr weitgehender Beschränkungen des
freien Warenverkehrs. Denn im Gegensatz zur Begründung der Rechte ist ihre Ausübung
nicht auf rein innerstaatliche Sachverhalte beschränkt.8 Das Patent-, Marken- und Urheberrecht
sind durch das Territorialitätsprinzip gekennzeichnet und können daher eine Abschottung
der nationalen Märkte nach sich ziehen. [...]
1 Epiney, in Callies-Ruffert, Rz 33 zu Art 30.
2 Vgl zB EuGH, Rs 35/87, Slg 1988, 3585 (Thetford/Fiamma).
3 Vgl zB EuGH, Rs 102/77, Slg 1978, 1139 (Hoffmann-La-Roche/Centrafarm).
4 Vgl zB EuGH, Rs 402/85, Slg 1987, 1747 (Basset/Société des auteurs).
5 Vgl zB EuGH, Rs C-47/90, Slg 1992, I-3669 (Delhaize/Promalvin).
6 Vgl zB EuGH, Rs C-3/91, Slg 1992, I-5529 (Exportur/LOR).
7 Vgl zB EuGH, Rs C-317/91, Slg 1993, I-6227 (Renault/Audi).
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8 Epiney in Callies/Ruffert, Rz 34 zu Art 30.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Ausgangsproblematik
- Spezifischer Gegenstand des Markenrechts
- Der Erschöpfungsgrundsatz
- EuGH, Rs 192/73 (Van Zuylen / HAG = HAG I)
- EuGH, Rs C-10/89 (CNL-SUCAL / HAG = HAG II)
- EuGH, Rs C-9/93 (IHT/Ideal Standard)
- Warenähnlichkeit und Verwechslungsgefahr
- Territorialitätsprinzip im Warenzeichenrecht
- Spezifischer Gegenstand des Warenzeichenrechts und Qualitätskontrolle der gekennzeichneten Waren
- Eigenschaften einer nationalen Marke
- Zwischenergebnis
- EuGH, Rs C-355/96 (Silhouette International)
- EuGH, Rs C-173/98 (Sebago Inc und Ancienne Maison Dubois et Fils SA / GB Unic SA)
- EuGH, verb Rs C-414/99, C-415/99, C-416/99 (Zino Davidoff/A&G Imports Ltd; Levi Strauss/Tesco und Costco Wholesale)
- Auswertung
- Die Problematik von Parallelimporten
- Umpacken von Originalware
- Markendifferenzierung
- Neuetikettierung von Originalware
- Auswertung und Folgerungen
- Parallelimporte und Herkunftsfunktion
- Verhältnis von Art 7 MarkenRL zu Art 28 EGV und Art 30 EGV
- Gemeinschaftsmarke und freier Warenverkehr
- Zusammenfassung – Ergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Masterarbeit befasst sich mit dem Spannungsfeld zwischen gewerblichem Rechtsschutz, insbesondere dem Markenrecht, und den Grundfreiheiten des EGV, vor allem dem freien Warenverkehr. Der Fokus liegt auf der Analyse des Einflusses des Markenrechts auf die Durchsetzung des freien Warenverkehrs im europäischen Binnenmarkt.
- Der Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht
- Die Problematik von Parallelimporten
- Der Einfluss des Markenrechts auf den freien Warenverkehr
- Die Bedeutung der Gemeinschaftsmarke für den freien Warenverkehr
- Die Harmonisierung des Markenrechts in der Europäischen Union
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des gewerblichen Rechtsschutzes im Spannungsfeld zu den Grundfreiheiten des EGV ein und definiert den spezifischen Gegenstand des Markenrechts. Das zweite Kapitel widmet sich dem Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht und analysiert die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu diesem Thema. Das dritte Kapitel befasst sich mit der Problematik von Parallelimporten und untersucht verschiedene Aspekte wie Umpacken von Originalware, Markendifferenzierung und Neuetikettierung von Originalware. Das vierte Kapitel behandelt die Bedeutung der Gemeinschaftsmarke für den freien Warenverkehr.
Schlüsselwörter
Markenrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Grundfreiheiten des EGV, Freier Warenverkehr, Erschöpfungsgrundsatz, Parallelimporte, Gemeinschaftsmarke, Harmonisierung des Markenrechts, Europäische Union.
- Citation du texte
- Dr. Marcus Schmitt (Auteur), 2001, Gewerblicher Rechtsschutz im Spannungsfeld zu den Grundfreiheiten des EGV: Ein Beitrag zum Einfluss des Markenrechts auf den freien Warenverkehr, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28786