"Bewegter Unterricht" als Lernprinzip an Berufsfachschulen


Examensarbeit, 2012

17 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Aufsatz „Bewegter Unterricht“ - ein Lernprinzip für Berufsfachschulen?

3. Anleitungen und Buchempfehlungen

4. Reflexion
4.1 Lernzuwachs
4.2 Antworten
4.3 Fazit
4.4 Nächste Schritte

5. Quellenverzeichnis
5.1 Literaturangaben
5.2 Internetangaben

1. Einleitung

Erfahrungen

„Bewegtes Lrernen ist eine ergänzende Form des Lernens, die nebst Frontal- und Gruppenunterricht praktiziert wird. Durch bewegtes Lernen werden die Lerninhalte doppelt kodiert und im Gehirn besser verankert. Spannen und entspannen, bewegen und ruhen, sich konzentrieren und wieder zerstreuen – das Pendeln zwischen diesen beiden Polen gilt als Schlüssel für Gesundheit und Wohlbefinden – und für schulischen Erfolg.“ (Buser, 2007)

Die Aussagen des Solothurner Primarlehrers Eduard Buser kann ich durch meine eigenen Unterrichtserfahrungen auf der Primarschulstufe bestätigen. Sein Konzept „Lernen in Bewegung LiB“ wird bereits an vielen Primarschulen erfolgreich umgesetzt.

Im Unterricht mit den Berufslernenden stören Unruhe und Müdigkeit genau so wie in den unteren Klassen. Kindern mit attraktiven Bewegungsübungen den Schulstoff spielerisch und ganzheitlich beizubringen, ist heute akzeptiert. Der Zappelphilipp bekommt einen Sitzball, der Lisa-Guck-in-die-Luft wird dank einer Bewegungsaufgabe die Konzentration ermöglicht. Klassen werden zum Jonglieren und Balancieren, zum Seilspringen und zu Ballspielen angehalten, um dem Bewegungsdrang gerecht zu werden und die Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen.

Ich probiere im eigenen Berufsschulunterricht vieles aus, was mit Bewegung, im Sinn von Abwechslung der Unterrichtsform und Organisation, zu tun hat und mache gute Erfahrungen damit. Die alters- und lernergerechte Methoden- und Materialwahl zum „Bewegten Unterricht“, die Recherche nach wissenschaftlichen Untersuchungen zu Lernen und Bewegung im Jugend- und Erwachsenenalter sowie daraus abgeleitete Empfehlungen für den Berufs-schulunterricht, beschäftigen mich seit längerem.

Fragestellung

Mich interessiert, ob sich die Beobachtungen, Erkenntnisse und Erfolge aus dem „Lernen in Bewegung“ auch auf die Sekundarstufe II übertragen und wissenschaftlich belegen lassen.

Folgende zentrale Fragen sowie weitere, handlungsleitende Fragen, beantworte ich in meinem Fachartikel.

Sind die Methoden aus „Lernen in Bewegung“ auch im Berufsschulunterricht angebracht?

Welches sind geeignete Bewegungsangebote für junge Erwachsene?

Kann „Bewegter Unterricht“ zum Lernprinzip werden?

Zielgruppen

Die Berufsfachschule Gesundheit und Soziales (BFGS) Brugg, ist auf vier Standorte verteilt. Je nach Standort des Schulhauses gibt es keine Möglichkeit, Sportunterricht anzubieten, da die Turnhallen stark ausgelastet oder zu weit weg sind.

Nicht nur die schwierige Raumsituation, sondern auch die Beobachtung, dass unsere jugendlichen Lernenden vermehrt unruhig und zerstreut wirken, fordert zum Handeln auf. Das Jahresmotto der BFGS für das kommende Schuljahr lautet deshalb: „fit und fair“. Für dessen Umsetzung, und aufgrund meiner Erfahrungen mit „Bewegtem Unterricht“, beauftragte mich die Schulleitung ein Bewegungskonzept zu entwickeln, welches den Umständen gerecht wird und das „fit“ im Motto aufnimmt.

An der Gesamtkonferenz im Juli 2012 stelle ich dem Kollegium das Lernprinzip „Bewegter Unterricht“ vor und werde während des kommenden Schuljahres die Lehrpersonen in der Umsetzung beraten. Dafür werde ich mit einer Entlastungsstunde entlöhnt.

Mein Ziel ist, Berufsfachschullehrpersonen aufzuzeigen, dass und weshalb Bewegung im Unterricht sinnvoll und anregend wirkt, und dass bewegte Unterrichtsphasen keine verlorene Zeit sind, sondern das Lernklima und den Lernerfolg günstig beeinflussen. Der Aufsatz dient als Grundlage meiner Präsentation im Juli und als Handreichung für die Lehrpersonen.

Im Aufsatz führe ich unsere spezielle Raumsituation nicht als Begründung für das Lernprinzip „Bewegter Unterricht“ an. Ich bin der Meinung, dass sich dieses Lernprinzip immer anbietet, auch wenn den Lernenden Sportunterricht ermöglicht werden kann.

Somit eignet sich der Text auch als Fachartikel für die Leserschaft der Zeitschrift „Folio – die Zeitschrift für Lehrpersonen in der Berufsbildung“, da diese in ihrem Berufsalltag bestimmt auch mit den methodisch-didaktischen Herausforderungen, welche der Artikel behandelt, konfrontiert sind.

2. Aufsatz „Bewegter Unterricht“ - ein Lernprinzip für Berufsfachschulen?

Bewegungslust berücksichtigen – Müdigkeit vertreiben

Gähnen und Hängen, Scharren und Klopfen, Wippen und Hampeln. Wer kennt das nicht? Müdigkeit und Bewegungs-drang der Lernenden machen sich bemerkbar durch Teil-nahmslosigkeit oder Unruhe.

Wer hat kein Verständnis, dass im Laufe des Schultages die Konzentration stetig abnimmt? Lehrpersonen wünschen sich aufmerksame Lernende und wenden für die attraktive Darbietung des Lernstoffes viel Zeit auf. Aber - nicht alle Themen im Bildungsplan können für die Lernenden spannend und ansprechend sein, und nicht alle Themen sind geeignet, mit spektakulären Materialien und Medien vermittelt zu werden. Folgende Fragen beschäftigen die engagierte Lehrperson:

- Was hilft gegen Ermüdung durch langes Sitzen?
- Womit die Konzentration auf-recht erhalten?
- Wann den Bewegungsdrang aufnehmen, ernst nehmen und konstruktiv nutzen?
- Wie und wo die Bewegungslust störungsfrei befriedigen?

Wie Unterricht bewegt wird – wie Unterricht bewegt

Bewegung entsteht durch den Wechsel von Statik - Dynamik, Konzentration – Erholung, Produktion - Rezeption.

Der optimale Unterricht bietet Spannung und Entspannung, unser eigenes Engagement für bewegte Lehr- und Lernformen sowie unser Fokussieren auf den Sachinhalt, soll die Lernenden bewegen.

Bewegung wird zum Prinzip des Lernens

Die Lehrperson und die Schule definieren, was erlaubt und was erwünscht ist. Wird Bewegung als methodisch-didaktisches Prinzip genutzt und eingesetzt, wird sie umbewertet. So gibt es mehr erlaubte und erwünschte Bewegungen und somit weniger Störungen des Unterrichts. Bewegung ist nicht Inhalt, sondern Methode.

Unterricht an der Berufsfachschule

Berufsschullehrpersonen arbei-ten mit jugendlichen Lernenden. Diese haben einen starken Bewegungsdrang, können sich teilweise nicht über längere Zeit konzentrieren, müssen im Be-rufsalltag lange stehen oder führen bei der Arbeit stereotype Bewegungsabläufe aus.

Die Jugendlichen brauchen Gelegenheiten und Anregun-gen, den Bewegungsmangel, die Bewegungseintönigkeit an-zugehen, die Bewegungslust auszuleben. Freude an vielfäl-tiger und alltäglicher Bewegung zu bekommen - und dies nicht nur in der stundenplanbedingten Pause oder Sportstunde, sondern auch integriert im Unterricht. Die Unterrichtsge-staltung verlangt den Einbezug folgender Bedingungen:

- Ein Schultag dauert 8 bis 9 Lektionen.
- Die Schulzimmer sind mit konventionellen Tischen und Stühlen möbliert
- sowie mit fix montierten Projektionsflächen ausgerüstet.

Spezialfall Zweijährige Grundbildung EBA (Eidgenössisches Berufsattest)

EBA Lernende haben ein schwaches Leistungspotential und spezielle Lerndispositionen: Selbststeuerung und Handlungsplanung sind wenig ausgebildet und die Aufmerksamkeitsspanne ist gering. Dies zeigt sich in Hyperaktivität oder Verträumtheit sowie in leichter Ablenkbarkeit.

EBA-Lernende bringen selten erfreuliche Schul- und Lernerfahrungen mit. Daraus resultierende Schul- und Versagensängste zeigen sich in Denkblockaden, Zerstreuntheit, Vermeidungsstrategien und unangemessenen Verhaltensweisen.

„Bewegter Unterricht“ ein neues Lernprinzip?

„Gymnastik steht ebenso im Dienst der Seele wie des Körpers“ (Platon, 427-347 v. Chr.)

„In einem gesunden Körper steckt ein gesunder Geist“

(Juvenal, 60-127 n. Chr.)

Mönche lesen das Brevier, während sie durch die Kreuz-gänge der Klöster schreiten.

(ab 13. Jh.)

„Schüler, übe unablässig den Leib, um ihn weise und vernünftig zu machen“

(Rousseau 1712-1778)

„Lerne stets mit Kopf, Herz und Hand“ (Pestalozzi, 1746-1827)

„Psychomotorisches Lernen hat Einfluss auf die intellektuelle Fähigkeit“ (Piaget, 1896-1980)

"Bewegung ist das Tor zum Lernen."(Dennison, *1948)

…und in Bundesbern trifft sich unsere Landesregierung mit den Lobbyisten zum konstruktiven Austausch in den -Wandelhallen.

Bewegter Körper – gesunder Geist

Sport und Fitness sind heute Schlagwörter. Alle sind sich einig, dass regelmässige körperliche Betätigung wichtig, weil ausgleichend, gesundheits-fördernd und -erhaltend ist. Verstimmungen lassen sich durch Bewegung beheben, Aggressivität wird dank Bewegung umgeleitet, Anspannung kann durch Bewegung entgegen gewirkt werden. „Bereits das Kauen von Kaugummi bewirkt in schriftlichen Prüfungen verbesserte Leistung“.1

Die anregende Wirkung des Kaugummis kommt nicht nur von den Inhaltsstoffen sondern durch die Arbeit der Kaumuskeln. Die Blutversorgung des Kopfes und damit die Blut- und Sauerstoffversorgung des Gehirns verbessern sich. Das Gehirn wird durch die Reizung des dicht mit Nerven durchzogenen Mundraums angeregt; dies wirkt anregend und entspannend.

Warum also nur an dafür vorgesehen Orten wie Turnhallen, zu festgelegten Zeiten wie Sportstunden, diese wunderbaren Resultate von Bewegung erwarten? Warum ins Fitnesscenter, in den Wald oder auf den Sportplatz gehen, wenn diese körperlich-geistigen Verbesserungen auch im Kleinen möglich sind?

Bewegte Aktivitäten mit derselben Wirkung lassen sich nämlich auch ohne Turnhalle, Fitnessgeräte und Sportbekleidung ausführen –Bewegungslust aufnehmen, gezielt kanalisieren und sinnvoll nutzen. Bewegung im Unterricht integrieren Unerwünschte Bewegung stört den Unterricht und beeinträchtigt die Konzentration.

Im bewegten Unterricht soll ein „Wechsel zwischen Ruhe und Bewegung als ein didaktisch-methodisches Prinzip“2 verstärkt genutzt werden, damit die Lernwirkung gesteigert werden kann.

Zum Beispiel so: Methoden, Aufgaben und Unterrichtsformen anwenden, welche die Lernenden zum Aufstehen und Umhergehen zwingen.

Die Lehrperson ist ebenfalls in Bewegung. Die Lernenden sind aufgefordert, sich nach ihr zu drehen und zu wenden, somit wird auch das Sitzen dynamischer.

Den Moderationskoffer mit Bällen, Ballonen, Tüchern, Seilen sowie einem Katalog mit geeigneten Bewegungsaufgaben, er-gänzen.

Es gilt also, die Methodik und die Didaktik im Hinblick auf den möglichen Einbezug von Bewegung zu wählen und sich mit entsprechenden Hilfsmitteln auszurüsten.

„Bewegter Unterricht“ wechselt zwischen körperlich bewegten und unbewegten Phasen ab, Konzentration und Entspannung wird ermöglicht und rezeptive Phasen werden durch aktive, handlungs-orientierte Phasen abgelöst.3

Bewegung im Unterricht ermöglicht auch Lernen mit verschiedenen Sinnen. Dies trägt zur Förderung der Konzentration und zum Abbau von Anspannung bei, unterstützt ein positives Lernklima und wird somit Lernenden mit speziellen Lernbedürfnissen in vermehrtem Masse gerecht.

Durch den bewegten Unterricht werden der Kreislauf und der Stoffwechsel angeregt, der Sauerstoffgehalt im Blut wird erhöht, das Gehirn besser durchblutet, die Aktivität der Neurotransmitter beeinflusst – kurz: die allgemeine Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden verbessern sich.

Zusätzlich profitieren die Lernenden für den Berufsalltag, indem sie diverse Bewegungsformen und deren Ziele (Stressabbau und Konzentrationsförderung) kennen und schätzen lernen. Dies hilft, ein positives Selbstkonzept zu entwickeln und zu erweitern sowie Selbstwirksamkeit zu erleben.

Ziele und passende, aktivierende Bewegungsformen können sein: Kreislaufanregung durch Umhergehen, Koordinations-und Konzentrationstraining durch Überkreuz- und Gleichgewichtsübungen.

Die Bewegung soll Freude machen, manchmal zum Lachen anregen und gleichzeitig den Körper im oben beschriebenen Sinne belasten – und vor allem: das Lernen unterstützen.

Bewegung aktiviert oder entspannt und weckt viele geistige Funktionen. Sie integriert und verankert neue Informationen und Erfahrungen im Gedächtnis. Mit Hilfe einfacher Bewegungsübungen wird die physiologische Basis für Lernen erhalten und geschaffen sowie Stress aufgelöst.

Bewegungsdrang in erwünschte Bahnen lenken: die Lehrperson rhythmisiert den Unterricht so, dass während der Stoffvermittlung und Festigung Bewegung nötig, möglich und dem Lernerfolg zuträglich ist.

Abwechslung statt Störung: Während dem Unterricht und Schultag sind abwechselnd Übungen gegen Ermüdung und für Konzentration einzubauen. Dabei wird einerseits auf soziale, spielerische und lustbetonte Elemente geachtet und andererseits darauf, dass die Lernatmosphäre nicht gestört wird.

Diese Bewegungsimpulse dauern ca. 5 Minuten und haben einzig den Zweck der Intervention und das Ziel, die Lernenden durch Kürzestübungen aus einem ungünstigen Zustand zu holen, die Aufmerksamkeit zurück zu bringen oder neu zu schaffen.

Bewegungsimpulse während des Unterrichts einlegen, wenn die Lernenden unruhig oder erschöpft wirken.

Es geht also nicht nur um das Vorbeugen von Störungen, sondern auch um „das Kraft schöpfen“ während der Arbeit.

Die kurzen Bewegungsimpulse dienen der Unterbrechung oder Vorbereitung einer konzentrationsfordernden Tätigkeit. Ob sie, wie bereits beschriebene aktive Bewegungsformen beinhalten oder Entspannung bezwecken, hängt vom Bedürfnis der Lernenden ab.

Die drei wichtigsten Zugänge zur Entspannung sind: Die Atmung, das körperliche Erleben und mentale Vorstellungen. Allen ist gemeinsam, dass sie einerseits zur Beruhigung / Ent-spannung dienen und andererseits zur Verbesserung der Körperwahrnehmung.

Für die mentalorientierte Entspannung sind, durch Musik und Bilder begleitete, Fantasiereisen gut.

Dank aktiver Mitarbeit eignet sich die „Progressive Muskelentspannung nach Jakobson“4 besonders für unruhige, zappelige Jugendliche.

In den Pausen sind Angebote ideal, welche für Jugendliche Aufforderungscharakter haben und die Lust nach grossen Bewegungen, Wettbewerb und sozialem Austausch befriedigen:

Tischtennis, Tischfussball, Frisbee, Volleyball, … und natürlich genügend Platz, diese Aktivitäten gefahrlos auszuüben.

[...]


1 http://de.wikipedia.org/wiki/Kaugummi 03.03.2012

2 Bolay&Platz&Wolf, 2002, S. 20

3 Amler&Knörzer, 1995, S. 15

4 http://www.wellnessgesundheit24.de/progressivemuskelentspannung/ 22.03.2012

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
"Bewegter Unterricht" als Lernprinzip an Berufsfachschulen
Veranstaltung
Modul im Rahmen der Diplomausbildung zur Berufskundellehrerin Sek2
Note
1
Autor
Jahr
2012
Seiten
17
Katalognummer
V288103
ISBN (eBook)
9783656896753
ISBN (Buch)
9783656896760
Dateigröße
842 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bewegter, unterricht, lernprinzip, berufsfachschulen
Arbeit zitieren
Isabella Simone Trummer (Autor:in), 2012, "Bewegter Unterricht" als Lernprinzip an Berufsfachschulen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288103

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