Sie gehen von Tür zu Tür im Auftrag der Wahrheit – und bekommen sie doch vor der Nase zugeknallt. Sie nerven ihre Gesprächspartner mit undurchschaubaren Methoden und Fragen und doch dienen sie der Aufklärung. Sie – in diesem Fall Robert Redford und Dustin Hoffmann als Darsteller der „Watergate“-Reporter Bob Woodward und Carl Bernstein – nennen vielen Menschen als Vorbilder für den investigativen Journalisten schlechthin. Dabei ist bei genauerem Hinsehen und Zuhören nicht alles ethisch korrekt, was die beiden Filmhelden in ihrem journalistischen Streben anwenden. Aus dieser Einsicht entstand einer der Grundgedanken für diese Arbeit: Sind gute Journalisten nicht auch immer ein bisschen böse?
Journalisten kreieren in ihrer gesellschaftlichen Funktion der Meinungsbildung Bilder und Images von Personen. Oft gibt es - wie im Film - einen Helden, einen Bösewicht, den Berater und andere stereotype Figuren. Auch Film und Fernsehen als Teil der
Massenmedien prägen unsere Vorstellungen von Personen und Berufen – auch von Journalisten. Robert Redford und Dustin Hoffmann als Darsteller der Investigativ-Koryphäen Bob Woodward und Carl Bernstein in ALL THE PRESIDENT’S MEN (1976) sowie Orson Welles’ CITIZEN KANE (1974) gelten wohl als die bekanntesten Beispiele. Doch auch Johnny Depp und Benicio del Toro in FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS
(1998) und Dieter Laser in Volker Schlöndorffs DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM (1975) bildeten und bilden immer noch bestimmte Vorstellungen, was einen Reporter ausmacht und wie er arbeitet.
Das Image der Journalisten selbst ist in der Bevölkerung in Deutschland laut der Allensbach-Umfrage der angesehensten Berufe 2013 eher schlecht: Platz 12 hinter Apothekern und Unternehmern, vor Spitzensportlern und Buchhändlern. [...]
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
1 EINFÜHRUNG
1.1 Motivation und Relevanz
1.2 Forschungsstand
1.3 Ziel, Forschungsfrage, Methode und Aufbau der Arbeit
2 HISTORISCHER UND THEORETISCHER HINTERGRUND
2.1 Journalistische Ethik
2.1.1 Journalistische Ethik in den USA
2.2 Ethik-Kodizes der Medien
2.2.1 Medienkodizes weltweit
2.2.2 Die Kodizes von Journalistenorganisationen in den USA
2.2.3 Exkurs: Vergleich ethischer Einstellungen von Journalisten in den USA und Deutschland
2.3 Der Journalist im Film
2.3.1 Kurze Historie der Journalismusfilme
2.3.2 Typen von Journalismusfilmen
2.3.3 Rollen in Journalismusfilmen
2.4 Das Image der US-Journalisten
2.5 Das Selbstbild der US-Journalisten
2.5.1 Selbstbild unter dem Aspekt Ethik
3 METHODIK DER FILMANALYSE
3.1 Figurenanalyse
3.1.1 Figurenanalyse nach Eder: „Die Uhr der Figur“
3.1.2 Sequenz- und Einstellungsprotokoll
3.2 Forschungsfragen und Hypothesen
3.2.1 Konzeption der Analyse
3.2.2 Kriterien zur Auswahl der Filme und Figuren
4 ANALYSE DER FILME „INSIDER“, “VON LÖWEN UND LÄMMERN” UND „STATE OF PLAY“
4.1 Inhaltsangabe zu „Insider“
4.2 Kritiken und Anmerkungen zu „Insider“
4.3 Figurenanalyse von Lowell Bergman aus „Insider“
4.3.1 Selbstbild
4.3.2 Journalistische Ethik
Verantwortung
Unabhängigkeit
4.4 Inhaltsangabe zu „Von Löwen und Lämmern“
4.5 Kritiken und Anmerkungen zu „Von Löwen und Lämmern“
4.6 Figurenanalyse von Janine Roth aus „Von Löwen und Lämmern“
4.6.1 Selbstbild
4.6.2 Journalistische Ethik
Objektivität
Unabhängigkeit
Verantwortung
4.7 Inhaltsangabe zu „State of Play“
4.8 Kritiken und Anmerkungen zu „State of Play“
4.9 Figurenanalyse von Cal McAffrey aus “State of Play”
4.9.1 Selbstbild
4.9.2 Journalistische Ethik
Verantwortung
Unabhängigkeit
Objektivität
5 SCHLUSSBETRACHTUNG
5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse und Überprüfung der Hypothesen
5.2 Resümee, Kritik und Ausblick
6 QUELLENVERZEICHNIS
Literatur
World Wide Web
Quellen ohne klaren Autorennamen und/oder Erstellungsdatum:
Erklärung
7 ANHANG
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Tabelle 1: Ehrlichkeit von Zeitungsreportern 35
Tabelle 2: Ehrlichkeit von TV-Reportern 37
Tabelle 3: Zustimmung von US-Journalisten zu fragwürdigen Techniken 41
Tabelle 4: Operationalisierung der Ethik-Kodizes 50
Abbildung 1: „Die Uhr der Figur “ nach Jens Eder 48
Abbildung 2: Lowell Bergman (Al Pacino) in „Insider“ 57
Abbildung 3: Janine Roth (Meryl Streep) in „Von Löwen und Lämmern“ 68
Abbildung 4: Cal McAffrey (Russell Crowe) in „State of Play“ 76
„I know how to write what’s true, and I know how not to hurt people - but I don’t know how to do both at the same time.’ (Absence of Malice)
1 EINFÜHRUNG
1.1 Motivation und Relevanz
Sie gehen von Tür zu Tür im Auftrag der Wahrheit - und bekommen sie doch vor der Nase zugeknallt. Sie nerven ihre Gesprächspartner mit undurchschaubaren Methoden und Fragen und doch dienen sie der Aufklärung. Sie - in diesem Fall Robert Redford und Dustin Hoffmann als Darsteller der „Watergate“-Reporter Bob Woodward und Carl Bernstein - nennen vielen Menschen als Vorbilder für den investigativen Journalisten[1] schlechthin. Dabei ist bei genauerem Hinsehen und Zuhören nicht alles ethisch korrekt, was die beiden Filmhelden in ihrem journalistischen Streben anwenden. Aus dieser Einsicht entstand einer der Grundgedanken für diese Arbeit: Sind gute Journalisten nicht auch immer ein bisschen böse?
Journalisten kreieren in ihrer gesellschaftlichen Funktion der Meinungsbildung Bilder und Images von Personen. Oft gibt es - wie im Film - einen Helden, einen Bösewicht, den Berater und andere stereotype Figuren. Auch Film und Fernsehen als Teil der Massenmedien prägen unsere Vorstellungen von Personen und Berufen - auch von Journalisten. Robert Redford und Dustin Hoffmann als Darsteller der Investigativ- Koryphäen Bob Woodward und Carl Bernstein in All The President’s Men (1976) sowie Orson Welles’ Citizen Kane (1974) gelten wohl als die bekanntesten Beispiele. Doch auch Johnny Depp und Benicio del Toro in Fear AND LOATHING IN LAS VEGAS (1998) und Dieter Laser in Volker Schlöndorffs Die verlorene Ehre der Katharina Blum (1975) bildeten und bilden immer noch bestimmte Vorstellungen, was einen Reporter ausmacht und wie er arbeitet.
Das Image der Journalisten selbst ist in der Bevölkerung in Deutschland laut der Allensbach-Umfrage der angesehensten Berufe 2013 eher schlecht: Platz 12 hinter
Apothekern und Unternehmern, vor Spitzensportlern und Buchhändlern.
In meiner journalistischen Tätigkeit bei dem Medienbranchendienst turi2 sehe ich mich oft mit Diskussionen und Selbstreflexionen über das Image der Branche bzw. ihrer Vertreter konfrontiert. Aus meiner Leidenschaft für das Medium Film entstand dann die Idee zum Grundgedanken der Arbeit: Wie werden Journalisten im Film dargestellt? Und wie unterscheidet sich dieses Bild[2] vom Bild der Journalisten in der Bevölkerung?
Es existiert eine überschaubare Anzahl an wissenschaftlichen Abschlussarbeiten, die sich mit dem Thema des Journalisten im Film beschäftigen, wie etwa „Jäger der verlorenen Schlagzeile - das Bild des Journalisten im Spielfilm der 90er Jahre“ (Uwe Sperlich, 2002) oder „Das Bild des Journalisten in den Filmen von Helmut Dietl am Beispiel ,Schtonk!’“ (Petra Buresch, 2005).
Interessanterweise fanden sich für den Verfasser dieser Arbeit vor allem an österreichischen Universitäten wie Wien und Salzburg inspirierende Arbeiten[3], u.a. zu Journalistinnen und der Darstellung von investigativen Journalisten im Film. Ethische Aspekte des journalistischen Berufes im Film wurden aber bisher noch nicht im Detail betrachtet. Die vorliegende Arbeit greift diese Forschungslücke auf, sie hat somit auch einen explorativen Charakter.
1.2 Forschungsstand
Vor allem in den USA beschäftigten sich Medienwissenschaftler mit der filmischen Darstellung von Journalisten. Matthew C. Ehrlichs „Journalism in the Movies“ von 2006 thematisierte ausschließlich US-Produktionen vom für ihn prototypischen Journalistenfilm[4] The Front Page (1931, 1974) bis zu eher unbekannten Werken aus den Neunziger Jahren wie Man of the Century (1999) und Hudsucker Proxy (1994). Ehrlich wollte vor allem die Zusammenhänge zwischen den Filmen, den Mythen über die Branche und dem gesellschaftlichen Hintergrund aufzeigen. So habe auch Hollywood Schuld am aus seiner Sicht negativen Image des Journalisten in der realen Welt:
„(...) journalists are hard-drinking, foul-mouthed, dim-witted social misfits concerned only with twisting the truth into scandal and otherwise devoid of conscience, respect for basic human dignity or a healthy fear of god.“ (Ehrlich 2006: 2)
Brian McNair’s „Journalists in Film - Heroes and Villains“ von 2010 untersuchte die gegensätzliche Wahrnehmung des Journalisten im Film. McNair unterteilte drei Arten von Filmen über Journalismus (McNair 2010: 30f):
- „primary representations“: Filme, die nur von Journalismus handeln
- „secondary representations“: Filme, in denen der Journalist eine wichtige Rolle spielt, es aber eigentlich um ein anderes Thema geht
- Filme, in denen die Medien nur eine untergeordnete Rolle spielen
Im Gegensatz zu Ehrlich kam er bei seiner Analyse zu einem anderen Ergebnis: 82 Prozent der von ihm auf geführten 71 Filme, die zwischen 1997 und 2008 im Vereinigten Königreich erschienen sind, zeigten ein positives Image des Journalisten (ebd.: 48). Zusammenfassend sah er Auslandskorrespondenten und investigative Reporter als „gut“, Mitarbeiter der Boulevard-Medien und Paparazzi als „schlecht“ dargestellt. Teil seiner Erkenntnis ist die aufsteigende Rolle der Frau: In 45 Prozent der Filme war mindestens einer der Protagonisten weiblich.
Howard Good nahm sich eines ganz speziellen Images des filmischen Journalisten an. In „The Drunken Journalist - Biography of a Film Stereotype“ analysierte er die Verbindung von Alkohol und Reporter: „From the 1920s through the 1990s, the journalist has been identifiable in Hollywood films as much by the drink in his hand as by the cynical gleam in his eye.“ (Good 2002: 12)
Gabrielle Jelle Behnert’s „Anatomie eines Genres - Das Bild des Journalisten im Spielfilm“ von 1992 beleuchtete von der Entstehung des Pressefilm-Genres in den Zwanziger Jahren bis zu dem Protagonisten-Trend des Auslandskorrespondenten in den Achtziger Jahren rund sechzig Jahre Filmgeschichte. Auch sie zeigte die (pathologische) Vielfalt der Journalisten-Images im Film auf:
„Als Hollywood in den Dreißiger Jahren anfing, das Zeitungsgewerbe auf Zelluloid zu bannen, wurde er zum Star: der janusköpfige Journalist. Niemand sonst auf der
Leinwand war gleichermaßen Schurke und Held, Wahrheitsfetischist und Faktenfälscher, Lichtgestalt und Schattenexistenz. Ganz gleich ob dieser Charakter in Stadtlandschaften oder Großraumredaktionen zu Hause ist, in der Pampa der Provinz und Gummibaumbüros, selten ist seine journalistische Vita eine gerade Klettertour zur Wahrheit, aber oft ein virtuoses Haarnadelgekurve von der Aufklärung zur Verfinsterung - und manchmal auch wieder zurück. Jeder Medienfilm ist eine Fallstudie für sich. Und fast jede Filmfigur ein Fall für den Psychotherapeuten. Das Genre der Medienfilme ist die Krankengeschichte des Zwanzigsten Jahrhunderts in Zelluloid-Episoden.“ (Behnert 1992: 113)
Behnert konzentriert sich trotz oder gerade wegen der proklamierten Vielfalt in ihrem Buch allerdings nur auf die drei grobkörnigen Erscheinungsformen „den Schurken, den Kreuzritter für die Gerechtigkeit und die Frau“ (ebd.: 2).
Gabriele Nintemann untersuchte in ihrer Dissertation von 2002 Stereotype zum Journalismus in Deutschland und den USA anhand der deutschen TV-Serie „Reporter“ und der US-amerikanischen „Capital News“. Sie kam dabei zu dem Ergebnis, dass negative Stereotype
„insbesondere in fiktionalen Darstellungen der Länder reproduziert (werden), in denen es an einem geregelten Berufszugang und ausbildungstheoretischen Garantien zur Profession des Journalismus selbst mangelt und / oder der Stellenwert des journalistischen Berufs auf der unteren Skala der gesellschaftlichen Akzeptanz rangiert.“ (Nintemann 2002: 404)
Die Stereotype würden sachgerechte Aussagen über berufsgültige Werte und Arbeitsfaktoren des Journalismus ersetzen. Insbesondere der deutsche Journalismus sei durchlässig und anfällig für Stereotypisierungsprozesse. (ebd.)
Zum Image von Journalisten in Deutschland fasste Wolfgang Donsbach fünf gängige, nicht ganz trennscharfe Negativstereotype über Journalisten zusammen (Donsbach 2009: 131 f.):
- Der „unmoralische Journalist“, der ethische Grenzen überschreitet
der „mächtige Journalist“, der Nachrichten zu seinem Nutzen manipuliert
- der „kommerzialisierte Journalist“, der Inhalte verzerrt, weil er ökonomischen Zwängen unterliegt
- der „boulevardisierte Journalist“
- und der etwas diffuse „Allerweltsjournalist“, bei dem aber klar wird, dass die Vorstellungen der Befragten über den Beruf weit auseinanderlaufen: Auch Pressesprecher und Talkshow-Moderatoren wurden hier zu den Journalisten gezählt.
Er kam in seiner repräsentativen Umfrage zu dem „alarmierenden Befund“ (ebd.: 66), dass bei keinem anderen Beruf eine derartig große Kluft zwischen den abgefragten Items „Ansehen“ und „Vertrauen“ herrscht: 61 Prozent der Befragten würden Journalisten „eher schätzen“ - aber nur 34 Prozent vertrauen ihnen.
In den USA hat vor allem der wohl international bekannteste Journalismusforscher David H. Weaver seit den 80er Jahren bis heute das Selbstbild der Journalisten untersucht. In wiederkehrenden Journalistenbefragungen erhob er erstmalig und langfristig das Selbstverständnis und Rollenbild von US-Journalisten in verschiedenen Medien. Auf die Ergebnisse wird in Kapitel 2.5 eingegangen.
Der bisherige Forschungsstand über die Darstellung des Journalisten konstatiert eine breite Spanne an verschiedenen filmischen Images - sowohl positive als auch negative. Ein genereller Trend über alle untersuchten Zeiträume oder Länder hinweg ist dabei nicht auszumachen.
1.3 Ziel, Forschungsfrage, Methode und Aufbau der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, das dargestellte Bild des Journalisten in verschiedenen Filmen aus demselben Produktionsland zu untersuchen und mit dem Selbstbild der Journalisten im Film und in der Realität sowie dem Bild in der Bevölkerung zu vergleichen. Im Fokus steht dabei der Aspekt Ethik, da dieser für das Bild und die Arbeit des Journalisten sowohl im Film als auch in der Realität eine hohe Relevanz aufweist.
Als Land wurde dabei die USA ausgewählt, da die dortige Filmindustrie international den größten kulturellen Einfluss und somit eine weltweite Relevanz innehat und von dort außerdem eine hinreichend große Auswahl an möglichen Filmen zur Verfügung steht. Darüber hinaus übernehmen die USA auch für den realen Journalismus in vielen Bereichen eine zentrale und wegweisende Funktion.
Die analyseleitenden Forschungsfragen lauten:
(F1): Wie werden Journalisten im Hinblick auf ihr ethisches Handeln im zeitgenössischen US-amerikanischen Film dargestellt und welches Selbstbild der Journalisten wird dort präsentiert?
(F2): Wie unterscheidet sich das dargestellte Bild im Zeitraum der Veröffentlichung von dem Bild der US-amerikanischen Bevölkerung?
Anhand der ausgewählten Filme[5] [6] Insider (Regie: Michael Mann, 1999), Von Löwen und Lämmern (Robert Redford, 2007) und State of Play - Stand der Dinge6 (Kevin Macdonald, 2009) soll dabei zunächst untersucht werden, wie die Einstellung und das Handeln der journalistischen Figuren in ethischer Hinsicht inszeniert und welches Selbstbild der Figur dargestellt wird.
Als Methode wird die hermeneutische Filmanalyse angewendet. Dafür wird im Speziellen auf die Figurenanalyse nach Eder zurückgegriffen, da ethisches Handeln und das Selbstbild nur anhand der Protagonisten erfasst und interpretiert werden kann. Diese Ergebnisse werden dann mit repräsentativen Umfragen von US-Journalisten und der US-Bevölkerung verglichen.
im ersten Teil werden die Motivation des Verfassers und der aktuelle Forschungsstand dargelegt, außerdem werden Ziel, Forschungsfragen, Methode und Aufbau der Arbeit erläutert.
im zweiten Teil werden die theoretischen und historischen Grundlagen der ethischen Kodizes erarbeitet sowie für die Arbeit zentrale Begriffe diskutiert. Außerdem wird das Genre und die Entwicklung der Journalistenfilme beschrieben und auf die verschiedenen Arten der Filme sowie auf die Rollen innerhalb der Filme eingegangen. Dieser Teil umfasst auch die Darstellung des Selbstbildes und das image der Journalisten in den USA anhand repräsentativer Umfragen verschiedener institutionen wie dem US-amerikanischen Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup.
Der dritte Teil erklärt den methodischen Ansatz der Filmanalyse und beschreibt die Figurenanalyse im Detail, bevor die journalistischen Filmfiguren im vierten Teil anhand der aufgestellten Kriterien analysiert werden.
Im fünften Teil werden die Ergebnisse zusammengefasst und ein Resümee gezogen. Im Anhang befinden sich detaillierte Daten zu den analysierten Filmen, die für die Analyse berücksichtigten Ethik-Kodizes im Originaltext sowie die vollständigen Sequenzprotokolle der drei analysierten Filme.
2 Historischer und theoretischer Hintergrund
Im folgenden Teil werden die für die Analyse grundlegenden Begriffe und historischtheoretischen Zusammenhänge umfassend erläutert und diskutiert.
2.1 Journalistische Ethik
Gerade für einen Beruf, dessen zentrale Aufgabe die aufgrund von verarbeiteten Informationen ausgeübte Kontrolle und Kritik der staatlichen Gewalt sowie die Meinungsbildung in der Gesellschaft beinhaltet, ist der Bezug auf ethische Prinzipien von hoher Relevanz und Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung:
„Journalism is an occupation whose survival, more so than most professions, depends on ist credibility. Journalists don’t heal sick bodies or keep clients out of prison; they provide information. If their clients no longer trust their information, then the occupation has lost its cache.” (Weaver 2007: 132)
Das Wort „Ethik“ entstammt dem griechischen „ethos“ und bedeutet ursprünglich Gewohnheit, Sitte, aber auch Charakter, Tugend (vgl. Meier 2011: 239 ff., Karmasin 2005:11 ff.). Während im Alltagsgebrauch Ethik und Moral oft ähnlich verwendet werden, unterscheidet die Wissenschaft die Moral als die gesellschaftlich anerzogenen, akzeptierten sittlichen Normen und die Ethik als wissenschaftliche Beschäftigung mit eben diesen Normen und Werten, vor allem in der Philosophie. (ebd.)
Die Genese einer journalistischen Ethik lässt sich in fünf Phasen aufteilen (zur Darstellung vgl. Ward 2008), die von Ward aber nicht zeitlich exakt benannt wurden: Im 16./17. Jahrhundert erstellten Herausgeber ihre periodischen Blätter noch unter Aufsicht des Staates, eine Unabhängigkeit war noch nicht gegeben: „This news press grew up in tension with the first theory of the press - the authoritarian view that sees the press as servant of the state.“ (ebd.: 139)
In der zweiten Phase löste sich die Presse vom Staat und beanspruchte ihre Freiheit gegenüber staatlichen Einschränkungen, die ihr dann u.a. nach der Revolution in Frankreich bzw. dem Unabhängigkeitskrieg in den USA auch in den Verfassungen der Länder garantiert wurden. Die konstitutionellen Rechte waren die Basis für die Idee der Medien als vierte Gewalt im Staat.
In der dritten Phase während des 19. Jahrhunderts nahm die Rolle der Presse als Diener der Bürger weiter zu:
„The liberal view became the liberal-democratic ideal of the late 1800s which defined journalism as serving, first and foremost, a self-governing citizenry or mass society. The press’s primary allegiance is to this public, not to their leader, not to their government, not to the state or any of its institutions.“ (Ward 2008: 140)
In der vierten Phase während des 20. Jahrhunderts professionalisierte sich die journalistische Ethik, gleichzeitig formierte sich auch zunehmend Kritik, vor allem von Vertretern der in den USA entstandenen Theorie der sozialen Verantwortung. Vor allem ab den 1960er Jahren wuchs der Anspruch an die Medien, nicht nur objektiv zu berichten, sondern gleichzeitig auch zu einer besseren Gesellschaft beizutragen und z.B. Minderheiten mehr Gehör zu verschaffen.
Die fünfte Phase brachte und bringt mit der Digitalisierung, dem World Wide Web und dem daraus resultierenden beruflichen Wandel vom reinen Vermittler zum Moderator neue ethische Ansprüche und Forderungen hervor. Weaver wies darauf hin, dass sich durch das Internet, im Speziellen durch soziale Netzwerke und Blogs, die Definition, wer heutzutage als Journalist gilt, stets Gegenstand teils erbitterter Debatten ist und immer wieder neu definiert wird:
„(...) Today, anyone with Internet can produce and distribute ,news’. Some predict that the production of media content increasingly will be handled through temporary employment outside of formal organizational settings. (...) Scholars who study news work in the decade ahead may have to begin by answering a question that has seemed relatively straightforward in the past: Who is a journalist?” (Weaver 2012: 361)
So gewährte ein kalifornisches Gericht 2005 einem Blogger die selben verfassungsmäßigen Rechte wie angestellten Journalisten (vgl. de Beer 2009: 143), da es vor allem die Funktion der Informationsverbreitung als relevant ansah - Aspekte wie der Verbreitungskanal oder auch ein mögliches Einkommens bzw. eine
Hauptberuflichkeit seien nebensächlich.
Zu dem Wandel gehört auch der durch das Internet vor allem für die Print-Branche gestiegene Druck, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und die weltweite Vernetzung von Themen (vgl. de Beer 2009: 91 ff.). Vor allem der Mohammed-Karikaturenstreit
und der Anschlag auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ zeigt die aktuelle Relevanz journalistischer Ethik vor dem Hintergrund einer globalisierten Nachrichtensphäre und anderer kulturell-religiöser Wertmaßstäbe. Vor diesem Hintergrund fordert de Beer daher auch, verstärkt andere ethische Konzepte aus anderen Regionen zu integrieren, wie etwa das aus Afrika stammende „Ubuntu“[7].
„If Journalism ethics is to become more inclusive of global diversity, normative journalism ethics will have to become more inclusive of other traditions, and not only explore and the overlaps and commonalities between normative traditions, but also allow for non-northern normative frameworks to provide a critique of dominant perspectives.” (de Beer 2009: 90)
Im westlich geprägten Journalismus bzw. in der Journalistik stehen sich vor allem zwei Denkansätze gegenüber: der individualethische und der systemtheoretische. Der individualethische Ansatz sieht dabei vor allem den einzelnen Journalisten in der Verantwortung, „da er schließlich derjenige sei, der handele und sein Handeln zu verantworten habe.“ (Thomaß 2004: 410) Als wichtigster Vertreter dieser Denkrichtung gilt Hermann Boventer. Auch die Kodizes US-amerikanischer und deutscher Medieninstitutionen beziehen sich auf den einzelnen Journalisten. Boventer jedoch will Kriterien für verantwortungsvolles Handeln der Journalisten nicht in Richtlinien festhalten, sondern stattdessen von Fall zu Fall entscheiden lassen:
„Die Richtigkeit steckt in der Moral, die sich im handwerklichen Können, (...) bewährt hat, wodurch sich die Praxis als ,gut’ erweist. Diese Kompetenz in der journalistischen Kennerschaft ist die elementare Bedingung für ein gelungenes Werk und durch keine moralische Absichtserklärung zu ersetzen.“ (Boventer 1989: 105)
An Boventers Ethikkonzept wurde vielfach kritisiert, dass die multiplen Abhängigkeitsverhältnisse, in denen Journalisten stehen, zu wenig beachtet würden. Anika Pohla hingegen verteidigte Boventers Ansatz mit dem Hinweis, dass „die Durchsetzbarkeit medienethischer Forderungen in der Medienpraxis in Zweifel zu ziehen (ist), nicht aber die Geltung moralischer Imperative (...), so fern sich diese nämlich begründet erweisen.“ (Pohla 2006: 191)
Diametral zum Ansatz der individuellen Verantwortung stehen die Vertreter des systemtheoretischen Ansatzes, zu denen unter anderem Bernhard Debatin und Rüdiger Funiok zählen. Für sie
„verschmelzen Einzelhandlungen der Medienschaffenden zu oft unüberschaubaren Handlungsketten, die dazu noch unter Bedingungen von Arbeitsteilung und - delegation von vielen verschiedenen miteinander kooperierenden Subjekten durchgeführt werden. Typischer weise kommt es dabei zu einem Auseinandertreten von Entscheidungs-, Handlungs-, und Verantwortungssubjekten.“ (Debatin/Funiok 2003:11)
Manfred Rühl und Ulrich Saxer gelten als wichtigste Verfechter des
systemtheoretischen Ansatzes. Die Aufgabe der journalistischen Ethik besteht ihnen nach u.a. darin, durch die Selbststeuerung der Ethik die Autonomie des journalistischen bzw. Mediensystems zu sichern und das Eingreifen anderer Systeme wie etwa Politik oder Wirtschaft zu unterbinden. (vgl. Rühl/Saxer 1981: 489).
Modernere Ansätze versuchen beide Positionen zu verknüpfen bzw. in einem „Konzept der gestuften Verantwortung“ stärker zu differenzieren (vgl. Meier 2011: 242 ff.). Dabei werden fünf beteiligte Akteure aufgeführt: Politik und Wirtschaft, das Publikum, die Medienunternehmen, die Quellen bzw. die PR-Branche sowie die Journalisten selbst. Barbara Thomaß (vgl. Thomaß 2003) teilte die Verantwortung jedes einzelnen Journalisten in fünf Bereiche bzw. Beziehungen, nämlich die zu seinen Quellen, den Objekten seiner Berichterstattung, den Rezipienten, den Kollegen sowie der gesamten Öffentlichkeit.
Eine journalistische Ethik im engeren Sinne beträfe dann vor allem die Medienunternehmen und die Journalisten selbst. Diese Arbeit bezieht sich auf den individualethischen Ansatz, da im Kern der Analyse die journalistischen Figuren stehen sollen.
Aus diesem hohen ethischen Anspruch an den Einzelnen ließe sich schlussfolgern, dass der Beruf des Journalisten konkret und umfassend reglementiert wäre. Tatsächlich ist Journalist in den meisten Teilen der Welt, darunter auch in Deutschland und den USA, ein freier Beruf - das heißt, es besteht kein fest geregelter Zugang zum Berufsfeld des
Journalisten (vgl. de Beer 2009: 143 ff.). Die Bezeichnung „Journalist“ ist nicht geschützt. Die Bedingung für eine Mitgliedschaft bei der „Society of Professional Journalists“ lautet:
„Those who are... principally engaged... in directing the editorial policy or editing and preparing news and editorial content of independent news media products. students engaged in the study of these skills, and journalism educators.” (Cuillier, spjnetwork.org, 29.12.2014, Auslassungen im Original)
Eine US-Studie von Jonathan Peters und Edson C. Tandoc Jr., in der verschiedene Journalist-Definitionen ausgewertet wurden, erstellte als gemeinsamen Nenner folgende Definition:
„A journalist is someone employed to regularly engage in gathering, processing, and disseminating (activities) news and information (output) to serve the public interest (social role).“ (Peters, pbs.org, 29.12.2014, Hervorhebungen im Original)
Die kursiv gestellten Begriffe bezeichnen dabei die Elemente, die bei den untersuchten Quellen oft genannt wurden. Die Autoren wiesen selbst darauf hin, dass diese Definition etwa Bloggern und Bürger-Journalisten, die nicht (haupt-)beruflich im Journalismus arbeiten, nicht gerecht wird.
„By referring to employment, the definition delivers a fatal blow to the people engaging in many new forms of journalism. To the extent the definition is used to decide who may claim the legal privileges of journalists, it puts a large number of actors in the journalism ecosystem in the position of fulfilling community needs for news, however well the actors do so, without the assurances that keep traditional journalists safe when their work provokes a backlash.” (ebd.)
Dabei haben in den USA viele Journalisten sogar Vorbehalte gegen einen formellen Status:
„(...) american journalists are unlikely ever to assume a formal professional status because of their skepticism of institutional forms of professionalism (...).” (Weaver 2012: 534, vgl. auch Weaver 2007: 131)
Auch John C. Merrill betonte die nötige Autonomie des Berufes (vgl. in Boventer 1995: 114). Jedermann müsse freien Zugang zum Journalistenberuf haben, sonst werde der Beruf deformiert und dann wohl bald auch reglementiert und bürokratisiert. Der freie
Beruf entspreche dem Konzept der offenen Gesellschaft, alles andere sei gefährlich und eine Absage an den journalistischen Pluralismus: „Was dem amerikanischen Journalismus seine Vielfalt verschafft, ist gerade die Tatsache, dass er kein professioneller Journalismus ist.“ (ebd.)
Diese Arbeit folgt in ihrer Begrifflichkeit Peters’ Definition eines Journalisten.
2.1.1 Journalistische Ethik in den USA
Die USA werden vielfach als das Mutterland der journalistischen Ethik angesehen (vgl. zur Darstellung Schicha 2010: 467 ff., de Beer 2009: 87 ff.). Sie unterscheiden sich jedoch durch die starke Betonung der individuellen Verantwortung und des Liberalismus, beeinflusst durch die geschichtliche Prägung von Werten wie Freiheit, Rationalität und Unabhängigkeit. Das Pressewesen in den USA basiert demnach auf der „Libertarian Theory of the Press“, die u.a. von John Locke und Thomas Jefferson aufgestellt wurde (vgl. auch Pleasance 2009: 211 ff.) Diese stellt die Autonomie des Einzelnen heraus, nach der die Presse gesehen wird als „a social force, that, like the autonomous self, somehow floated independently of the historical order and freed people from the tyranny of ignorance and superstition”. (ebd.)
Zu verweisen ist auch auf die herausragende rechtliche Stellung der Pressefreiheit in den USA, die im “First Amendment” festgelegt ist: Der erste Zusatzartikel zur Verfassung von 1789 verbietet Zensur und die Einschränkung der Pressefreiheit: „Congress shall make no law (...) abridging the freedom of speech, or the press, (...).” (wikipedia.org, 20.1.2015)
Mehrfach stellten US-Gerichte die starke Rolle der Pressefreiheit und des „First Amendments“ in den Vordergrund und gaben bei wichtigen Prozessen den Medien Recht (vgl. Redelfs 2007: 140 ff.). So wird z.B. das Urteil des „Supreme Courts“, des obersten Gerichtshof in den USA, von 1964 im Fall „New York Times vs. Sullivan“ (vgl. U.S. Diplomatic Mission to Germany, usa.usembassy.de, 9.1.2015) als Meilenstein für die Pressefreiheit gesehen. Das Gericht wies eine Verleumdungsklage ab und befand, dass Beamte für eine erfolgreiche Klage wegen Verleumdung nicht nur nachweisen müssen, dass die veröffentlichten Informationen falsch sind, sondern auch, dass die Reporter oder Herausgeber „tatsächlich arglistig“ gehandelt oder Informationen „unter fahrlässiger Missachtung ihrer Richtigkeit oder Falschheit“ veröffentlicht haben. Damit wurde es in der Folge für Träger öffentlicher Funktionen nahezu unmöglich,
Medien auf Schadensersatz zu verklagen. Experten sehen u.a. in dem Urteil den Aufstieg des investigati ven Journalismus in den USA seit den späten 1960er Jahren begründet. Im Kontrast dazu ist aber z.B. der Informantenschutz im Vergleich zu Deutschland rechtlich wesentlich schlechter abgesichert, so dass immer wieder Journalisten in Beugehaft genommen werden, um die Namen ihrer Quellen zu offenbaren (vgl. Redelfs 2007: 141). Auch diese Thematik wurde mit Nichts als die Wahrheit (2008) bereits filmisch umgesetzt. Der Informantenschutz ist eines der wichtigsten ethischen Prinzipien im Journalismus und in vielen Redaktionen als Regel festgeschrieben. Derartige Kodizes werden im nächsten Kapitel behandelt.
2.2 Ethik-Kodizes der Medien
Dass die Medien als Kontrollorgan der Regierung auch selbst kontrolliert werden sollen und wie eine solche Kontrolle am besten funktioniert, ist Teil einer breiten Debatte über die Macht der Medien. Neben dem Medienjournalismus, also Kritik innerhalb des Mediensystems, sind die Aufstellung von Kodizes und deren Überwachung der Einhaltung ein Bestandteil einer möglichen Kontrolle. Ethische Prinzipien sollen in ausformulierten Richtlinien Geltung in den verschiedenen Medienunternehmen finden. Wenngleich auch die Funktion derartiger Kodizes immer wieder Anlass für Kritik liefert:
„Some regard them as vehicles for professionalisation, as a means of professional education, as instruments of consciousness-raising and as deliberate attempts by journalists to regulate the media and ward off legislation restricting their activities. (...) A contrasting response stresses the role of codes as mere rhetorical devices to preserve special privileges such as access to the powerful und camouflage hypocrisy.” (Keeble 2001: 13)
Hafez (2003: 40 ff.) unterschied dabei zwischen einzelnen Kodizes von Medien eines Landes, landesweit oder regional gültigen Kodizes von Regierungsstellen oder journalistischen Organisationen und multinationalen Kodizes. Von Regierungen aufgestellte Kodizes gerieten dabei oft in den Verdacht, Zensur-Maßnahmen aufstellen zu wollen.
2.2.1 Medienkodizes weltweit
In Europa stellte Schweden den ersten journalistischen Ethik-Kodex auf (zur Darstellung vgl. Scholz 2009: 26 f.), dieser wurde jedoch nicht schriftlich überliefert. Der erste offizielle Ethik-Kodex stammte von dem französischen „Syndicat National des Journalistes“ von 1918. Nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten immer mehr Länder einen Kodex, auch mit Hilfe von Organisationen wie der UN und der „International Federation of Journalists“. Trotz der Zunahme hat von rund 200 Ländern nur etwa ein Viertel einen eigenen journalistischen Ethik-Kodex.
2.2.2 Die Kodizes von Journalistenorganisationen in den USA
Auch in den USA existieren verschiedene Kodizes zur praktischen Arbeit in den Redaktionen. Die Anzahl stieg in den vergangenen Jahrzehnten rasant an: So hatten in den 1970er Jahren weniger als zehn Prozent der US-Tageszeitungen einen eigenen Kodex - in den 1980er Jahren dagegen schon drei Viertel (vgl. Scholz 2009: 27). Der bekannteste stammt von der „American Society of News Editors“ (ASNE), die 1922 gegründet wurde. Auch der so genannte „Canons of Journalism“ wurde im selben Jahr auf gestellt und 1975 dann in „Statement of Principles“ umbenannt (vgl. asne.org, 9.1.2015, vgl. auch im Original im Anhang). Er enthält Richtlinien zu den Punkten:
- Responsibility
- Freedom of the Press
- Independence
- Truth and Accuracy
- Impartiality
- Fair Play
Der Aspekt “Responsibility” verweist darauf, dass die Journalisten dem öffentlichen Wohl verpflichtet sind und diese Verantwortung nicht missbrauchen dürfen: „Newspapermen and women who abuse the power of their professional role for selfish motives or unworthy purposes are faithless to that public trust.” (ebd.)
Journalisten müssen Interessenkonflikte in jedem Fall vermeiden, um ihre Integrität nicht zu gefährden, so die Vorgabe unter dem Stichwort „Independence“: „They should neither accept anything nor pursue any activity that might compromise or seem to compromise their integrity.“ (ebd.)
Auch die Presse selbst muss vor Einflussnahme und Missbrauch geschützt werden, besagt der Aspekt „Freedom of the Press“: “Journalists must be constantly alert to see that the public’s business is conducted in public.” (ebd.)
Der Sammelbegriff „Truth and Accuracy” betont u.a. die zwingende Wahrhaftigkeit der Nachrichten, das Anhören beider Seiten und die Trennung von Nachricht und Meinung: „Every effort must be made to assure that the news content is accurate, free from bias and in context, and that all sides are presented fairly.” (ebd.)
Die deutliche Kennzeichnung von Meinungsartikeln wird in dem Punkt „Impartiality“ noch Mal betont, Ziel: „a clear distinction for the reader between news reports and opinion.“ (ebd.)
Der letzte Aspekt „Fair Play“ bezieht sich darauf, dass Informanten Vertraulichkeit gewährt werden muss, wenn diese zugesagt wurde: „Pledges of confidentiality to news sources must be honored at all costs, and therefore should not be given lightly. Unless there is clear and pressing need to maintain confidences, sources of information should be identified.” (ebd.) In der Berichterstattung beschuldigten Personen soll außerdem die Möglichkeit zur Erklärung gegeben werden.
Ein weiterer Kodex stammt von der „Society of Professional Journalists“ (SPJ). Die SPJ wurde 1909 als journalistische Studentenverbindung unter dem Namen Sigma Delta Chi gegründet und 1988 endgültig in SPJ umbenannt. Sie vertritt heute rund 10.000 Mitglieder, darunter Journalisten aller Medien und Journalistik-Studenten. Ihren ersten “Code of Ethics” übernahm die SPJ 1926 von der “American Society of Newspaper Editors”. Erst 1973 stellte man einen eigenen auf, der 1984, 1987, 1996 und 2014 jeweils überarbeitet wurde (vgl. Brown 2011: 33 ff., 274 ff., vgl. spj.org, erstellt am 6.9.2014, letzter Zugriff 9.1.2015[8] ). Dabei wird er nicht als festes Regelwerk angesehen, sondern eher als Orientierungshilfe: “It is not a set of rules, rather a guide that encourages all who engage in journalism to take responsibility for the information they provide, regardless of medium.” (ebd.)
Er umfasst die folgenden vier Hauptregeln:
- Seek Truth and Report It
- Minimize Harm
- Act Independently
- Be Accountable and Transparent
Hinter diesen recht einfachen und oberflächlichen Imperativen finden sich insgesamt rund 50 konkrete Anweisungen: So lässt sich der Punkt „Seek Truth and Report it“ wie folgt zusammenfassen: Journalisten sollen bei der Arbeit ehrlich und fair sein, ihre Informationen und Quellen überprüfen und die Absichten von Informanten hinterfragen. Stereotypen und Vorurteile sollen bei der Berichterstattung möglichst vermieden werden. Auch die Rolle des Journalismus für die Öffentlichkeit wird noch mal akzentuiert: „Recognize a special obligation to serve as watchdogs9 over public affairs and government. Seek to ensure that the public’s business is conducted in the open, and that public records are open to all.” (ebd.)
Daran schließt die Richtlinie “Minimize Harm“ an: Sie verweist vor allem auf die Verantwortung des Journalisten, der mit der Berichterstattung über eine Person dieser immensen Schaden zufügen kann. Der Journalist soll also immer die Interessen von Öffentlichkeit und Personen, über die berichtet wird, abwägen: „Balance the public’s need for information against potential harm or discomfort.” (ebd.)
„Act Independently“ meint vor allem, dass Journalisten im Dienst der Öffentlichkeit stehen und daher z.B. keine Geschenke oder andere Gegenleistungen von Personen oder Gruppen annehmen, die ihre Berichterstattung beeinflussen könnten. Jegliche Interessenkonflikte sollen vermieden oder transparent gemacht werden: „Avoid conflicts of interest, real or perceived. Disclose unavoidable conflicts.” (ebd.) Ansonsten werde die Glaubwürdigkeit des Journalisten und/oder des Mediums gefährdet.
Die SPJ ermutigt mit der Regel „Be accountable“ dazu, dem Publikum Entscheidungen zu erklären und so auch Debatten über die Praktiken anzustoßen: „Explain ethical choices and processes to audiences. Encourage a civil dialogue with the public about
journalistic practices, coverage and news content.” (ebd.) Fehler müssen schnellstmöglich korrigiert werden.
Der Ethik-Kodex der SPJ hat auch Kritik aus den eigenen Reihen evoziert: Fred Brown, Mitglied des SPJ-Ethik-Kommitees, bezeichnete die sich teils widersprechenden Regeln als „schizophren“ (vgl. Weaver 2007: 132). „Minimize Harm“ und „Be accountable“ würden einen Journalisten vom Typen „Mr. Nice Guy“ (ebd.) fordern, die beiden Regeln „Seek and Report the Truth“ sowie „Act Independently“ hingegen einen „Mr. Tough Guy“(ebd.). Brown plädierte für einen Mischung mit den Eigenschaften „civil, respectful and determined“ (ebd.). Auch John C. Merrill kritisierte die Formulierung als „nebulous, fuzzy, ambiguous, contradictory, heavy-handed“ (in Boventer 1995: 115).
Der „Code of Ethics“ der 1946 gegründeten „Radio Television Digital News Association“ (RTDNA) ist das Gegenstück für Online-Medien und Rundfunk, er stimmt in weiten Teilen mit den vorherigen überein (vgl. rtdna.org, 21.1.2015). Seine Empfehlungen sind zusammengefasst unter den übergeordneten Bereichen
- Public Trust
- Truth
- Fairness
- Integrity
- Independence
- Accountability
Anzumerken sind lediglich einige medienspezifische Hinweise wie das Verbot von versteckten Kameras bzw. Mikrofonen: „Use surreptitious newsgathering techniques, including hidden cameras or microphones, only if there is no other way to obtain stories or significant public importance and only if the technique is explained to the audience.“ (ebd.)
Ein Unikum des US-Fernsehens ist die so genannte “Fairness Doctrine”: Sie besagt, dass jeder Sender bei öffentlichen Themen immer beide gegensätzlichen Meinungen ausstrahlen muss. (vgl. legal-dictionary.thfreedictionary.com, 9.1.2015)
watchdog“ steht im Journalismus als Bezeichnung für „a guardian (...) to supply the citizens with information they must have ‘to prevent the abuse of power’ and ‘to warn citizens about those that are doing them harm’” (en.wikipedia.org, 17.1.2015) (vgl. auch SPJ-Kodex)
2.2.3 Exkurs: Vergleich ethischer Einstellungen von Journalisten in den USA und Deutschland
Der Journalistenreport von Weischenberg et. al. aus dem Jahr 2006 ließ bei den ethisch fraglichen Methoden einen deutlichen Unterschied zwischen US-amerikanischen und deutschen Journalisten erkennen (zur Darstellung vgl. Weischenberg 2006). Es zeigte sich eine deutliche Differenz in der Befürwortung ethisch fraglicher Mittel im Journalismus. Während die deutschen Journalisten eher für vertrauliche Informationen bezahlen würden (27 Prozent), würden nur 17 Prozent der US-amerikanischen Journalisten dies tun. 42 Prozent der amerikanischen Journalisten würden private Unterlagen ohne Zustimmung der Person verwenden, hingegen nur acht Prozent der deutschen. 52 Prozent der amerikanischen, aber nur zwölf Prozent der deutschen Journalisten konnten sich vorstellen, unwillige Informanten unter Druck zu setzen, um an Informationen zu gelangen. Während 78 Prozent der amerikanischen Journalisten vertrauliche Regierungsunterlagen ohne Genehmigung benutzen würden, hießen dies nur knapp 60 Prozent der deutschen Kollegen gut. Übereinstimmung findet sich nur in der Kategorie „sich als Mitarbeiter in einem Betrieb/einer Organisation betätigen, um an interne Informationen zu gelangen“: 54 Prozent der amerikanischen und 49 Prozent der deutschen Journalisten erachteten dieses Vorgehen als angemessen.
Allerdings gelten in den USA in anderen Bereichen wiederum strengere ethische Richtlinien als in Deutschland (vgl. Redelfs 2007: 148). Die private Verwendung des Presseausweises - in Deutschland eher ein Kavaliersdelikt - ist in den USA ein Kündigungsgrund. Möglichen Interessenskonflikten beugt man mit Transparenz vor: So müssen z.B. Mitarbeiter des Wirtschaftsressorts der „Washington Post“ ihre Aktiendepots offen legen.
Das nächste Kapitel beschreibt die fiktive Darstellung des Journalisten im Film und erklärt dabei die historische Entstehung gewisser prototypischer Figuren und Filmtypen.
2.3 Der Journalist im Film
2.3.1 Kurze Historie der Journalismusfilme
Die filmische Darstellung von Journalisten hat eine lange Tradition. Richard Ness (1997) führte in seiner Aufstellung „From Headline Hunter to Superman: A Journalist Filmography" von 1900 bis 1996 über 2100 Filme aus allen Ländern inklusive reiner
TV-Produktionen auf, Ghiglione (2005) zählte sogar 4000. Schon zur Zeit der Stummfilme tauchten Reporter auf der Leinwand auf. Von 1921 bis 1930 wurden über 60 Journalismusfilme gedreht, die aber unterschiedlichen Genres angehörten (zur Darstellung vgl. Behnert 1992: 15 ff). Aber schon da manifestierte sich das Image des Journalisten als Aufdecker: „Die Journalistenhelden dieser frühen Jahre sind immer neugierig, immer ehrgeizig und immer gerade dabei, irgendeinen Skandal aufzudecken.“ (ebd.) Vor allem das Western-Genre beeinflusste dann die frühen Journalismusfilme in den 1930er Jahren. Behnert sah die Reporterfigur als kommentierenden Charakter und verglich sie mit dem Chor in der griechischen Tragödie. Er solle die Bedeutsamkeit des Themas verdeutlichen. Der Tonfilm THE Front Page (1931) unter der Regie von Lewis Milestone verhalf dem Journalisten zu mehr Charakterschärfe und Popularität, er wurde immer mehr zum „enduring American hero” (Lopez 1993: 209).
Mit der Wirtschaftskrise etablierten sich auch zwei wesentliche Protagonistentypen im Journalistenfilm: der Official Hero und der Outlaw Hero. Der Official Hero stand für das Gemeinwohl und das Recht im Staat, der Outlaw Hero repräsentierte als Nonkonformist die amerikanische Denkweise von den unbegrenzten Möglichkeiten.
„‘Official’ characters who frequently are professionals such as teachers or lawyers, represent the American belief in collective action, and the objective legal process that supersede[s] private notions of right and wrong. In contrast, ‘outlaw’ characters represent ‘that part of the American imagination valuing self-determination and freedom from entanglements.’” (Ray 1985, in Ehrlich 2006: 503)
Der Outlaw Hero konnte als Reporter in der Screwball-Comedy Akten fälschen und andere unrechte Mittel anwenden, um an eine Story zu gelangen: „Er glorifiziert Verbrecher und Verbrechen und interessiert sich mehr für die Sensation als für den seriösen Kommentar.“ (Behnert 1992: 29) Beispiele für Filme über einen Official Hero sind it happened one night (1934) oder später Roman Holiday (1953). Im Laufe der Zeit wandelte sich der Outlaw Hero zum Schurken, der Official Hero wurde zum ambitionierten Liebhaber.
In der Zeit der Screwball-Comedys wurden viele ehemalige Redakteure und Reporter wie Ben Hecht, Herman J. Mankiewicz und Allen Rivkin zu Drehbuchautoren: Sie kreierten das klassische Klischee vom Zigarette rauchenden Reporter mit Hut, Trenchcoat, zwischen Schulter und Ohr eingeklemmtem Telefonhörer und der
Whiskeyflasche in greifbarer Nähe (vgl. ebd.: 22). Die Tatsache, dass Journalisten über Filme, Bücher etc. ihr Bild in der Öffentlichkeit selbst kreieren können, ist für Matthew C. Ehrlich mitverantwortlich für ein manchmal zu positives Image:
„That is, they have reconciled journalism’s civically minded and pleasure-inducing sides by telling romantic, entertaining tales of journalists who uphold their idealized roles as public servants.“ (Ehrlich 2006: 502)
In den 1950er Jahren gelangte der Schurke als Protagonist zu seiner Blütezeit, denn er wurde zum Ventil für die antikommunistischen Aggressionen (vgl. Behnert 1992: 33 f.). Während der 40er und 50er Jahre des 20. Jahrhunderts übertrug sich die Politparanoia in die Hollywoodfilme und mit ihnen die stärkere Unterscheidung zwischen Good Guy und Bad Guy. Ace in the Hole (1951) gilt als das Paradebeispiel für den Reporter als Bad Guy. Mit dem Tod von John F. und Robert Kennedy, Martin Luther King und der Watergate-Affäre wurde auch der Pressefilm politischer. Daraus resultierend kämpfte danach in den Filmen meist der Gesetzlose gegen das System. (ebd.: 52)
Nachdem zuvor hauptsächlich Komödien über Journalisten gedreht worden waren, kamen ab 1970 wieder ernstere Filme in die Kinos. Der Pressefilm erlebte in den 1970er Jahren mit provokativen Arbeiten wie The Parallax View (1974) und All the President’s Men (1976) eine Wiederauferstehung, auch mit TV-
Nachrichtensprecherneuen als Protagonisten (vgl. Langman 1998: 1). Thema war meist „crusading journalists“ (ebd.) - Journalisten und ihre Kampfzüge gegen das System, wie der bereits erwähnte All the President’s Men und The China Syndrome (1979). Mit Beginn der 1980er Jahre thematisierte der Journalistenfilm Aspekte wie die Konstruktion von Wirklichkeit, wie in THE YEAR OF LIVING DANGEROUSLY, UNDER Fire (beide 1982), Salvador (1986) und Network (1976). Nach Watergate zeigten die Macher oftmals eher unprofessionelle Journalisten und ihre Probleme. So meinte auch Ehrlich: „Post-Watergate movies have continued to present resolutely unprofessional journalists, some based upon real-life models.” (Ehrlich 2006: 512) Er nannte dazu Filmbeispiele wie Fear and Loathing in Las Vegas (1998) und ebenfalls Salvador (1986).
Die durch die Digitalisierung stattfindende Transformation auf dem Medienmarkt wird im Kinofilm hingegen bisher kaum reflektiert, außer dem zu analysierenden State of Play (2009) sind dem Verfasser dieser Arbeit keine weiteren Produktionen bekannt, in denen z.B. Online-Journalisten eine größere Rolle spielen. Das wird auch gestützt durch die Ergebnisse von Tüschen (Bachelor-Arbeit, 2013, unveröffentlicht), die aber nur deutsche Journalistenfilme untersucht hat.
2.3.2 Typen von Journalismusfilmen
Larry Langman untersucht in seinem Buch „The Media in the Movies“ (1998) 1025 Filme, die sich zwischen 1900 und 1990 mit Journalismus befassten. Er differenzierte dabei zwischen acht Kategorien (zur Darstellung vgl. Langman 1998: 3 ff.):
- die Nachrichtenjagd (News Hound)
- eine weibliche Reporterin als Hauptdarstellerin (Sob Sister)
- die Kreuzritter, die kämpfenden Journalisten (Crusaders)
- die Lokalpresse als Mittelpunkt (Rural Press)
- Newspaper Crime Drama
- Newspaper Social Drama
- Newspaper Comedy Drama
- Goldenes Zeitalter des Newspaper Films
Vor allem letztere Kategorie wirkt nicht trennscharf, denn Filme unter dem gemeinsamen Charakteristikum derselben erfolgreichen Epoche zu vereinen, ist nach Meinung des Verfassers dieser Arbeit zu oberflächlich. Auch die anderen Kategorien wie z.B. News Hound, Newspaper Crime Drama und Crusaders schließen sich nicht unbedingt aus.
Bei der News Hound steht die Jagd nach der Story im Mittelpunkt, oft geht dabei ein Paar aus altem ausgedienten Journalisten-Veteran, der als Mentor fungiert, und einem jungen motivierten Bewunderer auf die Suche nach der Geschichte.
Die Rolle der Sob Sister oder News Hen bezeichnet etwas abwertend eine weibliche Reporterin. Das englische Wort „sob“ bedeutet Schluchzen und bezog sich hier auf die vermeintlich rührselige Art der von Frauen verfassten Artikel. Laut Langman hat es die Sob Sister nicht einfach, da die Männer oft nicht kooperieren und es ihr auf Grund des jungen Alters an Kontakten und einem Netzwerk fehlt. Trotzdem schafft sie es, die Story am Ende zu veröffentlichen.
Bei den Crusaders unterschied Langman zwischen Publisher und Editor[9]. Der Publisher (Herausgeber) kann aufgrund seines Reichtums und seiner Macht andere beeinflussen, wohingegen der Editor (Redakteur) nur den Rückhalt seines Chefs hat. Auch ist der Editor mehr seinem Gewissen verpflichtet. Die Idealisten kämpfen dabei oft gegen Ungerechtigkeit und Korruption.
Filme der Kategorie Rural Press stellen das Leben und die Probleme in Kleinstädten bzw. auf dem Land in den Mittelpunkt. Immer wieder verwiesen die Filmemacher dabei auch auf die vermeintliche Überlegenheit des ländlichen Lebens: „(...) rural life, with its restorative powers, is superior to urban life, which is infested with crime, violence and corruption.” (Langman 1998: 7)
Im Newspaper Crime Drama waren die Hauptthemen Korruption, Mord und „antisoziale Verstöße“. Um die Dreißiger Jahre, laut Langman das goldene Zeitalter der Journalistenfilme, waren die beiden Genres Crime und Newspaper-Film häufig miteinander vereint. Auffällig war, dass bei den Produktionen die kleineren Studios dominierten, die großen Studios steuerten hauptsächlich Low-Budget-Produktionen bei.
Der Pressefilm als Social Drama greift soziale Themen auf - allerdings oft eher mit einem ungewollt komischen Unterton. Die Themen reichen dabei von den schlechten Arbeitsbedingungen bis zu Alkohol und Drogen.
In den Comedy Dramas wurde Verbrechen als Komödie dargestellt, „Crime occasionally took a back seat to comedy in these films.“ (Langman 1998: 9)
Das goldene Zeitalter der Journalistenfilme war in den dreißiger Jahren: „Journalism became the most popular occupation of screen heroes of the 1930s“ (ebd.: 10 ff.). Die Handlung vieler Filme drehte sich um Gangster und Kriminalität. Die Reporter traten dabei eher als Detektive auf: „They tended to be more at home in nightclubs or snooping around crime scenes hoping for the big scoop, but often stepping into trouble”(ebd.). 1937 rückte in Exiled in Shanghai erstmals ein Kameramann das neue Medium Fernsehen in den Vordergrund, das später immer mehr dominieren sollte.
2.3.3 Rollen in Journalismusfilmen
Gabriele Jelle Behnert meint, dass der Journalist bis heute die einzige Filmfigur geblieben sei, die sich ausschließlich über ihren Beruf bestimmt und deren Privatleben kaum gezeigt werde (zur Darstellung vgl. Behnert 1992: 23 ff.). Sie machte in ihrem Buch drei Erscheinungsformen der Journalistenfigur aus: den Schurken, den Kreuzritter für die Gerechtigkeit und die Frau.
Der Schurke trat dabei immer in etwas anderem Gewand auf, „(...) jede Zeit hat ihr eigenes Schurkenpsychogramm“ (ebd.: 58 ff.). War es in den 30er und 40er Jahren noch ein personifizierter Bösewicht, der seine Macht missbraucht, wurde er in den 50ern ein „Zwitter aus realitätsferner Negativpropaganda und Realitätsfanatismus“(ebd.). Zugleich wurde das Mediensystem an sich immer mehr zum Bösen stilisiert, „NegativAspekte inkarnieren sich im ,Apparat’ selbst“ - die Figur des Schurken war nebensächlich. In den Siebziger Jahren waren dann beide, der einzelne Journalist und das System, „nur noch unmündige und darum besonders gefährliche, weil beeinflussbare, Marionetten.“ (ebd.)
Als Helden führte Behnert vor allem den Auslandskorrespondenten bzw. Kriegsreporter auf, was aufgrund der filmischen Beispiele verwundert, da diese oft in moralische Dilemmata verwickelt sind und zwiespältig agieren (vgl. Under Fire, Salvador). Dabei war der Journalist in den Vierziger Jahren weniger Reporter, sondern als „Reisender in Sachen Diplomatie (...) die heroischste und am stärksten ins Unwirkliche stilisierte Figur im Pressegenre“ (ebd.: 62). Die journalistischen Helden verkörperten in jedem Fall den Mythos des „common man“, des einfachen, fleißigen Machers, der sein Glück sucht.
Die Frauen wurden in den Filmen - obwohl Hauptdarstellerinnen - hingegen zu objekten denunziert, meint Behnert. Die in der Gesellschaft stattgefundene Emanzipation werde im Film am Mann gezeigt, der sich „mit dem veränderten Frauenbild arrangieren und auseinandersetzen muss“ (ebd.: 96). Als Grund nannte sie, dass Drehbuchautoren und Regisseure immer noch meist männlich sind. „Journalistinnen in Pressefilmen sind keine heroischen Gestalten“ (ebd.: 110 ff.). Im dramaturgischen Kern ginge es dabei aber eher um die Erfüllung der großen Liebe - der in diesem Fall journalistische Beruf ist nur Beiwerk. Die filmische Medienfrau „als tragikomische Satirefigur“ wird meist genutzt, „um männliches Erfolgsstreben zu karikieren“.(ebd.) Die Rolle der weiblichen Journalistin veränderte sich aber. Die
Journalistin als Protagonistin wurde zuerst mit persönlichen Problemen konfrontiert, die mit ihrem Beruf kollidierten. Zu Beginn des Genres schrieben Journalistinnen meist für das Klatsch-Ressort, seit den 1980er Jahren waren Frauen auch als investigative Reporter tätig. Auch zahlenmäßig holten die weiblichen Vertreter auf: Brian McNair verweist in seiner Analyse darauf, dass immer mehr Frauen die Hauptrolle spielen (vgl. Kapitel 1.2).
Wulff differenzierte vier verschiedene Typen von Reporterfiguren: den Konvertiten, den Freiheitskämpfer, den Wahrheitsliebenden und den Sensationsreporter (vgl. zur Darstellung derwulff.de, 12.1.2015). Der Konvertit vollführt dabei eine Art Wertewandel von der Sensationslust zum „Geschmack und den Wünschen der kleinen Leute.“ (ebd.) Der Freiheitskämpfer und der Wahrheitsliebende sind insofern nicht ganz trennscharf, da beide politische Skandale aufdecken - der Freiheitskämpfer aber eher in den Vierziger Jahren, der Wahrheitsliebende in den Siebziger Jahren mit All THE President’s Men als Vorbild. Die Figur des skrupellosen Sensationsreporters fungiert als negatives Gegenbild und ist für „die Herausbildung der Helden der Welle der Reporterfilme ausgesprochen wichtig“ (ebd.), an ihr thematisieren sich immer wieder medienethische Debatten.
Good benannte drei Kategorien von Journalisten: den Journalist als
Kriegsberichterstatter, den von der Story besessenen Reporter und den investigativen Journalisten, der Missstände aufdeckt.
„The first shows a war correspondent losing his bearings in an orphan country of bombed-out buildings and mass graves; the second, a reporter destroying innocent lives while madly chasing scoops; and the last, an investigative journalist unraveling a far-reaching conspiracy. Taken together, the sub-genres represent the public’s complex, often contradictory expectations of the press”.
(Good 1990: 5)
Mit der Zeit bildeten sich Stereotype heraus, die teilweise bis heute das Bild von Journalisten bei den Zuschauern bestimmen (zur Darstellung vgl. Behnert 1992: 20 f.). Die Journalisten haben selbst dazu beigetragen, denn ein Großteil der Drehbuchschreiber und Regisseure kam aus dem Journalismus. Die Redaktionen der 1920er und 1930er Jahre waren Talentschmieden, aus denen die Produktionsbüros der boomenden Hollywoodstudios ihr Personal rekrutierten.
Diese ehemaligen Journalisten wussten genau, was das Massenpublikum erwartete und schufen aus ihren eigenen Erfahrungen einen überzeichneten Journalistentyp, der zwar mit der Realität nicht mehr viel zu tun hatte, sich aber, vielleicht gerade deswegen, gut verkaufte. Heutzutage sind es nicht nur ehemalige Journalisten, die Drehbücher schreiben, es sind auch Medienmogule wie z.B. Rupert Murdoch, die die Filme produzieren. Das bekannteste Beispiel und der erste Publikumserfolg aus dieser Zeit war The Front Page (1931), der später mehrmals, unter anderem von Billy Wilder, adaptiert wurde. Der dort dargestellte Journalist trägt den Hut lässig im Nacken, raucht Kette, den Telefonhörer dabei in der Hand und eine Whiskeyflasche im Schreibtisch. Er ist ein Karrierist, Zyniker und Einzelkämpfer - ein negatives Bild, das sich in den Köpfen des Publikum festigte (vgl. Good 1990: 13).
Ab 1940 verschob sich der Fokus durch das aufkommende neue Medium Fernsehen von den Zeitungsfilmen hin zu Fernsehfilmen. Seitdem gerieten Fernsehreporter und - moderatoren immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses. Die Stereotype über den Journalisten blieben aber größtenteils bestehen. Ghiglione verweist dabei auf eine Art Doppelmoral: Den journalistischen Heldenfiguren werden ethische Verstöße in den Filmen verziehen, wenn ihr Motiv oder Ziel der Öffentlichkeit bzw. der guten Sache dient:
„Reporters, editors and news broadcasters can get away with almost anything as long as the end result is in the public interest. They can lie, cheat, distort, bribe, betray or violate any ethical code as long as they expose some political or business corruption, solve a murder, catch a thief or save an innocent. Some journalists, the war correspondents and the investigative reporters in particular, often act more like soldiers or detectives. They usually live up to good journalism standards, only to be killed or left in great danger at the end of the film.” (2005: 2, vgl. auch Saltzman 2013:3)
Ghigliones Aussage über die Doppelmoral begründet den theoretischen Hintergrund der ersten beiden Hypothesen dieser Arbeit und ist somit analyseleitend für die Interpretation der ethischen Aspekte der journalistischen Verhaltensweisen und des Selbstbildes der Figuren im Film (vgl. im Detail Kapitel 3.2.1): Die eigentlich seriös und professionell anmutenden Journalisten im Film wenden bei ihrer Arbeit auch ethisch fragwürdige oder unerlaubte Methoden und Techniken an, weil sie für sich beanspruchen, im Sinne des Gemeinwohls und in ihrer gesellschaftlichen Funktion
[...]
[1] Der Einfachheit halber wird in dieser Arbeit für entsprechende Begrifflichkeiten stets die maskuline Form verwendet - es sei denn, der explizite Bezug erfordert die feminine Bezeichnung. Andernfalls sind sowohl jeweils männliche und weibliche Vertreter gemeint.
[2] Die Begriffe Image, Bild und Ansehen werden - obwohl in anderen wissenschaftlichen Feldern differenzierter verwendet - in dieser Arbeit gleichwertig genutzt, da die annähernd gleiche Bedeutung für die Zwecke dieser Arbeit hinreichend ist. (vgl. Pürer 2012: 258)
[3] Dieser Umstand mag aber möglicherweise auch einem besseren digitalen Archivierungssystem bzw. suchmaschinenoptimierter Auffindbarkeit geschuldet sein.
[4]Die Begriffe Journalistenfilm und Journalismusfilm werden in dieser Arbeit synonym verwendet.
[5] Zur Begründung der Auswahl der Filme vgl. Kapitel 3.2.2
[6] In der Folge aus Gründen der Einfachheit nur noch State of Play.
[7] Mit „Ubuntu“ wird „eine Grundhaltung bezeichnet, die sich vor allem auf wechselseitigen Respekt und Anerkennung, Achtung der Menschenwürde und das Bestreben nach einer harmonischen und friedlichen Gesellschaft stützt (...). Die eigene Persönlichkeit und die Gemeinschaft stehen in der Ubuntu-Philosophie in enger Beziehung zueinander.“ (wikipedia.org, 27.12.2014) (Webquellen ohne zuordenbaren Autorennamen und/oder ohne Erstellungsdatum werden im Quellenverzeichnis gesondert aufgeführt, Anmerkung des Autors)
[8] Wenn das Erstellungsdatum des Beitrags bekannt ist, wird es explizit mit dem Datum des letzten Seitenabrufs genannt, um Verwechslungen auszuschließen. Anderweitig finden sich die Quellen ohne ein Datum in einem separaten Bereich des Quellenverzeichnisses.
[9] Die engl. Bezeichnung „Editor“ kann im Deutschen sowohl mit Herausgeber, Redakteur, Lektor oder sogar Cutter übersetzt werden und muss immer im jeweiligen Kontext gesehen werden.
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