Sport als Integrationsmotor? Eine Analyse der Bedeutung von Sport(vereinen) für die Integration


Hausarbeit, 2013

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition des Integrationsbegriffs

3. Integration in deutschen Sportvereinen
3.1 Ansätze und Beispiele für die Verknüpfung von Sport und Integration
3.2 Aktuelle empirische Lage in der Vereinslandschaft
3.3 Hindernisse im Bereich Sport und Integration

4. Fazit

1. Einleitung

„Auch 30 Jahre nach dem Anwerbestopp ist es für die „klassischen Arbeitsmigranten“ und ihre Familien noch immer sehr schwierig an den zentralen gesellschaftlichen Gütern und Positionen teilzuhaben. Sicherlich haben sich die Abstände gerade in der Generationenfolge deutlich verringert, dennoch besteht nach wie vor eine Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Eine große Ausnahme scheint hierbei der Sport zu sein: Fußballer, Boxer, Handballer und viele an dere Sportler in den unterschiedlichsten Sportarten ernten als „Arbeitsmigranten“ hohen ge sellschaftlichen Respekt und Sympathie. Zumindest im Falle von Profisportlern spielen die klassischen Integrationshürden: Sprache, kulturelle Kompetenzen und Kenntnisse oder auch ge sellschaftliche Diskriminierung, scheinbar keine Rolle. Anerkennung und Positionierung erfolgen alleine durch sportliche Leistung.“ (Weber 2008: 3)

Das einleitende Zitat beschreibt ein bestehendes Geflecht zwischen Sport und Integration, wie es aktuell in den deutschen Medien und der Politik oft namentlich auftaucht. Einzelne Erfolgsgeschichten von Profi-, Spitzen und Nationalsportlern mit Migrationshintergrund werden als Beispiel gelungener Integrationsvorgänge herangezogen und in der Öffentlichkeit angepriesen. Ein aktuelles Beispiel ist der türkischstämmige Fußballspieler Mezut Özil, der erfolgreich in der Bundesliga sowie für die deutsche Nationalmannschaft gespielt hat, mittlerweile aber schon wieder emigriert ist und für einen spanischen Verein spielt (vgl. Braun/Nobis 2011: 9-10).

Die Verbindung „Sport und Integration“ scheint als geläufige Formulierung und wird in vielerlei Kontexten erwähnt und benutzt, so als würden diese zwei Rubriken automatisch zusammen gehören und sich gegenseitig bedingen. Einige Institutionen und Sportvereine rufen gezielt Aktionen ins Leben, die sich mit der Integration durch Sport beschäftigen. Dabei wird meist versucht sich der Gunst zu bedienen, dass durch Sport leicht eine spielerische und ungezwungene Zusammenkunft zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen realisiert werden kann.

Der Blick auf die bisher genannten Aspekte von Sport und Integration beweist bereits eine Vielfalt an Betrachtungsweisen und wirft gleichzeitig einige Fragen auf: Können erfolgreiche Spitzensportler als Beispiele gelungener Integration herangezogen werden? Hat der Sport eine automatische integrative Wirkung, die ohne gezielte Aktionen funktioniert? In welcher Form kann die Integration durch Sportvereine ermöglicht und begünstigt werden?

Es gilt also jeweils genau zu differenzieren, ob die Verknüpfung zwischen Sport und Integration wirklich besteht und begründet ist, oder ob sie aus Gründen der Werbung und der Imageaufwertung beispielsweise von Sportvereinen, Medien oder Politikern und Parteien künstlich erstellt wurde. Die nachfolgende Arbeit konzentriert sich im Rahmen dieser Thematik und den formulierten Fragen in erster Linie auf das Feld der Sportvereine.

Einführend werde ich den Begriff „Integration“ kurz definieren um dann einige ausgewählte Beispiele der Verknüpfung von Sport und Integration zu nennen. Im nächsten Abschnitt werden die Beispiele mit fundierten, empirischen Ergebnissen und Zahlen angereichert. Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit möglichen Hindernissen, die eine Integration im und durch den Sport einschränken oder verhindern können. Zum Abschluss meiner Ausarbeitung fasse ich die gewonnenen Erkenntnisse zusammen und gebe einen Ausblick.

2. Definition des Integrationsbegriffs

Das Wort „Integration“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt „Wiederherstellung“ oder „Erneuerung“. Der moderne, mehrdeutige Integrationsbegriff beschreibt jedoch auch „die Einfügung bzw. Eingliederung in ein Ganzes“ oder die „Anpassung und Angleichung“. In dem von mir behandelten Kontext handelt es sich um den Bereich der „sozialen Integration“ oder auch der „Sozialintegration“ (vgl. Kushutani 2007: 2). Soziale Integration wird „als Anpassung an das Normengefüge und den Lebensstil einer Gesellschaft oder Gruppe verstanden, wobei die abweichenden Verhaltensweisen zugunsten des Anpassungsprozesses aufgegeben werden sollen.“ (ebd.).

Der in dieser Ausarbeitung verwendete Begriff der Integration muss also stets im Zusammenhang mit dem Sozialen verstanden werden.

3. Integration in deutschen Sportvereinen

3.1 Ansätze und Beispiele für die Verknüpfung von Sport und Integration

Das folgende Kapitel befasst sich mit den Berührungspunkten von Sport und Integration. Dabei werden Verbindungen der beiden Bereiche sowie aktuell laufende Sport-Integrationsprogramme vorgestellt und erläutert.

In der „Sportpolitschen Konzeption des Deutschen Olympischen Sportbundes[1]“ wird dem Sport eine sehr bedeutsame Rolle am „Prozess der Europäischen Vereinigung“ zugeschrieben. Der Vereinssport trägt laut dieser Konzeption einen großen Teil zur weiteren Integration Europas angesichts der EU-Erweiterung bei (vgl. DOSB 2003: 10). Darüber hinaus leitet der DOSB in Kollaboration mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits seit 1989 das Programm „Integration durch Sport“. Ursprünglich in den Bundesländern Niedersachsen, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Hessen unter dem Namen „Sport für Alle – Sport mit Aussiedlern“ eingeführt, läuft das Programm mittlerweile in allen Bundesländern Deutschlands und trägt seit 2001 seine neue Bezeichnung „Integration durch Sport“. Bei näherer Betrachtung der Programmkonzeption des DOSB wird deutlich, wie stark das Programm auf Zuwanderer abgestimmt ist, die laut des Integrationsverständnisses als Bereicherung für die deutsche Sportlandschaft gesehen werden (vgl. ebd.: 3-4):

„Das Programm „Integration durch Sport“ richtet sich vornehmlich an Menschen mit Migrations hintergrund. Ein Schwerpunkt der zukünftigen Arbeit liegt auf bislang im Sport unterrepräs entierten Gruppen, wie zum Beispiel Mädchen und Frauen, Personen im mittleren Erwachsenenalter und Ältere sowie sozial Benachteiligte.“ (DOSB 2010: 5)

Der DOSB sieht den Sport als ein besonders geeignetes Instrument für die Initiierung sozialer Teilhabe. Menschen mit Migrationshintergrund und Einheimische sollen durch sportliche Aktivitäten, besonders im Bereich der Vereine, in Dialog und Interaktion treten. So könnten die Teilnehmenden unter Anderem auch bereits erworbene Sprachkenntnisse anwenden und vertiefen. Das Kapitel „Sport wirkt nicht per se integrativ“ der Programmkonzeption weist daraufhin, dass ein Integrationsprozess immer aktiv und geplant stattfinden muss. Der Sport alleine besitze folglich keine automatische integrative Wirkung, sondern lediglich Integrationspotentiale, die erkannt und gestärkt werden müssen (vgl. DOSB 2010: 4).

Das Programm „Integration durch Sport“ verfolgt vielfältige Ziele. Vor allem der deutlichen Unterrepräsentierung von Bürgern mit Migrationshintergrund in deutschen Sportvereinen soll entgegengewirkt werden. Sportangebote sollen gerade für die weniger teilnehmenden ethnischen Gruppen interessanter und ansprechender aufbereitetet werden (vgl. ebd.: 5). In einem Onlineartikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung[2] wird das Integrationsprojekt des DOSB positiv erwähnt und durch die beispielhafte Darstellung eines „Vorzeigevereins“ gestützt. Es handelt sich dabei um einen Kampfsportverein, der unter seinen 700 Mitgliedern besonders viele Kinder und vor allem besonders viele Menschen mit Migrationshintergrund betreut. Zudem wurde der Verein von einem Kriegsflüchtling aus Montenegro gegründet, der sich heute als Integrationsbotschafter des DOSB versteht. Analog dazu betonen Breuer u.a. (2011: 54) in ihrem Aufsatz über die integrationsspezifischen Organisationsleistungen und -herausforderungen in deutschen Sportvereinen den auffällig hohen Anteil von männlichen Migranten in Fußball- und Kampfsportvereinen. Bei einem näheren Blick auf die Verbindung „Kampfsport/Fußball, Migranten und Integration“ lassen sich in den Medien eine große Anzahl weiterer Berichte und Quellen finden, die allerdings auch kritisch beleuchtet werden können. Im Kapitel 3.3 werde ich darauf näher eingehen.

Ein weiteres Integrationsprogramm dieser Art läuft seit 2007 in ausgewählten Städten im Ruhrgebiet unter dem Namen „spin“. Es wird von der Landessportjugend Nordrhein-Westfalen und der Stiftung Mercator in Kollaboration mit dem Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführt. Bei diesem Programm geht es in Zusammenarbeit mit den Vereinen um die spezielle sportliche Förderung von Mädchen und jungen Frauen im Alter von 10 - 18 Jahren (vgl. Braun/Finke 2010: 7). Laut aktuellen Informationen der Webseite des Programms, wurde das Alterspektrum auf 6 - 20 Jahre erweitert (vgl. Landessportbund Nordrhein-Westfalen e.V. 2013). Das Projekt „spin“ konzentriert sich damit auf eine Zielgruppe, die aktuell erheblich unterrepräsentiert ist (siehe auch Kapitel 3.2). Die Ziele des Programms sind auch für die teilnehmenden Vereine vorteilhaft, denn einerseits soll die Mitgliederbasis erweitert werden, andererseits bekommen die Vereine dadurch auch neue, potentielle Kandidaten für freiwillige oder ehrenamtliche Vereinstätigkeiten. Laut der Programmkonzeption von „spin“ sollen die Sportvereine Ort des Dialogs zwischen Einheimischen und Einwanderern sein und einen wichtigen außerschulischen Lebens- und Lernbereich für die Jugendlichen darstellen. Eine Besonderheit des Programms ist die mehrdimensionale Konzeption. Dazu zählt unter anderem auch die Förderung der Sprachkenntnisse, die bei starken Defiziten der Teilnehmer mit gezielten Förderangeboten durchgeführt werden soll. Gerade die Sprachkenntnisse und die Adaption der deutschen Sprache werden von einigen Autoren als wichtiger Indikator für einen gelingenden Integrationsvorgang bezeichnet:

[...]

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Details

Titel
Sport als Integrationsmotor? Eine Analyse der Bedeutung von Sport(vereinen) für die Integration
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Institut für Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Globalisierung & Migration
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
14
Katalognummer
V288339
ISBN (eBook)
9783656886334
ISBN (Buch)
9783656886341
Dateigröße
420 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sport, integration, globalisierung, migration, sportvereine, kampfsport, integrative wirkung des sports, integrationsbegriff, empirische lage, arbeitsmigranten, politik, fußball, vereine, jugendarbeit
Arbeit zitieren
B.A. Moritz Bibow (Autor:in), 2013, Sport als Integrationsmotor? Eine Analyse der Bedeutung von Sport(vereinen) für die Integration, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288339

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