„Das dramatische Grundmotiv aller meiner Stücke ist der ewige Kampf zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein.“
Mit diesem Satz beginnt Ödön von Horváth seine Gebrauchsanweisung, die sich besonders auf sein Volksstück Kasimir und Karoline bezieht. Zusammen mit der Randbemerkung für Glaube Liebe Hoffnung sind dies mit die einzigen poetologischen Schriften Horváths, die sich darüber hinaus speziell an das Publikum der beiden Stücke wenden. Dabei geht es ihm wie oben erwähnt vor allem um die „Demaskierung des Bewußtseins“ (Horváth: Kasimir und Karoline, S. 161). Ebenso dazu gehört die Entlarvung von Dummheit und Lüge, die beide das Erkennen des Selbst verhindern. All dies geschieht jedoch nicht abgegrenzt im Einzelnen, sondern wird im „gigantischen Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft“ (Horváth: Glaube Liebe Hoffnung, S. 8) widergespiegelt.
Beide Stücke verinnerlichen diese Ziele Horváths, dessen Gesellschaftskritik damit nicht nur einen zeitgenössischen Hintergrund hat. Gerade durch seine Betonung des ewigen Kampfes erhalten seine Werke einen zeitübergreifenden Charakter, der sie bis heute so interessant macht. Die Demaskierung des Bewusstseins bezieht sich eben nicht nur auf die Figuren, sondern besonders auf den Rezipienten. Gesellschaft und die Rolle der Frau als ihr schwächstes Glied wird dabei von ihrer schwärzesten Seite gezeigt.
Inwiefern Horváth seine Gesellschafts- und Geschlechterrollenkritik erreicht und welche literarischen Strategien er dafür anwendet, wird meine Arbeit an den Stücken Kasimir und Karoline sowie Glaube Liebe Hoffnung zeigen. Wie oben erwähnt, gibt es gerade zu diesen beiden Dramen poetologische Schriften des Autors, was sie besonders aufschlussreich macht. Meine Arbeit wird desweiteren vier zentrale Schwerpunkte haben, die die verschiedenen Weisen der Kritik Horváths aufzeigen. Da Horváth immer die Erneuerung des Volksstückes betonte, werde ich zuallererst seine gattungsspezifischen Besonderheiten herausstellen. Als zweites folgt die Analyse des Dialogs, der für Horváth zentral vor der Handlung steht. Dazu gehören besonders der verwendete Bildungsjargon sowie die sich auftuenden Lücken in der Kommunikation. Im dritten Teil wird es vor allem um die inhaltliche Kritik an Liebe, Moral und Kitsch gehen sowie den Verlust der Illusion. Die motivorientierte Demaskierung der Figuren steht also im Mittelpunkt. An- und abschließend folgt darauf die Rolle der Frau in der Gesellschaft des Kleinbürgertums...
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- DEMASKIERUNG DES BEWUSSTSEINS ALS OBERSTES ZIEL
- Eine Erneuerung des Volkstücks
- Gescheiterte Kommunikation: Der Bildungsjargon als literarische Strategie
- Motive der Gesellschafts- und Geschlechterrollenkritik
- Liebe, Kitsch und Illusion
- Silvia Bovenschen: Die imaginierte Weiblichkeit
- Weiblichkeit in Kasimir und Karoline und Glaube Liebe Hoffnung
- FAZIT
- LITERATURVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelorthesis analysiert die Gesellschafts- und Geschlechterkritik in ausgewählten Werken Ödön von Horváths, insbesondere in den Stücken "Kasimir und Karoline" und "Glaube Liebe Hoffnung". Die Arbeit untersucht, wie Horváth die Demaskierung des Bewusstseins als oberstes Ziel verfolgt und welche literarischen Strategien er dafür einsetzt. Dabei werden die Erneuerung des Volksstücks, die gescheiterte Kommunikation durch den Bildungsjargon, die Kritik an Liebe, Moral und Kitsch sowie die Rolle der Frau in der Gesellschaft des Kleinbürgertums beleuchtet.
- Erneuerung des Volksstücks
- Gescheiterte Kommunikation und Bildungsjargon
- Kritik an Liebe, Moral und Kitsch
- Rolle der Frau in der Gesellschaft
- Imaginierte Weiblichkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Gesellschafts- und Geschlechterkritik in Horváths Werken ein und stellt die zentralen Ziele und Schwerpunkte der Arbeit dar. Das erste Kapitel analysiert Horváths Erneuerung des Volksstücks, indem es seine gattungsspezifischen Besonderheiten und seine Kritik an der traditionellen Form des Genres beleuchtet. Das zweite Kapitel untersucht die gescheiterte Kommunikation in Horváths Stücken, insbesondere den Bildungsjargon als literarische Strategie. Das dritte Kapitel befasst sich mit den Motiven der Gesellschafts- und Geschlechterrollenkritik, wobei die Themen Liebe, Kitsch und Illusion sowie die Rolle der Frau in der Gesellschaft im Vordergrund stehen. Die Theorie der imaginierten Weiblichkeit von Silvia Bovenschen wird herangezogen, um die Diskrepanz zwischen realer und imaginierter Weiblichkeit in Horváths Werken zu beleuchten.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Ödön von Horváth, Volksstück, Gesellschaftskritik, Geschlechterrollenkritik, Demaskierung des Bewusstseins, Bildungsjargon, Liebe, Kitsch, Illusion, Weiblichkeit, Imaginierte Weiblichkeit, Kasimir und Karoline, Glaube Liebe Hoffnung.
- Arbeit zitieren
- Jana Schäfer (Autor:in), 2012, Gesellschafts- und Geschlechterkritik in ausgewählten Werken Ödön von Horváths, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288480