Fluktuation in der Pflege


Hausarbeit, 2003

12 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Spezifik des Pflegeberufes

3. Lebenslauf Erwerbsarbeit

4. Verweildauer

5. Fluktuation

6.Fazit

1. Einleitung

Seit Mitte der achtziger Jahre bis zum heutigen Tag wird in dem Medien und der (Fach-) Öffentlichkeit die Fluktuation und die Verweildauer im Beruf von Krankenpflegekräften thematisiert. Nicht erst seit kurzem beschäftigen sich viele Artikel[1] und Studien[2] mit diesem Thema. Es wird in vielfältiger Weise behauptet, dass es hier ein überproportionales Abwandern aus dem gelernten Beruf der Krankenschwester / des Krankenpflegers gibt. Wandern diese Frauen[3] ab oder wechseln sie nur zwischen einzelnen Bereichen oder wie hängt dies mit unterschiedlichen Erwerbsbiographien von Männern und Frauen zusammen? Aus welchen Gründen wird hier die Pflege anders beachtet als andere Frauenberufe? Diese Besonderheit des Pflegeberufes und der unterschiedlichen Biographien der Geschlechter will ich im folgenden beleuchten und erst danach die Fluktuation und Verweildauer von Pflegekräften untersuchen.

2. Spezifik des Pflegeberufes

Hier lohnt es sich, zuerst einmal der Frage nach der Berufmotivation nachzugehen. Warum gehen Menschen in die Pflege? Die Tatsache, dass bis heute Krankenpflege größtenteils von Frauen ausgeübt wird, bringt Konsequenzen für die betroffenen Frauen bzgl. der Gestaltung ihrer Biographie, insbesondere bei der Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, mit sich. Dieses gesellschaftliche Problemfeld ist allerdings im Wandel begriffen. Die nebenerwerbstätige Ehefrau ist heute ein geringer werdender Arbeitnehmertypus, während die Perspektive der dauerhaft im Beruf arbeitenden Frau heute das Ideal darstellt. Der Beruf der Krankenschwester erfordert heute mehr als die klassischen weiblichen Tugenden, wie Geduld, Einfühlsamkeit, soziales und nichtmonetäres Engagement. Hier ist neben der hohen körperlichen und psychischen Belastung auch ein hohes Maß an Flexibilität und das Einlassen auf neue Methoden und Techniken gefragt. Was bewegte also die einzelnen dazu den Beruf Krankenschwester[4] zu erlernen? Bei genauerer Betrachtung wird von verschiedenen Seiten festgestellt, dass es sich selten um geplante Lebensentwürfe handelt, und auch nur wenige in Vorfeld an die Pflege als „Lebensberuf" glauben[5]. Es handelt sich nach Gudrun Piechotta[6] eher um „kumulative Gründe, das heißt das Zusammentreffen arbeitsmarktbezogener Faktoren und biographischer Lebensumstände, (die) zu diesem Schritt" führen. Hier zeigte sich besonders, dass das Berufsleben besonders erfolgreich erlebt wird, wenn die Wechselwirkung von Berufs- und Privatleben erfolgreich verlief und ein Wechsel von einem Bereich in den anderen immer auch möglich ist, was bedeutet, dass ein Wiedereinstieg nach einer Familienphase möglich war. Diese gewollte Offenheit zeigt aber auf, das sich diese typisch weiblichen Lebensläufe - im Gegensatz zu männlichen - durch ein hohes Maß an Diskontinuierlichkeit auszeichnet[7]. Was einerseits gewollt ist, wird andererseits problematisiert: eine (angebliche) Fluktuation. Hier zeigt sich, das sich nach Karl Ulrich Mayer[8] die „Strukturen des Lebensverlaufs (..) an der Schnittstelle zwischen den Vorgaben gesellschaftlicher Großinstitutionen und individuellem Handeln" entstehen. Diese Strukturen werden besonders stark wahrgenommen, da die Krankenpflege sich im halb-öffentlichen Raum, quasi als Berufsfeld mit gesellschaftlichem Auftrag, befindet. Jede und jeder ist potenziell betroffen, kann selbst krank werden oder hat kranke Angehörige. Die demographische Entwicklung - die zunehmende Alterung der Gesellschaft - und die damit einhergehenden veränderten Familienstrukturen, machen eine zunehmende Professionalisierung notwendig. Dies da sich die Lebensentwürfe der heutigen Töchter und Schwiegertöchter von denen zukünftiger Jahre unterscheidet. Heute werden die meisten alten Menschen noch zuhause von ihren Angehörigen - meist den weiblichen - versorgt und gepflegt. Dies wird sich vermutlich ändern, da durch die immer weitergehende Mobilität sich Familienstrukturen auflösen und Familien nicht mehr nahe beieinander wohnen. Da Pflege aber bisher stark in einem häuslichen Rahmen stattfindet und da auch durch diverse Fernsehserien eine Vertrautheit entstanden ist, hält sich jede und jeder auch dazu in der Lage die Krankenpflege zu beurteilen. Daher rührt vermutlich auch die besondere Beachtung einer Fluktuation in der Pflege.

3. Lebenslauf Erwerbsarbeit

Der Lebensverlauf einzelner Personen wird trotz aller gesellschaftlichen Wandlungsprozesse immer noch zentral durch die Erwerbsarbeit bestimmt, es wird nach Margret Flieder[9] sogar als „das zentrale, sinnstiftende Element im Leben des Einzelnen (wahrgenommen) und stellt den wichtigsten Ankerplatz für Existenzsicherung und soziales Ansehen dar." Dies gilt in zunehmendem Maß auch für Frauen. Erwerbsarbeit ist die zentrale Institution, welche für ein eigenständiges Leben strukturgebend wirkt. Beeinflussend wirken hier Schul- und Berufsabschlüsse, Studien, Arbeitsverhältnisse und vor allem bei Frauen Familienereignisse wie der Geburt eines Kindes. Bei Männern kommt der Einschnitt Zivil- oder Wehrdienst hinzu. Doch nicht nur hier unterscheiden sich Männer- von Frauenbiographien, sondern auch in der Wahl der Berufe: Frauen wählen noch immer zu 70 % eine Tätigkeit in Dienstleistungsberufen. Auch wenn diese Berufe durch gemeinsame Merkmale wie geringer Verdienst und soziale Anerkennung, sowie ungünstige Aufstiegs­möglichkeiten gekennzeichnet sind, sind doch gerade die sozialen Dienstleistungen stark mit der Vorstellung der weiblichen „Tugenden" wie Geduld, Anteilnahme, Fürsorge und Aufopferung eng verknüpft. Dies zusammen entspricht einer klassischen Sichtweise, wonach sich Frauen bereitwillig den Bedürfnissen anderer[9] [10] unterordnen. Eine solche „Verortung von Weiblichkeit"[11] kennzeichnet nicht nur alle typischen Frauenberufe, sondern birgt auch spezifische Benachteiligungen mit sich. So sind in den Pflegeberufen z.B. „ca. 85 % der Beschäftigten Frauen, lenkt man den Blick z.B. auf besser dotierte Positionen in Funktionsbereichen oder auf Vorgesetzte, so sinkt der Frauenanteil hier auf 75%"[12]. Hier lässt sich demnach innerhalb eines Berufes Hierarchie erkennen, welche sich durch die Geschlechtlichkeit kennzeichnet. Was hier die genauen Gründe sind, müsste noch einmal gesondert untersucht werden, was ich hier allerdings nicht machen werde.

Die Entwicklung der Krankenpflege als Wachstumsmarkt wurde von mir kurz schon angesprochen: durch die demographische Entwicklung wird es einen verstärkten Bedarf um 40 % bis 2020[13] geben, „mit guten Beschäftigungschancen für Pflegende, aber geringer professioneller Anerkennung."[14] Doch gerade in punkto Lebenserwartung ist die Frage noch nicht geklärt, wer zukünftig die Arbeit übernehmen wird und wer das professionelle Pflegepersonal ist. Denn hier klafft eine große Lücke. Obwohl jede und jeder seine Vorstellungen von der Pflege hat und darin meist nicht mehr sieht als alltagspraktische Fertigkeiten, welche allerdings in einer professionellen Institution stattfindet, sinken trotz einem angespannten Arbeitsmarkt die Bewerberzahlen für den Pflegebereich. Dies führt z.B. in Deutschland zu 42.000 unbesetzten Stellen in der Pflege und zu Problemen in einzelnen Regionen genug geeignete Bewerberinnen für die Ausbildung zu bekommen[15]. Es wird allerdings immer von der individuellen Belastung und der psychischen Überforderung und dem „Burn out" gesprochen und nicht die strukturellen Nachteile wie die geringe Bezahlung und die Familienunfreundlichen Arbeitszeiten als Erklärung für dieses Phänomen in Zeiten großer Arbeitslosigkeit.

[...]


[1] Rippegather, Jutta: Die Schwester ist immer schuld; Frankfurter Rundschau 08.01.03

[2] vgl.: NEXT-Studie. Vorzeitiger Ausstieg aus der Pflege - ein zunehmendes Problem für den Gesundheitsdienst - derzeit laufend. Informationen unter: http://www.next-studv.net

[3] Ich benutze im Folgenden nur die weibliche Form der Berufbezeichnung - die männliche des Krankenpflegers ist immer mitgemeint. Auch behandele ich besonders die Frauen im Beruf - zum einem da die überwiegende Zahl der Beschäftigten in der Krankenpflege handelt und es traditionell in der Vergangenheit so war - es sich demnach um einen klassischen Frauenberuf handelt. Und es gibt kein Zahlenmaterial welches die Geschlechterverteilung bei der Fluktuation sauber aufschlüsselt.

[4] Vgl. dazu Bartholomeyzczik, Sabine (1991): Wer sind die Pflegenden? In: DKZ, 44. Jg., S. 354-358

[5] Vgl. dazu Bartholomeyzczik, Sabine; Müller, Elke (1997): Pflegeforschung verstehen. Urban und Schwarzenberg Verlag, München

[6] Piechotta, Gudrun (2000): Weiblich oder kompetent? Der Pflegeberuf im Spannungsfeld von Geschlecht, Bildung und gesellschaftlicher Anerkennung, Huber Verlag, Bern, u.a., S. 123

[7] vgl. hierzu Born, Claudia (1994): Beruf und weiblicher Lebenslauf. In: Beckmann, Petra; Engelbrech, Gerhard (Hg.): Arbeitsmarkt für Frauen 2000, Bundesanstalt für Arbeit, Bd. 179, Nürnberg, S. 209-228 und Born, Claudia; Krüger, Helga; Lorenz-Meyer, Dagmar (1996): Der unentdeckte Wandel. edition sigma, Verlag Bohn, Berlin

[8] Mayer, Karl Ulrich (1990), Lebensverläufe und sozialer Wandel In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, S. 10 zitiert nach: Flieder, Margret (2002): Was hält Krankenschwestern im Beruf, Mabuse Verlag, Frankfurt/Main, S. 13

[9] Flieder, Margret (2002): Was hält Krankenschwestern im Beruf, Mabuse Verlag, Frankfurt/Main, S.18

[10]

[11] vgl. Küpper, Gunhild (1996): Weibliche Berufskarrieren in der stationären Krankenpflege, Kleine Verlag, Bielefeld, S.32

[12] Flieder, Margret (2002): a.a.O., S.20

[13] vgl.: Newsletter der NEXT-Studie. Vorzeitiger Ausstieg aus der Pflege - ein zunehmendes Problem für den Gesundheitsdienst - derzeit laufend. Informationen unter: http://www.next-studv.net

[14] Flieder, Margret (2002): a.a.O., S.21

[15] vgl.: Newsletter der NEXT-Studie. Vorzeitiger Ausstieg aus der Pflege - ein zunehmendes Problem für den Gesundheitsdienst - derzeit laufend. Informationen unter: http://www.next-studv.net

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Fluktuation in der Pflege
Hochschule
Alice-Salomon Hochschule Berlin
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
12
Katalognummer
V28856
ISBN (eBook)
9783638305181
Dateigröße
390 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Seit Mitte der achtziger Jahre bis zum heutigen Tag wird in dem Medien und der (Fach-) Öffentlichkeit die Fluktuation und die Verweildauer im Beruf von Krankenpflegekräften thematisiert. Nicht erst seit kurzem beschäftigen sich viele Artikel und Studien mit diesem Thema. Es wird in vielfältiger Weise behauptet, dass es hier ein überproportionales Abwandern aus dem gelernten Beruf der Krankenschwester / des Krankenpflegers gibt. Wandern diese Frauen ab oder wechseln sie nur?
Schlagworte
Fluktuation, Pflege
Arbeit zitieren
Arnold Rekittke (Autor:in), 2003, Fluktuation in der Pflege, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28856

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Titel: Fluktuation in der Pflege



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