Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Branding in der Politik oder was ist „politisches Branding“?
2. Parteien als Marke in Deutschland
2.1 Zwischenfazit
3. Parteien als Marke in Russland
3.1 Zwischenfazit
4. Vergleich und Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung: Branding in der Politik oder was ist „politisches Branding“?
Der Wahlprozess ist heutzutage eine der wichtigsten Merkmale einer demokratischen Gesellschaft. Die Wählerschaft muss durch die Einbeziehung ihrer Präferenzen in die politische Strategie der Parteien integriert werden. Die Lösung dieses Problems gehört zum Bereich des politischen Managements. Heute kann man verschiedene Arten der politischen Kommunikation beobachten, wie z.B. PR (Public Relations), politische Werbung, politische Propaganda und politisches Branding (Politikmarken). Letztere Form des politischen Managements ist eine neue Technologie für die Politik und wurde aus dem kommerziellen Bereich übernommen.
Es gibt viele Definitionen des politischen Brandings. Der Begriff wird hier in Anlehnung an die Definition von Kevin Lane Keller definiert:
Politisches Branding ist “ein Nutzenbündel mit spezifischen Merkmalen, die dafür sorgen, dass sich dieses Nutzenbündel, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht relevanter Zielgruppen nachhaltig differenziert”[1].
“Politischer Brand“ gilt als eine Marke, die eine hohe positive Wirkung auf einen Erfolg der Partei hat. Heutzutage stellt sich eine Marke als Selbstbild (Identität) und Fremdbild (Image) dar. Das bezeichnet man als integrativen und funktionsübergreifenden Bestandteil der politischen Kommunikation und ist mit anderen Verständnissen verknüpft, die eine Marke als Zeichenbündel und Vorstellungsbild im Bewusstsein der Wähler definieren. Es hängt maßgeblich davon ab, wie weit oder eng man politisches Branding definiert. Insgesamt bedeutet politisches Branding die Schaffung einer langfristigen Legitimationsbasis.
Insofern es Marken in der Politik betrifft, hängt es von den Personennamen (Politiker) und Parteinamen ab, um konkurrierende Parteien zu unterscheiden. Das politische System ist ein Subsystem, das sich über die Kommunikation reproduziert. Als Kommunikationsereignisse für politische Akteure (Marken) betrachtet man die Wahlkämpfe, bei denen Parteien und Wähler aufeinandertreffen. Dieses Ereignis gibt den Ausschlag, welche Marken (Brands) Erfolg haben werden und welche nicht. Deshalb nimmt das Interesse an politischem Branding und Marken, als ein Formierungs- und Eroberungsprozess der langfristigen Zustimmung der Bevölkerung, zu.
Die Zustimmung und Identifikation gelten als Grundlage für die Wahlabsicht, wobei auch Markentreue eine wichtige Rolle spielt. Jede starke Marke muss vor allem das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen. In der Politik verknüpft ein Brand rationale (Parteiprogramme) mit emotionalen Elementen.[2] Jeder Brand (Marke) hat sein eigenes, einzigartiges Merkmal, wobei das Parteilogo eine große Rolle spielt. Es gilt als eine Markenidentität, womit man den Zusammenhalt und die Struktur der Partei stärkt. Eine weitere wichtige Funktion des Parteilogos ist die leichte Erkennbarkeit und Verankerung im Gedächtnis der Wählerschaft. Als zentrale Eigenschaftskategorien definiert man Problemlösungskompetenz (das wichtigste Merkmal) und Integrität für Parteienmarken, Führungs-Qualität sowie unpolitische Merkmale. Darauf gehe ich im Kapitell 2 detailliert ein.
Es gibt Fragen, auf denen jede starke Marke Antworten findet: “Wofür soll die Marke stehen? Welche «Qualitäten» sind für die Marke typisch? Aus welchen Kern-Elementen setzt sich die Marke zusammen?”.[3]
Insgesamt definiere ich damit politisches Branding als Konzept wie folgt:
Politisches Branding ist eine Wissenschaft und Kunst des Politikerimages oder der Parteienimagesschaffung, um langfristige Präferenzen der Bevölkerung abzubilden, was langfristige politischen Erfolg sichern kann.[4]
Politisches Branding hat seine eigenen besonderen Merkmale in jedem Staat, wobei Russland und Deutschland einen interessanten Vergleich darstellen. Das pluralistische Parteiensystem ist ein konstitutives Element des demokratischen politischen Systems, wo Parteien die Staatsmacht repräsentieren. Die vorliegende Hausarbeit kommt zu dem Schluss, dass in beiden Ländern zwar ähnliche Instrumente des Brandings verwendet werden. Jedoch unterscheidet sich die Art und Weise sowie die Funktion des Brandings aufgrund des politischen Kontexts und der Unterschiede der Parteien zwischen den Ländern.
Im Folgenden stelle ich die politische Markenbesonderheit in der deutschen Praxis dar und vergleiche diese anschließend mit dem Branding in Russland.
2. Parteien als Marke in Deutschland
Seit den 1990er Jahren wurden neue politische Technologien aus den USA übernommen: PR-, Spin-, Propaganda- und Markenbildungstechnologien. Dazu verwendeten die Parteien hauptsächlich verschiedene Selbstdarstellungsmittel wie z.B. Werbespots, Anzeigen, Plakate und Broschüren.
Derzeitige Gesellschaftsstrukturen sind mit Kommunikations- und Informationsangeboten verknüpft, was gleichzeitig Marketing-Strategien der Parteien beeinflusst und geändert hat. Zu einem neuen Bestandteil der Marketing-Strategien zählt man “Branding”, d.h. Markenbildung in dem politischen Bereich, was aus den USA übernommen wurde. Deshalb spricht über eine “Amerikanisierung” bzw. den amerikanischen Einfluss auf deutsche Wahlkampagnen.[5]
In der Untersuchung zur politischen Markenbildung wurde festgestellt, dass die Marken “Partei” und “Politiker” bei den Wählern ein Gesamtbild ergeben. In der Bundestagswahlkampagne 2002 z.B. wurde die Marke “Schröder” mit der Marke “SPD” und die Marke “CDU/CSU” mit “Merkel“ oder „Kohl“ von Wählern verbunden. Jedoch treffen die Wähler in Deutschland eine Wahlentscheidung nicht nur anhand der Markenbildung, sondern auch mithilfe der Überstimmung von Parteien und Kandidaten.[6]
Im folgende werden die zwei wichtigsten und erfolgreichsten Partei-Marken, SPD und CDU, untersucht und die typischen Merkmale der politischen Brands in Deutschland zu definieren versucht. Es werden vier Dimensionen zu Grunde gelegt, die von Mefert entwickelt worden sind[7]:
[...]
[1] Volker J.Kreyher, „Handbuch Politisches Marketing“, (2004), S.188
[2] Focke, S. „Politik-Marketing“, (2008), S.260
[3] Volker J.Kreyher, „Handbuch Politisches Marketing“, (2004), S.201
[4] Egorowa Е. «Branding in der Politik» – www.nikkolom.ru
[5] Kuhn, Y.: “Professionalisierung deutscher Wahlkämpfe? Wahlkampagnen seit 1953”, (2007), S. 201
[6] Focke, S. „Poliktik-Marketing“, (2007), S. 356
[7] Vgl. Meffert, H.(2002), Markenmanagement. Grundfragen der identitätsorientierten Markenführung. Mit Best Practice – Fallstudien, S. 879.