„Einfach mal was anderes wollen!“ – Dieses Abwechslungsbedürfnis hat großen Einfluss auf das Verhalten einiger Konsumenten. Denn, um dieses Bedürfnis zu befriedigen, vollziehen auch zufriedene Konsumenten einen Produkt- und/oder Markenwechsel. Dieses Verhalten wird als „Variety Seeking“ bezeichnet.
Das Phänomen kann den Übergang von Kundenzufriedenheit zu Kundenbindung unterbrechen. Die Zufriedenheit der Konsumenten ist also im Fall von Variety Seekern eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Kundenbindung. Nur wie kann ein Unternehmen dennoch Variety Seeker binden? Durch die Befriedigung ihres Abwechslungsbedürfnisses! Die aktuelle Literatur zu dieser Thematik fungiert jedoch nicht als praxisnaher Marketingratgeber. Hier liegt ein großes Versäumnis, denn gerade der negative Zusammenhang zwischen Variety Seeking und der Kundenbindung ist von höchster Relevanz für den Unternehmenserfolg.
Die Thesis ist ein erster Schritt, um dieses Versäumnis zu reduzieren. Sie schlägt eine Brücke zwischen den bisherigen theoretischen Implikationen und einer praktischen Umsetzung. Dies wird durch eine detaillierte Produkt und- Zielgruppenanalyse und vor allem durch die ausführliche Überprüfung von stimulierenden Marketingmaßnahmen gewährleistet. Die Überprüfung wird an den erfolgreichen Vorgehensweisen der Marken „Jägermeister“ und „AXE“ verdeutlicht. Das Ende der Arbeit besteht aus einem differenzierten Erkenntniszuwachs, der explizit die Sichtweise von Marketingabteilungen berücksichtigt.
“To want something different”– This need for variety has a strong impact on some consumers’ behavior. To satisfy this need consumers make a product and / or brand change, despite satisfaction. This behavior is referred as “variety seeking”.
The phenomenon is able to disrupt the step from customer satisfaction to customer loyalty. So customer satisfaction is a necessary but not a sufficient condition for customer loyalty.
(But)How should a company behave successfully in order to gain variety seekers loyalty?
A company has to stimulate the customers need for variety to create customer loyalty. The current literature cannot be seen as a practical marketing guide to force this target. This is a big failure because variety seeking has a huge negative influence on customer loyalty. Due to this negative influence variety seeking has an enormous impact on business success.
The thesis is a first step to reduce this failure. It creates a link between the existing theoretical i
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Anlass
1.2 Ziel
1.3 Ablauf
2. Variety Seeking
2.1 Definitionen von Variety Seeking
2.2 Optimum-Stimulation-Theorie
2.3 Erstellung eigener Definition
3. Bisherige Erkenntnisse über Variety Seeking
3.1 Von Variety Seeking betroffene Produkte
3.3 Zielgruppe Variety Seeker
3.3 Wechselwirkung Variety Seeking und Kundenbindung
3.4 Mögliche Marketingmaßnahmen
4. Prüfung ausgewählter Marketingmaßnahmen zur Befriedigung des Abwechslungsbedürfnisses am Beispiel der Marke „AXE“
4.1 Zielgruppe und Positionierung
4.1.1 Zielgruppe
4.1.2 Identität und Positionierung der Marke
4.2 Maßnahmen der Produktpolitik
4.2.1 Maßnahmen in der Theorie
4.2.2 Mögliche Umsetzung am Beispiel Unilever
4.3 Maßnahmen der Kommunikationspolitik
4.3.1 Kreierung von TV-Spots
4.3.1.1 Empfehlungen zur Gestaltung in der Theorie
4.3.1.2 Mögliche Umsetzung am Beispiel ausgewählter TV-Spots
4.3.2 Einsatz von Pressemitteilungen
5. Marketingmaßnahmen zur Akquirierung von Variety Seekern am Beispiel des Imagewandels der Marke „Jägermeister“
5.1 Ausgangssituation
5.2 Soll-Positionierung
5.3 Untersuchung Zielgruppe und -produkt hinsichtlich Variety Seeking
5.4 Positionierungsumsetzung
5.4.1 Empfehlungen zu Promotion-Aktionen in der Theorie
5.4.2 Mögliche Umsetzung
5.4.3 Promotion-Truppe: Die Jägerettes
5.4.4 Durchführung und Sponsoring von Musikevents
5.4.4.1 Wirkung von Musikevents auf Variety Seeker
5.4.4.2 Durchführung
5.4 Evaluation des Markenrelaunches
6. Erkenntniszuwachs
6.1 Variety Seeking
6.2 Zielgruppe und Zielprodukte
6.3 Kundenbindung
6.4 Marketing-Mix
6.4.1 Markenpolitik
6.4.2 Ausweitung der Produktpalette
6.4.3 TV-Spots
6.4.4 Pressemitteilungen
6.4.5 Promotion
6.4.6 Eventmarketing und -sponsoring
6.4.7 Bedeutung des Marketing-Mixes
6.5 Zukunftsperspektive
7. Fazit
Literaturverzeichnis III
Anhang IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: ausgewählte Definitionen von Variety Seeking
Abbildung 2: Abhängigkeit des VS vom optimalen Stimulationsniveau
Abbildung 3: Stimulationspotenzial eines Reizes bei Mehrfachkontakt
Abbildung 4: OSL-Theorie
Abbildung 5: Checkliste: Einflussfaktoren Variety Seeking
Abbildung 6: Marktsegmentierung in Anfälligkeit auf Variety Seeking ..
Abbildung 7: Wirkungskette der Kundenbindung nach Bruhn
Abbildung 8: Basismodell zur Erklärung von Kundenbindung nach Peter
Abbildung 9: Marketingstrategie zur Steuerung von Variety Seeking
Abbildung 10: Checkliste zur Prüfung der Zielgruppe und der Produkte von „AXE“
Abbildung 11: Kundenzufriedenheit Männer-Deodorants
Abbildung 12: Markenpositionierung „AXE“
Abbildung 13: Möglichkeiten der Produktpolitik bei Variety Seeking
Abbildung 14: Produktpolitik männlicher Deodorant-Marken Unilever
Abbildung 15: Gestaltung von TV-Spots zur Steuerung von Variety Seeking
Abbildung 16: „AXE“ mit BomChickaWahwah
Abbildung 17: „Schokoladenmann“
Abbildung 18: Duft mit Effekt
Abbildung 19: Schokolade verführt
Abbildung 20: Variety Seeking Jägermeister
Abbildung 21: Werbeikonen Rudi und Ralph
Abbildung 22: Tap-Machine von Jägermeister
Abbildung 23: Promotion Jägerettes
Abbildung 24: Einsatzorte der Jägerettes im Juni 2013
Abbildung 25: Psychologische Zielgrößen des Event-Marketings nach Bruhn
Abbildung 26: Jägermeister Blaskapelle
Abbildung 27: Flying Bar bei „Rock am Ring“
Abbildung 28: Imagewandel Jägermeister
Abbildung 29: Gründe für Produkt- oder Markenwechsel bei Konsumenten
Abbildung 30: Marketing-Mix „AXE“ und Jägermeister
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
„Einfach mal was anderes wollen!“ - Dieses Bedürfnis ist wahrscheinlich vielen Konsumenten bekannt. Auf den ersten Blick mag es vielleicht belanglos erscheinen, doch genau dieses Abwechslungsbedürfnis hat großen Einfluss auf das Verhalten einiger Konsumenten. Denn, um dieses Bedürfnis zu befriedigen, tätigen diese einen Produkt- und/oder Markenwechsel, obwohl sie mit ihrem bisherigen Produkt zufrieden sind.[1] Dieses Verhalten wird bereits seit Anfang der Achtziger Jahren intensiver betrachtet und seither als „Variety Seeking“ bezeichnet.[2] Bis heute werden verschiedene Modelle zur Messung von Variety Seeking entworfen und bestehende weiterentwickelt.[3] Auf Basis dieser Forschungsergebnisse wurde schnell ersichtlich, dass Variety Seeking im Konsumentenverhalten als konstantes Phänomen bezeichnet werden kann.[4]
1.1 Anlass
In der Marketingliteratur wird permanent darauf hingewiesen, dass Kundenbindung unerlässlich für den Unternehmenserfolg ist.[5] Als Garant für die Kundenbindung wird die Kundenzufriedenheit genannt.[6] Daher wird im Umkehrschluss davon ausgegangen, dass ein zufriedener Kunde ein treuer Kunde ist.[7] Doch wie sich zeigt, ist Kundenzufriedenheit manchmal nicht genug, um Kunden langfristig zu binden. Sie ist eine notwendige, aber offensichtlich nicht hinreichende Bedingung zur Kundenbindung, denn Variety Seeking zeigt eine ganz klare Grenze der Bindungsbereitschaft der Konsumenten trotz Zufriedenheit auf.[8] Das Phänomen ist in der Lage den Schritt von der Kundenzufriedenheit zur Kundenbindung zu unterbrechen.[9] Es lässt sich nun vermuten, dass das Abwechslungsbedürfnis durch die Erhöhung von Wechselrisiken unterdrückt werden kann. Jedoch ist dies in der heutigen Zeit in bestimmten Märkten fast unmöglich. Die Globalisierung hat dazu beigetragen, dass das Angebot von Märkten immer umfangreicher wird und Wechselbarrieren zwischen den Produkten schwinden. Von Stiftung Warentest als „gut“ oder „sehr gut“ ausgezeichnete Produkte sind im „Low- Price-Segment“ zahlreich vorhanden. Gerade in diesem Markt ist es sehr schwer ein Alleinstellungsmerkmal, welches das Wechselrisiko der Konsumenten schürt, aufzubauen.
1.2 Ziel
Nur wie soll ein Unternehmen nun auf das Variety Seeking seiner Konsumenten reagieren? Die Antwort auf diese Frage lautet: „Das Abwechslungsbedürfnis der Konsumenten stimulieren!“ In der Literatur zur Steuerung von Variety Seeking wurde bereits vermehrt darauf hingewiesen, dass es sehr viel einfacher ist das Abwechslungsbedürfnis der Konsumenten zu stimulieren, als es zu unterdrücken.[10] Zudem wurden in der Literatur bereits einige Marketingmaßnahmen aufgezeigt, die in der Lage sein könnten, das Abwechslungsbedürfnis der Konsumenten zu befriedigen.[11] Jedoch ist bei der Literaturrecherche zu diesem Thema aufgefallen, dass diese Darstellungen in ihrem Vorkommen und Umfang sehr begrenzt sind. Ein weiteres Problem liegt darin, dass die Literatur überwiegend aus Fachzeitschriftenartikeln besteht. Daher ist ein Zugang zu Fachdatenbanken nötig, um einen umfangreichen Erkenntniszuwachs über das Phänomen Variety Seeking zu erlangen. Folglich ist es einem Marketingleiter nicht möglich, ohne hohen Aufwand, Literatur zu dem Thema zu bestellen, um diese in seine Marketingstrategie einfließen lassen zu können. Zudem ist das bestehende Material aufgrund seiner Qualität nicht als Ratgeber für die Marketingabteilungen von Unternehmen tauglich, denn es findet nur vereinzelt eine praxisnahe und ausführliche Auseinandersetzung mit Marketingmaßnahmen statt. Doch gerade der Einfluss, den Variety Seeking auf die Kundenbindung hat, ist von höchster Relevanz für Unternehmen. Diese Bachelorarbeit soll deshalb einen ersten Schritt darstellen, praxisnahe Ansätze für das Marketing und die Kommunikationsabteilungen eines Unternehmens zu schaffen. Sie soll aufzeigen, welche Bedeutung Variety Seeking für Unternehmen hat und welche Chancen und Risiken mit diesem Phänomen einhergehen. Dabei liegt das Hauptziel in der Überprüfung und dem Aufzeigen von Marketingmaßnahmen, die das Abwechslungsbedürfnis der Konsumenten befriedigen können.
1.3 Ablauf
Um dieses Ziel zu erreichen, wird folgendermaßen vorgegangen: Im ersten Schritt findet eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen statt. Dazu wird dieses eigens definiert und eine theoretische Fundierung geschaffen.
Im zweiten Schritt werden die bisherigen Erkenntnisse, die relevant für das Marketing sind, kurz dargestellt. Dazu werden die Zielgruppe der Variety Seeker, die betroffenen Produkte, der Einfluss auf die Kundenbindung und die bisher genannten möglichen Marketingmaßnahmen zur Steuerung von Variety Seeking aufgezeigt. Daraufhin findet die Überprüfung ausgewählter Marketingmaßnahmen hingehend der Stimulierung des Abwechslungsbedürfnisses der Konsumenten statt. Bei der Auswahl liegt der Schwerpunkt auf kommunikationspolitischen Maßnahmen, da die Autorin mit dieser Arbeit ihren Bachelor in dem Studiengang „Kommunikationsmanagement“ anstrebt. Um eine erfolgreiche Überprüfung zu garantieren, werden die bisherigen Ergebnisse der Literatur aufgezeigt und an erfolgreichen Praxisbeispielen überprüft. Die Ergebnisse werden zudem um die neu entstandenen Erkenntnisse, die im Zuge der Überprüfung erwachsen werden, ergänzt. Als Praxisbeispiele fungieren die Marken „AXE“ und „Jägermeister“. Im letzten Kapitel wird schließlich der gewonnene Erkenntniszuwachs differenziert dargestellt, insbesondere unter Berücksichtigung der Perspektive der Marketingabteilungen eines Unternehmens.
2. Variety Seeking
Um eine konstruktive Prüfung der verschieden Marketingmaßnahmen zu garantieren ist es notwendig, sich ausgiebig mit dem Phänomen des Variety Seekings auseinanderzusetzen. Deshalb wird in diesem Kapitel eine Aufstellung ausgewählter Definitionen erfolgen. Diese sollen dann mittels der Optimum-Stimulation-Level-Theorie eine theoretische Fundierung erfahren, um auf dieser Basis eine eigene Definition für Variety Seeking zu entwickeln.
2.1 Definitionen von Variety Seeking
Dölle setzte sich bereits in ihrem wissenschaftlichen Projekt ausgiebig mit den Definitionen zu Variety Seeking auseinander.[12] Nach Auflistung einiger Definitionen erschienen ihr die Definitionen, die das Abwechslungsbedürfnis beziehungsweise das Streben nach Abwechslung als Ursache eines Marken- oder Produktwechsels nannten, direkt stringent.[13] Daher sind ausschließlich diese in der folgenden Abbildung aufgeführt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten [14]
Abbildung 1: ausgewählte Definitionen von Variety Seeking[15]
Wie bereits erläutert, haben alle Definitionen gemein, dass sie das Abwechslungsbedürfnis als ausschlaggebenden Faktor für Variety Seeking anführen. Darüber hinaus wird in fast allen Definitionen von einem Wechsel beziehungsweise Wechseln, Wechselverhalten oder einer Wechselbeziehung gesprochen. Die Aufnahme dieser Variable wird als sinnvoll erachtet, denn gerade aus dem Wechsel, den Variety Seeking impliziert, resultieren die Herausforderungen für das Marketing eines Unternehmens. Zudem wird mehrfach erwähnt, dass Variety Seeking ausschließlich oder nur aus dem Grund des Bedürfnisses nach Abwechslung betrieben wird. Diese Limitation scheint ebenfalls ratsam, denn nur durch diese lassen sich andere Variablen, wie zum Beispiel Unzufriedenheit, bei der Messung von Variety Seeking ausschließen. Somit lässt sich vorerst festhalten, dass eine Definition für Variety Seeking folgende Aspekte beinhalten sollte:
1. Variety Seeking beschreibt ein Wechselverhalten von Konsumenten.
2. Das Wechselverhalten resultiert allein aus einem Bedürfnis nach Abwechslung.
Eine eigene Definition wird erst nach der Auseinandersetzung mit der Optimum-Stimulation-Theorie gegeben. Die Vorgehensweise ist so gewählt, weil die Autorin davon ausgeht, dass bei der Prüfung der Theorie weitere wichtige Aspekte für eine eigene Definition ersichtlich werden.
2.2 Optimum-Stimulation-Theorie
„Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, dieses Sprichwort verdeutlicht, dass ein Individuum zu einem Gewohnheitsverhalten neigt. Es unterstellt, dass Menschen an Gewohnheiten hängen und diese nur ungern ablegen. Sie sehnen sich dementsprechend nach Reizkontinuitäten und würden diese gegenüber Reizveränderungen vorziehen. Dennoch tritt bei vielen Menschen das Gefühl der Langeweile oder Unzufriedenheit auf, wenn sie einer für sich als reizmonoton empfundenen Situation, Person oder einem Objekt ausgesetzt sind. In solch einer Situation sehnt sich der Mensch nach Veränderung bzw. Abwechslung.[16] Er will der aktuellen Situation entfliehen und empfindet ein Bedürfnis nach Reizvariation. Dieser Widerspruch eines Bedürfnisses sowohl nach Reizkontinuität, als auch Reizvariation im menschlichen Verhalten, wird durch die Optimum- Stimulation-Level-Theorie erklärt.[17] '
Diese wird als zentrale Theorie zur Erklärung von Variety Seeking in der Literatur angesehen.[18] Laut der OSL-Theorie verfügt jedes Individuum über einen Optimum-Stimulation-Level (OSL). Der OSL beschreibt einen vom Individuum als optimal empfundenen Erregungszustand.[19] Anders ausgedrückt: die optimale Balance zwischen Reizkontinuität und
Reizvariation. Dieser Zustand ist bei jedem Individuum unterschiedlich, weshalb in der Literatur auch häufig von einem „nicht näher spezifizierten mittleren Niveau“[20] gesprochen wird. Deutlich wird dieser Zusammenhang in Abbildung 2:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Abhängigkeit des VS vom optimalen Stimulationsniveau[21]
In der Grafik werden zwei verschiedene Personen dargestellt: Person A und Person B. Person B besitzt einen höheren OSL als Person A. Daher lässt sich annehmen, dass Person B eher Variety Seeking betreibt, als Person A, denn aufgrund ihres höheren OSL ist sie schneller gelangweilt als Person A.[22] Stellt sich nun die Frage, wieso sich Personen überhaupt mit der Zeit langweilen. Sie setzen sich doch häufig mit denselben Reizen auseinander und dennoch bleibt ihr OSL nicht dauerhaft stimuliert. Es lässt sich also vermuten, dass nicht alle Reize das gleiche Stimulationspotenzial aufweisen, beziehungsweise es nicht dauerhaft aufrechterhalten können. Eine Theorie dazu, welche Reize besonders stimulierend wirken, hat Berlyne aufgestellt[23].
Laut Berlyne enthält ein Reiz verschiedene Variablen. Eine Gruppe dieser Variablen sind kollative Variablen.[24] Kollative Variablen sind als subjektiv empfundene Reizeigenschaften zu begreifen, „die aus dem Vergleich eines aktuell erfahrenen Stimulus mit in der Vergangenheit erfahrenen Reizen abgeleitet werden.“[25] Im Zuge dieses internen Abgleichs stellt ein Individuum Übereinstimmungen und Abweichungen zwischen einem Umweltreiz und gespeicherten Gedächtnisinhalten fest. Bei diesem inneren Abgleich erkennt das Individuum einen Unterschied zwischen den verglichenen Stimuli. Dieser Unterschied repräsentiert die kollativen Eigenschaften und wird von jedem Individuum subjektiv empfunden.[26] Zu den wichtigsten kollativen Reizeigenschaften gehören laut Berlyne: Neuartigkeit, Zweideutigkeit, Überraschung, Inkongruenz, Veränderung und Unsicherheit.[27] '
Ein Stimulus verfügt demnach über ein besonders hohes Stimulationspotenzial, je stärker seine kollativen Reizeigenschaften vom Individuum verspürt werden, d.h. je deutlicher sich der Reiz von Erfahrungen der Vergangenheit differenziert.[28]
Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, je öfter sich ein Individuum dem gleichen Reiz aussetzt, desto weniger kollative Eigenschaften ruft dieser bei dem Individuum hervor. Der Stimulus verliert somit bei wiederholter Aussetzung an Erregungskraft. Dieser Zusammenhang wird in Abbildung 3 deutlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Stimulationspotenzial eines Reizes bei Mehrfachkontakt [29]
Es sei darauf hingewiesen, dass es sich bei der Abbildung um einen idealtypischen Zusammenhang handelt, der in Praxis meist nicht so exakt aufzufinden ist.
Dieser Zusammenhang ist auch grundlegend wichtig für die Erklärung von Variety Seeking. Kauft ein Individuum wiederholt ein Produkt, wie es bei markentreuen Konsumenten der Fall ist, verliert dieses Produkt mit jedem weiteren Kauf an Erregungspotenzial.00 Dies kann dazu führen, dass das Individuum seinen OSL nicht aufrechterhalten kann und Langeweile verspürt beziehungsweise „unterreizt“ ist. Das Individuum sehnt sich nach Abwechslung und kauft ein anderes Produkt, es betreibt Variety Seeking, um seinen OSL wieder zu erlangen. Genauer wird dieser Zusammenhang in Abbildung 4 deutlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: OSL-Theorie [31]
In der Grafik ist der OSL als gestichelte Linie eingezeichnet, neben dem OSL gibt es die Unterreizungs- und die Überreizungszone. In beiden Zonen gibt es einen Toleranzbereich (OSL-Ku und OSL-Ko). In den Toleranzbereichen weicht das aktuelle Stimulationsniveau (2.) bereits vom OSL ab, aber im geringen Maße, sodass das Individuum noch nicht nach Abwechslung sucht.[32] Wird dieser Toleranzbereich jedoch durch das ASL
überschritten (1.), wird das Individuum aktiv. Es betreibt beispielsweise Variety Seeking, um der Situation der Reizmonotonie zu entfliehen. Es kann auch das Gegenteil eintreten. Ist das Individuum bereits an der Schwelle seines kritischen oberen Abwechslungsgrades angekommen, würde jeder weitere Reiz das Individuum überfordern. Es sehnt sich in diesem Moment nach Ruhe und tritt in Widerstand, zum Beispiel durch bewussten Rückzug gegenüber weiteren Abwechslungen (Variety Escaping).[33]
Zusammenfassend gilt festzuhalten, dass Variety Seeking aus einem Bedürfnis nach Abwechslung resultiert. Dieses Bedürfnis wiederum entsteht aus einer Unterschreitung des OSL, welcher bei jedem Individuum variiert. Variety Seeking wird demnach als Möglichkeit genutzt den OSL aufrecht zu halten. Aus Sicht der Kaufverhaltensforschung lässt es sich also als das Streben der Konsumenten nach Abwechslung, um ein optimales inneres Reizniveau zu erwerben, bezeichnen. Dieses Streben kann beispielsweise durch die Monotonie von Wiederholungskäufen aktiviert werden, da bei diesen das Stimulierungspotenzial eines Reizes sinkt und der Konsument so Langeweile verspürt und sich nicht mehr in seinem OSL befindet.
Weiterhin gilt es zu klären, ob die OSL-Theorie eine theoretische Fundierung für die in Abbildung 1 aufgeführten Definitionen ermöglicht. In den Definitionen ist als Grund für Variety Seeking ein
Abwechslungsbedürfnis aufgeführt. Ein Abwechslungsbedürfnis tritt laut der OSL-Theorie ein, wenn eine Diskrepanz zwischen dem aktuellen Stimulationsniveau und dem OSL besteht. Liegt das aktuelle Stimulationsniveau außerhalb des Toleranzbereiches, kann ein Individuum einen starken Drang nach Abwechslung verspüren. Um diesen Drang wiederum befriedigen zu können, kann das Individuum Variety Seeking betreiben. Es betreibt demnach Variety Seeking aus dem Grund eines Abwechslungsbedürfnisses, weshalb sich die in Abbildung 1 aufgeführten Definitionen sehr gut durch die OSL-Theorie untermauern lassen.
2.3 Erstellung eigener Definition
Unter Punkt 2.1 fand bereits eine erste Auseinandersetzung mit verschiedenen Definitionen statt. Hierbei wurden zwei Aspekte festgehalten, die eine Definition beinhalten sollte:
1. Variety Seeking beschreibt ein Wechselverhalten von Konsumenten.
2. Das Wechselverhalten resultiert allein aus einem Bedürfnis nach Abwechslung.
Die Aspekte können auch nach der Auseinandersetzung mit der OSL- Theorie beibehalten werden. Zudem sollte in der Definition der Zusammenhang zwischen Variety Seeking und dem Grad der Reizabwechslung aufgenommen werden. Genau dies macht Hoffmann in ihrer Definition: „[...] das menschliche Grundbedürfnis nach Abwechslung an sich bezeichnet, wobei der individuell optimal empfundene Grad an Reizabwechslung das Maß an Variety Seeking bestimmt.“[34] Daher muss die Definition einen weiteren Aspekt beinhalten:
3. Das Ausmaß von Variety Seeking wird durch den vom Konsumenten individuell optimal empfundenen Grad an Reizabwechslung bestimmt.
Aus den drei Aspekten lässt sich abschließend folgende Definition bilden: „Variety Seeking beschreibt eine Wechselneigung im Konsumentenverhalten, welche aus einem Bedürfnis nach Abwechslung resultiert. Das Ausmaß von Variety Seeking wird durch den vom Konsumenten individuell optimal empfundenen Grad an Reizabwechslung bestimmt
3. Bisherige Erkenntnisse über Variety Seeking
Die Literatur befasst sich seit über 30 Jahren mit dem Phänomen des Variety Seekings.[35] In dieser Zeit sind einige Erkenntnisse entstanden. Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für jegliche Marketingmaßnahmen, denn nur wer weiß, welche Auswirkungen und Wechselwirkungen Variety Seeking hat, kann entsprechende Maßnahmen entwickeln. Im Folgenden werden daher die von Variety Seeking betroffenen Produkte, die Zielgruppe der Variety Seeker und die Wechselwirkung zwischen Variety Seeking und der Kundenbindung dargestellt. Neben diesen Erkenntnissen wurden in der Literatur bereits erste Empfehlungen für die Einsetzung von Marketinginstrumenten ausgesprochen. Diese werden am Schluss dieses Kapitels aufgezeigt.
3.1 Von Variety Seeking betroffene Produkte
Dölle konnte in ihrer Literaturstudie feststellen, dass vermehrt ein Zusammenhang zwischen Kaufhäufigkeit und Variety Seeking bewiesen werden konnte.[36] Diesen konnten beispielsweise Dechene/Kunter in ihrer Studie erkennen.[37] ' So kommen diese zu dem Schluss: „dass die personenspezifische Konsumhäufigkeit von Konsumenten die Zusammenhangsstärke zwischen Abwechslungsbedürfnis und Variety Seeking Behavior maßgeblich beeinflusst.“[38] Aus diesem Statement lässt sich annehmen, dass Produkte, die einer hohen Kauffrequenz unterliegen, von Variety Seeking betroffen sind. Zu diesem Ergebnis kommen auch Hoyer/Ridgway und ergänzen dieses noch um die verfügbare Zahl an Alternativen. Sie fanden heraus, dass eine „große verfügbare Alternativenzahl und/oder kurze Kauffrequenz“ Variety Seeking begünstigen [39]. Des Weiteren werden folgende Produktcharakteristika, die Variety Seeking begünstigen, vermehrt in der Literatur genannt:
- niedriges Produktinvolvement,
- niedrig wahrgenommenes Risiko,
- geringe wahrgenommene Unterschiedlichkeiten der Alternativen,
- schwache Markentreue,
- intensive Ansprache menschlicher Sinne.[40]
Diese Produkteigenschaften weisen zum Beispiel Lebensmittel und Pflegeprodukte auf. Daher kann angenommen werden, dass diese vermehrt von Variety Seeking tangiert sind und ein Hersteller solcher Produkte sich unbedingt mit Variety Seeking auseinandersetzen sollte. Um jedoch ein exaktes Ergebnis zu bekommen, ob Produkte von Variety Seeking betroffen sind, ist eine empirische Untersuchung zwingend notwendig. In der Literatur wurden bereits vielfältige Modelle zur Messung von Variety Seeking gebildet und diese werden bis heute weiterentwickelt.[41]
3.3 Zielgruppe Variety Seeker
Neben den Produktcharakteristika, die Variety Seeking fördern, muss die Marketingabteilung eines Unternehmens über die Zielgruppe der Variety Seeker informiert sein. Nur so ist sie im Stande zu erkennen, ob Variety Seeker zur Zielgruppe gehören und kann dementsprechend Maßnahmen zur Ansprache dieser einleiten. Dölle hat sich in ihrer Literaturstudie ausführlich mit dem Profil eines Variety Seekers auseinandergesetzt.[42] Auf Basis der Ergebnisse verschiedener Studien und Autoren hat sie eine „Checkliste“ (Abbildung 5, S. 15) erstellt, anhand derer Marketingleiter einen ersten Überblick bekommen können, ob Variety Seeker zu der Zielgruppe ihres Produktes gehören. Darüber hinaus werden in dieser nochmals die Produktcharakteristika aufgenommen, die Variety Seeking fördern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Checkliste: Einflussfaktoren Variety Seeking
Eine weitere Möglichkeit festzustellen, ob Variety Seeker tendenziell unter den Konsumenten sind, liegt in der Zuhilfenahme der Sinus-Milieus. Basierend auf der Einteilung des Sinus Institutes leiteten Brodersen, Volkmann und Koppelmann in ihrer Arbeit ab, welche Zielgruppen besonders anfällig für Variety Seeking sind. Diese Annahmen wurden, auf Basis eines Abgleichs der verschiedenen Persönlichkeitsmerkmale der Gruppen in den Milieus mit dem Profil von Variety Seekern, getroffen.[43] Sie erkannten, dass vor allem das hedonistische Milieu, das liberalintellektuelle Milieu und das postmoderne Milieu für Variety Seeking anfällig sind. Das hedonistische Milieu wegen der Freude am Genuss, der Freiheit und der Ungebundenheit als zentrale Lebensinhalte. Das liberalintellektuelle Milieu auf Grund des starken Bedürfnisses nach Selbstdarstellung, welches Stilavantgardismus und das Aufgreifen von neuen Konsumtrends als Kaufgewohnheiten beinhaltet. Das postmoderne Milieu wegen seiner Jugendlichkeit, der Provokation und der Trendsetzung. Zudem anfällig, aber in abgeschwächter Form, sei das moderne Arbeitermilieu, da die Mitglieder zum Mainstream der jungen Freizeitkultur gehören und sich ihr Kaufverhalten durch einen konventionellen Modernismus auszeichnet.[44] Alle Sinus-Milieus sind in Abbildung 6 dargestellt. Die Milieus, deren Mitglieder vermehrt zu Variety Seeking neigen, sind durch einen durchgehenden roten Kreis gekennzeichnet. Der nicht durchgängige Kreis zeigt eine leichte Neigung zu Variety Seeking an.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Marktsegmentierung in Anfälligkeit auf Variety Seeking [45]
3.3 Wechselwirkung Variety Seeking und Kundenbindung
Es wird oftmals der Schluss gezogen, dass Kundenzufriedenheit automatisch zu Kundenbindung führt.[39] Zudem ist die Schaffung der Kundenbindung ein wichtiges Ziel von Unternehmen, denn die Kundenbindung gilt als grundlegend wichtig für den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens. Bei der Entstehung von Kundenbindung handelt es sich um einen phasenlangen Prozess. Mit diesem Prozess hat sich Bruhn ausgiebig beschäftigt und diesen in seiner Wirkungskette dargestellt. Der angesprochene Prozess soll anhand der Wirkungskette im Folgenden kurz erläutert werden, um in einem nächsten Schritt die Wirkung von Variety Seeking in diesem einordnen zu können.
Abbildung 7: Wirkungskette der Kundenbindung nach Bruhn [47]
Laut Bruhn läuft die Kundenbindung in vier Phasen ab.[48] Die erste Phase umfasst den Erstkontakt des Kunden mit dem Anbieter. Dies geschieht durch den Kauf eines Produktes oder die Inanspruchnahme einer Dienstleistung.[49] Im direkten Anschluss an diesen Erstkontakt beginnt die zweite Phase. In dieser bewertet der Kunde die Situation beziehungsweise die Interaktion mit dem Anbieter und dem Produkt. Daraus entsteht sein persönliches Fazit zur Zufriedenheit.[50] Fällt dieses Fazit positiv aus, kann in der dritten Phase schließlich Kundenloyalität entstehen. Durch diese bereits vorhandene Loyalität, sinkt laut Bruhn bereits die Wechselbereitschaft der Konsumenten und ein Wiederholungskauf wird in Betracht gezogen.
In der vierten Phase entsteht dann der Übergang zur Kundenbindung. Dies geschieht jedoch nur, wenn sich die bisherige Überzeugung des Kunden auch in einem „realen Wiederkauf- oder Cross-Buying-Verhalten [..^beziehungsweise in Weiterempfehlungen an potenzielle Kunden niederschlägt.“[51] In der fünften und letzten Phase schließt die
Wirkungskette mit der Steigerung des ökonomischen Erfolges ab.[52] In der Praxis läuft dieser Prozess nur selten so reibungslos ab. Es gibt viele moderierende Faktoren, die Einfluss auf diesen Prozess haben können. Diese sind ausführlich in der Abbildung 7 dargestellt. Rot unterlegt ist hier der Faktor „Variety Seeking“. In der Abbildung wird Variety Seeking als einer von vielen Faktoren dargestellt, weshalb denkbar wäre, dass dieser nur ein geringes Ausmaß auf die Kundenbindung hat. Laut Peter ist der Einfluss von Variety Seeking auf die Kundenbindung jedoch immens. Diese befasst sich in ihrer Arbeit, welche mit dem Wissenschaftspreis des Deutschen Marketing-Verbandes ausgezeichnet wurde, mit verschiedenen Determinanten, die die
Kundenbindung beeinflussen. Auf Grundlage dieser entwickelte sie folgendes Basismodell zur Erklärung von Kundenbindung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Basismodell zur Erklärung von Kundenbindung nach Peter [53]
Sie vermutete einen negativen Einfluss von Variety Seeking auf die Kundenbindung. Diesen konnte sie schließlich auch deutlich in ihren empirischen Studien nachweisen.[54] So erkannte sie, „dass Variety
Seeking Kundenzufriedenheit neutralisieren kann.“[55] Folglich zog sie ein Fazit für die Marketingaktivitäten, die auf Kundenzufriedenheit abzielen: „Daraus läßt sich der Schluß ziehen, daß eine Steigerung von Kundenzufriedenheit nicht immer zu mehr Kundenbindung führt. Im Falle eines Strebens nach Abwechslung von Abnehmern verpufft die Wirkung von entsprechenden Aktivitäten.“[56] Diesen negativen Zusammenhang untermauern Gierl, Wachter und Meixner in ihren Arbeiten.[57]
Abschließend lässt sich festhalten, dass Variety Seeking einen enormen Einfluss auf die Kundenbindung haben kann. Natürlich gilt es auch in einem von Variety Seeking betroffenen Markt den Kunden zufrieden zu stellen, jedoch reicht diese Zufriedenstellung offensichtlich nicht aus. Es sollten unbedingt weitere Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, wie sich der Kunde an das Produkt oder die Marke binden lässt, da die Kundenbindung grundlegend wichtig für den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens ist. Deshalb ist es notwendig zu wissen, welche Marketingaktivitäten erfolgsversprechend zur Steuerung von Variety Seeking beitragen. Einen ersten Überblick über solche Marketingmaßnahmen wird im nachfolgenden Kapitel gegeben.
3.4 Mögliche Marketingmaßnahmen
Dölle führte in ihrem wissenschaftlichen Projekt eine Literaturstudie zum Thema: „Marketingmaßnahmen zur Steuerung von Variety Seeking im Konsumentenverhalten“.[58] In dieser fasst sie Arbeiten verschiedener Autoren hinsichtlich ihrer empfohlenen Marketingmaßnahmen zur Steuerung von Variety Seeking zusammen und bewertet diese. Am Ende ihrer Arbeit ist eine Abbildung (Abbildung 9, S. 21) zu finden, in der Grundsätze und verschieden Marketingmaßnahmen dargestellt sind, die bei der Entwicklung einer Marketingstrategie zur Steuerung von Variety Seeking bedacht werden sollten.[59] Diese Abbildung basiert auf ihrer vorhergegangen, ausführlichen Literaturstudie. Dölle verweist dabei darauf, dass die Abbildung keine ausformulierte Strategie darstellt, sondern dem Marketing einen ersten richtungsweisenden Ansatz liefern kann. Je nach Zielgruppe, Produkt und vorhandenen Ressourcen sei eine individuelle Strategie aus den genannten Maßnahmen zu entwickeln. [60] In der Abbildung sind keine preispolitischen Maßnahmen aufgeführt, weil diese bei der Steuerung von Variety Seeking ein geringes Erfolgs- aber hohes Risikopotenzial beinhalten. Vollständigkeitshalber sei aber genannt, dass Variety Seeker vor allem über eine Niedrigpreisstrategie erreicht werden können. Zudem können Sonderangebote und Einführungsrabatte das Interesse der Variety Seeker kurzzeitig auf sich ziehen.[61] Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass bereits mehrere Marketingstrategien zur Steuerung von Variety Seeking entworfen wurden.[62] Dölle wurde in ihrer Literaturstudie zu diesem Thema jedoch auch schnell bewusst, dass die Strategien oftmals einige Maßnahmen aufgreifen, es diesen aber an einer gründlichen Ausarbeitung mangelt. Zudem wurden nur recht selten konkrete Praxisbeispiele für die genannten Maßnahmen angeführt.[63] Deshalb soll diese Bachelorarbeit dazu dienen, ausgewählte Marketingmaßnahmen zur Steuerung von Variety Seeking genau zu beschreiben, diese an konkreten Praxisbeispielen darzustellen und hingehend ihres Erfolgspotenzials zu prüfen. Dabei werden die Chancen und Risiken der einzelnen Methoden beleuchtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Marketingstrategie zur Steuerung von Variety Seeking[64]
4. Prüfung ausgewählter Marketingmaßnahmen zur Befriedigung des Abwechslungsbedürfnisses am Beispiel der Marke „AXE“
Dieses Kapitel dient dazu, ausgewählte Marketingmaßnahmen hingehend ihres Erfolgspotenzials zur Befriedigung des Abwechslungsbedürfnisses darzustellen, und zu überprüfen. Die Auswahl der angeführten Marketingmaßnahmen erfolgt aus den bisher genannten Marketingmaßnahmen, die in der Literatur zu Variety Seeking angeführt wurden. Darüber hinaus werden Maßnahmen dargestellt, die der Autorin als erfolgsversprechend erscheinen.
4.1 Zielgruppe und Positionierung
Um eine geeignete Analyse und Bewertung der ausgewählten Marketingmaßnahmen gewährleisten zu können, wird zuvor eine Auseinandersetzung mit der Zielgruppe und der Positionierung der Marke „AXE“ stattfinden. Es ist unbedingt notwendig zu wissen, ob zu der Zielgruppe von „AXE“ Variety Seeker gehören, denn nur wenn dies der Fall ist, macht eine Strategie der Befriedigung des
Abwechslungsbedürfnisses Sinn. Darüber hinaus hängt die erfolgreiche Gestaltung der Kommunikationsmaßnahmen eng mit der Positionierung der Marke zusammen, weshalb auch die Markenpositionierung untersucht wird.
4.1.1 Zielgruppe
Zielgruppe der Haut- und Haarpflegeprodukte von „AXE“ sind junge
Männer „auf dem Sprung zur Mannwerdung [65]. Konkreter wird die Zielgruppe von Unilever-Marketingspezialisten beschrieben, die das „Handelsblatt" zitiert: „Die Werbung spricht mit 14- bis 25-jährigen Männern, die sich selbst als cool bezeichnen würden, tatsächlich aber in Bezug auf Frauen noch vergleichsweise unerfahren sind”.[66] rovokanter ausgedrückt: „Poser“[67]. Unilever selbst beschreibt sich außerdem als
„Jungs-Experte . [68] Aus diesen Beschreibungen lässt sich schließen, dass die Zielgruppe aus „Jungs“ in der Entwicklung zum Mann besteht. Diese befinden sich mitten in der Pubertät und haben vermehrt das weibliche Geschlecht im Kopf. Sie sehnen sich nach der Aufmerksamkeit von Frauen und würden alles dafür geben, verführerisch auf diese zu wirken. Es handelt sich um Jungs, dessen Selbstbewusstsein noch nicht ausgereift ist und die dieses vor allem über ihr Aussehen und ihre Wirkung auf andere Menschen beziehen. Im Endeffekt handelt es sich um den ganz normalen Durchschnittsjungen von nebenan.
Um zu erkennen, ob unter dieser Zielgruppe Variety Seeker sind, wird im ersten Schritt die „Checkliste“ bezogen auf die Zielgruppe und die Produkte von „AXE“ ausgefüllt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Checkliste zur Prüfung der Zielgruppe und der Produkte von „AXE“ [69]
[...]
1 Vgl. Bänsch, Axel: Variety Seeking. Marketingfolgerungen aus Überlegungen und Untersuchungen zum Abwechslungsbedürfnis von Konsumenten, in: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, Jg.41 (1995), 4, S.344.
2 Zum Beispiel: Pessemier, Edgar A. / Handelsman, Moshe: Temporal Variety in Consumer Behavior, in: Journal of Marketing Research, 21 Jg. (1984), 4, S. 435–444.
3 Zum Beispiel.: Uturestantix / Warokka, Ari / Gallato, Cristina: Do Customer Dissatisfaction and Variety Seeking Really Affect the Product Brand Switching. A Lesson from the Biggest Southeast Asia Mobile Telecommunication Market, in: Journal of Marketing Research Case Studies, Jg. (2012), 2, S.1-14.
4 Vgl. Bänsch, Axel: 1995, a.a.O., S.355. und Dechene, Christian / Kunter Marcus: Der Einfluss des Abwechslungsbedürfnisses auf den Produktwechsel bei Konsumenten. Stärker bei Intensiv- oder Geschmacksverwendern? Stärker bei Geschmacksrichtungen oder Marken, in: Marketing. Zeitschrift für Forschung und Praxis, Jg. 32 (2010), 2, S. 100.
5 Vgl. Bruhn, Manfred: Messung von Kundenzufriedenheit im Rahmen nationaler Kundenbarometer. Konzeptionen und Nutzungspotenziale unterschiedlicher Customer Satisfaction Indizes S.440 in: Manfred Bruhn: Handbuch Kundenmanagement : Anforderungen, Prozesse, Zufriedenheit, Bindung und Wert von Kunden. Berlin: Springer Verlag, 2008, S. 440.
6 Vgl. Hohl, Nikolaus A.D.: Variety-Seeking. Eine nutzenorientierte Betrachtung des Wechselverhaltens bei Konsumenten, Siegen: Arbeitspapier des Lehrstuhls für Marketing der Universität Siegen, 2008, S.1.
7 Vgl. Hohl, Nikolaus A.D.: 2008, a.a.O., S. 1.
8 Peter, Sybille Isabelle: Kundenbindung als Marketingziel, in: absatzwirtschaft, 41. Jg. (1998), 7, S. 76.
9 Peter, Sybille: 1998, a.a.O., S.76.
10 Bänsch, Axel: 1995, a.a.O., S. 361.
11 Vgl. Dölle, Annika: Wissenschaftliches Projekt. Marketingmaßnahmen zur Steuerung von Variety Seeking im Konsumentenverhalten. Eine Literaturanalyse, Hochschule Osnabrück, 2013. S. 58.
12 Vgl. Dölle, Annika: 2013, a.a.O., S. 2-6.
13 Vgl. ebd. S. 6.
14 VS: Variety Seeking, VSB: Variety-Seeking-Behavior
15 Die Tabelle basiert auf Basis von Dölle, Annika: 2013, a.a.O., S. 3-4.
16 Vgl. Bänsch, Axel: 1995, a.a.O., S.346.
17 Vgl. ebd.
18 Vgl. Krienke, Nancy: Die Steuerung des „Variety Seeking Behaviours“ im Rahmen des Customer-Relationship-Managements, Hagen: Grin Verlag, 2009, S.15.
19 Hohl, Nikolaus A.D.: 2008., a.a.O., S.33.
20 Helmig, Bernd: Variety-seeking-behavior im Konsumgüterbereich. Beeinflussungsmöglichkeiten durch Marketinginstrumente, Wiesbaden: Gabler, 1997, S. 50.
21 Krienke, Nancy: a.a.O., S. 17.
22 Vgl. ebd.
23 Vgl. Berlyne, Daniel E.: Motivational Problems Raised by Exploratory and Epistemic Behavior, in: S. Koch (Ed.), Psychology: A Study of Science, 5. Jg. (1963), 284-364.
24 Kollative Variablen werden in der deutschsprachigen Literatur auch als Variablen des Vergleichs bezeichnet.
25 Dechene, Christian Frederic: Abwechslungsbedürfnis und Werbewirkung. Theoretische Überlegungen und experimentelle Prüfung, Aachen, Deutscher Universitätsverlag, 2006, S.15.
26 Vgl. Dechene, Christian Frederic: 2006, a.a.O., S. 15.
27 Vgl. ebd. nach Berlyne, Daniel E.: 1963, a.a.O., S. 319.
28 Vgl. ebd. S. 15.
29 Vgl. Dechene, Christian Frederic: 2006, a.a.O., S. 16. nach: Hempelmann, Bernd / Lürwer, Markus: 2001, a.a.O., S.13.
30 Vgl. ebd. S. 13.
31 Selbsterstellte Grafik in Anlehnung an Bänsch, Axel: 1995, a.a.O., S. 347 und Krienke Nancy: 2009, a. a. O., S.17.
32 Vgl. Hohl, Nikolaus A.D.: 2008., a.a.O., S.35.
33 Vgl. Bänsch, Axel: 1995, a.a.O., S. 347.
34 Hoffmann, Anke: Die Akzeptanz kartenbasierter Kundenbindungsprogramme aus Konsumentensicht. Determinanten und Erfolgswirkungen, Wiesbaden: Gabler Verlag, 2007 (= Kundenmanagement Electronic Commerce).
35 Eine der ersten Arbeiten: McAlister, Leigh / Pessemier, Edgar: Variety Seeking Behavior. An Interdisciplinary Review, in: Journal of Consumer Research, Jg. 9 (1982), 3, S. 311–322., eine der aktuellsten Arbeiten: Uturestantix / Warokka, Ari / Gallato, Cristina: 2012, a.a.O.
36 Vgl. Dölle, Annika: 2013, a.a.O., S. 22.
37 Vgl. Dechene, Christian / Kunter Marcus: 2010, a.a.O., S. 100.
38 Vgl. ebd.
39 Bänsch, Axel: 1995, a.a.O., S. 352. nach Hoyer W.D. / Ridgway N. M.: Variety Seeking as an Explanation for Exploratory Purchase Behavior: A Theoretical Model, in: T.S. Kinnear (Hrsg.), Advances in Consumer Research, 11. Jg. (1983), S. 114-119.
40 Vgl. Bänsch, Axel: 1995, a.a.O., S. 352. und Hoyer W.D. / Ridgway N. M: 1983, a.a.O., S. 114-119. und Foscht, Thomas / Swoboda Bernhard: Käuferverhalten, 1. Aufl., Wiesbaden: Gabler, 2004, S. 58.
41 Vgl. Abbildung in Helmig, Bernd: 1997, a.a.O., S. 23.
42 Vgl. Dölle, Annika: 2013, a.a.O., S. 15-26.
43 Koppelmann Udo / Brodersen, Kristina / Volkmann, Michael: Variety Seeking. Manchmal reizt auch nur das Neue, in: absatzwirtschaft, 45. Jg. (2001), 1, S. 3.
44 Vgl. Koppelmann Udo / Brodersen, Kristina / Volkmann, Michael: 2001, a.a.O., S. 3.
45 Grafik auf Basis von ebd. S. 9.
46 Vgl. Krienke, Nancy: 2009, a.a.O., S. 28. und Bruhn, Manfred: 2008, a.a.O., S, 440.
47 Vgl. ebd. S. 440.
48 Vgl. ebd.
49 ebd.
50 Vgl. ebd.
51 ebd.
52 Vgl. ebd., S. 441.
53 Vgl. Peter, Sybille Isabelle: 1998, a.a.O., S. 76.
54 Vgl. ebd. S. 74.
55 ebd. S.74.
56 ebd.
57 Vgl. Gierl, Heribert: Markenpersönlichkeit und Kundenbindung, in: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 2 Jg. (2002), 50, 146. und Wachter, Nadine: Kundenwert aus -Kundensicht. Eine empirische Analyse des Kundennutzens aus Sicht der Privat- und Geschäftskunden in der Automobilindustrie. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag, GWV Fachverlage GmbH, 2006, S. 93. und Meixner, Oliver: Variety seeking behavior. Ein kausales Erklärungsmodell zum Markenwechselverhalten der Konsumenten im Lebensmittelbereich, in: Jahrbuch der Österreichischen Gesellschaft für Agrarökonomie, Bd. 10, 2005, S. 48.
58 Vgl. Dölle, Annika: 2013, a.a.O.
59 Vgl. ebd. S. 58.
60 Vgl. ebd. S. 57.
61 Vgl. Helmig, Bernd: 1995, a.a.O., S. 148.
62 Vgl. Bänsch, Axel: 1995, a.a.O., S. 355-362 und Helmig, Bernd: 1995, a.a.O., S. 147- 149, Krienke, Nancy: 2009, a.a.O., S.32-47. u.a.
63 Allein in der Arbeit: Koppelmann Udo / Brodersen, Kristina / Volkmann, Michael: 2002, a.a.O
64 Vgl. Dölle, Annika: 2013, a.a.O., S. 58.
65 URL: http://www.wuv.de/marketing/neue_linie_von_axe_hairstyling_fuer_poser [Stand: 13.06.2013]
66 URL: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/haarwaschmittel-kampf-umshampoo- kunden/6177954.html [Stand: 13.06.2013]
67 URL: http://www.wuv.de/marketing/neue_linie_von_axe_hairstyling_fuer_poser
68 URL: http://www.unilever.de/brands-in-action/detail/Axe/312432/ [Stand: 13.03.2013]
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