n den letzten 20 Jahren wird kaum einem Thema seitens der politischen Bildung in Österreich so viel Aufmerksamkeit geschenkt wie dem Thema "Nationalsozialismus". Das offizielle Österreich ist nach Jahrzehnten des Verschweigens, Verharmlosens und Verdrängens darum bemüht, die österreichische Vergangenheit während der Zeit des Nationalsozialismus zu "bewältigen". Jährlich nehmen SpitzenpolitikerInnen an der Befreiungsfeier im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen teil, 1991 problematisierte der damalige Bundeskanzler Vranitzky anlässlich einer Rede vor dem Nationalrat erstmals den "österreichischen Anteil" am Nationalsozialismus, und schließlich wurden im Jahr 2001 - nach 56 Jahren des Wartens (und Versterbens) - Entschädigungszahlungen an ehemalige ZwangsarbeiterInnen und Arisierungsopfer von der Republik Österreich geleistet.
Dennoch finden rechtsradikale Gruppen in Österreich unter Jugendlichen starken Zulauf, und es verzeichnet eine Partei zwischen 1986 und 2000 bei nahezu allen Wahlen Stimmenzuwächse, obwohl einige ihrer Politiker den Nationalsozialismus verharmlosen, beschönigen oder Aussagen machen, die direkt dem Sprachgebrauch des Nationalsozialismus entnommen sind. Was also läuft falsch? Wie sieht die österreichische "Vergangenheitsbewältigung" aus?
Die vorliegende Arbeit versucht, dieser Frage auf den Grund zu gehen, indem sie österreichische Schulgeschichtsbücher, Produkt gesellschaftlicher Bedingungen , auf ihre Darstellung des Nationalsozialismus untersucht. In diesem Zusammenhang interessiert, ob und wie sich die Darstellung des Nationalsozialismus verändert hat, weil daraus vorsichtig auf die gesamtgesellschaftliche Sichtweise und Behandlung des Themas "Nationalsozialismus" geschlossen werden kann. Da diese Zeit heute offiziell nicht mehr so verdrängt wird wie in den ersten Jahren nach 1945, wäre anzunehmen, dass österreichische Geschichtsbücher dieser Thematik heute mehr Platz einräumen als vor vierzig oder fünfzig Jahren und dass außerdem eine kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in den Geschichtsbüchern erfolgt bzw. gefördert wird. Ob das so ist, soll untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- Zur Funktion von (Geschichts-)Lehrbüchern und deren Analyse
- Zur Funktion von (Geschichts-)Lehrbüchern
- Zur Funktion von (Geschichts-)Lehrbuchanalysen
- NS-Darstellungsmerkmal Dogma
- NS-Darstellungsmerkmal Mythos
- NS-Darstellungsmerkmal Tabu
- Entstehungsbedingungen von Schulbüchern in Österreich nach 1945
- Schulbuchapprobationsverfahren und „Schulbuchaktion“ in Österreich
- Lehrpläne für Geschichte (und Sozialkunde) in 4. Klassen AHS und Hauptschule, 1945 bis 1999/2000
- Vorstellung des untersuchten Materials
- Die Untersuchung
- Raumanalyse
- Darstellung der Methode
- Graphische Darstellung der Auszählergebnisse
- Ergebnis und Interpretation
- Qualitative Inhaltsanalyse
- Darstellung der Methode
- Das Kategoriensystem
- Faschismus als „zwangsläufige“ Konsequenz der Weltwirtschaftskrise
- Darstellung der Untersuchungsergebnisse
- Interpretation
- Diffamierung demokratischer Kräfte
- Darstellung der Untersuchungsergebnisse
- Interpretation
- Gleichsetzung unterschiedlicher Regime und Ideologien (totalitarismustheoretische Positionen)
- Darstellung der Untersuchungsergebnisse
- Interpretation
- Personalisierung und Anonymisierung
- Darstellung der Untersuchungsergebnisse
- Interpretation
- Österreich ausschließlich als Okkupationsopfer
- Darstellung der Untersuchungsergebnisse
- Interpretation
- Opfer-Täter-Umkehr
- Darstellung der Untersuchungsergebnisse
- Interpretation
- Das Konstrukt einer unwissenden, unschuldigen und durch Bedrohung und Manipulation ohnmächtigen Bevölkerung
- Darstellung der Untersuchungsergebnisse
- Interpretation
- Reduzierung des politischen Spektrums des Widerstands und der Widerstandleistenden
- Darstellung der Untersuchungsergebnisse
- Interpretation
- Harmonisierungstendenzen nach 1945 („Entnazifizierung“)
- Darstellung der Untersuchungsergebnisse
- Interpretation
- Faschismus als „zwangsläufige“ Konsequenz der Weltwirtschaftskrise
- Zusammenfassende Darstellung der Untersuchungsergebnisse
- Interpretation
- Raumanalyse
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Darstellung des Nationalsozialismus in österreichischen Geschichtslehrbüchern der 4. Klasse der Hauptschulen und allgemeinbildenden höheren Schulen im Zeitraum von 1945 bis 1999/2000. Ziel ist es, die Entwicklung und die Besonderheiten dieser Darstellung aufzuzeigen und zu analysieren.
- Entwicklung der Darstellung des Nationalsozialismus in österreichischen Schulbüchern
- Analyse der verwendeten Methoden und Darstellungsstrategien
- Identifikation von ideologischen Einflüssen und Tendenzen
- Bewertung der didaktischen Qualität der Darstellungen
- Der Einfluss von Lehrplänen und politischen Kontexten
Zusammenfassung der Kapitel
Vorwort: Dieses Kapitel wird in der Zusammenfassung nicht berücksichtigt, da es sich um ein einleitendes Vorwort handelt.
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Diplomarbeit ein und skizziert die Forschungsfrage: Wie wurde der Nationalsozialismus in österreichischen Geschichtslehrbüchern für die 4. Klasse der Hauptschulen und AHS von 1945 bis 1999/2000 dargestellt? Sie begründet die Relevanz des Themas und beschreibt den Aufbau der Arbeit. Der Bezug zur Aussage von Ingeborg Bachmann wird hergestellt und als Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit der Wirkungsweise von Geschichtslehrbüchern genommen.
Zur Funktion von (Geschichts-)Lehrbüchern und deren Analyse: Dieses Kapitel beleuchtet die Funktion von Geschichtslehrbüchern im Bildungssystem und erläutert die Methodik der Lehrbuchanalyse. Es werden verschiedene Kategorien der NS-Darstellung definiert – Dogma, Mythos und Tabu – die als analytische Werkzeuge für die spätere Untersuchung dienen. Die Bedeutung von Lehrbüchern als Träger von Wissen und Werten wird hervorgehoben und die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung damit betont.
Entstehungsbedingungen von Schulbüchern in Österreich nach 1945: Dieses Kapitel beschreibt den historischen Kontext der Schulbuchproduktion in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg. Es analysiert die Rolle des Schulbuchapprobationsverfahrens und der „Schulbuchaktion“ und untersucht die Entwicklung der Lehrpläne für Geschichte und Sozialkunde im relevanten Zeitraum. Die politischen und gesellschaftlichen Einflüsse auf die Gestaltung der Lehrbücher werden hier thematisiert, wobei der Fokus auf den Einfluss der jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Stimmungen und Regulierungen auf die Inhalte liegt.
Vorstellung des untersuchten Materials: Dieses Kapitel beschreibt detailliert die Auswahl und die Eigenschaften der analysierten Lehrbücher. Es bietet einen Überblick über die untersuchten Materialien und deren zeitliche Verteilung. Der wissenschaftliche Anspruch der Arbeit wird durch diese detaillierte Beschreibung der Datenbasis unterstrichen.
Die Untersuchung (Kapitel 5.1 Raumanalyse): Dieses Kapitel beschreibt die Methode der Raumanalyse und präsentiert die graphische Darstellung der Auszählungsergebnisse. Die Ergebnisse werden interpretiert und bilden die Grundlage für weitere Analysen. Es wird hier gezeigt, wie oft bestimmte Themen und Aspekte des Nationalsozialismus in den Lehrbüchern behandelt wurden, um quantitative Aussagen über die Häufigkeit der Erwähnung bestimmter Themen zu liefern.
Die Untersuchung (Kapitel 5.2 Qualitative Inhaltsanalyse): Dieses Kapitel beschreibt die qualitative Inhaltsanalyse und präsentiert die Ergebnisse der Untersuchung der verschiedenen Kategorien, z.B. die Darstellung des Faschismus als zwangsläufige Folge der Weltwirtschaftskrise, die Diffamierung demokratischer Kräfte, die Gleichsetzung unterschiedlicher Regime und die Personalisierung und Anonymisierung der Akteure. Die Interpretation dieser Ergebnisse wird für jedes Subkapitel getrennt durchgeführt und veranschaulicht, wie die unterschiedlichen Kategorien die Darstellung des Nationalsozialismus in den Lehrbüchern beeinflussen.
Schlüsselwörter
Nationalsozialismus, Österreich, Geschichtslehrbücher, Schulbücher, Inhaltsanalyse, Raumanalyse, Didaktik, Lehrpläne, Post-1945, Darstellung, Mythos, Dogma, Tabu, Politische Bildung, Historiographie, Österreichische Geschichte, Schulbuchforschung.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zur Diplomarbeit: Darstellung des Nationalsozialismus in österreichischen Geschichtslehrbüchern (1945-1999/2000)
Was ist der Gegenstand dieser Diplomarbeit?
Die Diplomarbeit untersucht die Darstellung des Nationalsozialismus in österreichischen Geschichtslehrbüchern der 4. Klasse von Hauptschulen und AHS im Zeitraum von 1945 bis 1999/2000. Sie analysiert die Entwicklung und Besonderheiten dieser Darstellung und untersucht die verwendeten Methoden und Darstellungsstrategien, ideologische Einflüsse und die didaktische Qualität.
Welche Forschungsfragen werden behandelt?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Wie wurde der Nationalsozialismus in österreichischen Geschichtslehrbüchern für die 4. Klasse der Hauptschulen und AHS von 1945 bis 1999/2000 dargestellt? Zusätzlich werden Fragen nach der Entwicklung der Darstellung, den verwendeten Methoden, ideologischen Einflüssen, der didaktischen Qualität und dem Einfluss von Lehrplänen und politischen Kontexten untersucht.
Welche Methoden werden angewendet?
Die Arbeit verwendet eine Kombination aus quantitativer (Raumanalyse) und qualitativer (Qualitative Inhaltsanalyse) Methoden. Die Raumanalyse untersucht die Häufigkeit bestimmter Themen. Die qualitative Inhaltsanalyse analysiert Kategorien wie die Darstellung des Faschismus als Folge der Weltwirtschaftskrise, die Diffamierung demokratischer Kräfte, die Gleichsetzung unterschiedlicher Regime und die Personalisierung/Anonymisierung von Akteuren.
Welche Kategorien werden in der qualitativen Inhaltsanalyse verwendet?
Die qualitative Inhaltsanalyse verwendet ein Kategoriensystem, das u.a. folgende Aspekte umfasst: Faschismus als „zwangsläufige“ Konsequenz der Weltwirtschaftskrise; Diffamierung demokratischer Kräfte; Gleichsetzung unterschiedlicher Regime und Ideologien; Personalisierung und Anonymisierung; Österreich ausschließlich als Okkupationsopfer; Opfer-Täter-Umkehr; Darstellung einer unwissenden, unschuldigen Bevölkerung; Reduzierung des politischen Widerstands; und Harmonisierungstendenzen nach 1945.
Welche Quellen werden verwendet?
Die Arbeit analysiert österreichische Geschichtslehrbücher der 4. Klasse von Hauptschulen und AHS aus dem Zeitraum 1945 bis 1999/2000. Das Kapitel "Vorstellung des untersuchten Materials" beschreibt detailliert die Auswahl und Eigenschaften der analysierten Lehrbücher.
Welche Ergebnisse werden präsentiert?
Die Ergebnisse werden sowohl graphisch (Raumanalyse) als auch textuell (Qualitative Inhaltsanalyse) präsentiert. Die Ergebnisse zeigen die Häufigkeit bestimmter Themen und die Art und Weise, wie der Nationalsozialismus dargestellt wurde. Die Interpretation der Ergebnisse erfolgt für jede Kategorie separat und zusammenfassend.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Schlussfolgerungen der Arbeit basieren auf den Ergebnissen der Raumanalyse und der qualitativen Inhaltsanalyse. Sie beleuchten die Entwicklung der Darstellung des Nationalsozialismus in österreichischen Schulbüchern und deren didaktische und ideologische Implikationen im Kontext der jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Stimmungen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Nationalsozialismus, Österreich, Geschichtslehrbücher, Schulbücher, Inhaltsanalyse, Raumanalyse, Didaktik, Lehrpläne, Post-1945, Darstellung, Mythos, Dogma, Tabu, Politische Bildung, Historiographie, Österreichische Geschichte, Schulbuchforschung.
- Quote paper
- Ulrike Kuzaj-Sefelin (Author), 2002, Die Darstellung des Nationalsozialismus im österreichischen Geschichtslehrbuch für die 4. Klasse Hauptschule und AHS von 1945 bis 1999/2000, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2890