Problemstellung und Zielsetzung
Nach mehr als dreißig Jahren zähen Verhandelns gibt es sie: die Europäische Aktiengesellschaft (abgekürzt lateinisch „Societas Europaea“ – kurz SE).
Ziel der Schaffung einer Europäischen Aktiengesellschaft ist die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes im Sinne des EG-Vertrages und die damit angestrebte Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage innerhalb der EU. Dazu ist es unerlässlich, dass innerhalb der EU grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse und -kooperationen erleichtert werden.
Zukünftig soll es europaweit tätigen Unternehmen ermöglicht werden, bspw. mit einem einheitlichen Management- und Berichtssystem, überall in der EU tätig zu sein, ohne mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand zuerst noch ein Netz von Tochtergesellschaften errichten zu müssen.
Die SE bietet also den Unternehmen die Möglichkeit europaweit zu handeln und dabei direkt dem Gemeinschaftsrecht, welches unmittelbar in den Mitgliedsstaaten anzuwenden ist, zu unterstehen.
Diese Ausarbeitung setzt sich im Folgenden mit der Europäischen Aktiengesellschaft im Sinne der 2001er Rechtgrundlagen und dem Entwurf des deutschen Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) auseinander.
Es ist Intention dieser Arbeit die SE-VO und die SE-RL zu analysieren und Hinweise für die Umsetzung in Deutschland zu geben. Neben dem geschichtlichen Hintergrund soll das Statut der SE, insbesondere die Wahlmöglichkeit zwischen dem dualistischen und dem monistischen Leitungssystem sowie das Verfahren zur Arbeitnehmerbeteiligung aufgezeigt werden.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anlagenverzeichnis
1. Intention der Arbeit
1.1. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.2. Gliederung der Arbeit
2. Entstehungsgeschichte der Societas Europaea
3. Statut der Societas Europaea
3.1. Gründung einer SE
3.2. Verfassung der SE
3.2.1. Beginn der Gesellschaft
3.2.2. Firma
3.2.3. Sitz
3.2.4. Publizitätspflicht
3.2.5. Eigenkapital/Haftung
3.3. Leitungs- und Aufsichtssysteme einer SE
3.3.1. Das Dualistisches System
3.3.2. Das Monistisches System
3.3.3. Vor- und Nachteile der beiden Systeme
3.3.4. Die Hauptversammlung
4. Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Societas Europaea
4.1. Der Davignon-Bericht 1997
4.2. Das Verfahren nach der SE-RL
4.3. Die Auffangregelung
4.4. Bewertung
5. Umsetzung in nationales Recht am Beispiel Deutschlands
6. Würdigung und Weiterentwicklung
6.1. Vor und Nachteile der SE in der Zusammenfassung
6.2. Abschließende Bewertung/Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Wahlmöglichkeit bei den SE-Organen
Abb.2: AN-Beteilungsregelung bei der SE-Gründung
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Unternehmensorganisation in Europa (ausgewählte Staaten)
Anlagenverzeichnis
Anlage 1: Gemeinsame Presseveröffentlichung vom 11.06.2003
Anlage 2: Presseveröffentlichung der IG BCE IV/61 vom 15.12.2000
1. Intention der Arbeit
1.1. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Nach mehr als dreißig Jahren zähen Verhandelns scheint die Europäische Aktiengesellschaft (abgekürzt lateinisch „Societas Europaea“ – kurz SE) greifbar nahe. Spätestens zum 08. Oktober 2004 tritt das Statut über die SE in Kraft.
Ziel der Schaffung einer Europäischen Aktiengesellschaft ist die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes im Sinne des EG-Vertrages[1] und die damit angestrebte Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage innerhalb der EU. Dazu ist es unerlässlich, dass innerhalb der EU grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse und -kooperationen erleichtert werden.[2]
Zukünftig soll es europaweit tätigen Unternehmen ermöglicht werden, bspw. mit einem einheitlichen Management- und Berichtssystem, überall in der EU tätig zu sein, ohne mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand zuerst noch ein Netz von Tochtergesellschaften errichten zu müssen.
Die SE bietet also den Unternehmen die Möglichkeit europaweit zu handeln und dabei direkt dem Gemeinschaftsrecht, welches unmittelbar in den Mitgliedsstaaten anzuwenden ist, zu unterstehen.[3]
Diese Ausarbeitung setzt sich im Folgenden mit der Europäischen Aktiengesellschaft im Sinne der 2001er Rechtgrundlagen und dem Entwurf des deutschen Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG)[4] auseinander.
Es ist Intention dieser Arbeit die SE-VO[5] und die SE-RL[6] zu analysieren und Hinweise für die Umsetzung in Deutschland zu geben. Neben dem geschichtlichen Hintergrund soll das Statut der SE, insbesondere die Wahlmöglichkeit zwischen dem dualistischen und dem monistischen Leitungssystem sowie das Verfahren zur Arbeitnehmerbeteiligung aufgezeigt werden.
Zudem wird im folgendem Kapitel die inhaltliche Gliederung der Arbeit dargestellt, um dem Leser einen Überblick über die behandelten Themengebiete und die Systematik des Aufbaus dieser Ausarbeitung zu geben.
1.2. Gliederung der Arbeit
Im vorherigen Kapitel ist das inhaltliche Ziel dieser Arbeit beschrieben worden. In diesem Kapitel wird die Gliederung der Arbeit aufgezeigt.
Zunächst wird im Zweiten Teil ein kompakter geschichtlicher Abriss über den Entstehungsweg der Europäischen Aktiengesellschaft gegeben, wobei schon andeutungsweise auf die Schwierigkeiten in der Frage der Arbeitnehmerbeteiligung hingewiesen wird.
Im Dritten Teil wird das Statut der SE mit den wichtigsten gesellschaftlichsrechtlichen Vorschriften der EG-Verordnung vorgestellt. Neben den Gründungsvorschriften wird u.a. auf die Wahlmöglichkeit hinsichtlich der SE-Leitung (monistische oder dualistische Modell) eingegangen.
Die Möglichkeiten einer Beteiligung der Arbeitnehmer innerhalb der SE wird im Viertem Teil behandelt.
Im Fünftem Teil wird auf die Bemühungen der Bundesregierung zur Umsetzung der SE-VO durch die Einbringung des Entwurfes zum SEEG hingewiesen.
Im sechsten Teil werden die bisherigen Ausführungen kritisch gewürdigt und offene Fragestellungen angesprochen.
Im Folgenden wird auf die Entstehungsgeschichte der Societas Europaea eingegangen.
2. Entstehungsgeschichte der Societas Europaea
Nach der Vorstellung der Intention dieser Ausarbeitung wird in diesem Kapitel die historische Entwicklung der Europa-AG beleuchtet.
Die EG als Gesetzgeber ist in keinem anderem Rechtsgebiet derart umfassend tätig geworden wie im Gesellschaftsrecht. Damit nimmt dieses Rechtsgebiet eine herausragende Rolle im europäischen Integrationsprozess ein.[7] Neben der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV[8] ), deren Anwendungsmöglichkeit jedoch stark eingeschränkt ist und somit keine wirkliche Alternative zu den nationalen Gesellschaftsformen darstellt[9], steht nun die neue Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) zur Verfügung. Der Weg zur SE war lang und steinig.
Die Forderung nach einer internationalen Handelsgesellschaft lässt sich schon bis in die Mitte der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhundert zurückverfolgen.[10] Die Idee einer Schaffung einer europäischen Gesellschaftsform geht auf die 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. 1959 hatte der niederländische Professor Dr. Pieter Sanders vorgeschlagen, eine im europäischen Recht abschließend geregelte eigenständige Gesellschaftsform zu finden.[11]
Der erste Vorschlag der Europäischen Kommission stammt schon aus dem Jahre 1970 und sah noch ein Einheitsrecht für die Europäische Aktiengesellschaft vor.[12] Doch weder dieser im Jahre 1975[13] noch einmal überarbeitete Entwurf, noch der 1989[14] vorgelegte Verordnungsvorschlag fanden die ungeteilte Zustimmung der Mitgliedstaaten.
Diese taten sich offensichtlich sehr schwer mit der Schaffung eines einheitlichen Regelwerkes. Die unterschiedlichen nationalen Rechtssysteme sowie gesellschaftsrechtlichen und steuerliche Fragestellungen machten diese Vorschläge nicht konsensfähig.[15]
Als ein besonderes Hindernis stellte sich die Frage der Regelung der Arbeitnehmerbeteiligung bei der zukünftigen Europäischen Aktiengesellschaft heraus. Insbesondere auch in Deutschland hegte man Ängste, das die obligatorischen Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat fehlen könnten. Konkret wurde befürchtet, dass deutsche Unternehmen die Flucht in die europäische Rechtsform antreten würden, um so die Mitbestimmung zu umgehen. Anderseits lehnten andere Mitgliedstaaten die Vertretung von Arbeitnehmern in den Gesellschaftsorganen schlichtweg ab[16] oder waren nicht bereit das hohe Mitbestimmungsniveau Deutschlands als Standard für die SE zu akzeptieren.
Die Bemühungen um die SE kamen vorerst zum Erliegen.
[...]
[1] Anmerkung: Sh. Art. 2-4 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) vom 25.03.1957 (BGBl. II S. 766) i.d.F. des Änderungsvertrages von Nizza vom 26.02.2001 (ABl. EG Nr. C 80/1 vom 10.03.2001) sowie Art. 2 Vertrag über die Europäische Union (EUV) vom 07.02.1992 (BGBl. II S. 1254) i.d.F. des Änderungsvertrages von Nizza vom 26.02.2001 (ABl. EG Nr. C 80/1 vom 10.03.2001). Vgl. Buchheim, Regine: Europäische Aktiengesellschaft und grenzüberschreitende Konzernverschmelzung, Wiesbaden: Gabler Verlag, 2001, S. 116
[2] Vgl. Korts, Sebastian: Die Europäische Aktiengesellschaft, Heidelberg: Verlag Recht und Wirtschaft, 2003, S. 4
[3] Vgl. o.V.: Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft, Pressemitteilung des BMJ Nr. 12/03 vom 28.03.2003. Online im Internet: URL:http://www.bmj.bund.de/ger/them.../inhalt.html?sid=1d63ee6508acc3d78aa1659d25a98b6f&offset= (Stand: 14.10.2003)
[4] Sh. Diskussionsentwurf Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) vom 28.02.2003. Online im Internet URL:http://www.bmj.bund.de/images/11571.pdf (Stand: 28.02.2003)
[5] Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 08.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG Nr. L 249 vom 10.11.2001, S.1 ff.
[6] Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 08.10.2001 zur Ergänzung des Status der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABl. EG Nr. L 249 vom 10.11.2001, S.1 ff.
[7] Vgl. Theisen, Manuel René/Wens, Martin, Hintergründe, historische Entwicklung und Grundkonzeption, in: Theisen, Manuel René/Wens, Martin (Hrsg.): Die Europäische Aktiengesellschaft, Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag, 2002, S. 28
[8] Anmerkung., Derzeit bestehen ca. 1000 EWIV. In D keine Beschränkung der Haftung. Vgl. Schäfer, Peter: Studienbuch Europa: Das Wirtschaftsrecht der EG, 2., überarb. Auflage, Stuttgart, Boorberg Verlag, 2003, S. 296.
[9] Vgl. Buchheim, Regine: Europäische Aktiengesellschaft und grenzüberschreitende Konzernverschmelzung, a.a.O., S. 1
[10] Anmerkung: Während des 34. Deutschen Juristentages 1926 in Köln wurde bereits eine solche Anregung von Karl Geilers gegeben. Vgl. Korts, Sebastian: Die Europäische Aktiengesellschaft, a.a.O., S. 2; sowie auch Theisen, Manuel René/Wens, Martin, Hintergründe, historische Entwicklung und Grundkonzeption, in: Theisen, Manuel René/Wens, Martin (Hrsg.): Die Europäische Aktiengesellschaft, ebenda, S. 28
[11] Anmerkung: Diese Forderung wurde noch mit dem Entwurf der Europäischen Kommission von 1975 verfolgt. Vgl. Sanders, Pieter: „Auf dem Weg zu einer europäischen Aktiengesellschaft“, in: Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters, 6 Jg. (1960), S. 1-5
[12] Vgl. Kommission der EG (SE-Vorschlag 70), ABl. EG Nr. C 124 vom 10.10.1970, S. 1 ff.
[13] Vgl. Kommission der EG (SE-Vorschlag 75), in: Bulletin der EG, Beilage 4/1975, S. 1 ff.
[14] Vgl. Kommission der EG (SE-VO 89), Dokument COM (89) 268 endg.-SYN 218 vom 25.08.1989, S.1 ff.
[15] Vgl. Präambel, Grund 3 SE-VO
[16] Vgl. Abschlussbericht der Sachverständigengruppe „European Systems of Worker Involvement“ vom 13.05.1997, Luxemburg, Ziff. I. 3-10 u. III. 93.
Online im Internet: URL:http://europa.eu.int/comm/employment_social/soc-dial/labour/davignon/davi_de.htm (Stand. 08.10.2003)
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