Gott sieht alles – also hat er auch diesen Film gesehen. „Die Passion Christi: Ergreifendes Monumentaldrama von Mel Gibson mit Jim Cavaziel und Monica Bellucci. Die letzten qualvollen Stunden im Leben Jesu Christi: Verraten von Judas,
von den Pharisäern der Gotteslästerung bezichtigt und von Herodes verspottet, wird er
schließlich von Pilatus auf Drängen des Volkes zum Tode verurteilt. Schmerz erfüllt stellt sich
der gekreuzigte Jesus seiner letzten Versuchung... 127 Min.“1 So klingt es, wenn man die derzeitigen Kinozeitschriften durchblättert.
Und kein Kinobesucher wird sich durch eine solche Anzeige ins Kino locken lassen – doch
den Kinobesitzern ist dieser Mangel an Feingefühl egal. Zumindest strömen in den USA und
andern Ortes scharenweise Menschen in die Kinopaläste – hier im deutschsprachigen Raum
liegen die bezahlten Plätze etwas hinter den Erwartungen. Dafür haben Priester, Bischöfe und
Kardinäle endlich wieder ein Thema – die Passion im Allgemeinen und im Speziellen. Die
dazugehörige Auferstehung kommt allerdings im Film, wie auch bei der obigen Anzeige,
etwas kurz. Der Schwerpunkt des Interesses liegt eindeutig bei den dargestellten
Gewaltdarstellungen. An zweiter Stelle, knapp dahinter, folgt die Frage nach antisemitischen
Tendenzen, die der Film übertragen soll und an dritter Stelle, der Anspruch des Films und die
Authentizität des Filminhaltes. „Zensoren neigen dazu, dass zu tun, was sonst nur psychisch gestörte Menschen tun, sie
verwechseln die Illusion mit der Wirklichkeit.“2 Was hat es nun mit diesem Film auf sich? Seltsam ist er schon – er wird nur im Original mit
Untertiteln in Sprachen, die niemand mehr spricht, gezeigt. Jeder redet über den Film, aber
keiner hat ihn gesehen. Die Story wird jedes Jahr erzählt und gefeiert und trotzdem
eschschofieren sich alle. In jeder guten christlichen Kirche hängt sogar ein ähnliches
Kunstwerk, meistens verdammt gut sichtbar. Seltsam ist das schon – finden Sie nicht auch? Haben sie sich vielleicht die Mühe gemacht, in
den Film zu gehen? Und wie ist ihre Meinung? [...]
1 Komplette Kurzzusammenfassung des Citydome/Cinemaxx Programms. Wenn man diese Ankündigung allerdings nach dem Kino liest, fragt man sich unwillkürlich, wo den die „letzte Versuchung“ geblieben ist. Jesus muss sich nur am Anfang der teuflischen Versuchung stellen, die den ganzen Film auf ihre Chance lauert, doch am Ende obsiegt die Liebe und das Vertrauen zum Vater – Oder?
2 Zitat von David Cronenberg, intro 113, S.079.
Inhaltsverzeichnis
- Gott sieht alles
- Zensoren
- Denn sie wissen nicht was sie tun
- Radikale sind Hetzer
- „Dieser Film lässt Hass zurück, Hass auf Gott“
- Ist der Film authentisch?
- Quellen
- Was oder wer war Jesus?
- Tiere im Film
- „Die schönste List des Teufels...“
- Rückblenden
- „Die Kamera spricht reinstes amerikanisch“
- Gott im Film?
- Monotheistische Religionen
- Amphyktionie
- „Wer ein Jesusbild zeichnet, bestimmt damit das Wesen des Christentums“
- Gewissenskonflikt?
- Fragen, die der Film nicht beantwortet
- „Übelkeit erregender Todestrip“
- Splatterfilme und Splatter-Elemente
- Ein kurzes Wort über die seltsamen Dreharbeiten
- Der gekreuzigte Jesus aus buddhistischer Sicht
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Essay analysiert Mel Gibsons Film „The Passion“ und untersucht die Intentionen des Regisseurs, die Darstellung von Gewalt und die religiösen und philosophischen Aspekte des Films.
- Die Darstellung der Gewalt und ihre Auswirkungen auf den Zuschauer
- Die Authentizität des Filmes und seine Verbindung zu historischen Quellen
- Die Interpretation des Films aus verschiedenen religiösen Perspektiven
- Der Einfluss von Splatterelementen auf die Inszenierung der Passion Christi
- Die Bedeutung der verschiedenen Sprachen und Dialekte im Film
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel beleuchtet die allgemeine Reaktion auf den Film und die kontroverse Diskussion über Gewalt und Antisemitismus.
- Das zweite Kapitel analysiert die Zensur und die Interpretation von Gewalt im Film, wobei die Frage aufgeworfen wird, ob die Darstellung von Brutalität notwendig oder gar voyeuristisch ist.
- Im dritten Kapitel wird die mediale Reaktion auf „The Passion“ analysiert und die Frage nach der persönlichen Verantwortung im Umgang mit Religion und Glauben aufgeworfen.
- Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem Einsatz von radikalen Elementen im Film, wie z.B. der Verwendung von verschiedenen Sprachen und der Darstellung des Leidensweges.
- Das fünfte Kapitel analysiert die Darstellung des Todes Jesu und die Frage nach der Authentizität und Symbolkraft des Films.
- Das sechste Kapitel betrachtet die Interpretation des Films aus verschiedenen religiösen Perspektiven, wie z.B. aus christlicher und buddhistischer Sicht.
Schlüsselwörter
„The Passion“, Mel Gibson, Gewalt, Religion, Antisemitismus, Authentizität, Splatter, Sprache, Filmsprache, Interpretation, Kreuzigung, Leiden, Tod, Jesus, Christus, Gott, Monotheismus, Buddhismus.
- Citation du texte
- Magister Alexander Diroll (Auteur), 2004, Gott sieht alles - also hat er auch diesen Film gesehen. Essay zum Mel Gibson Film 'The Passion', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29016