Niklas Luhmanns Ziel bestand in der Erstellung einer facheinheitlichen, universalen Theorie für die Soziologie; universal in dem Sinne, dass er alles Soziale erfassen wollte und nicht nur einige Teilbereiche. Bei seinem Werk „Soziale Systeme – Grundriss einer allgemeinen Theorie“ handelt es sich um eine Theorie autopoietischer, selbstreferentieller Systeme. Die ersten Anstöße zur Entwicklung selbstreferentieller Systeme entstammen allerdings nicht der Soziologie, sondern fachfremden Theorierichtungen wie der Thermodynamik, der Biologie oder der Kybernetik. Der Begriff ´Autopoiesis´ tauchte erstmals in den 1960er Jahren bei den chilenischen Neurophysiologen Humberto Maturana und Francesco Varela auf. Sie leiteten ihn aus den griechischen Wörtern „autos“ (selbst) und “poiesis“ (Schöpfung) ab und wandten ihn auf lebende Systeme an, die die Fähigkeit besitzen, die Elemente, aus denen sie bestehen, ohne externe Eingriffe selbst zu (re-)produzieren.
Aus der Soziologie konnte im Hinblick darauf nicht nur kein nennenswerter Beitrag gewonnen werden, sondern sie hat sich auf diesem Gebiet auch als lernunfähig erwiesen. Trotzdem versucht Luhmann eine Theorie sozialer Systeme zu entwerfen, die dem derzeitigen Entwicklungsstand der allgemeinen Systemtheorie entspricht.
Für die Bearbeitung des Themengebietes wurde folgendes Vorgehen gewählt. Im ersten Abschnitt werden die grundlegenden Kerngedanken der Theorie sozialer Systeme erläutert. Davon ausgehend, werden die Elemente dieser Systeme, die Kommunikationen, näher beleuchtet. Luhmann leitet den Handlungsbegriff, auf dem der eigentliche Schwerpunkt dieser Arbeit liegt, vom Begriff der Kommunikation ab. Im folgenden Abschnitt werden verschiedene Gesichtspunkte des Handelns beleuchtet. Anschließend soll die Theorie von Niklas Luhmann einem Vergleich mit der Theorie von Alfred Schütz unterzogen werden. Dabei liegt die Aufmerksamkeit besonders auf der Rolle des Subjektes, der Bedeutung von Sinn und dem Handlungsbegriff. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen abschließend noch einmal zusammenfassend dargestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Kerngedanken der Theorie sozialer Systeme
- 2.1 Autopoietische, selbstreferentielle Systeme
- 2.2 Das Verhältnis zwischen System und Umwelt
- 2.3 Das Ausdifferenzieren sozialer Systeme
- 2.4 Die Bedeutung von Sinn
- 2.5 Das Entstehen einer sozialen Ordnung
- 2.6 Die Strukturen sozialer Systeme
- 3 Die Elemente sozialer Systeme: Kommunikation und Handeln
- 3.1 Kommunikation
- 3.1.1 Das Problem der doppelten Kontingenz
- 3.1.2 Der Kommunikationsbegriff
- 3.1.3 Der Kommunikationsprozess
- 3.2 Handeln
- 3.2.1 Das Verhältnis zwischen Kommunikation und Handeln
- 3.2.2 Die Selbstbeschreibung eines sozialen Systems
- 3.2.3 Die Konstitution von Handlungen
- 3.2.4 Der Zusammenhang zwischen Handlungen, Erfahrungen und Erwartungen
- 3.2.5 Der Entscheidungsaspekt von Handlungen
- 3.2.6 Der Zusammenhang zwischen Handlung, Entscheidung und Kommunikation
- 3.2.7 Die Form des Handelns
- 3.2.8 Das Verhältnis von Handeln und Struktur
- 3.1 Kommunikation
- 4 Niklas Luhmann im Vergleich mit Alfred Schütz: Subjekt, Sinn und Handeln
- 4.1 Das Subjekt bei Niklas Luhmann
- 4.2 Das Subjekt bei Alfred Schütz
- 4.3 Sinn bei Alfred Schütz
- 4.4 Der Handlungsbegriff von Alfred Schütz
- 4.5 Zusammenfassender Vergleich beider Theorien
- 5 Abschließende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit zielt darauf ab, Luhmanns Theorie sozialer Systeme zu erläutern und im Vergleich zu Alfred Schütz zu betrachten. Luhmanns ambitioniertes Projekt einer universalen soziologischen Theorie, basierend auf dem Konzept autopoietischer, selbstreferentieller Systeme, steht im Mittelpunkt.
- Autopoiesis und Selbstreferenzialität sozialer Systeme
- Das Verhältnis von System und Umwelt
- Die Rolle von Kommunikation und Handeln in sozialen Systemen
- Der Vergleich von Luhmanns und Schütz' Theorien zum Subjekt, Sinn und Handeln
- Die funktionale Differenzierung sozialer Systeme
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Zielsetzung der Arbeit: die Erläuterung von Luhmanns Theorie sozialer Systeme und deren Vergleich mit Schütz' Theorie. Sie skizziert den Aufbau der Arbeit und hebt die Bedeutung des Handlungsbegriffs bei Luhmann hervor. Die Einordnung von Luhmanns Theorie in den Kontext der allgemeinen Systemtheorie und der Hinweis auf die fachfremden Einflüsse (Thermodynamik, Biologie, Kybernetik) unterstreichen die interdisziplinäre Natur des Ansatzes. Der Fokus liegt auf der Entwicklung einer universalen soziologischen Theorie.
2 Kerngedanken der Theorie sozialer Systeme: Dieses Kapitel erläutert die zentralen Konzepte von Luhmanns Theorie. Es beschreibt autopoietische, selbstreferentielle Systeme als Systeme, die sich durch ihre eigenen Operationen reproduzieren und sich ausschließlich auf interne Elemente beziehen. Das Verhältnis von System und Umwelt wird als eine fundamentale Unterscheidung dargestellt, wobei die Umwelt als Quelle von Informationen für das System dient, aber nicht direkt in dessen Operationen eingreift. Die funktionale Differenzierung sozialer Systeme in Teilsysteme mit jeweils eigenen Operationsweisen wird als ein zentrales Merkmal erläutert, das die Komplexitätsbewältigung des Gesamtsystems ermöglicht. Die Bedeutung von Sinn und das Entstehen sozialer Ordnung aus Kommunikation werden nur angedeutet, jedoch als wichtige Aspekte der Theorie erwähnt.
3 Die Elemente sozialer Systeme: Kommunikation und Handeln: Dieses Kapitel analysiert die zentralen Elemente von Luhmanns Theorie: Kommunikation und Handeln. Kommunikation wird als ein dreistelliges Ereignis (Information, Mitteilung, Verstehen) beschrieben, das die Grundlage sozialer Systeme bildet. Der Handlungsbegriff wird von Luhmann aus dem Kommunikationsbegriff abgeleitet, wobei Handeln als eine Folge von Kommunikationen verstanden wird. Die Selbstbeschreibung des sozialen Systems, die Konstitution von Handlungen und deren Zusammenhang mit Erwartungen und Entscheidungen, sowie die Form des Handelns und das Verhältnis von Handeln und Struktur werden detailliert untersucht. Das Kapitel hebt hervor, dass Handeln nicht unabhängig von Kommunikation existiert.
4 Niklas Luhmann im Vergleich mit Alfred Schütz: Subjekt, Sinn und Handeln: Dieses Kapitel vergleicht Luhmanns Theorie mit der von Alfred Schütz, wobei der Fokus auf den Konzepten des Subjekts, des Sinns und des Handelns liegt. Die Unterschiede in der Auffassung des Subjekts, der Bedeutung von Sinn und der Definition von Handeln werden herausgearbeitet. Es erfolgt eine systematische Gegenüberstellung der beiden Theorien, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu identifizieren. Die Schlussfolgerungen dieses Vergleichs werden kurz angerissen aber nicht explizit genannt.
Schlüsselwörter
Autopoiesis, Selbstreferenzialität, soziale Systeme, Kommunikation, Handeln, System/Umwelt, funktionale Differenzierung, Niklas Luhmann, Alfred Schütz, Sinn, Subjekt.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zu: Luhmanns Theorie Sozialer Systeme im Vergleich zu Alfred Schütz
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit erläutert Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme und vergleicht sie mit der Theorie von Alfred Schütz. Der Fokus liegt auf den Konzepten von Autopoiesis, Selbstreferenzialität, Kommunikation, Handeln, Sinn und dem Verhältnis von System und Umwelt. Ein zentraler Aspekt ist der Vergleich der Auffassungen von Subjekt, Sinn und Handeln bei Luhmann und Schütz.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Autopoiesis und Selbstreferenzialität sozialer Systeme, das Verhältnis von System und Umwelt, die Rolle von Kommunikation und Handeln in sozialen Systemen, funktionale Differenzierung sozialer Systeme, den Vergleich der Theorien von Luhmann und Schütz zum Subjekt, Sinn und Handeln sowie die Bedeutung von Sinn im Kontext sozialer Systeme.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Kerngedanken der Theorie sozialer Systeme, Die Elemente sozialer Systeme: Kommunikation und Handeln, Niklas Luhmann im Vergleich mit Alfred Schütz: Subjekt, Sinn und Handeln und Abschließende Betrachtung. Jedes Kapitel behandelt spezifische Aspekte von Luhmanns Theorie und dem Vergleich mit Schütz.
Was sind die Kerngedanken von Luhmanns Theorie sozialer Systeme?
Luhmanns Theorie basiert auf dem Konzept autopoietischer, selbstreferentieller Systeme. Soziale Systeme reproduzieren sich durch ihre eigenen Operationen (Kommunikation) und beziehen sich primär auf interne Elemente. Das Verhältnis von System und Umwelt ist fundamental, wobei die Umwelt als Informationsquelle dient, aber nicht direkt in die Systemoperationen eingreift. Die funktionale Differenzierung in Teilsysteme mit eigenen Operationsweisen ermöglicht die Bewältigung von Komplexität.
Wie definiert Luhmann Kommunikation und Handeln?
Luhmann beschreibt Kommunikation als ein dreistelliges Ereignis (Information, Mitteilung, Verstehen). Handeln wird als Folge von Kommunikationen verstanden. Die Arbeit analysiert die Selbstbeschreibung des sozialen Systems, die Konstitution von Handlungen und deren Zusammenhang mit Erwartungen, Entscheidungen und Strukturen.
Wie unterscheidet sich Luhmanns Theorie von der Schütz'schen Theorie?
Der Vergleich konzentriert sich auf die Konzepte des Subjekts, des Sinns und des Handelns. Die Arbeit hebt die Unterschiede in der Auffassung des Subjekts, der Bedeutung von Sinn und der Definition von Handeln bei Luhmann und Schütz hervor und identifiziert Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Theorien. Die genauen Unterschiede werden detailliert im Kapitel 4 dargestellt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Autopoiesis, Selbstreferenzialität, soziale Systeme, Kommunikation, Handeln, System/Umwelt, funktionale Differenzierung, Niklas Luhmann, Alfred Schütz, Sinn, Subjekt.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Studierende und Wissenschaftler, die sich mit Soziologie, Systemtheorie, und den Theorien von Niklas Luhmann und Alfred Schütz befassen. Sie bietet eine umfassende Einführung in Luhmanns Theorie und deren Vergleich mit einem wichtigen Gegenpol.
- Citation du texte
- Annette Gebert geb. Speck (Auteur), 2002, Handeln bei Niklas Luhmann, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29017