Die Popularmusik ist ein allgegenwärtiges kulturelles Phänomen. Als die wohl am weitesten verbreitete moderne Kunstform prägt sie das kulturelle Bewusstsein heutiger Gesellschaften entscheidend mit. Insbesondere in den Städten trägt Popularmusik darüber hinaus zur Bildung und Abgrenzung der einzelnen, immer ausdifferenzierter werdenden Lebensstilsegmente bei, von deren Vielfalt modernes Stadtleben geprägt ist.
Aber auch auf dem Feld der kulturwirtschaftlichen Vermarktung ist Popularmusik das bedeutendste Medium, von dem ein großer Teil der städtischen Dienstleistungsbranchen abhängig sind. Hierzu gehören die Musikindustrie, die Werbe- und Filmbranche, die IT- und Medienbranche und viele weitere Sektoren.
In der Kulturpolitik hingegen ist die populäre Musik mit ihrer erst ca. 25 jährigen Fördergeschichte ein relativ junger und oft vernachlässigter Sektor, in dem zahlreiche und unterschiedliche Auffassungen über den richtigen Weg einer Förderung existieren.
Die vorliegende Arbeit untersucht die öffentliche Förderung von Popularmusik, ihre Entwicklung und ihre Position innerhalb der Kulturhaushalte. Dabei werden auch die unterschiedlichen Fördermaßnahmen und ihre Entwicklung vorgestellt und betrachtet, inwieweit diese im Verlauf der Fördergeschichte verändert und angepasst worden sind.
Die Förderung von Popularmusik soll in einen Zusammenhang mit kulturpolitischen Aspekten von Stadtentwicklung und Stadtmarketing gebracht werden. Stadtentwicklungs- und Standortpolitik ist heutzutage durchdrungen von Strategien, bei denen Kultur eine wesentliche Rolle spielt. Es soll im Verlauf der Arbeit untersucht werden ob, und wenn ja, inwieweit die öffentliche Popularmusikförderung an standortpolitischen Gesichtspunkten orientiert ist.
Die Untersuchung wird anhand der Beispielstädte Hamburg und Berlin durchgeführt, deren Popularmusikförderung historisch und inhaltlich miteinander verglichen werden soll. Beide Städte verstehen sich als Medien- und Musikmetropolen. Sie verfügen einerseits über äußerst vitale Popularmusikszenen, sind aber gleichzeitig auch bedeutende Standorte der Musikwirtschaft. Dies macht sie neben anderen Faktoren für einen Vergleich ihrer Popularmusikförderung besonders interessant, zumal zwischen beiden Städten in den vergangenen Jahren die Konkurrenz um die Ansiedlung von Unternehmen der Kulturwirtschaft zugenommen hat.
Inhalt
1. Einleitung
2. Kulturpolitik und Strategien der Stadtentwicklungspolitik
2.1 Stadt- und Kulturpolitik
2.1.1 Stadtkultur
2.1.2 Geschichte der Kulturpolitik in der Bundesrepublik Deutschland.
2.1.3 Aufgaben und Ziele heutiger Kulturpolitik..
2.2 Kulturgetragene Strategien heutiger Stadtentwicklungspolitik.
2.2.1 Ökonomie der Symbole
2.2.2 Gentrification
2.2.3 Festivalisierung von Stadtkultur
3. Populäre Musik
3.1 Populäre Musik - Definition und Bedeutung.
3.2 Geschichte der Populären Musik..
3.3 Musikförderung in der Bundesrepublik Deutschland
3.3.1 Die Musikausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden im Vergleich
3.3.2 Die Etatposten innerhalb der Musikausgaben
3.4 Die öffentliche Förderung in der Popularmusik
4. Hamburg und Berlin im Vergleich
4.1 Medienmetropolen und der Standortwettbewerb in Deutschland
4.2 Die lokalen Musikszenen der Städte Hamburg und Berlin
4.3 Die Geschichte der Popularmusik und ihrer Förderung in Hamburg und Berlin
4.3.1 Die Geschichte der Popularmusik und ihrer Förderung in Hamburg
4.3.2 Die Geschichte der Popularmusik und ihrer Förderung in Berlin
4.4 Förderinstrumente und Förderetats in Hamburg und Berlin im Vergleich
4.4.1 Die Förderinstrumente im Popularmusiksektor der Städte Hamburg und Berlin im Vergleich.
4.4.2 Die Förderetats im Popularmusiksektor der Städte Hamburg und Berlin im Vergleich.
5. Zusammenfassung
6. Conclusion
7. Literatur
1. Einleitung
Die Popularmusik ist ein allgegenwärtiges kulturelles Phänomen. Als die wohl am weitesten verbreitete moderne Kunstform prägt sie das kulturelle Bewusstsein heutiger Gesellschaften entscheidend mit. Insbesondere in den Städten trägt Popularmusik darüber hinaus zur Bildung und Abgrenzung der einzelnen, immer ausdifferenzierter werdenden Lebensstilsegmente bei, von deren Vielfalt modernes Stadtleben geprägt ist.
Aber auch auf dem Feld der kulturwirtschaftlichen Vermarktung ist Popularmusik das bedeutendste Medium, von dem ein großer Teil der städtischen Dienstleistungsbranchen abhängig sind. Hierzu gehören die Musikindustrie, die Werbe- und Filmbranche, die IT- und Medienbranche und viele weitere Sektoren.
In der Kulturpolitik hingegen ist die populäre Musik mit ihrer erst ca. 25 jährigen Fördergeschichte ein relativ junger und oft vernachlässigter Sektor, in dem zahlreiche und unterschiedliche Auffassungen über den richtigen Weg einer Förderung existieren.
Die vorliegende Arbeit untersucht die öffentliche Förderung von Popularmusik, ihre Entwicklung und ihre Position innerhalb der Kulturhaushalte. Dabei werden auch die unterschiedlichen Fördermaßnahmen und ihre Entwicklung vorgestellt und betrachtet, inwieweit diese im Verlauf der Fördergeschichte verändert und angepasst worden sind.
Die Förderung von Popularmusik soll in einen Zusammenhang mit kulturpolitischen Aspekten von Stadtentwicklung und Stadtmarketing gebracht werden. Stadtentwicklungs- und Standortpolitik ist heutzutage durchdrungen von Strategien, bei denen Kultur eine wesentliche Rolle spielt. Es soll im Verlauf der Arbeit untersucht werden ob, und wenn ja, inwieweit die öffentliche Popularmusikförderung an standortpolitischen Gesichtspunkten orientiert ist. Dabei stellt sich die Frage, ob die Popularmusikförderung Auswirkungen auf die Standortpolitik, die Stadtentwicklungspolitik oder das Stadtmarketing haben kann, oder ob sie weitgehend ohne Berührungspunkte mit solchen ökonomischen Aspekten von Stadtkultur ist.
Die Untersuchung wird anhand der Beispielstädte Hamburg und Berlin durchgeführt, deren Popularmusikförderung historisch und inhaltlich miteinander verglichen werden soll. Beide Städte verstehen sich als Medien- und Musikmetropolen. Sie verfügen einerseits über äußerst vitale Popularmusikszenen, sind aber gleichzeitig auch bedeutende Standorte der Musikwirtschaft. Dies macht sie neben anderen Faktoren für einen Vergleich ihrer Popularmusikförderung besonders interessant, zumal zwischen beiden Städten in den vergangenen Jahren die Konkurrenz um die Ansiedlung von Unternehmen der Kulturwirtschaft zugenommen hat.
Das Themenfeld Kulturpolitik und Stadtentwicklung ist Gegenstand des ersten Teils der vorliegenden Arbeit. Hier soll der Zusammenhang zwischen städtischer Kultur, Stadtentwicklung und Kulturpolitik verdeutlicht und gezeigt werden, dass Kulturpolitik und die städtische Ökonomie im Verlauf der Zeit in einen immer bedeutender gewordenen Handlungszusammenhang geraten sind.
Der zweite Teil widmet sich der Darstellung und Erläuterung des Phänomens Popularmusik und der Musikförderung durch die öffentliche Hand.
Schließlich wird im dritten Teil die Geschichte der Popularmusik und ihrer Förderung in den beiden Beispielstädten Hamburg und Berlin analysiert und miteinander verglichen. Hierbei wird aus Gründen des Umfangs und der Vergleichbarkeit ganz auf die Fördergeschichte von Popularmusik in Ostberlin vor der Wende verzichtet und bis zur deutschen Wiedervereinigung lediglich die Westberliner Entwicklung geschildert.
Schwierigkeiten bei der Analyse entstanden aus der mangelhaften Literaturlage zum Thema und aus der Beschaffung von Datenmaterial zur Popularmusikförderung, da diese in den Kulturhaushalten oft nicht in separaten Etatposten aufgeführt ist. Aus demselben Grund lassen sich auch aus größeren vergleichenden Erhebungen zur Kulturförderung wie dem Kulturfinanzbericht kaum Aussagen zu Fördertöpfen der Popularmusik gewinnen, so dass unmittelbar vergleichbare Daten für diese Arbeit nur in geringem Umfang vorlagen. Um dieses Defizit zu kompensieren habe ich auf das Mittel der Experteninterviews zurückgegriffen. Leider hat sich aber aus der Hamburger Kulturbehörde die dort für Popularmusik zuständige Mitarbeiterin nicht zu einem Interviewtermin zur Verfügung gestellt.
2. Kulturpolitik und Strategien der Stadtentwicklungspolitik
2.1 Stadt- und Kulturpolitik
2.1.1 Stadtkultur
„Stadt ist Kultur, die Geschichte der Stadt ist die Geschichte der Kultur“ (Fuchs 2000: 169).
Die Stadt gilt als der wesentlichste Ort, an dem Kultur erzeugt, ausgetauscht und wahrgenommen wird. Die Begriffe Kultur und Urbanität (zur Begriffsklärung von Urbanität, vgl. Häussermann, 1994) sind untrennbar miteinander verwoben, ist es doch die Vielfalt kultureller Erscheinungsformen, die eine Stadt von der Provinz, eine Metropole von einer bloßen Großstadt unterscheidet. In den Städten konzentrieren sich kulturelle Ressourcen, neue Ausdrucksformen verbreiten sich als Spiegel der subkulturellen Vielfalt einer Stadt, wobei kulturelle Vielfalt auch als Ausdruck einer Ökonomie der Symbole[1], als Teil eines Wettbewerbes zwischen verschiedenen Subkulturen um die Kontrolle über den städtischen Raum und seine Prägung durch die eigene kulturelle Symbolik verstanden werden kann (vgl. Kapitel 2.2.2; Zukin 1998: 27).
Die Kontrolle über die Ökonomie der Symbole und eine möglichst weitreichende Imagewirkung kultureller Aktivitäten in einer Stadt sichert dieser in Zeiten einer sich verschärfenden Konkurrenz um Prestige zwischen den Städten und Regionen im nationalen wie im internationalen Rahmen Wettbewerbsvorteile im Kampf um Einnahmen bringende Investitionen und Touristenströme. In einer zunehmend globalisierten Weltwirtschaft und im Zuge einer offenbar allgemein vorherrschenden kommunalen Finanznot scheint für die Städte der Eintritt in die globale Konkurrenz um die Ansiedlung von Unternehmenszentralen und um Arbeitsplätze schaffende Investitionen der einzig gangbare Weg zu sein.
Kultur gilt in diesem Zusammenhang als sogenannter „weicher Standortfaktor“, der bei der Entscheidung über Firmenstandorte besonders im zukunftsträchtigen tertiären Sektor eine bedeutende Rolle spielt. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Kulturwirtschaft (Verlage, Musik- und Filmwirtschaft, Internet- und Multimediafirmen, Werbebranche, Radio- und Fernsehsender) neben ihrer Funktion als Einnahmen versprechende Wachstumsbranche auch als Produktionsstätte von Images und Trends zunehmende Bedeutung für die Wahrnehmbarkeit einer Kommune im globalisierten Wettbewerb erlangt hat.
Für eine Stadt, in der eine vernetzte Szene aus Kultureinrichtungen und Kulturökonomie existiert, ergibt sich folglich eine Reihe von Vorteilen. Neben direkten wirtschaftlichen Aspekten wie der Schaffung zahlreicher hochqualifizierter Arbeitsplätze und den Einnahmen aus der Gewerbesteuer sowie aus dem Tourismus (Umwegrentabilität[2]) verfügt die betreffende Stadt auch über Ressourcen der Gestaltung und Weitervermittlung von kulturellen Trends (Musikstile, Mode, Lifestyle) und urbanen Images, die in einem facettenreichen kulturellen Stadtleben entstehen und entwickelt werden und gleichsam im zweiten „Verarbeitungsschritt“ mit Hilfe der Distributionsmacht der lokalen Kulturwirtschaft weit über die Stadtgrenzen hinaus verbreitet werden können, so dass national oder sogar international ein positives Bild der Stadt vermittelt werden kann. Hieraus entwickelt sich für die betreffende Stadt ein gewaltiger Imagegewinn, der ihr Vorteile im globalen Wettbewerb um Investitionen, Unternehmensansiedlungen und touristische Attraktionen verschafft.
Eine durchdachte Kulturpolitik und Kulturförderung kann sich also für die Kommunen vielfach auszahlen. Unter Umständen ist die Subventionierung von Kulturveranstaltungen/-einrichtungen nur vordergründig betrachtet ein Verlustgeschäft, da neben der direkten Schaffung von Arbeitsplätzen allein durch die Tatsache, dass das Vorhandensein von Kultureinrichtungen auch die Ansiedlung von Unternehmen der Kulturökonomie nach sich zieht, wirtschaftlich belebende Impulse für die gesamte Kommune ausgelöst werden können. Darüber hinaus kann die Umwegrentabilität sogar dazu führen, dass vordergründig betrachtet kostenverursachende Veranstaltungen zusätzliches Geld in die städtische Wirtschaft fließen lassen, wie eine Studie der Universität Bremen belegt, nach der „für eine Reihe von Kulturinstitutionen in Höhe von 32,5 Millionen DM induzierte Zahlungsströme Rückflüsse an die Bremische Wirtschaft in Höhe von 37,2 Millionen DM gegenüberstanden“ (Kriese 1993).
Die städtische Kulturpolitik steht aber vor der schwierigen Herausforderung, über die Verteilung von Haushaltsmitteln eine Balance zwischen öffentlichkeitswirksamer Event- und etablierter (Hoch)Kultur auf der einen Seite und der im Sinne von Prestige- und Imagebildung weniger zu versprechen scheinenden „kleinen“ Kultur (Sozio-, Avantgarde-, Offkultur, bildungsorientierte Kulturangebote wie beispielsweise Bibliotheken) herzustellen. Während große Festivals, Museen oder prestigeträchtige Konzerthäuser und Theater in ihrer Öffentlichkeitswirksamkeit einen größeren Mehrwert für das Image einer Stadt versprechen mögen, weil sie eine weitreichendere Außenwirkung entfalten, sind es auf der anderen Seite die kleinen Einrichtungen, die oftmals für die Lebensqualität innerhalb der Stadt von großer Bedeutung sind und die abgesehen davon die künstlerischen „Biotope“ bilden, in denen der Nachwuchs heranreift und die Ideen von morgen entwickelt werden können, so dass diese Einrichtungen eine oft unterschätzte, weil nicht direkt messbare, aber dennoch außerordentlich große Bedeutung für die Vielfalt (sub)kultureller Identitätsfindung haben, die für die Gesamtheit des städtischen (Kultur)Lebens wesentlich ist.
„Die gegenwärtige kulturelle Aufrüstung der Kernstädte ist Ausdruck des Wettbewerbs der Metropolen [...] Kultur hat Technologie als Leitmotiv abgelöst. Aber Kultur als Wirtschaftsförderung allein reicht nicht aus. Stadt kann nicht nur als Kulisse für den Lebensstil einer umworbenen Konsumentengruppe inszeniert werden, sondern muss die soziokulturellen Netzwerke in den Stadtteilen stabilisieren...“ (Schulz zur Wiesch 1988: 52)
Im Zuge immer knapper werdender Haushaltsmittel sind es jedoch meist die kleinen Einrichtungen, die von Kürzungen im Kulturetat am ehesten betroffen sind, da eine Kürzung ihrer Mittel am wenigsten öffentliche Gegenwehr erwarten lässt. Es stellt sich die Frage, ob die Vielfalt und Lebendigkeit städtischen Kulturlebens nicht in der Folge von unten her „ausgetrocknet“ wird und in Bedrohung gerät, wenn die Mittel zunehmend zugunsten langetablierter und/oder populärer Teile des Kulturangebotes verwendet werden. Nachhaltige Kulturförderung setzt somit auch die Einsicht voraus, dass die „kleine“ Kultur von heute die „große“ von morgen sein kann und dass die Vielfalt der kleinen Einrichtungen für das Gesamtbild der kulturellen Szene einer Stadt entscheidend ist, ein Umstand, der sich folglich auch auf das Image der ganzen Stadt, ihre Attraktivität für Touristen und auf die Investitionsbereitschaft von Unternehmen auswirkt, der aber häufig angesichts knapper Kassen kulturpolitisch wenig Berücksichtigung findet.
Die Gefahr seitens der Verantwortlichen in der Kulturpolitik besteht darin, einer monotonen, auf altbewährten und/oder massenkompatiblen Inhalten basierenden Konsumkultur ohne spezifische innovative Elemente den Vorzug zu geben. Damit wird die kulturelle Vielfalt und Lebensqualität in den Städten und die Zukunftsfähigkeit der lokalen Kulturszene gefährdet, weil der Rechtfertigungsdruck im Kultursektor angesichts knapper kommunaler Haushaltskassen immer größer wird und so Förderentscheidungen immer öfter vor einem ökonomischen Hintergrund getroffen werden und nicht aufgrund kulturimmanenter Aspekte.
„Kulturpolitik als Ensemble legislativer und administrativer Maßnahmen befindet sich [...] in einem unlösbaren Dilemma. Entweder sucht sie sich selbst durch letztlich kulturfremde Zwecke auf Kosten ihrer eigenen Sache zu legitimieren (Kultur als Standortfaktor etc.) oder aber sie folgt den selbstdefinierten Legitimationskriterien des Kulturprozesses um den Preis begrenzter Durchsetzungsfähigkeit im Kampf um die öffentlichen Finanzen und des allmählichen Verlustes kritischer Selbstreflexivität“ (Wicke 1994).
Die untenstehende Grafik verdeutlicht noch einmal die Funktionen von Kultur in der Stadt und die wesentlichen Argumente für die Legitimierung von Kultur. Es fällt auf, dass über die Hälfte der genannten Wirkungsbehauptungen ökonomische Aspekte anführen (vgl. Fuchs 1998: 288ff).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Grafik 1 , Leistungen der Kultur für Bürger, Stadt und Wirtschaft
Quelle: Fuchs, 1998: 287
In den folgenden Kapiteln 2.1.2 und 2.1.3 werde ich anhand der Geschichte der Kulturpolitik in der BRD aufzeigen, dass das Ökonomiemotiv in der Kulturpolitik neueren Datums ist und eng mit dem Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft zusammenhängt und dass diesem Wandel eine Reihe anderer kulturpolitischer Ideologien und Entwicklungsphasen vorausgegangen sind, die ebenfalls bis heute Gültigkeit haben.
2.1.2 Geschichte der Kulturpolitik in der Bundesrepublik Deutschland
Die deutsche Nachkriegsgesellschaft war geprägt durch den Wiederaufbau nach den Zerstörungen des Krieges und die ökonomische Befriedigung materieller Bedürfnisse. Die Realeinkommen aller Bevölkerungsgruppen stiegen und es bildete sich eine Mittelstandsgesellschaft, in der ein kleinbürgerlicher und uniformer Lebensstil als Leitbild der Mehrheit fungierte.
Die übergeordnete Rolle des Konsums spiegelte sich auch in der Freizeitgestaltung wieder. Das Warenangebot und das Zerstreuungsangebot der Freizeit- und Dienstleistungsindustrie entsprachen den Bedürfnissen einer fordistischen Nachkriegsgesellschaft, die sich vorwiegend über Massenproduktion und Konsum, Trennung von Arbeit und Freizeit und die materielle Verbesserung des Lebensniveaus definierte.
In dieser Zeit stand kulturpolitisch die Wiedererrichtung und Restauration von Einrichtungen der repräsentativen Kultur im Vordergrund. Durch den Krieg Zerstörtes musste wieder aufgebaut werden, repräsentative Musentempel entstanden in den Großstädten. Im Zentrum stand „die personelle und institutionelle Sicherung zentraler Kulturstätten wie Theater, Konzertsäle und Opernbühnen, Museen und Denkmäler [...] mit dem pädagogischen Ziel der Entwicklung und Verbreitung einer an diesen Kulturformen ausgerichteten kulturellen Kompetenz“ (Wicke 1994). Auch in den „Stuttgarter Richtlinien“ des Deutschen Städtetages von 1952 wird diese Tendenz deutlich (vgl. Deutscher Städtetag 1971: 104ff). Staatliche Verantwortung für die Kultur, die Freiheit der Einrichtungen von Zwängen des Marktes[3] und der Politik, die Autonomie der Kultur sowie eine traditionelle programmatische Ausrichtung zeichnete die Kulturpolitik der frühen Bundesrepublik aus (vgl. Pohlmann 1994: 38).
In den 60er Jahren veränderten sich die Ansprüche an die kommunale Kulturpolitik und das Kulturleben im Allgemeinen. Die 68er Bewegung brachte ein Kulturverständnis hervor, demzufolge die als affirmativ und museal empfundene Hochkultur nicht länger den Bedürfnissen der Menschen nach kultureller und gesellschaftlicher Teilhabe und Demokratisierung „von unten“ entsprach. Das weihevolle und museale Element der bestehenden Hochkultur sollte durch einen Kulturbegriff bereichert oder ersetzt werden, der Kultur nicht länger als erstarrtes Ritual, sondern als Möglichkeit der kreativen Auseinandersetzung und Beteiligung für jeden Bürger begriff.
Dieser Trend wurde 1970 in den „Leitsätzen zur Praxis städtischer Kulturpolitik“ auch vom Deutschen Städtetag aufgegriffen, neben der traditionellen Kulturpflege tauchte nun die Forderung nach einer Kulturpolitik auf, die die Mitgestaltung und die Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten im kulturellen Leben ermöglichen sollte. In den Folgejahren entwickelte sich auch ein Bewusstsein dafür, dass Kulturpolitik eine gestaltende Rolle in der Stadtentwicklung einnehmen sollte und in den Kulturverwaltungen der Städte wurden Verwaltungsreformen begonnen, um Strukturen zu schaffen, die diesen neuen kulturpolitischen Zielvorstellungen entsprachen (vgl. Pohlmann 1994). Ergebnis dieser Bemühungen war die Anerkennung und Förderung von Kulturformen, die unter den Schlagworten „Kultur für alle“ und „Soziokultur“[4] zusammengefasst wurden und den Versuch machten, breitere Bevölkerungsschichten in einen Prozess der Kulturproduktion und der kreativen Selbstbeteiligung einzubinden, der „nicht länger die in Kunstwerken vergegenständlichte Leistungsfähigkeit des kulturellen Systems zum Maßstab kulturpolitischen Handelns machte, sondern den Betreuungsbedarf vor allem strukturell benachteiligter gesellschaftlicher Gruppen [...] in den Mittelpunkt rückte“ (Wicke 1994). Zwar waren die Inhalte dieser „alternativen Kultur“ an sich überwiegend nicht neu, bekamen nun aber durch die Einbindung in die öffentliche Förderung die Chance, sich ohne den Druck kommerzieller Verwertungsinteressen zu entfalten und ihrer gesellschaftspolitisch kompensatorischen Funktion nachzukommen, bei der die kulturelle Auseinandersetzung mit Dimensionen des Alltagslebens und eine milieuspezifische Förderung kultureller Aktivitäten in den realen urbanen Lebensräumen im Vordergrund stand.
Diese Neudefinition kultureller Zielvorstellungen war zu einem großen Teil auch Ausdruck gesamtgesellschaftlicher Umwälzungen. Besonders in den Städten machten in den 60er Jahren die durch die fordistische Nachkriegszeit geprägten Lebensentwürfe den Vorstellungen von einer eher individualisierten Lebensweise Platz, die nach mehr gesellschaftlicher Beteiligung, Demokratisierung und (kultureller) Selbstverwirklichung verlangte und die im Zuge der in dieser Zeit ebenfalls einsetzenden Wandlung hin zur individualisierten Dienstleistungsgesellschaft auch die beschriebene Neubewertung von Maßstäben in der Kulturpolitik nach sich zog. Die Bedeutung und Existenz der Einrichtungen der bürgerlichen Hochkultur, der Theater, Opern, Museen, klassischen Konzertsäle und Orchester wurde dadurch jedoch nicht in Zweifel gezogen, sondern die Förderung der „Kultur für alle“, der Stadtteilzentren, freien Gruppen und Initiativen wurde additiv in die Kulturhaushalte aufgenommen, was bei der damaligen wirtschaftlichen Prosperität und den gut ausgestatteten kommunalen Haushalten kein größeres Problem darstellte. Allerdings macht bis heute der Anteil der Kulturausgaben jenseits der weitgehend festgeschriebenen Budgets für die traditionellen Kultureinrichtungen einen vergleichsweise geringen Anteil am Gesamtetat aus.
2.1.3 Aufgaben und Ziele heutiger Kulturpolitik
Welches aber sind vor den oben angedeuteten historischen Hintergründen die heutigen kulturpolitischen Inhalte, gibt es weitere gesellschaftliche oder politische Veränderungen, die ihren Niederschlag in neueren kulturpolitischen Zielsetzungen finden?
Erstens ist der Stellenwert von Kultur einschließlich dem Medienkonsum heute so hoch wie nie zuvor, was seine Ursachen zum einen in einem immer größer gewordenen zur Disposition stehenden Potential an Freizeit bei den meisten Menschen hat, und zum anderen in den tiefgehenden Werteverschiebungen der individualisierten Dienstleistungsgesellschaft und dem damit einhergehenden Bedeutungsverlust ehemals gesellschaftlich prägender Institutionen wie Kirche und Familie, wodurch der Kultur ein noch nie da gewesener Stellenwert in Bezug auf Sinnstiftung und Wertevermittlung zukommt.
Zweitens hat sich die Bedeutung des Sektors Kulturwirtschaft dahingehend entwickelt, dass er heutzutage am Unsatz gemessen einen der wesentlichsten Wirtschaftszweig in vielen urbanen Ballungsräumen darstellt, wodurch Kulturpolitik aufgrund der engen Vernetzung von Kulturinstitutionen, kulturellem Leben und Kulturwirtschaft großen Einfluss auf die Entwicklung von kulturwirtschaftlichen und den zahlreichen damit vernetzten Dienstleistungssektoren in einer Kommune hat.
Drittens sieht sich Kulturpolitik in einer globalisierten und tertiärisierten Welt Anforderungen ausgesetzt, die sich neben der Pflege und Bestandssicherung kultureller Aktivitäten und Institutionen auf zahlreichen weiteren Aufgabenfeldern eröffnet haben. Hierzu gehören Aspekte der Stadtentwicklung, des Standortmarketings, der Wirtschaftsförderung, des Tourismus sowie der Sozial- und Bildungspolitik.
Dies alles führt dazu, dass aufgrund einer weit über das eigentliche Ressort hinausgewachsenen Wirkungsentfaltung erfolgreiche Kulturpolitik heutzutage auch ressortübergreifend gedacht und gehandhabt werden muss. Inhaltlich schließt das neben neueren kulturpolitischen Motiven, die einen immer stärkeren ökonomischen Schwerpunkt aufweisen und die die volkswirtschaftliche Bedeutung von Kultur sowie den Arbeitsmarkt Kulturarbeit in den Mittelpunkt stellen und in diesem Zusammenhang wirtschaftliche Aspekte wie Kultur als Standortfaktor und Umwegrentabilität betonen, auch die in Kapitel 2.1.2 beschriebenen Motive vergangener Epochen[5] ein (vgl. Schulze, 1992). Es herrscht also heute eine „Pluralität von Kulturkonzepten“ vor, die dazu führt, das „die moderne Gesellschaft [...] kein einheitliches Konzept von Kultur mehr [hat]“ (Fuchs, 1998: 156).
Erklärbar wird dies aus der Tatsache, dass im Verlauf der Geschichte der Kulturpolitik in der BRD immer neue Handlungs- und Aufgabenfelder in den Bereich kulturpolitischer Einflussnahme gerückt sind. Beschränkte sich in der Nachkriegszeit kulturpolitisches Handeln auf die Subventionierung von Einrichtungen und Veranstaltungen der etablierten Hochkultur, so entstanden schon mit der Anerkennung der Förderungswürdigkeit von Alternativ-, Sozio-, und Avantgardekultur in den 60er Jahren verstärkt Schwierigkeiten bei der Frage, welche Aktivitäten gefördert werden sollten und welche nicht.
Diese resultierten zum einen aus der Tatsache, das eine objektive Beurteilung der Förderungswürdigkeit dieser häufig nicht institutionalisierten Aktivitäten und Gruppen von den Kulturverwaltungen kaum geleistet werden konnte, da eine genaue Evaluation der Wirkung kultureller Aktivitäten beispielsweise in bildungs- oder sozialpolitischer Hinsicht schlicht nicht möglich ist. Entscheidungen über die Zuwendungen sind daher häufig von politischen und ideologisch gefärbten Kriterien beeinflusst. Dieser Umstand hatte auch große Auswirkungen auf die in dieser Zeit erstmals in die Diskussion geratene Förderung der Popularmusik (siehe Kap. 3.5).
Zum anderen stellt bis heute der nicht oder nur in geringem Umfang vorhandene Institutionalisierungsgrad vieler der „neuen“ Kulturbereiche ein zentrales Problem dar, da hier im Gegensatz zu den etablierten Kulturtempeln auch bei vorhandener Förderungsbereitschaft die Frage offen bleibt, an welcher Stelle die Mittel am besten eingesetzt sind. Bei der Popularmusik stellt sich z.B. die Frage, ob die Mittel am sinnvollsten über Stipendien für Einzelmusiker, über Übungsraumförderung, die Förderung von Auftrittsmöglichkeiten, die Durchführung von Bandwettbewerben oder die Einrichtung öffentlicher Tonstudios zu vergeben sind. Fragen dieser Art bestimmen bis heute die kulturpolitischen Kontroversen und werden von den Kulturverwaltungen der einzelnen Länder und Gemeinden höchst unterschiedlich beantwortet.
Hinzu kommen Probleme, die sich im Zuge der Subsidiarität in der Kulturförderung aus strukturellen Beschaffenheiten der Kulturverwaltungen ergeben haben und die zu einer Anpassung kultureller Felder an ihnen vorgelagerte Verwaltungsstrukturen geführt haben (vgl. Kapitel 3.5).
Mit dem Einzug des „Ökonomiemotives“ in die Diskussion haben sich die Auseinandersetzungen über eine zeitgemäße Kulturpolitik noch einmal verschärft. Nun sind nicht länger allein kulturimmanente Fragen Inhalt der Suche nach dem richtigen politischen Konzept, sondern es kommen zusätzliche, ebenfalls kaum zu beantwortende Fragestellungen hinzu. Die Auswirkungen des Kulturellen auf politische Felder wie die Stadtentwicklungspolitik (siehe Kap. 2.2), das für die Kommunen immer wichtiger gewordene Standortmarketing (insbesondere im Hinblick auf Tourismus und Unternehmensansiedlungen), den Arbeitsmarkt (Kulturwirtschaft, Tourismus, Umwegrentabilität) aber auch die (regionale) Identitätsstiftung angesichts einer zunehmenden Globalisierung („Glokalisierung“) und Individualisierung (verbunden mit der Abnahme sinnstiftender Bindungskraft von traditionellen Wertekanons und ehemals gesellschaftlich prägender Institutionen wie Kirche, Familie, Parteien und Verbände) sind allgemein anerkannt. Sie finden ihren Niederschlag sowohl in neuen Argumentationsmustern seitens der Kulturschaffenden, warum abseits von Inhalten diese oder jene Einrichtung zu fördern sei, als auch in neueren kultur- und stadtentwicklungspolitischen Schwerpunkten und Strategien, von denen ich die drei wichtigsten im folgenden Kapitel näher erläutern möchte.
2.2 Kulturgetragene Strategien heutiger Stadtentwicklungspolitik
Im folgenden Kapitel werden drei wesentliche Wachstumsstrategien[6] vorgestellt, die von kommunalen (kultur)politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern zur Erhöhung der Einnahmen, zum Stadtmarketing, der Stadtentwicklungs- und Unternehmensansiedlungspolitik verwendet werden und gleichzeitig global übertragbare Strategien sind, die weltweit in prosperierenden Großstädten ihre Anwendung finden. Ihnen ist gemein, dass städtische Kultur bei ihrer Anwendung eine wesentliche Rolle spielt bzw. diese zentralen Wachstumsstrategien ohne sie als Motor nicht vorstellbar wären.
2.2.1 Ökonomie der Symbole
Um einen Ort für finanzkräftige Personengruppen attraktiv zu machen, ist es wichtig, den Gebrauchswert dieses Ortes zu erhöhen und zum wirtschaftlichen Erfolg der städtischen Nachbarschaft und kommerzieller Großprojekte beizutragen. Zu diesem Zweck wird auf die „Ökonomie der Symbole“ zurückgegriffen, die Kirchberg als eine Weiterentwicklung des Dienstleistungssektors hin zu einer Wirtschaftsgesellschaft beschreibt, die Informationen und abstrakte kulturelle Symbole zum Zweck ökonomischer Wertsteigerung von Gütern, Dienstleistungen und Orten einsetzt (vgl. Kirchberg1998: 43). Es handelt sich dabei um die ökonomische Materialisierung des kulturellen Kapitals[7] als bedeutendste Quelle von Wertschöpfung. Daher „gehört die Errichtung kultureller Standorte, seien dies nun Konzertsäle, Kinozentren, Museum oder Restaurants und Boutiquen zur Einflussnahme der Grundstücks- und Hauseigentümer auf die Raumnutzung einer zu gentrifizierenden Umgebung“ (Kirchberg 1998: 43). Kulturelle Attributierung schafft eine Wertsteigerung von Boden und Immobilien und ist gleichzeitig in ihrer Symbolik zielgruppengenau, so dass ausschließlich die erwünschten marktfähigen Konsumentenschichten angesprochen werden können. Durch die symbolische Raumaneignung wird städtischer Raum nach innen wie nach außen hin abgegrenzt, es kommt zur „marktgerechten Separierung der Nutzergruppen städtischer Räume“ (Kirchberg 1998: 50), die vor allem deshalb im Interesse der Immobilienwirtschaft ist, weil sie eine gezielte Ansprache bestimmter Konsumentengruppen wesentlich erleichtert. „Städtische Zeichen haben dabei die Funktion, Raum sozial zu kategorisieren und die städtische Kultur liefert solche Zeichen“ (Kirchberg 1998: 46). Hierbei ist es Tatsache, dass sich langfristig stets die ökonomisch mächtigsten gesellschaftlichen Gruppen in von unterschiedlichen Interessen und Bevölkerungsschichten begehrten Stadtgebieten durchsetzen und die Zeichensetzung und damit auch die Nutzung im Quartier bestimmen.
Insgesamt ist städtische Imagegestaltung und die Schaffung symbolischer Räume aber nicht nur auf die Förderung der Hochkultur reduziert, sondern manifestiert sich ebenso in der Gestaltung von Gebäuden, Straßenräumen, Bahnhöfen, Einkaufszentren im Sinne einer Ästhetisierung der Alltagswelt mit dem Ziel, den Raum konsumfähig zu gestalten, „Erlebnisprodukte“ herzustellen.
Die Instrumentalisierung von Kultur geht soweit, dass sich heutige Kultur in der Stadt im großen Rahmen nur noch als Strategie der Steigerung des Tauschwertes von Objekten der Immobilienwirtschaft[8] entwickeln und etablieren kann. Langfristig können sich daher Aspekte von Stadtkultur nur innerhalb dieser Wachstumskoalition entwickeln, außerhalb dieses Rahmens existierende „Alternative“ oder Avantgarde-Kultur bleibt marginalisiert oder steigt in den Rang etablierter, in die Koalition integrierter Kultur auf. Die Festivalisierung als Beispiel der Instrumentalisierung der Stadtkultur durch die Wachstumskoalition führt neben der Förderung der „steingewordenen“ Hochkultur mehr und mehr zur Unterstützung von Großereignissen wie Festivals, Paraden, Weltausstellungen und Olympiaden (vgl. Kirchberg 1998: 43ff).
„Die Produktion und Distribution städtischer Kultur wird von der gestaltenden Immobilienwirtschaft dabei bewusst verwendet, um segregierende Ungleichheiten zum Zweck der Tauschwert-Steigerung in ausgesuchten Räumen der gestaltenden Spekulation aufrechtzuerhalten oder noch zu verschärfen. Durch kulturelle Angebote vom repräsentativen Museumsbau bis zum weniger ofensichtlichen Design eines defensible space durch kulturelle Symbole im öffentlichen Raum werden räumlich soziale Ungleichheiten bewusst gestalte.“ (Kirchberg 1998: 44).
Die daraus folgende Segregation bewirkt, dass Spannungen, die um so größer sind, je mehr unterschiedliche Gruppen mit verschiedenen Interessen und Visionen bei der Stadtraumgestaltung denselben Raum für sich als Erlebnisraum entdecken und ihn den eigenen Bedürfnissen gemäß prägen wollen, vermieden werden. Tendenziell wird nicht der konfliktreiche, von Kompromissen begleitete und daher anstrengende Weg einer urbanen Gesellschaft gesucht, bei der Mitglieder unterschiedlicher sozialer und gesellschaftlicher Gruppen untereinander in Kontakt stehen und sich mit dem Mittel diskursiver Auseinandersetzung über die Gestaltung des Raumes einigen. Die Spannungen werden im Gegenteil durch Aufteilung des Stadtgebietes umgangen, bei der die einflussreichsten Gruppen über die attraktivsten Gebiete verfügen können, während die weniger durchsetzungskräftigen Bevölkerungsteile aus diesen verdrängt werden und in den dann übrig gebliebenen Teilräumen ihre „Claims“ abstecken. In der Folge verringert sich die Überschneidung der Lebensräume von unterschiedlichen Lebensstilen („Marktsegmenten“) in der gleichen Stadt. Durch die Privatisierung ehemals öffentlicher Räume, durch kulturelle Attributierung wird eine im Sinne der Wachstumskoalition durchaus gewünschte totale soziale Segregation angestrebt.
„Die zentrale Strategie zur aktiven Gestaltung städtischer Räume besteht aus der symbolischen Raumaneignung, gefolgt von der symbolischen Ausgrenzung marktunfähiger Bevölkerungsgruppen und der auch räumlichen Konzentration „marktfähiger“ Bevölkerungsgruppen an geeignetem Ort“ (Kirchberg 1998: 52).
Neben der stadtinternen Wirkungsmacht gibt es aber auch eine nach außen zielende Funktion der Ökonomie der Symbole. In gleichem Maße wie diese in der Lage ist, einzelne Teilräume der Stadt durch kulturelle Attributierung zu beeinflussen, ist sie auch dazu geeignet, im Standortwettbewerb der Städte untereinander die Bedeutung einer Stadt über deren Grenzen hinaus zu transportieren. Hierbei wird die mediale Verbreitung inszenierter Großereignisse, spezifischer Touristenattraktionen oder kultureller Einrichtungen aber auch die aus der subkulturellen Vielfalt generierte Entstehung urbaner Trends (Musikstile, Mode, Trendsportarten) dazu genutzt, der Stadt im Bewusstsein der (globalen) Öffentlichkeit eine Aura der Bedeutung zu verleihen, und sie zu einem positiven „Bild“ zu verdichten.
[...]
[1] Vgl. Kapitel 2.2.2
[2] Umwegrentabilität meint Einnahmen, die nicht in direktem Zusammenhang beispielsweise mit einer Kulturveranstaltung (z.B. Eintrittsgelder) entstehen, sondern sich im Zusammenhang mit dem Kulturbesuch indirekt ergeben, z.B. im Verkehrs-, Gastronomie- oder Hotelleriegewerbe.
[3] Das Subsidiaritätsprinzip hielt Einzug in die Kulturpolitik. Demnach subventioniert der Staat diejenigen förderungswürdigen Kultureinrichtungen, die augenscheinlich nicht selbsttragend/ kommerziell betrieben werden können. Hieraus resultierten weitgehende kulturpolitische Folgeschwierigkeiten, da aufgrund dem Fördermechanismus vorgelagerter Prämissen erst durch die Kategorisierung durch die Kulturbürokratie eine Teilung in einen öffentlichen, zu fördernden und einen kommerziell organisierten Kultursektor entstand, der keinesfalls immer in den Kulturformen an sich begründet lag (vgl. Kapitel 3.5).
[4] „Soziokultur [...] ist eine bewusst laizistisch gehaltene alltäglich kultureller Entäußerung, die die spielerische Eigenaktivität zum Maßstab hat, als gesellschaftlich relevant definierte Inhalte in den Vordergrund stellt und nicht (für) ein Publikum produziert, sondern nur Mitspieler im Rahmen begrenzter Öffentlichkeit oder gar simulierter Privatheit kennt. Als Kulturform, die insgesamt – und nicht nur bei der Produktion – am Prozess der Schöpfung, Selbstfindung durch eigene Bestätigung interessiert ist, entzieht sie sich im Regelfalle dem Kunstmarkt und der Musealisierung.“ (Pohlmann 1994: 46)
[5] G. Schulzes Phasenmodell für die kulturpolitische Entwicklung ordnet den einzelnen historischen Etappen der Nachkriegszeit unterschiedliche Kulturkonzepte zu. Vom Hochkulturmotiv, das von 1945 bis in die 60er Jahre gültig war über das Demokratisierungsmotiv, das Soziokulturmotiv zum Ökonomiemotiv der heutigen Zeit (vgl. Schulze 1992, Kapitel 11.2)
[6] Zwischen Ökonomie der Symbole, Gentrification und Festivalisierung gibt es zahlreiche Gemeinsamkeiten und Überschneidungen, so dass eine klare Trennung in der Realität nicht immer gegeben ist.
[7] In Form der Produktion und Distribution und Konsumption von „Bildern“ (kollektivem Image, „Aura“)
[8] und als „weicher“ Standortfaktor des Stadtteils oder der Gesamtstadt
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.