Diverse Stadtregierungen zögerten mit ihrer Unterstützung zur Bereitstellung eines Ausstellungsortes in ihren Städten. In Bremen setzte sich die mitregierende CDU gegen eine Ausstellung im Bremer Rathaus zur Wehr.Schliesslich kam es in diesem Zusammenhang zu einer Fachtagung von Historikern und anderen Experten, die sich zur Exposition äusserten. Schon bevor die Ausstellung ihre Besucher empfangen hatte, stemmte sich der Grossteil der Münchner CSU gegen die Ausstellung und tat dies in Streitschriften – der CSU-Abgeordnete Gauweiler verschickte an 50′000 Münchner Haushalte eine Propagandaschrift gegen die Ausstellung und publizierte Leserbriefe6 - oder ihrem Parteiorgan „Bayernkurier“kund. Trotz massiver politischer Kritik aus dem rechtsbürgerlichen Lager, wurde die Ausstellung weiter gezeigt, überstand sozusagen einen Ansturm von Entrüstung. Nicht zuletzt dank ihrer hohen Besucherzahlen. Nicht zuletzt, da die Debatte in vollem Gange war. Es wurde wieder ruhiger in den Medien um die Ausstellung, bis im Herbst 1999 drei fachhistorische Texte in Zeitschriften über die Wehrmachtsausstellung publiziert wurden. Ihre Aussagekraft war zum Publikationszeitpunkt dermassen schwerwiegend, dass sich die Aussteller veranlagt fühlten, ein Moratorium über die Ausstellung zu verhängen. Was wochenlangen politischen Protesten nicht gelang, erwirkte wissenschaftliche Kritik an der Methode – eine vorläufige Einstellung der Ausstellung.
Sinn der vorliegenden Arbeit ist, einen Überblick zu den wichtigsten Eckpunkten dieser historischen Debatte zu geben. Die politische Dimension wird bewusst ausgeblendet, das Augenmerk ist auf fachhistorische und zeitgeschichtsspezifische Argumente gelegt. Diese stammen aus den „heissen“ Phasen der Kontroverse, eine Beschränkung die für eine Seminararbeit notwendig ist. Als „heisse“ Phase wird ein markantes Aufleben der Diskussion in den Medien betrachtet, also eine Situation, wo sich die Debatte einem breiten Publikum öffnet. Eine solche erste heisse Phase ist erst zwei Jahre nach Eröffnung der Ausstellung im Herbst 1997 bemerkbar. Bis zu diesem Zeitpunkt veröffentlichte der Spiegel gerade mal ein Interview11 und einen Essay12 mit und von Jan Philipp Reemtsma, ansonsten wird nichts über die Ausstellung berichtet. Die Flaute bekam stürmischen Wind, als die Ausstellung in München landen sollte. Aus dieser bewegten Zeit stammen die Argumente der Fachtagung von Bremen, auf welche ich im Besonderen eingehen werde. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung - Verlauf einer Debatte
- 2. Debattentheorie und Forschungsstand
- 2.1 Warum eine Debatte?
- 2.2 Die Wehrmacht
- 3. Argumente
- 3.1 Fachtagung im Bremer Rathaus am 26. Februar 1997
- 3.1.1 Teilnehmer
- 3.1.2 Diskussionsthemen
- 3.1.3 Prof. Dr. Wolfgang Benz
- 3.1.4 Prof. Dr. Wolfgang Eichwede
- 3.1.5 Generalmajor a.D. Dr. Gottfried Greiner
- 3.1.6 Hannes Heer - Wehrmacht und Judenmord
- 3.1.7 Prof. Dr. Hans-Adolf Jacobsen - Zur Rolle der Deutschen Wehrmacht im Russlandfeldzug 1941–1944
- 3.1.8 Dr. Walter Manoschek - Partisanenbekämpfung
- 3.1.9 Prof. Dr. med. Ernst Rebentisch
- 3.1.10 Prof. Dr. Jan Philipp Reemtsma – Krieg ist ein Gesellschaftszustand
- 3.1.11 Brigadegeneral a.D. Dr. Günther Roth
- 3.1.12 Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer
- 3.1.13 Lancierung der Diskussion
- 3.1.14 Freie Diskussion
- 3.2 Bildkritische Beiträge in Fachzeitschriften
- 3.2.1 Bogdan Musial-Bilder einer Ausstellung
- 3.2.2 Krisztián Ungváry – Echte Bilder - problematische Aussagen
- 3.2.3 Dieter Schmidt-Neuhaus – Die Tarnopol-Stellwand der Wanderausstellung „Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“
- 3.2.4 Wirkung der Bildkritiken auf die Ausstellung
- 3.3 Die Historikerkommission
- 3.3.1 Zusammensetzung und Auftrag der Kommission
- 3.3.2 Kommissionsbericht
- 3.3.3 Reaktionen auf den Kommissionsbericht
- 3.1 Fachtagung im Bremer Rathaus am 26. Februar 1997
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit der Kontroverse um die Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“, die ab 1995 in Deutschland und Österreich gezeigt wurde. Die Arbeit analysiert die verschiedenen Argumente, die im Rahmen der Debatte vorgebracht wurden, und beleuchtet die Rolle der Medien und der Politik bei der Eskalation der Kontroverse. Dabei liegt der Fokus auf fachhistorischen und zeitgeschichtsspezifischen Argumenten.
- Die Rolle der Wehrmacht in der Zeit des Nationalsozialismus
- Die Rezeption der Ausstellung und die öffentliche Debatte
- Die Rolle der Medien und der Politik in der Debatte
- Die Bedeutung der Fachtagung in Bremen
- Die Analyse der bildkritischen Beiträge in Fachzeitschriften
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Kontroverse um die Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ ein und beleuchtet die verschiedenen Dimensionen der Debatte. Das zweite Kapitel befasst sich mit der Debattentheorie und dem Forschungsstand zum Thema Wehrmacht und Verbrechen. Das dritte Kapitel analysiert die Argumente, die in verschiedenen Phasen der Debatte vorgebracht wurden. Dazu gehören die Fachtagung in Bremen, die bildkritischen Beiträge in Fachzeitschriften und die Reaktionen auf den Bericht der Historikerkommission.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Seminararbeit sind: Wehrmacht, Verbrechen, Vernichtungskrieg, Ausstellung, Kontroverse, Debatte, Historikerkommission, Medien, Politik, Fachtagung, Bildkritik.
- Quote paper
- lic. phil. I Markus Fuchs (Author), 2004, Veränderung einer Erinnerungskultur der Wehrmacht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29247